Aufgabe mit großer Umsicht, nachdem sie mit kaltem Blute ihr Leben in Gefahr gesetzt. Sie vergessen niemals ihre Disciplin, und man möchte sagen, daß selbst die Pferde ihre Regel kennen und beobachten. Za, auch die Pferde achten die Ordnung und zeigen nicht am Unrechten Ort ein unnützes Feuer. Wir haben lange Reihen von Pferden ruhend und in Freiheit gesehen; sic blieben hübsch in der Linie, bewahrten die reglementmäßigen Di­stanzen auf der Wiese und beim Futter. Was das Malerische an der preußischen Armee betrifft, so finde ich dasselbe ergreifend genug in dieser Mischung von bürgerlicher Einfachheit und un­beugsamer Entschlossenheit. Stellen sie sich Leonidas vor in brau­nem Ueberzieher und mit der Brille, das ist ungefähr die preu­ßische Armee. Man könnte eine Bildsäule daraus machen. Aber die Deutschen suchen nur die deutsche Einheit und Größe und nicht die Stellungen und Gruppirungen Griechenlands. Diese Leute, sagte uns ein französischer Offizier, haben eine Ruhe und ein Vertrauen, das nichts erschüttert. Man dächte, sie betrachteten sich als die Vollstrecker des göttlichen Willens. Man fühlt sich, setzte derselbe Offizier hinzu, nicht erniedrigt, wenn man von einem solchen Volke besiegt wird.

Frankfurt. Aus den Lazarethen. Ein verwundeter Landwehrmann erzählt, daß er mit 30 Kameraden die Nacht in einer Scheune in einem französischen Dorfe zugebracht. Von langen Märschen todtmüde, seien sie bald in tiefen Schlaf gefallen, aus dem sie aber plötzlich durch Schüsse, die durch Löcher in der vorderen Wand der Scheune hineingeschosfen wurden, geweckt worden wären. Im Nu wären sie Alle aufgefahren und gleich in gebückter Stellung aus die vordere Seite der Scheune zu, um so am sichersten den Kugeln zu entgehen. Da hätten sie nun bemerkt, daß eine Anzahl Bauern, geleuchtet von ihren Weibern, den Ausgang verrammelt hätten, um ihre Opfer drinnen desto sicherer zu erschießen. Die innere Empörung über die Rohheit, schlafende Leute so meuchlings zu überfallen, hat den Landwehrmännern doppelte Kräfte verliehen. Es gelang ihnen, einige Bretter geräuschlos loszumachen und von der dunkeln Nacht begünstigt, schlichen sie Alle hinaus, umzingelten die Bauern und nun begann eine Scene, von der es bester ist, wenn die Nacht ihren Schleier darüber wirft.

* Nagold, 19. Sept. Das war ein schöner Abend! Mit diesem Ausdrucke hatten gestern viele den Sautter'schen Saal ver­lassen, in welchem der Liederkranz zum Besten der deutschen Krieger eine Gesangsunterhaltung gegeben hatte. Und wirklich war dieser Gefühlsausdruck ein berechtigter. Schon der Eintritt in den reich mit Fahnen und Draperien in den verschiedenen deutschen Farben und Porträts von uns lieb gewordenen Män­nern gezierten Saales berührte lebhaft die Saiten des patrioti­schen Gefühles, und nun vollends die schönen, herrlichen Vater­landslieder , die begeisternden Reden, sie rießen die zahlreiche Zu­hörerschaft mit Gewalt hin zu den stürmischsten Hochrufen auf das hcldenmüthige, brave deutsche Heer und deren treue Führer. Besonders verstand es der Direktor des Liederkranzes, Hr. Schul­meister Gauß durch seine Rede die Herzen zu Gefühlen zu ent­flammen, die sich dankerfüllt bewußt sind der schweren Opfer, die die edlen Kämpfer für unser Vaterland, für Familie, Haus und Herd bis jetzt gebracht und noch zu bringen haben, welchen gegenüber wir aber auch die Pflicht haben, nicht müde zu wer­den im reichen Thun und Geben für die Verwundeten und die daheim gelassenen weinenden Frauen und Kinder. Die hiebei geflossenen Gaben, die dem Sanitätsverein hier übergeben wur­den, betragen 37 fl. 48 kr. Ausgefallen ist, daß der edle Zweck des Liederkranzes fast nur von bürgerlichen Elementen unterstützt wurde und jene durch ihre Abwesenheit glänzten, durch deren Thcilnahme sich der Bürger sonst stets beehrt findet. Sehr be­rechtigt war der dem Gastgeber Sautter schließlich ausgesprochene Dank für die schöne Dekvrirung des Saales.

In Jselshausen, Stunde von hier, brannte letz­ten Samstag Abend ein Wohnhaus sammt Scheuer fast bis zur Hälfte ab. Die Vorräthe der Letzteren konnten nicht gerettet werden. Die Entstehung des Feuers ist noch unbekannt.

Aus Bayern. Nach den neuesten Mitthcilungen aus den verschiedenen Ministerien darf eine Kammerauflösung und Anord- "nung einer Neuwahl als gewiß bezeichnet werden: über den Zeit­punkt der Auflösung erfährt man jedoch bis jetzt nichts Bestimmtes.

In der Schlacht bei Sedan hatte die bayerische Armee einen Gesammtvcrlust an Todten u. Verwundeten: 237 Offiziere, 4915 M.

Berlin, 15. Sept. Laut gestern an den amerikanischen Gesandten eingegangenem Telegr. besteht die französische Blokade der Nord- und Ostsee nicht mehr seit dem 11. Sept. (Effektiv, d. h. wirknngsvoll ausgesührt, hat sie überhaupt nie bestanden, und es war dieß nicht die geringste unter den französ. Völker­rechtswidrigkeiten). (S M.)

Berlin, 16. Sept. Der Staatsanzeiger veröffentlicht einen Aufruf des Kronprinzen. Derselbe weist darauf hin, daß der Krieg ein einheitliches deutsches Heer geschaffen, daher auch die Sorge um Invaliden und Hilflose dieses Krieges eine gemeinsame deutsche Angelegenheit sei. Deßhalb beauftragt der Kronprinz den Geschäftsausschuß der Viktoria-Jnvalidenstistung von 1866, die Organisation und Leitung dieser Jnvalideustiftung für Deutsch­land zu übernehmen und in ganz Deutschland zu Beiträgen und Bildung von Zweigvereinen aufzufordern. sS. M.s

Kassel, 13. Sept. Gestern Mittag machte Napoleon von

Wilhelmshöhe aus im größten Pompe eine Ausfahrt in der Richtung von Wilhelmsthal, unter der Herrschaft seines Onkels Jerome Katharineuthal genannt. Er saß mit 3 Offizieren in einem ueun- sitzigen Charabanc. Hinter dem Wagen ritten 3 Offiziere in Galauniform, neben dem Wagen ein höherer Beamter. Ein Vorreiter eröffnet- den ganzen Zug, welcher durch zwei Postillone geführt wurde. Er fuhr im Schritte, wahrscheinlich, um dem Publikum Gelegenheit zu geben, ihn mit Ruhe beschauen zu können. Es scheint, als wolle Napoleon förmlich um die Gunst des Pub­likums buhlen, da er ständig nach rechts und links aus dem Wagen grüßt, ohne abzuwar'ten, ob man ihn grüße. Er trug bei dieser Ausfahrt auch wieder einen Degen, der vorzugsweise zur Schau gestellt war.

Der Volks- und Guerillakrieg wird nun in Frank­reich förmlich organisirt. Derselbe wird den Deutschen viele Leute kosten, viel verderblicher den Franzosen selbst werden. Denn die Nachsicht gegen diese Mobilgarden, Francs-Tireurs, und wie sie alle heißen, wird aufhören, sobald sich gezeigt hat, daß diese Banden um die Mittel nicht verlegen sind, um zu ihrem Zweck zu gelangen, nämlich so viel möglich Deutsche zu vernichten.

Wenn Frankreich, wie cs ganz in der Ordnung ist, die beiden elsaßischen Departements Niederrhein mit Straßburg und Oberrhein mit Colmar, sowie die drei lothringischen Departements Mosel (Metz), Meurthe (Nancy) und Vogesen (St. Die) an Deutschland abtreten muß, so erhält das letztere einen Zuwachs von 501 Quadrtm. und wird künftig 10,132 Quadrtm. umfassen, während Frankreich 9349 Quadrtm. behält.

Dresden, 16. Sept. Der Kaiser von Rußland telcgra- phirte dem König von Sachsen: Um die Erfolge Ihrer tapfern Truppen zu ehren, erlaube ich mir, Ihrem Sohne dem Kron­prinzen meinen militärischen George norden 2. Klasse zu ver­leihen, den er sowohl verdient, indem er sie so glänzend zum Siege geführt. Ew. Maj. werden hierin einen Beweis meiner Achtung und Freundschaft erblicken. sS. MI

Paris, 15. Sept. (über Brüssel.) Jede Verbindung süd­wärts ist in Folge der Absperrung der Südbahnen durch die Preußen unterbrochen. Nach Brüssel mühsamst über Lille ge­langende Züge brauchen jetzt 24 Stunden. Volksstimmung sehr düster, trotzdem Friedcnspartei noch sehr schüchtern. (S. M.)

Paris, 15. Sept. Amtszeitung: Ein Dekret enthebt die Staatsrathsmitglieder ihrer Funktionen. Die Repräsentanten der fremden Mächte zeigten ihr Verbleiben in Paris an. Ein Tages­befehl Trochn's theilt mit, daß der tägliche Dienst auf den Wällen von 70,000 Mann besorgt wird.

Paris, 15. Sept. Eine amerikanische Korvette ist in Tou­lon angelangt, 500 amerikanische Freiwillige mit sich bringend. 7000 Gewehre sollen nach Lyon abgehen. Gestern wurde das preußische Schiff Metis unter russischer Flagge im Hafen von Marseille gekapert und die Equipage im Innern des Schiffes sequestirt.

Marschall Mac Mahon zeigt dem französischen Kriegs­minister an, daß er laut der Kapitulation in diesem Feldzuge nicht weiter dienen könne, und daß er sich, wenn er transportabel sei, in Deutschland werde interniren lassen. Failly, der oft Todt- gesagte, ist in Mannheim angekommen.

Ist je eine frechere, ruchlosere Sprache geführt worden, als in folgenden, in einer französischen Zeitung stehenden Drohwor­ten?Wehe, wenn Frankreich niedergeworfen würde, wenn die­ses Bubenstück der Gottheit gelingen würde! Frankreich würde sich noch einmal erheben gegen die verblendende Gottheit, in furcht­barem Fluch seinen letzten Seufzer aushauchen und seine rauchen­den Eingeweide dem Himmel ins Gesicht werfen."

Die Urtheile der Pariser Presse über den Laoner Schurken­streich zeugen von tiefster Verworfenheit. Nur dasJournal des Debats" nennt den Verratheine in Wirklichkeit durch das Kriegsgesetz verdammte That einer überreizten Leidenschaft". Die France" nennt ihn hingegenein großes Exempel des Herois­mus". DerSiecle" schreibt:Ehre diesen würdigen Waffen­brüdern der glorreichen Vertheidiger von Straßburg."

Brüssel, 16. Sept. Mac Mahon ist in Begleitung des belgischen Generals Chazal in Bouillon eingekroffen.

Florenz, 13. Sept. Die Regierung beabsichtigt, nach der Besetzung des Kirchenstaats und der Stabt Rom sofort durch all­gemeine Wahl ein italienisches Parlament einzuberusen, welches in Rom tagen soll.

Rom 14. Sept. Wir sind wie ohne Civilregierung. Die Häupter der Emigration sind hier eingetrcffen, um für den Ein­marsch der Truppen Vorbereitungen zu treffen. Ungeheure Men­schenmassen auf den Straßen. Die Polizei rührt sich nicht. Die Volksbewegung, welche den Sturz der pübstlichen Regierung ver­künden soll, ist vorgesehen. Auch die Republikaner sind thätig. Plakate stellen ihr Ministerium auf. Es soll bestehen aus Maz- zini, Präsident und Auswärtiges, Garibaldi, Marine u. s. w. Civitavecchia ist in Belagerungsstand erklärt.

Redakticn, Druck und Verlag der G. W. Zais er'scheu Buchhandlung.