werthvollen Geschenken hat der Kaiser Alexander von Rußland bei seiner letzten Anwesenheit in Stuttgart für die Armen der Residenzstadt 1000 Thaler überwachen lassen. Für diese wahr­haft kaiserliche Gabe werden dem Kaiser der Dank der Gemeinde und die Segenswünsche der Armen solgen.

Stuttgart 27. Juni. Es gereicht der Stuttgarter Han­dels- und Gewerbeknmmer zur Ehre, daß sie, wie kürzlich in der Gotchardangelegeuhcit, so ncuxstens in Sachen der deutschen Münz- Enquetc es unternommen hat, durch eine Eingabe an ihre Vor­gesetzte Behörde die Regierung an ihre Pflicht gegen Deutschland wie 'gcgen die Interessen des eigenen Landes zu mahnen.

Ein Herbstinanöver findet Heuer nicht statt, dagegen werden von Endc^Nugust bis Anfangs Oktober größere Exerzirübungen in der Brigade und in combiuirten Waffen, sowie nameuttich auch größere Reisemärsche mit voller Feldausrüstung, verbunden mit Abkochen im Freien, Bivouak rc. ausgesührt. Sicherem Vernehmen nach haben die Rekruten der diesjährigen Aushebung am ln. November cinzurücken.

Tie Wahl eines Abgeordneten sür den Oberamtsbezirk Cannstatt an die Stelle des versl. Abgeordneten Lempenau ist auf den 30. Juli festgesetzt.

M.-G ladbach. 11. Juni.Ein schauderrcgendcs Verbre­chen", schreibt die B.-Ztg.das zur Ehre der Menschheit glück­liche: Weise höchst selten vorgekommen sein mag, wurde am Donnerstag in der Mittagsstunde zwischen hier und Ohler von einem in einer hiesigen Fabrik beschäftigten 19jährigen Arbeiter an einem 9jährigen blühenden Knaben begangen. Das Kind hatte seinem Vater das Mittagessen gebracht und befand sich ans dem Heimwege, als ihm in einem tiefen Hohlweg der Unmensch begegnete, der das arglose Kind unter irgend einem Vorwände in'ein hohes Roggenfeld lockte, zu Boden warf und mit einem Holzschuh so lange auf den Kopf desselben losschlug, bis das Kind regungslos da lag. Hierauf entblöste der bestialische Mensch den Knaben und schnitt ihm den Unterleib auf, daß das Einge­weide hervorquoll, worauf er sich in der Meinung, das arme Opfer sei todt, entfernte. Einige des Wegs kommenden Schüler des hies. Progymnasiums fanden das Kind, welches mit aller Sorgfalt ausgenommen, und in das katholische Krankenhaus ge­bracht wurde. Hier liegt dasselbe nun in einem nicht zu beschrei­benden erbarmungswürdigen Zustande, den Kapf zerschlagen, am Halse die Spuren der versuchten Erwürgung und mit einer 9 Zoll langen Schnittwunde am Unterleibe. Als die Polizei den Elenden, welcher von dem verstümmelten Kinde erkannt und deutlich bezeichnet worden, verhaftete, war derselbe in größter Gemüthsruhc in der Fabrik bei der Arbeit, läugnete auch keines­wegs die That, wofür er keinen Grund anzugeben wußte und blieb selbst beim Anblicke des Opfers ohne die geringste Spur von Gemüthsbewegung, zeigte aber übrigens, daß er vollkommen geistig gesund und die That im nüchternen Zustande begangen hat.

Von der preußischen sowohl als von der sächsischen Regie­rung jist in Ausführung der vom Bnndesrath vorgeschlageuen Müuzenquote bereits an die Handelskammern ihrer Länder der Auftrag ergangen, mit thunlichster Beschleunigung Persönlichkeiten zu bezeichnen, welche durch ihre Erfahrungen und Studien als besonders geeignet erscheinen, daß sie dem norddeutschen Bnndes- rathe zur Befragung einer Enquute über das Münzwesen vorge­schlagen werden können, außerdem aber sich selbst über die deutsche Münzeinheit und Währungsfrage gutachtlich zu äußern und diese Gutachten bis Ende Oktober zu erstatten. Wie dieBerl. Börs.- Ztg." hört, ist der bayerische Gesandte in Berlin von seiner Re­gierung beauftragt worden, ihre Bctheiligung an der Enquöte nicht als ein Zugeständniß, sondern als ein Recht zu beanspru­chen, da der Münzvertrag bis 1878 in Wirksamkeit besteht und ohne Mitwirkung der süddeutschen Staaten nicht modifizirt wer­den kann.

Die Fortschrittspartei hat in ihrem Programm für Neuwahlen der Abgeordneten zum preußischen Landtage und zum Reichstage folgende Punkte aufgestellt: 1) Herstellung der deutschen Einheit auf friedlichem Wege; Erweiterung des Nordbundes zum deutschen Bundesstaate, deßhalb Ausbildung der Bundesverfassung in freiheitlicher Entwicklung, besonders durch Einführung der Grundrechte und eines verantwortlichen Bundesministeriums in dieselbe, wie durch Gewährung der Diäten an die Abgeordneten. 2) Verminderung der Militärlast durch Verringerung der Friedens­armee und Verkürzung der Dienstzeit. Unterstützung aller, auf allgemeine Abrüstung in Europa gerichteten Bestrebungen. 3) Keine Steuererhöhung, vielmehr Verminderung der bestehenden Steuern, zunächst durch Beseitigung der die ärmeren Klassen drückenden Verbrauchssteuern auf nothwendige Lebensbedürfnisse. 4) Gleiches Recht für alle! Allgemeines gleiches Wahlrecht, wie im Bunde, so auch in den Einzclstaaten. Gleiche Möglich­keit zur humanen und bürgerlichen Ausbildung durch die Freiheit des Unterrichts und Uebernahme der Kosten der Volksschule auf die Gemeinde und den Staat. Schutz für Leben und Gesund­heit der Staatsbürger. Gewährung der vollen Freiheit und Rechts­sicherheit des Vereinswesens. Abweisung jeder Ausbeutung des Staates für die Sonderinteressen einzelner Gesellschaftsklassen,

mögen dieselben seitens der bisher privilegirten Stände oder seitens der sozialistischen Arbeiterparteien geltend gemacht werden. Für das preußische Abgeordnetenhaus insbesondere: 1) Volles Steuer­bewilligungsrecht des Abgeordnetenhauses. 2) Selbstverwaltung in Gemeinde, Kreis und Provinz. Verantwortlichkeit der Beamten vor dem Richter.

In der Schlußsitzung der Eisenacher Kirchenkonferenz am 22. d. berichtete Professor Dr. Dorner über den Fortgang der einheitlichen Herstellung, bez. Berichtigung des Textes der luthe­rischen Bibelübersetzung. Hiernach ist die Revision des Neuen Testaments vollendet. Nunmehr soll auch die Revision des Alten Testaments in Angriff genommen werden. Hiermit waren die Arbeiten der diesjährigen Konferenz beendigt, Prälat Dr. v. Kapff sprach das Gebet, worauf der Präsident die Konferenz für geschlossen erklärte.

Den Herren Blanc und Benazet soll nach Schließung ihrer Anstalten in den rheinischen Bädern fern im schönen Spanien zu Nutz und Frommen der spanischen Regierungskassen ein Asyl be­reitet werden. Bereits soll eine Concession vergeben sein und die Eröffnung des Spiels in einem reizenden Orte unfern der Rvrdwestgreuze wird nicht lauge auf sich warten lassen.

In Preußen ist dieser Tage zum ersten Male ein Jude als Richter ausgestellt worden.

Wien. In der Wechselstube der Handelsbank ist ein Be­trug verübt worden, der ebenso sehr durch seine Kühnheit wie durch seine Summe imponirt. Es wurde dort das Loos des Brauuschwciger Lotterie-Anleheus, welches am 1. März mit dem Haupttreffer von 80,000 Thalern gezogen worden war, zur Es- comtirung präsentirt und anstandslos mit 138,692 fl. ausbezahlt. Jetzt hat sich herausgestellt, daß das Loos gefälscht ist. Des Thäters aller Wahrscheinlichkeit nach ein ein vacirender Schnei­dergeselle ist man noch nicht habhaft.

Auch unter den Juden gibt es Don Juans. Ein Jude in Galizien nahm sich zwei Frauen an verschiedenen Orten und ließ beide im Stich. Die Verlassenen machten sich auf, ihn von Land zu Land zu suchen und fanden den Ungetreuen in Debreczin in Ungarn in den Armen einer dritten Frau. Man denke sich das Terzett und Quartett! Finale: Eiserne Banden im Gefängniß.

Paris, 28. Juni. Die Proklamation der Exkönigin Jsabella an die Spanier vertheidigt die Handlungen ihrer Regie­rung, kündigt ihre Abdankung zu Gunsten des Jnfanten Alfons an und sagt, sie iverde Alfons unter ihrer Hut halten, so lange er außerhalb Spaniens residire, bis er von einer Regierung und von Kortes zum König ausgerufen sei, welche die gerechten Wünsche der spanischen Nation darstellen. (S. M.)

Das nächste Anlehen der Stadt Paris, ohne welches der Seinepräfekt gar nicht auskommen zu können erklärt, wird das Sümmchen von 680 Mill. Frs. betragen.

Wie es bei der gegenwärtig in Frankreich herrschenden außer­ordentlichen Trockenheit aussieht, mag man aus folgenden Einzel­heiten ersehen, die wir einem Privatbriefe aus Chartres entnehmen: Seit zwei Monaten hat es gar nicht geregnet. In Senainville sind alle öffentlichen Brunnen mit Ketten verschlossen, und die Gemeindemitglieder dürfen nur zu einer bestimmten Stunde das für ihre Haushaltung nothwendigste Wasser holen. In Challet hat die Gemeindebehörde beschlossen, jeder Einwohner dürfe täg­lich nur einen Eimer (15 Liter) Wasser bekommen. Die meisten Ackerbauer dieses Theiles der Beauce holen in einer Entfernung von 10 bis 12 Kilometern das Wasser der Eure, um ihr Vieh zu tränken. Ueberhaupt kann man den größten Theil des Viehes gar nicht mehr füttern, alles wird geschlachtet, so daß der Preis eines halben Kilogramms Ochsenfleisch von 75 Cent, zu 35 oder 40 Cent, herabgesetzt worden ist. In Nantes sind 9 Ochsen für 1000 Fr. und in Le Mans 4 junge Pferde für 60 Fr. ver­kauft worden. Für das Getreide ist nur in den besten Gegen­den noch etwas zu hoffen; besonders soweit es auf Sandboden steht, ist es durch die Hitze ganz zu Grunde gegangen. (S. M.)

Warschau, 26. Juni. Die hiesigen Behörden sind be­nachrichtigt worden, daß der Kaiser sich den beabsichtigten glänzen­den Empfang verbitte, und hat man deßhalb die bereits getroffenen Vorbereitungen sofort wieder abbestellt. Der Kaiser wird drei Tage hier verweilen, das Militär, welches im Lager bei Warschau > campirt, Revue passiren lassen, sowie der Enthüllung des dem Fürsten Paskiewicz errichteten Denkmals beiwohnen und dann direkt nach St. Petersburg abreisen. In Bezug auf das Tra­gen von schwarzen Kleidern bei Leidtragenden setzt eine Polizei­vorschrift fest, daß nur adelige Personen ein ganzes Jahr nach dem Tode eines nächsten Verwandten Trauerkleider tragen können. Bei Bürgerlichen ist das Tragen von Trauerkleidern auf ein halbes Jahr zu beschränken.

Aus Zanzibar, Ostafrika, wird vom Februar d. I. geschrie­ben : Die Cholera verbreitet sich über die ganze Küste. Auf der Insel starben bis jetzt 80,000 Menschen und in der Stadt Zan­zibar 14,000. Die Epidemie kam aus dem Innern Afrika's und hat sich wieder landeinwärts gewendet.