richtsdeputativn, um eine Untersuchung über die Entstehung des Brandes an Ort und Stelle zu veranlassen. Der erstaunte Meister fragte:
— Hat Klotz ein Recht dazu.
Der Advocat und Notar erklärte, daß die Hypothekforderung auf Herrn Klotz übergegaugen sei, wie gegenwärtige Cessions-Ur- kunde beweise. Der rohe Bauer sprach laut die Beschuldigung aus, daß das Feuer absichtlich angelegt sei. Göpel antwortete nicht; er hatte das Geld, legte es in die Hand des Notars und verlangte Quittung.
— Dies, Herr Advocat, fügte er stolz hinzu, würde ich heute gethan haben, auch wenn meine Mühle nicht abgebrannt wäre. Ja, das Feuer muß angelegt sein, aber von verruchter Hand! Jetzt werde ich eine Untersuchung beantragen, die mit Gottes Hilfe den Verbrecher an das Licht bringen wird. Herr Advocat, Sie haben mich einst zur Thür hinausgcschoben, als ich demüthig um Frist bat; jetzt schreiben Sie die Quittung und dann . . . gehen Sie.
Krug schrieb und entfernte sich mit seinem Gefolge, das in der Mühle nichts mehr zu schassen hatte. Im Hofe fragte der ergrimmte Klotz seinen Begleiter:
Was habe ich nun ? Zweitausend Thalcr hat der Professor, fünfhundert haben Sie erhalten . . .
— Es war Ihre Speculation, Herr Klotz; machen Sie mich für das Mißlingen derselben nicht verantwortlich, ich habe redlich das Meine gethan. Wer konnte vcrmnthen, daß Göpel Rath schafft?
Der Bauer, eine gemeine Natur, schimpfte laut und verwünschte alle Professoren und Advocaten. Göpel, der aus dem Fenster den Leuten nachsah, hatte alles gehört.
— O, jetzt ist mir alles klar! rief er. Klotz hat dem Professor zweitausend Thaler mehr gezahlt, um die Hypothek zu bekommen ... er wollte mich zwingen, seinem Sohne unser Klärchen zu geben . . . Das wäre mir ein Schwiegersohn gewesen!
— Welchen Professor meinen Sie? fragte der aufmerksam gewordene Friedrich.
— Den frommen Mann, den Professor Taube.
Göpel erzählte kurz den Zusammenhang der Dinge.
— Wie abscheulich! rief der junge Mann.
— Und Krug, dieser Pfeiler des Rechts, hat fünfhundert Thaler dabei verdient. Friedrich, Du siehst, aus was für Händen Du mich befreit hast. Möge Klärchen Dich so glücklich machen als Du es verdienst.
Das wird sie, lieber Vater, denn Klärchen ist ein Engel.
Die beiden Männer umarmten sich unter Thränen.
— Ich werde nie bekennen, dachte der Mühlknappe, daß der Professor mein Vater ist.
Schon am folgenden Morgen begannen die Arbeiten, die Friedrich leitete. Man trug das alte Mühlgebäude bis auf den Grund ab. Das Herbstwetter war den Bauleuten günstig; schon nach sechs Monaten richteten die Zimmerleute das neue Mühlgebäude und an diesem Tage wurden die Liebenden in der Dorfkirche getränt. Meister Göpel hatte cs so gewollt und Friedrich hatte Einspruch dagegen nicht erhoben. Die Hochzeit ward im Kreise der Arbeiter still und würdig gefeiert. Als der erste Schnee siel, war auch das Mühlwerk vollendet, um Weihnacht bnk Frau Susanne den Festtagskuchen von dem ersten Mehle, das ans der neuen Mühle hervorgegangen. Meister Göpel feierte ein Christfest, wie cs ihm seit langen Jahren nicht beschicken gewesen.
Abends saßen die jungen Eheleute allein in dem Wohnzimmer. Die Lichter des Weihnachtsbaums, an dessen Fuße reiche Geschenke lagen, die sich die glücklichen Bewohner der Mühle gegenseitig beschert, waren ausgclöscht. Göpel und Frau Susanne hatten sich schon zur Ruhe begeben, da sagte Friedrich zu seiner reizenden Gattin.
— Klärchen, Du bist mein liebes, treues Weib, hast mich so glücklich gemacht, daß ich vergebens nach Worten suche, um Dir dieses Glück beschreiben zu können. Erst seit ich in Deine Familie ausgenommen bin, ist das drückende Gefühl, allein in der Welt zu stehen, verschwunden. Du hast mich nie nach meinen Eltern gefragt und Dein Vater hat sich mit der Auskunft über meine Person begnügt, die meine Papiere geben ... So will ich Dir aus freiem Antriebe meine Verhältnisse mittheilen.
Er erzählte nun von seiner Mutter und dem Professor, was wir schon wissen. Das Erstaunen Klärchens läßt sich denken.
— Hast Du mich nun weniger lieb? fragte er, sie sanft umschlingend.
— Friedrich, flüsterte sie, das ist eine wunderbare Fngung! Klotz wollte den Vater in's Elend stürzen, weil sein Sohn mich zur Frau verlangte; Deine Liebe aber hat dies verhindert. Und der Professor ... er hat das Geld zu unserer Rettung hingeben müssen, dasselbe Geld vielleicht, das ihm der böse Klotz gezahlt . . . Diese^ wunderbare Fügung beweist, daß der Himmel selbst uns für einander bestimmt hat. Die Mittel, die man angcwendet, um uns zu trennen, haben gerade das Gegentheil bewirkt. Ich schließe ans Deinen Worten, daß Du dem Professor zürnst; be
mitleiden wir ihn, er ist, trotz seines Reichthums, doch ein unglücklicher Mann, der sein Lebe» unter Angst und Sorgen verbringt. Ich an Deiner Stelle würde ihm alle Ehre erweisen und ihm Nachricht von unserer Verbindung geben. Schaden kann es auf keinen Fall, aber vielleicht nützen. Und das Gewissen, mag es auch lange schlafen, erwacht doch einmal.
Friedrich fand nach ruhigem Ueberlegen, daß seine Gattin Recht hatte. Am folgenden Morgen schrieb er einen langen Brief an den Professor, der wohl geeignet war, eine versöhnliche Slim- mung zu erwecken, denn der Schreiber versicherte, er fühle sich in seiner Lage so glücklich, daß er nicht aus Eigennutz zur Feder gegriffen habe, sondern nur um seinem überwallenden Gefühle Luft zu machen. Schließlich bat er, der Herr Professor möge seiner armen Mutter mit ihm ein ehrendes Andenken bewahren. Dieser Brief blieb wirklich nicht ohne Erfolg. Gegen Ostern ward Friedrich zu dem Professor beschicken, der an einer Brnst- krankheit schwer darnieder lag. Der Leidende konnte nur noch die Worte sprechen: „Was ich an der Mutter versündigt, will ich an dem Sohne gut machen . . . Fremde Menschen bleiben doch fremde Menschen, sie sinb habsüchtig . . . Gott wird mich heute noch zu sich rufen, ich fühle es . . . Auf dem Gerichte liegt mein Testament . . . Melde Dich dort, sobald man mich beerdigt hat . . . Du bist mein Universalerbe!"
Der Professor verschied denselben Abend noch. Friedrich besorgte die ehrenvolle Bestattung und empfing ein bedeutendes Vermögen, das ihm erlaubte, die Mühle zu verkaufen und mit seinen Schwiegereltern in der Stadt zu leben. Klärchen zeigte sich nun als eine Dame, die der Stolz und die Freude des gebildeten Mannes war. Der Advocat Krug heirathete die flachsblonde Hofräthin, die ein kleines Legat von Friedrich ansgezahlt erhalten hatte. Dore, die Haushälterin, ward nach dem Willen des Professors in einem Versorgnngshause nntergebracht. Auch über die Brandstiftung sollte der Welt Aufklärung werden. Bei Langendorf fand man die Leiche des Franz Eckhardt in dem Mühlbache; Tags zuvor hatte er dem Ortsrichter in einem Briefe sein an Meister Göpel verübtes Verbrechen anzeigt und dieser Brief schloß mit den Worten: Das Gewissen läßt mir keine Ruhe, ich kann nicht länger leben. Der alte Klotz starb bald darauf; sein Sohn David, der noch eine Zeit lang ein wüstes Leben führte, ging mit dem Reste seines Vermögens nach Amerika, da er in der Heimalh nicht geachtet ward.
Allerlei.
— Der Weg zum Glück. Der deutsche Kaiser Sigismund wurde gefragt, was das sicherste Mittel wäre, in dieser Welt glücklich zu bleiben. Er antwortete: „Wenn man nur in gesunden Tagen das immer thut, was man so oft in kranken angelobt hat."
— Untergang der Welk. Ein deutscher Gelehrter veröffentlicht folgende Kunde: Der Kern der Erde zieht sich immer enger zusammen, und zwar in Folge des sortwährenden Erkal- tens; dadurch wird komme» der Tag, wo er die Continente nicht mehr zu tragen vermag, die über dem allgemeinen Meeresspiegel vorspringen. Diese vorspringende Theile, Asien, Afrika, Europa und Amerika werden plötzlich in die Erde versinken, und zwar durch ihre eigene Schwere, und vom Meere überdeckt werden. Die Menschenracen werden nur an den wenigen Punkten verschont bleiben, die der Ueberschwemmung entgehen, sie werden sich ändern und physisch in andere Gattungen umgestaltet, und zwar durch die neuen Gestaltungen, die an dem organischen Leben durch die Aenderung der Atmosphäre bewirkt worden sind. Um unsere Zeitgenossen nicht zu erschrecken, beeilen wir uns, hinzuzusetzen, "daß nach der Berechnung dieses Gelehrten diese Ereignisse in 500 Millionen Jahren eintreten. Wir möchten dann nur die ganz allgemeine Bemerkung beifügen, daß auf 500 Mill. Jahre hinaus zu prophczeihcn, kein besonderes Kunststück ist.
— Der Leidenschaftliche. Ein Ossizier war wegen seines reizbaren Temperaments bekannt. Sein Bedienter verlangte den Ab- säned. „Warum willst Du mich verlassen?" fragte der Herr, ,,-^ie Wahrheit zu gestehen", gab Johann zur Antwort, „ich kann ihr Temperament nicht vertragen." — „Freilich," sagte der Offizier, „sreuich bin ich hitzig: aber meine Leidenschaft lodert kaum auf, so verraucht sie auch wieder." — „Ja," erwiderte der Lakai; „aber sie ist kaum verraucht, so lodert sie auch wieder auf."
Altdeutsche Sprüchwörter.
Man lasse den Edclleuten ihr Wildpret.
Ten Bauern ihre Kirchweihe,
Den Hunden ihre Hochzeit,
So bleibt man ungerauft.
Hätten wir alle einen Glauben,
Gott und den gemeinen Nutzen vor Auge»,
Gut Fried' und recht Gericht,
Eine Elle, Mas; und Gewicht,
Eine Münze und gut Geld,
So stände es wohl in der Welt.
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser 'schen Buchhandlung.