Der Hausrock, den König Ludwig von Baiern 60 Jahre getragen, ist dem historischen Verein in München geschenkt worden; er stammt aus jener Zeit, da die Fürsten im Schtafrock und Pantoffeln regierten.
Berlin. Der Zollparlamentsabgeordnete Probst erklärte in einem Toast aus Anlaß eines Abschicdsbanketts der süddeutschen Fraktion: es gebe in Württemberg nicht 6 Männer, die die Republik für eine der Verwirklichung fähige Staatsform halten. Die Monarchie sei nicht nur etwas Bestehendes, sondern auch etwas Rothwendiges. (Obwohl damit diejenigen, welche jenes famose Telegramm an Castellar nach Madrid abgehen ließen, einverstanden sind?)
Vom Zollparlament. Wie der „K. v. u. f. D." erfährt, haben von den süddeutschen Zollbnndrathsmitgliedern der bayerische und badische Gesandte für Annahme des Amendements von Patow, durch welches der Abschluß der Tarifreform ermöglicht wurde, der württembergische Gesandte, Freiherr v. Spitzem- berg, gegen dasselbe gestimmt.
Die böswilligen Gerüchte, als wolle mit Ablauf des eisernen Militärbudgets 1871 der Kriegsminister v. Roon für jeden Bnndessoldaten 240—280 Thaler verlangen, treten immer lauter aus. Wir freuen uns einstweilen auf die Entrüstung und Ener- pie, mit welcher der Kriegsminister und der Bundeskanzler diesen >n erüchteu entgegentreten werden. Sie wissen ja am besten, daß schon die 220 Thlr. den meisten Staaten blutsauer geworden find und daß viele sie bis jetzt noch nicht haben aufbringcn können.
Berlin. Für die Frau Kronprinzessin, welche sich in gesegneten Umstünden befindet, find die kirchlichen Fürbitten um eine glückliche Niederkunft augeordnet worden
Berlin, 16. Mai. Wegen der Gotthard bahn sind Berathungen mit den süddeutschen Staaten in Aussicht genommen. Auch wird auf Beiträge Belgiens und Hollands gehofft.
Waldeck's Begräbuiß am 15. ds. fand die vorherge- fagte ungewöhnliche Betheiligung. Ein Musikkorps eröffnete den Zug, welcher sich um 12(s Uhr in Bewegung setzte. Es folgten die Maschinenbauer, denen die Aufrechthaltung der Ordnung vor dem Kirchhofe übertragen war, dann vier Vertreter der Berliner Wahlbezirke, welche Palmenzweige trugen, der katholische Gesangverein, wiederum vier Palmenträger, dann folgte der katholische Gesellenverein, die vereinigte Sängerschaft Berlins mit den Fahnen der einzelnen Vereine, zwei katholische Geistliche, dann der Leichenwagen. Dicht hinter demselben schritten die Tochter des Verstorbenen mit ihrem Verlobten, die verheirathete Tochter mit ihrem Gatten und der Sohn des Verstorbenen. Daran schlossen sich unter Vortritt der Deputation der städtischen Behörden die Mitglieder des Obertribunals, die Freunde und Berussgenossen, Reichs- und Laudtagsmitglieder und Vertreter der Presse. Nun folgten die Traucrwagen, die Wahlmänner des ersten und zweiten Landtagswahlbezirks, Gesangvereine, Burschenschaften, Turner-, Arbeitervereine, zuletzt die Buchdrucker, deren blauen Banner unter Guttenbergs Bild die Worte zeigte: „Es werde Licht." Eine lange Wagenreihe schloß den Zug, dessen Entfaltung drei Viertelstunden dauerte und der 15,000 Personen in sich fassen mochte, während wohl 200,000 Menschen als Zuschauer herbei- strömten. Am Grabe sprach Abg. Dr. Löwe die Gedächtnißrede. Das Streben des herrlichen Mannes sei immer dem Höchsten und Edelsten, immer der Wahrheit zugewandt gewesen, und so glänze die Reinheit seines Charakters als feine hervorragendste Eigenschaft. Seine politische Bedeutung kulminire in der begeisterten Hingabe an das Vaterland und die Freiheit der Nation. Am Grabe seien alle Parteien einig, hier schweige der Haß, und es beseele nur Ein Gefühl alle: die Liebe zum Vatcrlaude, deren warmer Vorkämpfer heute zur letzten Ruhe geleitet werde.
Wandsbeck, 23. April. Eiue eigenthümliche Versammlung hat hier staltgefunden. Es war dies eine Versammlung der freien Steppensöhne, der Zigeuner, die von Weit und Breit zusammenkamen, um sich ein Rendezvous zu geben und ein heiliges Fest zu begehen. Auffallend waren die Disciplin, die sich unter allen Theilnehmern kundgab, und später die Ab- schiedsscenen, die auf offener Straße, unter Umarmung und mit der ganzen leidenschaftlichen Gluth dieses besonderen Volkes sich dem Auge darboten, worauf die freien Söhne nach allen Himmelsgegenden ihre Wanderung fortsetzten. Zur Rechtfertigung der häufig so sehr verleumdeten Zigeuner sei noch erwähnt, daß keine Unordnung vorfiel und die Polizei keine besonderen Vorkehrungen zu treffen nöthig hielt. Auch die Kleidung und besonders die Anzüge der Frauen ließen darauf schließen, daß die hier versammelten der wohlhabenden Zigeunerklasse angehörten.
Auf der Schwedenschanze in Oswitz bei Breslau kam es am Bußtag (11. Mai) zwischen der katholischen Studentenverbindung Winfridia auf der einen und den Burschenschaften Armem«, Germania und den Raszeks auf der andern Seite zu blutigen Schlägereien, welche das Einschreiten der Gendarmerie noth- wendig machten und mit der Verhaftung mehrerer Excedenten endigte. Den Anlaß dazu gab das Singen von Liedern wie der „Der Pabst lebt herrlich in der Welt rc.", welche das Aer- gerniß der Winfriden erweckte.
Die Volkszählung hat u. a. konstatirt, daß mehr als 22,000 Ausländer ihren Wohnort in Wien haben, darunter fast 16,000 Deutsche (5578 Preußen, 5270 Baiern, 1736 Sachsen, 1188 Württemberger, 574 Badener, 432 Hessen, aus den übrigen deutschen Staaten 767); von den außerdeulscheu Ländern sind Italien (1278), die Schweiz (990), die Türkei (907), Frankreich (859), Rumänien (885), Rußland (512), England (434 Köpfe) am stärksten vertreten.
Paris, 14. Mai. Nächsten Mittwoch wird die offizielle Zählung der Abstimmung beendigt sein. Dann wird ein feierlicher Empfang der Deputaten beim Kaiser im Louvresaal und eine Ansprache Sr. Maj. stattfindeu, die Verfassung wird sodann promulgirt werden und die Berfollständigung des Ministeriums erfolgen. Am 22. soll im ganzen Reich ein Ta Daum gesungen werden. (St.-A)
Rom, 14. Mai. Die Diskussion über die Unfehlbarkeit ist auf heute angesagt. Die ultramontane Partei befindet sich in großer Aufregung. Viele der Väter haben Urlaub verlangt. Ungefähr 100 Mitglieder der Opposition haben sich ein schreiben lassen, um in mehr oder minder radikaler Weise die vorgeschla- gcne Definition zu bekämpfen. (S. M.)
Der Schreiber der Konziliumsbriefe behauptet als etwas in Rom ganz Bekanntes, daß Pius IX. bezüglich theologischer Kenntnisse und geistiger Bildung mit keinem seiner Vorgänger seit 300 Jahre verglichen werden könne; er wolle diesen Mangel an menschlichem Wissen, den er fühle, durch himmlische Eingebung ersetzen. Einer, der viel wisse, erkläre sich nicht für unfehlbar; denn er wisse am besten, daß er ungeheuer viel nicht wisse, also nichts weniger als unfehlbar fei.
Pabst Pius IX. hat am 13. Mai feinen 78ten Geburtstag gefeiert. Er ist der älteste unter den Regenten, ihm folgen der Herzog von Anhalt und der König von Preußen.
Klärchen.
(Schluß.)
— Meister, sagte bewegt der junge Mann, ich bitte Sie um eine Gefälligkeit. Nehmen Sie mich als Compagnon in Ihr Geschäft. Ich komme nicht mit leerer Hand . . . Hier sind zehntausend Thaler; bezahlen Sie davon Ihre Hypothekschuld und von dem Reste bauen Sie die Mühle wieder auf, in der wir fortan gemeinschaftlich arbeiten wollen. Ueber den Schaden, den der Brand angerichtet, grämen Sie sich nicht; ein Umbau hätte doch vorgenommen werden müssen, da das Mühlwerk den Erfordernissen der Jetztzeit nicht mehr entspricht. Ihre Ehrenhaftigkeit kann niemand anzweifeln, daß Sie blank und baar bezahlen. Nehmen Sie diese zehntausend Thaler.
Und der Knappe legte die Brieftasche in die Hand des Meisters, der wie eine Bildsäule vor ihm stand.
Frau Susanne brach in lautes Weinen aus.
— Gern, fügte der Knappe hinzu, hätte ich Ihre Seelenpein verscheucht, aber ich kannte die Verhältnisse nicht und mußte auch erst heute das Kapital erheben . . . Die Hilfe kommt ja noch nicht zu spät . . . Weisen Sie mich nicht zurück, lieber Meister, ich würde unglücklich sein, wenn ich in die Fremde wandern müßte.
Dem armen Göpel rannten große Thränen über die braunen Wangen.
— Höre ich denn auch recht? fragte er zitternd.
— Gewiß, Vater! rief Klärchen.
— Aber welche Sicherheit kann ich Ihnen denn bieten?
— Geben Sie mir Ihre Tochter zur Fran . . .
— Heiliger Gott, rief Susanne, ich habe es mir gedacht.
Göpel fand keine Worte, um seinem Herzen Luft zu machen. Mühsam stammelte er:
— Klärchen kann Ihun was sie will.
Sie flog dem Geliebten an die Brust.
Dann, Vater, bleibt Friedrich bei uns und wird Dein Compagnon!
— Meinen Segen habt Ihr schon, rief die Meisterin, ich habe längst gemerkt, daß die Sache nicht ganz richtig war. Ach, wenn die Gefahr am größten, ist die Hilfe am nächsten . . . Wer hätte gedacht, daß unsere Noth so enden würde!
Meister Göpel rief:
— Lieber Gott, ich kann ja zufrieden sein, denn Klärchen wird die Frau eines rechtschaffenen Mannes, der obendrein sein Handwerk aus dem Grunde versteht. Seid glücklich, Ihr lieben Kinder!
Klärchen jubelte laut auf; sie umarmte den Vater und die Mutter und öffnete endlich das Taschenbuch, um dem Meister die Banknoten vorzuzählen. Das Glück der drei Menschen war so groß, daß sie des Brandunglücks nicht mehr gedachten. Das Gespräch ward nun ruhiger. Meister Göpel ging durch das Zimmer und murmelte: „Meine Ehre ist gerettet, ich bin kein Brandstifter in den Augen der Leute, die mich sicher dazu gemacht haben würden."
Der nächste Morgen brachte noch sehr aufregende Scenen. Klotz erschien mit dem Advocaten Krug, gefolgt von einer Ge-