Motto. >
9. Mai: Tod ist nickt Tod; er bildet den Vollendeten die Säulen der
Unsterblichkeit. , . .
10. „ Freiheit ist nicht nur in dein Reich der Träume und das Schone
blüht nur im Gesang.
T a g k s - N r u i g l e i t e ii.
* Nagold, 9. Mai. Wer sich die kleine Mühe genommen, die gestrige Ausstellung von Zeichnungen der Forbildnngs- schüler hierorts zu besichtigen, der mußte sich bekennen, daß von Seite der Lehrer und der Schüler vieles, sa von Einzelnen der Letzteren Ausgezeichnetes geleistet wurde, und ein wohlthnender Eindruck des Fleißes und der Accnratessc sprach ans den meisten der vcrgelegten Arbeiten. Neben anerkennenden Worten des Herrn Dekans Freihofer für die HH. Zeichnungslehrer Col- laborator Wieland, Schnlm. Bänder und Werkmeister Ehr. Schuster war es durch Aussetzung von Prämien von Seiten des Gewerbevereins möglich, auch das Verdienst der Schüler zu belohnen, oder wenigstens sie in ihrem Bestreben zu ermuntern, und theilen wir die Namen derselben mit. Prämien erhielten: August Kapp, Geometerlehrl., Hartmann Bach mann, Schreiner', Jmanuel Henßler, Schreiner, Fried. Bertsch, Schreiner, Christ. Mornhinweg, Schreiner, Fried. Rcntschler, Mechaniker, Karl Rath, Dreher, Johs. Schanz, Schreiner, Gottlob Raas, Gärtner, Jakob Theurer, Fabrikarb., Joh. Georg Hauser, Schreiner. Belobungen erhielten: Karl Wur st, Schlosser, Gottlieb Lehre, Schreiner, Jakob Kern, Schlosser, Ernst Lutz, Schreiner, Jakob Glatz, Zimmermann. — Schließlich können wir unser Befremden nicht unterdrücken, daß trotz der öffentlichen Einladung an alle Freunde der Sache sich im Allgemeinen ein Bild der Interesselosigkeit darbot, indem der hier doch stark vertretene Gewerbebestand fast durch seine gänzliche Abwesenheit glänzte, wobei das löbl. Gemeinde-Collegium und die bürgerlichen Vertreter im Ortsschulrath mit gleichem Beispiel vorangingen, was sowohl die Herren Lehrer als die Schüler in ihrem Eifer hoffentlich nicht entmuthigen wird
4V. 0. Das am Sonntag ausgegebene Bulletin über das Befinden Sr. K. Hoh. des Prinzen Friedrich läßt das Schlimmste befürchten; dasselbe lautet: „Se. König!. Hoheit der Prinz Friedrich ist seit 24 Stunden völlig bewußtlos; fämmtliche Erscheinungen lassen eine baldige Auflösung erwarten."
Calw, 6. Mai. Wie wir vernehmen, steht uns am Pfingstmontag ein Doppelfest in Aussicht, nämlich die Einweihung der Turnhalle, beziehungsweise des Stcighauses und das seit 2 Jahren verschobene Turnfest des Nagold-Gaus, zu welchem die Turnvereine in Neuenbürg, Wildbad, Wildberg, Nagold, Altenstaig und hier gehören. (C. W.)
In Pforzheim regt es sich stark in der Arbeiterwelt. Die neueste Numer des „Genossenschafters" fordert zur Gründung von Produktivgenosscnfchaften der Gold- und Silberwaren- Fabrikation auf und fügt dieser Aufforderung bei, daß „nur dadurch dem heutigen Unwesen, daS Einer fabrizirc und viele andere bei ihm als Lohnarbeiter beschäftigt sind, die er mit karger, zu ihrer Fortexistcnz nothwendiger Bezahlung abfertigt, entgegengesteuert wird. (St.-A.)
Berlin, 5. Mai. In der heutigen Sitzung des Zollparlaments wurde der Handelsvertrag mit den Hawaifchen Inseln ohne Debatte angenommen; es folgte hierauf die Bcrathung über den Antrag Bambergers wegen Ausdehnung der Münzreform auf die süddeutschen Staaten. Minister Delbrück erklärt die Bereitwilligkeit des norddeutschen Bundesrathes, dem Anträge zu entsprechen. Becher spricht im Namen der süddeutschen Fraktion gegen den Antrag, welcher die Kompetenz des Zollparlaments überschreite (I) und den Landesvertretungen vorgreife. Der Antrag wurde schließlich angenommen. (S. M.)
Die Zündnadeln werden wirklich umgearbeitet. Es soll einer der drei Handgriffe beim Laden in Wegfall kommen und die Feuergeschwindigkeit um 33 pCt. erhöht werden, so daß das Gewehr im Schnell- und Salvenfeuer 8—9 Schuß (statt 5—6) abgibt. Die Patronen werden um ein Drittel leichter. Ein paar Millionen Thaler wird die Umwandlung kosten.
Herr Knak in Berlin hat wieder einmal beantragt) daß die Geistlichen amtlich zum Austritt aus dem Protestantenvcrein aufgefordert werden.
In Berlin wurde dieser Tage eine 19jährige Berlinerin getauft, deren Eltern einfach vergessen hatten, ihr Kind taufen zu lassen. Da es aber ein schönes Kind war, fehlte es nicht an galanten Taufpathen. Sie bedauerten nur, daß der Täufling zu groß war, um ihn auf den Armen zu tragen.
Auf dem Bahnhofe in Vilshofen war dieser Tage ein verrückter Bauernknecht aus der Gegend von Absbach zu sehen, den vier Begleiter an einer langen Kette um den Leib in die Irrenanstalt nach Deggendorf zu bringen hatten. Soviel der ihn begleitende Gemeindediencr von Absbach erzählte, hat dieser arme Mann seine traurige Lage einem Kooperator zu verdanken, der ihm weis machte, daß er wegen irgend welcher Sünde rettungslos verdammt sei. -- Der bemitleidenswerthe Mann, von
dieser fixen Idee eingenommen, hat nach der Aussage seiner Begleiter seit 53 Tagen fast nichts mehr genossen als Wasser und ist einem Skelette ähnlich. Während seines Aufenthaltes im Bahnhofe schlug er beständig Kreuze, fuhr von Zeit zu Zeit erschrocken zusammen und war selbst im Coupä .nicht aus seiner knieenden Stellung zu bringen.
In Ibbenbüren in Westphalen hat man in den dort befindlichen Bleigruben Platina entdeckt. Bisher hat man nur in Südamerika und im Ural dieses Metall gefunden.
Hamburg, 4. Mai. Den Hamb. Nchr. meldet eine Depesche aus Stuttgart: Zwischen Baiern und Württemberg ist ein Jurisdiktionsvertrag zum Abschluß gekommen, entsprechend dem zwischen dem nordd. Bunde und Baden. Ueber einen würt- tembergisch-baierischen Jurisdiktionsvertrag mit dem norddeutschen Bunde wird von Baiern und Württemberg gemeinschaftlich verhandelt.
Zum 8. Mai. Paris, 4. Mai. Das Central-Comite für das Plebiscit sendet heute und Morgen 4 Millionen Cirku- lare, worin es sein letztes Wort sagt, nach den Departements. Die Proklamation des Kaisers ist jetzt auch in Paris vertheilt worden. Bekanntlich erhält jeder Wähler ein Exemplar. Die Vertheilung der Stimmzettel des Central-Comite's hat in Paris begonnen. Dieselben sind wirklich auf sehr dünnes Papier gedruckt, und das „Oick" läßt, einerlei, wie man sie zulegt, sich sehr leicht ans der Rückseite erkennen. Was Paris anbelangt, so rechnet niemand darauf, daß die Regierung dort die Majorität erhalten wird. Auch die Umgegend der Hauptstadt ist ziemlich antiplebiscitarisch. In der Provinz werden an mehreren Orten für nächsten Sonntag Volksfeste vorbereitet; die betreffenden Programme ordnen den Festzug genau an, dem sich alle Wähler anschließen sollen, um ihre Ja-Zettel nach der Urne zu tragen. Wie am 15. August wird der Beginn und der Schluß des Tages mit 21 Kanonen- oder Böllerschüssen angekündigt.
Der kleine Judenjunge Mortara, der die Welt mit seinem Geschrei erfüllte, als er von Priestern in Nom geraubt und getauft wurde, ist jetzt regulirter Chorherr in Rom. Er hat sich so gelehrig gezeigt, daß er bei einem kirchlichen Feste die Hauptrolle spielte und dem Pabste ein Gedicht vordeklamirte. Laßt die Welt nur schreien! denkt Rom.
Vom Conzil. (Auch ein Grund für die Unfehlbarkeit.) Die Curialisten in Rom sagen: „Wir haben so viel verloren durch die Verkleinerung des Kirchenstaats, so viele Gehalte, Be- neficien, einträgliche Stellen sind uns seit den letzten Jahren entgangen, daß wir durchaus eine Entschädigung auf anderem Wege bedürfen, und diese soll und muß uns das neue Dogma bringen."
New - Aork, 17. April. Wie so viele deutsche Landsleute nach dem Vaterlande zurückkehren, nachdem sie sich in Amerika Vermögen erworben haben, so beabsichtigt auch Friedrich Kapp, den seine Advokatenpraxis in eine glücklich situirte Lebensstellung gebracht, Ende dieses Monats wieder zur deutschen Heimat überzusiedeln und einstweilen in Wiesbaden seinen Wohnsitz zu nehmen. Der Schwiegervater des (früheren) Generals Franz Sigel, der bekannte freireligiöse Prediger Dulon, ist vergangenen Dienstag zu Rochester gestorben.
Klärchen.
(Fortsetzung.)
— Warten Sie doch! rief Taube erschreckt.
— Es wäre verächtlich, wollte ich mit mir handeln lassen.
— Ich zahle zweitausend.
— Mein Herr, rief der Knappe, würdigen Sie meine Forderung, die ich Angesichts der obwaltenden Verhältnisse um das Doppelte hätte steigern können; aber ich verschmähe die Vortheile, die mir der Zufall bietet . . . Verlangen Sie nur nicht, daß ich mir einen Thaler abdingen lasse . . . Sie sind, wie allgemein bekannt, ein reicher Mann; ich bin arm . . . Bedenken Sie, wie meine unglückliche Mutter gelitten hat! Sie können ihr, die im Grabe ruht, nichts gut machen. Hätte ich der Sterbenden nicht versprochen, von meiner Stellung Ihnen gegenüber keinen andern Vortheil zu ziehen als die Wiedererlangung meines Erbes, ich würde nach dem lieblosen Empfange alle meine Beziehungen zu Ihnen vergessen und den Schutz des Criminalgerichts in Anspruch nehmen. Es geziemt mir nicht, Ihnen Vorwürfe zu machen . . . Ueberheben Sie mich der Pein einer längern Verhandlung und ehren Sie, wenn auch sonst keine Sympathie für mich in Ihnen rege wird, das Andenken meiner guten Mutter durch die Erfüllung Ihrer Pflicht. Verweigern Sie dies, so betrachte ich die Angelegenheit einfach als ein Geschäft, das mit Hilfe des Gesetzes geordnet werden muß.
Diese Worte übten doch eine Wirkung auf den zähen Professor aus, dem die Phrasen auf den Lippen erstarken, die er zur Abwehr und Entschuldigung äußern wollte. Er fand die Kraft nicht, sich geschmeidig zu zeigen. Friedrich war nicht nur entrüstet über das Benehmen des verbrecherischen Geizhalses, er mußte auch heute noch Geld schaffen, um den braven Müllersleuten und seiner Braut Ruhe zu bringen. Der brave Bursche wußte