Motto.
17. Marz: Wäbnest unglücklich du dich bei langer Dauer der Krankheit:
Mehr als im Glück siehst du dankbar die helfende Hand! IS. „ Wer am Ende lacht, lacht am besten.
T a g e S - N e u i g k e i t e n.
Stuttgart, 9. März. Im landwirthschaftl'cheu Klubb hielt vorgestern Prof. vr. Wolfs einen interessanten Vortrag über die kouzentrirten Düngmittel, deren gegenwärtig jährlich 6—7 Mill. Ctr. im Werth von 13 Mill. fl. in Deutschland verbraucht werden, wovon weitaus der grösste Theil auf die preußische Provinz Sachsen, das Königreich Sachsen und die Rheinprovinz kommt, der geringste in Snddcntschland verwendet wird. Am Schlüsse fordert er besonders zu ausgedehnterer Anwendung des Gypses zu Ueberstrenung des Stallmistes auf, den er konservirt, indem er die Verwesung verlangsamt, ebenso zu ausgebreiteterer Anwendung des Kalkes, der die chemische Thätigkcit des Bodens steigere und deßwegen den Ertrag erhöhe.
Stuttgart, 12. März. (17. Sitz, der K. derAbg-*) Schluß.) Mehl will nicht noch mebr Papiergeld und prophezeit den vollständigen Staatsbankerott Württembergs beim nächsten Krieg, wenn man seinen Rath- schlägen nickt folge. Hopf spricht gegen den Militarismus, gegen die Gsbeimnißtbuerei mit den Verträgen in der Leut,chen Angelegenheit. Auch die Art, wie dieses Ansinnen, acht Millionen zu bewilligen, an Las Hans gebracht werde, müsse Mißtrauen erwecken. Lölmle (Leutkirch) spricht für Beschleunigung der Bahn seines Bezirks. Freiherr v. Varn- büler antwortet demselben und fährt fort, der Abgeordnete von Besigheim gebe ihm ein Mißtrauensvotum, nachdem er schon wiederholtmit- getheilt bade, daß er protestire gegen das Vertrauensvotum dmes Manne«. Maver führe beständig die Landesversammlung der Volksparte, in diesen Saal berein: dort treibe man Dilettantismus, diese Räume seien dafür nicht geschaffen. Zwei Dinge fallen in der Rede des Abgeordneten für Besigheim auf: Er spricht immer von sich als „Wir . Entweder bewegt er sich in Träumen von einem süddeutschen Dundesprasi- denten, oder er betrachtet seine Parteigenoffen als willenlose Subjekte, die nack seiner Pfeife tanzen. Schmid (Ehingen) schildert, wie unter der Wühlerei der Agitatoren vom Schlage des Abgeordneten von Besigheim der öffentliche Rechtszustand angeseindct werde. Es sei dahin gekommen, dafl die Mißtrauensvota Mayers im Lande wie Vertrauensvota angesehen Ivürden. So weit sei es noch nicht, daß in Württemberg alles unlcr das Jnquisitionstribunal der demokratischen Unfehlbarkeit fick beuge, so weit noch nicht, daß mau den Bannstrahl des Beobachters überall fürchte. Oesterlen wendet sich gegen die Rede des Justizministers. Er erkenne den konstitutionellen Standpunkt der Regierung an, und billige auch die Zurückweisung der Mißtrauensvota einzelner Abgeordneten. Dagegen müsse er bedauern, daß Hr. v. Mittnacht Veranlassung genommen habe, auch derjenigen Fraktion zu gedenken, welcher er ängehöre, und von Regierungsfähigkeit und Unfähigkeit zu sprechen, unersetzlich ist niemand, auch kein Minister! Schott wundert sich, daß so lange niemand das Wort gegen die Rede Mittnachts ergriffen habe, eine solche Rede müsse gründlich widerlegt werden. Minister v. Mittnacht erklärt, er sei mißverstanden worden, an der persönlichen Oua- lification der Mitglieder der großdcutschcn Linken zweifle er nicht; er habe nur ausgesprochen, daß auch diese Herren eine demokratische Opposition finden würden. Erath entgegnet dem Abgeordneten für Aalen nicht ohne Witz; nun sehe er erst, daß sein Antrag auf Emission von Papiergeld gut sei, da Mohl aus ihm ein Unglück für Württemberg propbezeihe. Römer betrachtet die Debatte zwischen dem Abgeordneten von Besigheim und dem Ministerium nur als häuslichen Zwischt. Mayer (Besigheim) gegen v. Varnbüler gewendet meint, allerdings habe die Kammer das jetzige Eisenbahnnetz beschlossen, aber der Minister habe damals die einzelnen Abgeordneten, welche je für ihren Bezirk Eisenbahnen suchten, in der Tasche gehabt und seine Situation mit großer Gewandtheit ausgebeutet. Unsere ganze Eisenbahn sei nichts als ein Con- glomerat von Schwabenstreichen. In der That ein herrliches Compli- ment für wie Abgeordneten! Die Debatte wird nach einigen persönlichen Scharmützeln geschlossen. Es kommt zur namentlichen Abstimmung. Der Antrag der Commission wird mit allen gegen die Stimme Hopf's angenommen.
— 11. März. (18. Sitz.) Den ersten Gegenstand der Tagesordnung bildet die Beendigung der Berathung des Gesetzesentwurss über die Einführung des metrischen Maßes und Gewichtes. Fast sämmtliche Artikel werden nach dem Commissionsantrag angenommen. Ein Antrag von Erath und Genossen will das Feldmaß von der Umwandlung in metrisches Svstsm ausgenommen wissen. Schmid ist für diesen Antrag, weil sonst eine wahrscheinlich dreifache Umarbeitung der Güterbücher nothwendig werde; die erste zum Zwecke der Steuerreform, die zweite zum Zwecke der Münzresorm und die dritte wegen der Umwandlung des Maßes. Die Kosten belaufen sich voraussichtWch auf mehrere hunderttausend Gulden für das ganze Land. Minister v. Mittnacht: sämmtliche Gerichtsstellen des Landes haben sich gegen allmäliqe und partielle Einführung des neuen Feldmaßes ausgesprochen. Der Antrag von Erath müßte zu Verwirrung, ja zu Nechtsunsicherheit führen. Die Kosten würden sich auf 60,000—100,000 fl. belaufen; es sei im eigenen wohlverstandenen Interesse der Gemeinden, mit dem neuen Maße voraiizugehen. Bei der Abstimmung wird der Antrag Eraths mit 58 gegen 23 Stimmen abgelehnt, dagegen ein Antrag Mohls, der das Feldmaß nach metrischem System für 1. Jan. 1876 obligatorisch machen will, angenommen. Auf dem Wege der Verordnung wird in Art. 19 bekannt gemacht, bis wann die neuen Maße und Gewichte, unter Uebereinstimmung der Betheiligten m Anwendung gebracht werden können. Die Kommission stellt den Antrag auf folgenden Zusatz: „Die K. Regierung hat die Verhältniß- zahlen für die Umrechnung der bisherigen Maße und Gewichte in die neuen klar zusammenstellen zu lassen und rechtzeitig bekannt zu machen." Damit ist das Gesetz erledigt. Lemppenau berichtet über den monatlichen Kassensturz bei der Staatsschuldenzahlungskasse: es wurde alles in Ordnung gefunden. Von Bayha interpcllirt, sagt Defsner baldige Erledigung des Berichtes über die Kataster zu; damit werde aber die Berathung des neuen Steuergesetzes in keiner Weise unterbrochen.
Calw, 13 März. Ein gefährlicher Gauner hat in voriger
*) Der Anfang dieses Sitzungsberichts folgt im nächsten Blatte, indem solcher vom Setzer übergangen wurde, und beim Schluß des
Blattes Zeit und Raum zur Aufnahme mangelte.
Woche die Stadt Calw und Umgegend zum Schauplatz seiner Thätigkcit gemacht. Derselbe, wie ses scheint, ein italienischer Eisenbahnarbeiter, wechselte hier und in Hirschau Thaler- und Scchscrrollen gegen Napoleonsd'ors aus. Die Rollen waren wie sich später zeigte, mit Blei ausgefüllt und mit Aufschriften und Siegeln öffentlicher Kassen, Bankgeschäfte rc. versehen, überhaupt so täuschend nachgemacht, daß auch geübte Geschäftsleute getäuscht werden konnten. (S. M.)
In der badischen zweiten Kammer ist die Abschaffung der Todesstrafe in zweiter Lesung mit allen gegen 10 Stimmen durchgegangen. Die Regierung will abwarten, was im norddeutschen Reichstage in der Sache geschieht. (B.-Z.)
München, 12. März. Graf v. Bray hat am Tage der Uebernahme seines Ministeriums, wie die „Korr. Hoffm." meldet, die sämmtlichen Beamten desselben empfangen. Heute gehen diese Beamten dem Fürsten Hohenlohe ein Vbschiedsdiner. (St.-A.)
München, 14. März. Zu der gestrigen Hoftafel waren Fürst Hohenlohe und Graf Bray geladen. Wieder nahm der König Gelegenheit, den abgetretenen Minister in ganz besonderer Weise auszuzeichnen, namentlich auch dadurch, daß er mit dem neuernannten nur sprach, indem er jenen dazu heranzog. Uebri- gens wird hier sehr bemerkt, daß Fürst Hohenlohe und Graf Bray viel und sehr vertraut mit einander verkehren, und die stets behauptete politische Uebereinstimmung beider Herren wird dadurch natürlich nicht dementirt. (S. M.)
Die bayerischen Abgeordneten sind im Finanzausschuß übereingekommen, das Kriegsbudget bedeutend zu beschnipfeln. Statt 3,665,000 fl., welche der Kriegsminister für Hinterlader verlangte, wollen sie nur 2,400,000 fl. bewilligen und so verhältnißmäßig an allen Exigenzen. (B.-Z.)
Wie die A. Pztg. ausRegeusb u r g erfährt, hat der dortige Bischof, v. Senestrey, von Rom aus an sein Generalvikariat die Weisung ergehen lassen, daß jenen Theologen, welche dermalen ihre Studien an der Universität München betreiben, bekannt gegeben werden solle, daß sie nicht ordinirt würden, wenn sie weiters an dieser Universität verweilen. (St.-A.)
Fürth, 9. März. Ein hiesiger Kaufmann erhielt dieser Tage die Nachricht, daß auf ein ihm gehörendes österreichisches Hundertguldenloos vom Jahre 1864 bereits vor längerer Zeit, ohne daß er hievon Kenntniß hatte, der Treffer von 220,000 fl. gefallen sei.
Laut den „Bamb. N. N." hat der Pfarrer Trunk von Bau- nach vor dem Bezirksgericht zu Schweinfurt sich nächsten Mittwoch wegen nicht weniger als 17 Vergehen der Majestätsbelei- digung zu verantworten Es sind 24 Zeugen geladen. Einzelne der inkriminirten Aeußerungen sollen derart sein, daß wahrscheinlich die Oeffentlichkeit der Verhandlung beschränkt werden wird.
In dem Geschäfte eines jüdischen Kaufmanns in Würzburg bat ein junges hübsches Mädchen um Vorlage schwarzer Seidenkleider, sie sei die Nichte des Stadtpfarrers. Das Kleid wurde abgeschnitten und der Kaufmann gab ihr auf ihre Bitte seine Tochter mit, um das Geld von dem Onkel in Empfang zu nehmen Die Nichte trat in das Zimmer ihres Onkels, kam bald heraus und bat das Judenmädchen einzutreten, das Hielt» sei aufgezählt. Der Geistliche empfing das hübsche Mädchen mit einem langen Blicke, bot ihr einen Stuhl an und sagte endlich: Nun, mein Kind, sagen sie mir aufrichtig, wünschen Sie wirklich aus eigenem Antriebe katholisch zu werden? — Die schöne Jüdin konnte vor Erstaunen nicht antworten und es dauerte einige Zeit, bis das Mißvcrständniß klar wurde. Die angebliche geistliche Nichte war spurlos verschwunden.
Der Astronom Fald, welcher die großen Erdbeben des vorigen Jahres vorausgesagt hat, kündigt für das Jahr 1870 und zwar für den 17. März, den 24. Oktober und den 22. November bedeutende Erderschütterungen in Europa, den Vereinigten Staaten, Canada und Brasilien an.
Berlin, 9. März. Das „Centralkomits der katholischen Vereine Deutschlands" veröffentlicht eine Erklärung, worin alle gegen das Concil gerichteten Bestrebungen im Hinblick auf die Resolution der XX. Generalversammlung der kath. Vereine in Düsseldorf wiederholt verurtheilt werden und namentlich schmerzlich betont wird, daß „nicht nur die kirchenfeindlichen Zeitungen cs sind, welche in lügenhafter Gehässigkeit das Concil, die Bischöfe und den hl. Vater verdächtigen und verläumden", sondern „auch an unfern Hochschulen sich Männer finden, welche es wagen, unter dem Deckmantel der Wissenschaft das Banner des Aufruhres offen zu erheben gegen Rom, die Mutter und Lehrerin aller Kirchen und aller Völker." Schließlich werden die deutschen Katholiken aufgefordert, zur Bestreitung der Kosten des Concils beizutragen.
Der Bundeskanzler Graf Bismarck hat wieder wie früher alle Sonnabende seine Salons für die Abgeordneten des Reichstags vom 12. März bis 2. April geöffnet.
In Oestreich ist man auf die Jesuiten sehr aufgebracht, weil sie sich in Dinge mischen, welche sie nichts angehen und der neuen Organisation des Staates immer neue Schwierigkeiten bereiten. Der Finanzminister hat von dem Kaiser die Weisung er-