der Dank und die Anerkennung der christlichen Nachwelt Ihnen gesicher t sein. Breslau, 23. Jan. 1870. (Folgen die Unterschriften.)
Frankfurt, 22. Jan. Zum Netthau eines großen Opernhauses will eine Anzahl reicher hiesiger Einwohner 450,000 fl. hergeben, wofür sie weiter nichts beanspruchen, als daß jedem Zeichner von 10,000 fl. eine Loge gegen Bezahlung des Jahrespreises der Loge garantirt werde. Es ist doch erfreulich, daß die räuberischen preußischen Soldaten noch ein paar Gulden in Frankfurt übrig gelassen haben.
Für die Dauer des Konzils hat die preußische Staatsregierung ihrem Gesandten in Rom einen katholisch-theologischen Professor bcigegebcn, um auf Erfordern dem Gesandten den katholisch-kirchlichen Gesichtspunkt zu zeigen, deßgleichen auch tiei Verhandlungen mit dem Konzil einzntreten. Diese Abmachung hat auch die Billigung der Kurie erhalten und die Regierung den Prof. Dr. Thiel in Braunsberg nach Rom abgeordnet.
Ein Beschluß der Königsberger Kaufmannschaft, eine allgemeine Agitation f ü r die in Frage gestellte Berufung des Zollparlaments in diesem Jahr ins Leben zu rufe», ist durch das Verlangen motivirt, die jetzige Zusammensetzung des Zollpar- lameius, dessen Legislatur-Periode in diesem Jahre abläuft, zu benützen, um die Reform des Zolltarifs endlich durchzusetzen. Man fürchtet, daß die Neuwahlen, namentlich im deutschen Süden, den Interessen der Freihändler ungünstig ausfallen möchten, und daß in dem Zollparlament vom Jahre 1871 die Aufhebung der Eisenzölle, die namentlich für die östlichen Provinzen Preußens eine Lebensfrage ist, ans größere Schwierigkeiten stoßen könnte.
Paris, 29. Jan. Als der Kaiser heute auf der reservir- ten Terrasse des Tuileriengartens spazieren ginZ, wurde er von einem Arbeiter insultirt. Die Polizei verhaftete den Thäter in seiner Wohnung.
Paris, 29. Jan. Ollivicr hielt eine glänzende Rede gegen die Aufkündigung der Handelsverträge mit Englad und erhielt ein Votum von 201 Stimmen gegen 32.
Eine ungleich bedeutendere Gestalt der europäischen Revolution *war der Russe Alexander Hertzen, der dieser Tage in Paris gestorben ist. Hoch und reich geboren, ein Mann von großem Talent und hoher Bildung hatte er alles, um in seinem Vaterlande Glück zu machen; sein für Freiheit glühendes Herz aber trieb ihn aus dem Vaterlande, um in der Ferne den Kampf gegen die Barbarei und den Despotismus zu eröffnen. Obgleich seine Güter mit Beschlag belegt wurden, verfügte er über bedeutende Mittel, von denen er einen großmüthigen Gebrauch machte. In London gründete er die russische Zeitschrift Lotolcol oder Glocke, die seinen Namen in alle Welt trug. Er deckte in ihr die geheimsten Schäden Rußlands auf. Die Glocke drang auf geheimnißvollen Wegen in das russische Reich und wurde eine Macht, der Kaiser fand sie Nachts aus seinem Arbeitstisch und las Dinge, von denen er geglaubt hatte, daß sie nur ihm bekannt seien, ohne zu wissen, wer das Blatt auf seinen Tisch geschmuggelt hatte. Verbannt aus Rußland, lebte Hertzen ein von vielen Schicksalen heimgesuchtes Leben in London und Paris, in Italien und der Schweiz, eine Zuflucht zahlreicher politischer Flüchtlinge aller Völker.
Rom, 30. Jan. Der Pabst hat sich geweigert, die von 137 Bischöfen unterschriebene Adresse gegen die Definition des Jnfallibillitäts-Dogma's anzunehmen.
In R o m ist am 29. Januar der Großherzog Leopold von Toscana im Alter von 73 Jahren in Folge eines Herzschlages gestorben.
In einem Kampf zwischen preußischen Schmugglern und russischen Grenzsoldaten bei dem Dorfe Wirseits (in der Nähe von Memel) soll ein russischer Offizier getödtet, vier Husaren schwer verwundet und auch verschiedene Pferde erheblich blessirt worden sein.
Der Suezkanal befindet sich in einer fatalen Krisis. Drei der vorzüglichsten Verwaltungsräthe der Gesellschaft haben plötzlich ihre Demission gegeben und sind in offene Opposition gegen Herrn v. Lcsseps getreten, der noch immer keine Betriebseinnahmen veröffentlicht, was freilich auch schwer ist, da keine vorhanden sind.
Tag und N acht.
(Fortsetzung.)
Wir traten, da die Thür offen stand, ohne zuvor zu klopfe», über die reinliche Hausflur in die Stube. Da saß Vater Reich still am Tische; seine gefalteten Hände ruhten auf der aufgeschlagenen Bibel. Neben ihm stand ein sechsjähriger Knabe, der die Fremden neugierig anblickte. Im Lehnstuhle am Ofen bemerkten wir die Mutter des Andreas, die ein zartes Mädchen auf ihren Knien hielt. Zn ihren Füßen, mit der Puppe spielend, saß ein dreijähriges Kind, ein blondlockiges, hübsches Wesen, das freundlich die lichtblauen Augen auf uns richtete.
-- Vater Reich! rief ich ihm zu.
Er war schneeweiß geworden und sein Gesicht zeigte tiefe Furchen.
— sie bringen wohl eine neue Unglücksbotschaft? murmelte' er mit bebender Stimme.
— Erkennen Sie uns nicht wieder?
Der Alte wiegte traurig das silberweiße Haupt.
— Mir ist es so, als ob ich Sie schon gesehen hätte: aber mein schwaches Gcdächtniß . . . Und nun das Elend, das über uns gekommen . . .
Er legte die Hand vor die Augen.
— Lebt denn mein Sohn? rief schluchzend die alte Frau. 'Kommen Sie vom Schachte?
Es kostete Mühe, uns den verzweifelnden Leuten verständlich zu machen. >,
Der Greis errang zuerst seine Fassung wieder; , er erhob sich und reichte uns die zitternde Hand.
..— 2ch kann nicht nach der Grube gehen, mir fehlt die Kraft; da ist Gretchen, als die Schreckensbotschaft in das Dorf kam, allein hingelaufen.
— Wir sitzen hier in qualvoller Angst . . . kein Bote ist da, den wir schicken können . . . Alles aus dem Dorfe ist fort.
Wir gaben zu bedenken, daß das Gerücht den Umfang des Unglücks übertrieben haben könne, wie dies meistens der Fall sei; der Greis aber winkte abwehrend mit der Hand und entgegncte:
— Es wäre schon recht gut; aber ich bin auf das Schlimmste gefaßt. Pie schlagenden Wetter ... das sind die schrecklichsten Feinde des Bergmanns; und in unserm Schachte ist wenig ge- than ... Ich durste nicht offen reden, damit mein Schwiegersohn nicht um's Brod kam . . .
Er legte die geballte Faust auf den Tisch, um seinen Groll zu bekämpfen.
— Nun ist alles zu spät! fuhr er zitternd fort. Man sagt, es sei Rauch aus dem Schachte gestiegen ... da sind die Arbeiter alle verloren, das Wetter hat sie erstickt. Ich kenne das, ich weiß Bescheid unter der Erde. . . Und wer will es wagen, jetzt einzusahren?
— Andreas! Andreas! jammerte das Mütterchen.
Sie starrte uns an wie eine Wahnsinnige.
Vater Reich nahm ihr das Kind vom Schooße und legte es in die Wiege. Nun setzte er sich auf den Holzschemel und wiegte.
— Als mein Schwiegersohn diesen Morgen früh ging, erzählte er, sah ich es ihm an, daß er mit schwerem Herzen schied, und Gleichen begleitete ihn bis an die Schlucht. . . das war so etwas von Ahnung. . . . Mir ließ es nicht Ruhe, ich mnßte aufstchen und mich in die Laube setzen. Die schwüle Luft kam mir verdächtig vor. ... Ich konnte nicht einmal die Blumen begießen. . . . Meine Tochter sah immer nach der Uhr, die Zeit verfloß ihr zu langsam ... Da liefen auf einmal die Leute in den Gassen zusammen und ich hörte ein Wehgeschrei, das mir das Herz zerriß. . . . Gretchen stürzte aus dem Hause, sie wird wohl nach dem Schachte sein . . . O, Andreas ist sicher dabei, er ist zuerst eingefahren . . . Die armen Kinder haben keinen Vater mehr!
Er schwieg und trocknete die feuchten Augen.
(Schluß folgt.)
Allerlei.
— (Neues Dnrchzeichnenpapier.) Der Gemeindebaumeister Häusel in Neustadt, Großh. Hessen, gerieth, als er in einem kleinen Orte seines Bezirks Durchzeichncnpapter verwenden mußte, und solches nicht zur Hand harte, auf den Gedanken, Schreibhauch Zeichnen-) Papier mit Erdöl anznstreichen und sodann mit Zeitungspapier trocken zu reiben, wozu 4 bis 5 Minuten noth- wendig sind. Der Erfolg war ein überraschend guter; denn er erhielt ein Dnrchzeichnenpapier, ans welchem sich mit Tinte, Tusche und Farbe glcichgut arbeiten läßt. Nach den bis jetzt gemachten Erfahrungen verliert das mit Erdöl behandelte Papier an Güte durchaus nichts.
— Es ist bekannt, daß viele Juden ihre Namen von Städten haben, aus denen sie auswanderten, um sich in anderen Gemeinden niederlassen, daher die Oppenheimer, die Frankfurter, Wiener, Prager, Hamburger, Berliner, u. s. w. Weniger bekannt ist, daß auch das berühmte Haus Rothschild in gleicher Weise zu seinem Namen gekommen ist. Es stammt nämlich aus der Stadt Noes- kilda oder Rothschild in Dänemark, wo sich die weitberühmte Gruft der Könige von Dänemark befindet, welche Klopstock als Rothschilds Gräber besang.
— Neueste Sprachforschung. In der Sprache der Choctaws soll Liebe heißen: „Schunlendomowitschewegin." Dieses Wort, sagt der Eine. Courier, soll von einer Baierin herstammen, welche sich unter dem Jndianerstamme befand, und die Zudringlichkeiten der männlichen Angehörigen desselben mit den Worten abzuweisen pflegte: „Schindlueder dumma wiltsch eweg geh!"
Redaction, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchandlung.