hat, ein neues Strafgesetzbuch ausarbeiten zu lassen. Weil man den Hrn. Justizdepartemcntschef für den Repräsentanten der Strenge des Gesetzes hielt, so taufte der stets geschäftige Volkswitz das in Stuttgart erbaute Pönitentiarhans mit dem NamenPrieserslust", ein Name, der ihm bei vielen Stuttgartern verblieben ist. Es setzte sich dadurch in den Köpfen die Meinung fest, dieser Geh.- Rath v. Prieser müsse ein finsterer Wütherich, eine Art Alba sein und doch war dies keineswegs der Fall, derselbe war viel­mehr ein wirklich humaner Mann und nichts weniger als finster, wenn schon seine Anschauungen vom Strafrecht mit denen der Opposition nicht übereinstimmten (er huldigte einfach der Ab- schreckungstheorie, wie noch so viele andere, die darum nicht min­der wackere Männer sind), die nun einmal ihre Ansichten in der öffentlichen Meinung zur Geltung zu bringen verstand. (S.B.)

Vom Nesenbach wird dem ,,Schivarzw. Boten" geschrieben: Man hört in neuerer Zeit vielfältig klagen, daß alte Schulden, die schon längst bezahlt oder doch verjährt sind, aufs Neue ein­geklagt werden, und kommt es nicht selten vor, daß die Ge­richte, oft wohl gegen ihre moralische Ueberzeugnng, zur Be­zahlung dieser zweifelhaften Forderungen anhalten müssen, aus dem einfachen Grunde, weil im Laufe der Zeit die Quittungen verloren gegangen oder verschleudert worden sind, und der Gläu­biger sich noch im Besitze der Schuldurknnden befindet. Auch durch Sterbefälle kann sich solches ereignen. Nehmen wir an, die Erben des Gläubigers finden die alten Schuldscheine vor und verlangen, gestützt auf diese, Kapital und vieljährige Zin­sen. Ist keine Quittung vorhanden, so muß die Schuld bezahlt werden, wenn sie auch früher schon getilgt worden ist. Was ist nun zu thun, daß solchen absichtlichen oder unabsichtlichen zweimaligen Forderungen vorgebeugt werden kann? Hiegegen gibt es ein ganz einfaches Mittel: man zahle unter keinen Um­ständen Handelsleuten ihre Forderungen, bis sie die Handschrift zurückgegeben oder dem betreffenden Schultheißenamt zugestellt haben. Als sehr zweckdienlich dürfte es auch erscheinen, wenn die Ortsvorsteher gelegentlich der Anwesenheit der Bürgerschaft auf dem Rathhause dieselbe nachdrücklich auf diesen Punkt auf­merksam machen würde. Dies wäre auch in ihrem eigenen In­teresse; sie werden dann künftig nicht mehr so oft mit unbegrün­deten, resp. bestrittenen Klagen belästigt werden.

Herrenberg, 31. Jan. Die hier eingeschleppten Men- schcnpocken haben sich bis jetzt nicht weiter verbreitet, wozu die gegenwärtig herrschende trockene Kälte das Ihrige beitragen mag, auch hat sich die Einwohnerschaft sehr zahlreich revacciniren lassen.

(Schw. M.)

In Horb besteht erst seit 11. November 1869 ein Frucht­markt und doch hat derselbe in der kurzen Zeit vom 11. Nov. bis 31. Dez. schon für 6683 fl. 1 kr. in 1466 Centnern der verschiedensten Frnchtgattnngen umgesetzt. (B.-Z.)

Der muthmaßliche Attentäter auf den Postboten Häberlen von Berghof bei Crailsheim ist von einem Landjäger aufgegrif­fen und dem Gerichte eingeliefert worden. Es ist ein übel prädi- zirter Bursche, der Gott weiß wie in Erfahrung gebracht hat, daß der Postbote ziemlich viel Geld im Felleisen trage. (T.CH.)

DieSchwäbische Industrie-Ausstellung in Ulm" verdient schon darum die vollste Beachtung aller Gewerbetreibenden, weil sie in dem in Aussicht genommenen Terretorium das erste größere Unternehmen dieser Art ist. Je weniger geschickte und erfinderische Produzenten Gelegenheit gefunden haben, ihre Erzeugnisse in weiteren Kreisen bekannt werden zu lassen und denselben ein belangreicheres Conkurrenzgebiet zu eröffnen, je freudiger, meinen wir, sollte der Gewerbestand die erste schwäbische Industrieaus­stellung begrüßen. Bei einem gelegentlichen Besuche der Aus­stellungslokalitäten an der Hand eines Planes, welcher von der Ausstellungskommission unentgeltlich zu beziehen ist, haben wir gefunden, daß dieselben nichts zu wünschen übrig lassen, als eine recht umfassende Benützung Seitens der Gewerbetreibenden bei der bevorstehenden Ausstellung, welche nach den Anmeldungen, die bis jetzt bei der Ausstellungskommission eingelaufen sind, zu den besten Erwartungen berechtigt. Der zur alsbaldigen Verfügung stehende Flächenraum der Ausstellungslokale umfaßt 94,216 Quadr.-Schuhe, darunter bedeckte, wasserfeste Räume mehr als 61,000, und unbedeckte (z. B. für in Betrieb zu setzende Maschinen) gegen 33,000 Quadr.-Fuß. Im Falle des Bedarfs stehen noch weitere Räumlichkeiten zur Disposition. Die Beschi­ckung der Ausstellung ist wesentlich erleichtert durch den Umstand, daß Ulm den Knotenpunkt von fünf Eisenbahnlinien bildet. Da beabsichtigt ist, wegen Prämiirung hervorragender Leistungen geeignete Anträge an die Königl. Württembergische Staatsregie­rung zu stellen, da ferner zu hoffen ist, daß dieselben eine gün­stige Aufnahme finden werden, so liegt für die' Gewerbetreiben­den eine Aufforderung mehr vor, sich bei der Ausstellung so zahlreich als würdig zu repräscntiren.

In den württembergischen Salinen wurden im Jahre 1869 an Kochsalz zum häuslichen Verbrauch rund 266,000 Ctr., kommt per Kopf bei 1,175,000 Seelen 15 Pfd., abgegeben. (B.-Z.)

München, 29. Jan. Abgeordnetenkammer. Die Adreß- debatte ist sehr lebhaft. Fürst Hohenlohe vertheidigt seine Politik

und fordert die Begründung des beabsichtigten Mißtrauensvotums. Sepp, Schleich, Kurz und Lukas sprechen entschieden gegen, Voelk und Warm für das Ministerium. Hörmann vertheidigt die Ein- theilung der Wahlkreise und das Ausschreiben der Wahlen.

München, 30. Jan. Der König zog heute sämmtliche Minister und diejenigen 12 Reichsräthe, welche gegendie Reichs­rathsadresse gestimmt, zur Tafel. (S. M.)

München, 30. Jan. Es war die erste Verhandlung, welche die Abgeordnelenkammer gestern pflog, denn die vorange- gangene einzige Sitzung hatte lediglich Formalien gegolten, und es war zwar der Anfang der Adreßdebatte, in welcher naturge­mäß die vorhandenen Gegensätze am heftigsten auseinanderpla­tzen müssen, aber doch hat sie sofort einen tiefen Einblick eröff­net in die schroffe Stellung, in der die Parteien sich gegenüber­stehen, und darein, daß die Hoffnung eine vergebliche war, daß Versöhnung und Beruhigung von dieser Kammer ausgehen könn­ten Die Verbitterung durchbrach sogar die parlamentarischen Schranken und den in guter Gesellschaft herrschenden Anstand, indem von ultramoittaner Seite mit Schimpfworten und den ge­meinsten Ausdrücken auf die Liberalen eingedrungen wurde. Die Ruhe, mit welcher Fürst Hohenlohe zu Anfang der Sitzung die Grundsätze der von ihm eingehaltenen Politik darlegte und dann bat, darauf hin ihm Gründe zu bezeichnen, warum man ihm ein Mißtrauensvotum geben wolle, scheint seine Gegner erst in volle Wuth versetzt zu haben. Zwar die Rodomotaden des Exprofes­sors Sepp, der in seiner bekannten Weise von allen möglichen Dingen und noch einigen anderen sprach, hätten eher ermüdet als erhitzt, aber als der Appellationsrath Kurz (Afchaffenburg) das die Wahlen betreffende Ausschreiben des früheren Ministers Hörmann einlügenhaftes" nannte, da war der Zunder gewor­fen; der als Abgeordneter gegenwärtige Hr. v. Hörmann ant­wortete zwar scharf, aber nobel, die sarkastische Redeweise Völk's erbitterte, weil sie nicht anfechtbar war, noch mehr, und so kam der ultramontaue Heißsporn, Kurat Lucas aus Regensburg, zu­letzt in Ausbrüche, wie sie in diesem Saale noch niemals, wie sie in Bauernwirthshäusern nicht häutig gehört worden sind. Und der von den Patrioten gewählte Präsident Weiß ließ alles ruhig geschehen; er ermahnte nicht zur Ruhe, er rief nicht zur Ordnung, er lies die Gallerten den beiderseitigen Rednern zu­jubeln und Beifall klatschen. Das war ein trauriges Schauspiel für jeden, der dabei an die erregten Zustände des Landes dachte, wo ohnedem die Achtung vor den Gesetzen und vor der Obrig­keit tief genug erschüttert ist. Die schließliche Annahme der von den Patrioten vorgeschlagenen Adresse und die Verwerfung der von den Liberalen entworfenen (welche auf Beibehaltung des Ministeriums gerichtet ist) ist bei dem Zahlenverhältniß der Parteien in der Kammer freilich nicht zu bezweifeln; auf wessen Seite aber der moralische Sieg sich neigen wird, zumal wenn die Ultramontanen so forlsahren, wie sie begonnen, das ist eben­falls jedem sehenden Auge offenbar. (S. M.)

München, 30. Jan. DieAllg. Ztg." will wissen,daß der König entschlossen sei, weder die Adreßdeputation der Reichs­räthe noch die Adresse derselben anzunehmen; er soll gesonnen sein, letztere mittelst eines besonderen Erlasses zurückzuweisen. Fürst Hohenlohe machte heute Versuche, den König zur Annahme der Adresse zu bewegen." Der König hat die Adreßdeputation nicht empfangen.

Den Prinzen, welche gegen die Minister Opposition mach­ten, wurde, dem Vernehmen nach, ein Verweis crtheilt, und es soll II. kk. HH. den Prinzen Otto, Ludwig und Leopold die Weisung zugegangen fein, bis auf Weiteres nicht mehr bei Hof zu erscheinen.

Stiftsprobst v. Döllinger hat seinen Entschluß, das ihm er- theilte Ehrenbürgerrecht der Stadt München nicht anzunehmen, nun auch in einem verbindlichen Schreiben an das Magistrats­kollegium ausgesprochen. (St.-A.)

Berlin, 24. Jan. Der Justizminister Leonhardt ist zum preußischen Mitgliede des Bundesraths ernannt worden.

! Es werden in dieser Session des letztem 4 preußische Minister, Graf Bismarck, v. Roon, Camphausen und Leonhardt dem Bun- desrathe angehören, d. h. alle Minister, in deren Ressort Bnn- desangelegenheiten bearbeitet werden.

Breslau, 23. Jan. An Döllinger in München ist unter deni Heutigen nachstehende von hervorragenden Mitgliedern der Universität und andern angesehenen Männern Unterzeichnete Zustimmungsadresse abgegangen:Hochwürdiger Hr. Stiftspropst! Hochverehrter Hr. Professor! Genehmigen Sie den Ausdruck un­serer unbedingten Hochachtung und unsers Dankes für Ihre er­leuchtete und männliche That, welche wir in der Veröffentlichung Ihrer ernsten und wissenschaftlich unwiderleglichen Bemerkungen über die Jnfallibilitäts-Petition einer großen Zahl der in Rom gegenwärtig versammelten Bischöfe freudig begrüßen. Wir hof­fen von solchen Thaten eine glückliche Wendung zum Heil der katholischen Kirche, deren Recht und Stärke in der historischen Kontinuität erkannt wird. Wir stehen mit unserer Ueberzeugnng und Gesinnung fest zu Ihnen, und werden nicht wanken. So gewiß die Wahrheit am Ende siegen wird, so gewiß wird auch