Anschluß einer über Herrenberg und Eutingen nach Horb füh­renden Gäubahn ist auch nach Ausführung der von den gesetz­gebenden Faktoren beschlossenen Stuttgart-Calw-Nagoldthalbahn eine volkswirthschaftliche Nothwendigkeit und für die betheiligten mit dem Landesverkehrsmittelpunkt in der engsten Arbcits- und Erwerbsverbindung stehenden Bezirke bei Eröffnung der Nagold­bahn geradezu eine Lebensfrage. 2) Der Ban der hohenzollern- schen Bahn und der nahe Anschluß der oberen Neckarbahn an die badischen Bahnen und damit an die Seegegend und an die Mittekschwciz erheischen auf's Dringendste die Fortsetzung der ge­raden Linie ans Stuttgart zu Abkürzung des Umwegs über Reut­lingen und Plochingen. Diese Abkürzung wird bewirkt durch die Tübingen-Böblingen-Stuttgarter und die künftige Gänbahn. So lange letztere noch nicht gebaut wird, würde die Tübingen- Böblinger Bahn auch für den südwestlichen Schwarzwald w. eine wesentliche Erleichterung bieten. Für den nach dem Unterland gehenden Verkehr des südlichen, im Bahnhose Horb repräsentir- tcn «Lchwarzwalds und umgekehrt wäre die Benützung der Na­goldbahn wegen ihrer Entfernungen und noch mehr wegen der exorbitanten bei derselben vorhandenen verlorenen Steigung werth­los. 3) Das Bedürfnis; der nächstbetheiligten Bezirke wie das Interesse des ganzen Landes sind nur gewahrt durch die Aus­führung der durch alle Verhältnisse vorgeschriebenen direkten Bahn von Stuttgart über Böblingen nach Tübingen und den schillern Anschluß der Gäubahn. Eine Abweichung von dieser geraden Linie, der etwaige Versuch, die betheiligten Bezirke durch eine anderweitige Verbindung, z. B. eine Zweigbahn von Ren­ningen nach Böblingen zum Schweigen zu bringen, wäre durch­aus unannehmbar. Selbst ein Verschieben der Ausführung der Bahn auf die folgende Etatsperiode wäre einem solchen vermeint­lichen, in Wahrheit verderblichen Auskunftsmittel entschieden vor­zuziehen. Die Sicherung des Anschlusses ' der künftigen Gäu­bahn in Eutingen ist dankbar anzuerkennen. 4) Wenn Gründe vorliegen sollten, den Bau der Böblinger Bahn in der laufen- Etatsperiode noch nicht zu beginnen, so ist doch die allseitige Sicherung der Möglichkeit ihrer Ausführung eine ernste Pflicht der Staatsregierung, und besonders der baldige und rechtzeitige Erwerb der für diese Bahn nothwendigen Grundstücke im Stutt­garter Thal Angesichts der die Ansfahrt der Bahn gefährdenden Bauthätigkeit eine unerläßliche Maßregel.

Stuttgart, 2. Dez. Gestern Nachmittag zwischen 3 und 4 Uhr kam in dem ehemals Diez'schcn Doppelhause an der Jä­gerstraße, unweit des Güterbahnhofs, das von etlichen und 20 Familien und einer großen Anzahl von Schlafgängern bewohnt ist, auf bis jetzt nicht ermittelte Weise in der obersten Etage Feuer ans, das, angefacht von einem orkanartigen Sturme mit rasender Schnelligkeit um sich griff. Die Flamme soll, bevor ein Hausbewohner sie entdeckte, bereits die Verkleidung ergriffen und durch die Dachlucken hinansgeschlagcn haben. Obwohl die Feuerwehr ungemein rasch zur Hand war und die Dampffeuer­spritze eine Menge Wasser herbeischaffte, konnte der Dachstuhl und das obere Stockwerk doch nicht mehr gerettet werden, und ist auch das dritte Stockwerk noch schwer beschädigt. Außerdem sind, so viel wir hören, mehrere Unglücksfälle zu beklagen, bis jetzt sind die Nachrichten hierüber noch so unzuverlässig, daß wir uns Vorbehalten, morgen hierauf zurückzukommen. Es bestä­tigt sich leider, daß durch eine einstürzende Wand vier Feuer­wehrmänner getroffen worden sind. Dieselben wurden zwar durch ihre Kameraden rasch aus dem sie bedeckenden Schutte wieder heroorgezogen, sollen sich aber zum Theil in bedenklichem Zu­stande befinden. (S. V.)

Stuttgart, 2. Dez. Der Chef des Kriegsdepartements, Generalmajor v. Wagner, reist morgen zu den Militärkonfc- r.enzcn der süddeutschen Staaten nach München. (S. M.)

Stuttgart, 2 Dez. Im Geheimerath wird die Bera- thung des Verfassungsgesetzes heute zu Ende geführt. Außer die­ser großen Aufgabe hat sich der Gehcimcrath in der jüngsten Zeit auch mit zwei Verordnnngsentwürfen befaßt, der eine betrifft die Einführung einer Landessynode, der andere die Stellung des Kultministcriums in inneren Angelegenheiten der evangelischen Kirche. In der neu angetretenen Woche werden dem Vernehmen nach die Entwürfe über Wahlen zur Ständeversammlung und ein Gcsetzesentwurf, betreffend die Wahlen zum Zollparlament, im Gehcimenrathe in Behandlung genommen.

Stuttgart. Das Regierungsblatt vom 30. Nov. ent­hält eine Verordnung, betreffend die Veröffentlichung einer Ueber- einkunft zwischen den Zollvereins-Regierungen wegen Erhebung einer Abgabe von Salz; das Gesetz, betr. die Erhebung dieser Abgabe, und eine Verfügung zu Vollziehung dieses Gesetzes.

Karlsruhe, 30. Nov. Die erste Kammer nahm das Wehrgesetz heute einstimmig an.

Karlsruhe, 30. Nov. In der heutigen Scrienziehung der badischen 35-fl.-Loose wurden folgende 20 Serien je 30 St. Loose gezogen. Serie 187 607 1649 3052 3884 3960 4073 4200 4236 4461 4393 4773 3479 3598 6209 6418 6309 6933 7729 7911.

Berlin, 30. Nov. In der heutigen Sitzung des Abge­ordnetenhauses zog Lasker seinen zweiten Antrag, betreffend die 'Niederschlagung des Verfahrens gegen Twestcn und Frentzel zurück.

Graf Borries ist ins preußische Herrenhaus berufen wor­den. Man sollte meinen, dieser Herr hätte wenig Berus dazu; denn als Hannoverscher Minister wollte er lieber die Rothhosen rufen als preußisch werden und wurde für diesen schönen Vor­satz gegraft. Berliner Zeitungen aber sagen, es gehe in Ber­lin wie im Himmel zu, es sei größere Freude über 1 bekehrten konservativen als über 99 National-Liberale.

Ans N ordösterreich , 24. Nov. Seit einigen Tagen sind in der russischen Presse ganz eigenthümliche Enthüllungen über die jüngste Reise des Hrn. v. Benst nach Paris und London zu lesen, welche Mitthcilungen offenbar offiziösen Ursprungs sind, Wie man nämlich in Petersburg mit Bestimmtheit wissen will, habe Hr. v. Benst die Absicht, Oesterreich für dir in Italien und Deutschland erlittenen Verluste im Orient zu entschädigen, wo auf diese Weise die russischen Pläne durchkreuzt werden sollen. Nach jenen Angaben soll es Beust zumal auf die Annexion Bos­niens und der Herzegowina abgesehen haben, welcher Plan wenn nöthig auch mit den Waffen gegen die Türkei und Serbien dnrchgesetzt werden soll. Beust hat in Paris und Lon­don sich alle Mühe gegeben, das französische und englische Ka- binet für jene Idee günstig zu stimmen, und die Verhandlungen über diese Vorschläge schweben in der That bis heute. Dabei darf auch nicht vergessen werden, daß Oesterreich im kroatischen Grenzgebiete militärische Vorbereitungen trifft, welche mit jenen Plänen im Zusammenhänge stehen. Diese Vorbereitungen, welche man füglich Rüstungen nennen kann, leitet der Fetdmarschall- Lieutenant Gablenz, der bekanntlich schon in Schleswig-Holstein eine militärisch-politische Wirksamkeit gehabt. Die russischen Journale sprechen von Berichten aus Kroatien, nach denen in den dortigen offiziellen Kreisen allgemein der Glaube herrsche, es werde im Frühjahre zu einer Aktion mit der Türkei kommen. Diesen Dingen gegenüber bleibt aber Serbien nicht unthätig, wo im Arsenal zu Kragujewac buchstäblich Tag und Nacht an der Ausrüstung der Armee geearbeitet wird. Im Hinblick auf diese Rüstungen ruft wahrscheinlich das JournalGolos" heute aus:Mag man immerhin in Paris, London und Wien Frie- densphrasen unter dem Publikum verbreiten, wir wissen hier doch, daß man dem Kriege zutreibt.

Paris, 29. Nov. Die größten Schwierigkeiten, welchen die Konferenz noch ausgesetzt ist, findet die französische Regierung, ihrer eigenen Voraussetzung zuwider, bei Preußen. Dieser Staat zeigt sich sehr wenig geneigt, aus der zuwartenden Haltung, die er bisher in der römisch-italienischen Frage eingenommen hat, herauszutreten. Doch hofft man hier noch immer, auch diesen letzten ernsthaften Widerstand zu überwinden, und der französische Botschafter in Berlin hat den Auftrag erhalten, hierauf alle seine Anstrengungen zu richten. Er soll den Grafen Bismarck völlig darüber beruhigen, daß keine andere Frage, außer der römischen, auf der Konferenz zur Sprache kommen werde. (S. M.)

Belgrad, 1. Dez. Die beunruhigenden Gerüchte über die Haltung Serbiens sind ohne Grund. Es befinden sich hier weder russische, noch preußische Offiziere. Die Lage ist vollstän­dig normal. (S. M.)

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.