Fuad Pascha wurde in der Krim vom Czaren freundlich empfangen.
Ncw-fffork, 1ö. Ang. Berichte ans Mexiko melden, daß General Marquez gefangen, Lopez ermordet und Prinz Salm
zum Tode verurtheilt wurde. (S. V.j
New - Dork, 23. Ang. Das gelbe Fieber wüthet in 2kew- Orleans und Galveston. sS. M.j
Mexiko, 16. Juli. Gestern Vormittag hielt Präsident Jnarez nach einer Abwesenheit von mehr denn 4 Jahren unter dem Donner der Kanonen und dem Geläute aller Glocken feinen Einzug in die Hauptstadt. Er kam in offenem Wagen in Begleitung feiner Minister. sS. V.j
Die Vlntrncbe.
(Fortsetzung.)
„Nein, Giovanni. Hpacinth Ortoni ist edel und gut. Er vergießt ungern Menfchenblut; aber Du hast seinen Brnder ge- tödtet und seine Mutter hat ihn beschworen, nicht eher zu ruhen, bis Dein Geschlecht vertilgt sei von der Erde und Dein Haus der Erde gleich gemacht. Schande kommt über ihn, wenn er nicht thut, wgs er muß, und Du selbst, Giovanni, wenn man Deinen Bruder gemordet hätte — "
„Ich habe keinen."
„Nein, gelobt sei die heilige Jungfrau, Du hast keinen; aber wenn Du ihn hättest und ein Anderer tödtete ihn, ivie Du Hpacinth's Brnder getödtet hast, würdest Du zögern, seinen Tod zu rächen?"
„Nein," rief der Corse mit blitzenden Augen, „nein, ich würde nicht zögern, und müßte ich seinen Mörder verfolgen bis in die äußersten Spitzen der Berge, wo nur das Wildschaf haust, müßte ich steigen bis zu den Firnen, die von Schnee gekrönt in den Himmel ragen, ich würde ihn finden, und dann wehe ihm! „Nein, nein," fuhr er nach kurzer Pause fort, „ich will ihn nicht hassen, der mich verfolgt, er thut nur seine Pflicht! Aber Du, Felicia, Du bist mein Weib, und Dich muß ich verlieren! O, er ahnt es nicht, daß ich an demselben Tage, der mir so großes Unglück brachte, auch das köstlichste Glück in meine Arme schloß. Er wird mich einst finden, Felicia, und sein Gewehr wird nicht fehlen, denn er schießt gut! O, es ist schwer, vom Leben nichts mehr hoffen zu dürfen, wenn mau doch das Süßeste sein Eigen nennt, was die Erde trägt! Aber ich bin ein Mann! Mag die Kugel kommen. Mag das wilde Herz verbluten, weil es so heiß geliebt, ich weiß ja, das ein treues Auge um mich weinen, daß geliebte Hände mich bestatten werden, wenn nicht ein Abgrund den Körper aufhängl, wenn der Feindesschuß durch die Berge donnert. Felicia, mein liebes Weib."
' Er riß die zarte Frauengestalt mit Leidenschaft an sich, und große Thränen rollten aus seinen Augen aus ihre weiße Stirne. Sie staunte nicht darüber, sie kannte ihn ja lange. Still schmiegte sie ihre zarte Wange an sein braunes Gesicht und sagte leise und zärtlich: „Glaubst Du, ich werde leben, wenn mau Deinen Leichnam in den Bergen findet? Glaubst Du, meine Lippen könnten sich noch öffnen zu Scherz und Lachen und heilerer Rede, wenn Dein theurer Mund sich für eivig geschlossen? Weich ist meine Seele, den» ich bin ein Weib! Aber kühn ist mein Geist, denn ich bin eine Eorsin! Sobald der Schuß, Dir bestimmt, in den Bergen verhallt, sobald man Dich, mein Giovanni, als Leiche daherträgt, wird auch meine letzte Stunde gekommen sein. Ha, Du weißt, wie gut ich es verstehe, mit dem Gewehre umzugehen!"
Ihre Augen glänzten durch die 'Nacht, wie Sterne, als sie sprach, und Giovanni drückte sie mit schmerzlichem Entzücken an sich. Mein Weib! meine Felicia!" rief er wiederholt aus, „o, warum mußte auch er Dich lieben, warum auch er Dich begehren? Ach, das Schicksal ist hart! Konnte ich denn anders? Wollte nicht Paoli Dich mit Gewalt an sich reißen? Mußte ich ihn nicht tödten?"
„Wohl mußtest Du, mein Giovanni, denn er wollte Gewalt anwcndeu."
Giovanni starrte finster vor sich hin. „Und doch, Felicia," sagte er dumpf, „wenn ich so durch die Gebirge schreite in dunkler Nacht und in die Thäler hinabblicke, wo die Olivenhaine rauschen und die Kastanien, und sehe eine Cypresse mit dunklem Laub zum Himmel ragen, wie den Gedenkstein eines Verstorbenen, dann ist mir, als stiege ein Schatten aus der Erde und folgte mir, und wohin ich schaue, gleitet der Schatten mir nach, drohend
und groß, und Entsetzen durchzuckt mir die Seele. Sagt nicht Gottes Gebot ausdrücklich, wir sollen nicht Menfchenblut vergießen?"
Felicia neigte sich und drückte ihre weichen Lippen auf seine braune kräftige Hand. „Diese Hund hat getödtet im Zorne, nicht im Uebermuth!" sagte sie mit tröstender Ruhe. ,', Diese Hand ist mein, und Gott im Himmel wird nicht zürnen!"
„Er zürnt mir, denn ich werde mein Liebstes, werde Dich verlieren!"
„O, Giovanni, ist es nicht schön, vereint zu sterben, gehen nicht dann die Seelen vereint zu Gott?"
„Zu Gott, Felicia? ich habe gemordet!"
„Gott wird vergeben!" sagte sie mild und sah mit frommen Augen zum Sternhimmel empor, „er kennt die Regungen des Menschenherzens, er legte das heiße Gefühl in Deine Brust. Ich werde ihn bitten und er wird vergeben!"
Es rauschte im Gebüsch. Das Gewehr in der Hand, sprang Giovanni auf und Felicia stand gerade aufgerichtet, furchtlos und frei neben ihm. Beide horchten. Nichts regte sich, als das Geflüster in den Blättern der Kastanien und das leise Rauschen des Meeres von fern. Plötzlich zuckte ein Blitz, knallte ein Schuß, aber die Kugel war in den Baum gefahren, neben welchem Giovanni stand, und um den Mund des jungen Corsen flog ein höhnisches Lächeln. „Schlecht getroffen !" murmelte er, und stellte sich, Felicia mit sich ziehend, hinter den dicken Stamm einer Kastanie. „L>eine Flinte hat einen Doppellauf, er wird noch einmal schießen. Setze Dich nieder, Felicia, damit ich Dich sicher weiß."
Aber nur die Bäume fetzten ihr geheimnißvolles Rauschen fort, wo die Beiden in athemloser Spannung harrten; der Verfolger wollte unzweifelhaft einen günstigeren Augenblick abwarten. 'Nach stundenlangem Warten und Schweigen drückte Giovanni noch einmal sein Weib an's Herz, noch einmal küßten seine glühenden Lippen ihren Mund, ihre Stirn, ihre Augen, dann bat er sie, morgen wieder an einer andern Stelle, die er bezeichnet, zu ihm zu kommen und stieg, nachdem er der leichten Gestalt lange nachgesehen, bis die Schatten der Nacht ihre Umrisse verdunkelten, höher in die Berge hinan. Aber ein flüchtiger Fuß folgte ihm; ein klares Auge sah den Lauf seines Gewehres im Mondschein blitzen. Giovanni athmete die aromatische würzige Luft der 'Nacht begierig ein; seine Seele bedurfte einer Betäubung, sie war fast bis zum Wahnsinn erregt. Und nicht besser ging es seinem Verfolger.
Hyaciuth Ortoni, ein schöner corsischer Jüngling, muthvoll und herzensgut, kühn bis zur Waghalsigkeit, mir offenem Gesicht und klaren schwarzen Augen, folgte von Fels zu Fels den Schritten Giovanni's, dessen Leben zu nehmen ihm ein Gesetz gebot, welches sich in Corsica als heiliges Vermächtniß von Generation zu Generation vererbte, das Gesetz der Blutrache. Wer ein Mitglied einer Familie getödtet hatte, wurde von der Familie des Erschlagenen verfolgt, bis auch er in seinem Blute lag, und selbst auf nahe und entfernte Angehörige erstreckte sich diese gräßliche Rache, Vendetta genannt. Wer die Vendetta nicht übte als Vater, Sohn oder Bruder, wenn der Tod eines gemordeten Angehörigen dazu aufforderte, war der Schande Preis gegeben, wurde von jedem ächten Corsen verachtet. Giovanni halte den Bruder Hyacinih's getödtet, weil er seine Braut Felicia gewaltsam rauben wollte, daun war der Mörder, nach den Gesetzen für vogelfrei erklärt, in die Berge geflohen.
Vaterlandsliebe und Liebe zu den Seinen sind neben der Freiheit die hervorragendsten Charakterzüge des Corsen, edle Züge fürwahr, wenn sie auch oft Blutvergießen und lange FehR zwischen früher befreundeten Familien nach sich ziehen, schroff und felsenhart, wie das Land, welches ihn erzeugte, ist der Sinn des Corsen, aber wie die schönen Ströme die Thäler durchziehen und Oliven- und Kastanienhaine aus zum Himmel rauschen, wie die Erde von würzigen Kräutern duftet und Oleander und Lorbeerrosen ihre köstlichen Blüthen in den Lüften schaukeln, so lebt auch in seiner Seele manches hohe, reine, unendlich zarte Gefühl und mildert die schroffen Seiten mit versöhnender Kraft.
(Fortsetzung folgt.) '
Auflösung des Räthsels in Nro. 100:
A - B - E - Lchü tz.
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