— 27. Aug. Der hier tagende sechste deutsche Juristen- tag wählte mit Akklamation den Geheimerath Professor v. Wächter aus Leipzig zum Präsidenten. (S. V.j
Ansbach. Ein scheußliches Verbrechen wurde vor einigen Tagen in der Nähe dieser Stadt begangen. Ein Streunerpaar — ein gewisser Friede. Friedlein, von Gunzenhansen gebürtig, der zuletzt auf der Eisenbahn gearbeitet hat, und eine Weibsperson Namens Marg. Porst aus Hof, verweilte am letzten Samstag Nachmittags längere Zeit in verschiedenen Wirtschaften in Ansbach, zuletzt in der Schienagel'schen Branntweinschenke. Abeitds um 6 Uhr entfernten sich Beide und gingen der städtischen Waldung „Zeitberg" zu. Nach 0 Uhr erschien Friedlein wieder in der Schienagel'schen Schenke ohne die Weibsperson. Auf die Frage des Wirths, wo er seine Begleiterin gelassen, gab der unheimliche Gast mit großer Gleichgiltigkeit zur Antwort: „Das Mensch Hab' ich erstochen, droben im Walde liegt sie re." Da diese Antwort so entschieden lautete, und auch Blut- spnren an seinen Kleidern zu ersehen waren, sah sich Schicnagel veranlaßt, bei der Polizei Anzeige zu machen. Zwei Polizeisoldaten, die ihn im weißen Roß, wohin er sich später begeben hatte, antrnfen, empfing er mit den Worten: „Aha, die kommen wegen mir, zuerst muß ich aber etwas zu essen kriegen, eher geh' ich nicht mit." Eine Portion Kalbsbraten verzehrte er hierauf zu einem Glas Bier mit völligein Appetit und bediente sich nach dem Genuß des Bratens überdies noch desselben Messers, mit welchem er die verbrecherische That, welche er unumwunden zugestand, ausgeführt hatte, noch als Zahnstocher!! Beim Abführen zur Frohnvcste nahm er von den Gästen im weißen Roß mit den Worten Abschied: „Lebt wohl, jetzt sehen wir uns unter 19 Jahren nimmer."
Ueber den günstigen Lauf und die hohe Bedeutung der kürzlich eröffneten Brennerbahn bemerkt die Volksztg.: Die jetzt vollendete Brennerbahn verbindet Deutschland mit Italien auf der kürzesten Strecke. Dieselbe läuft von Innsbruck nach Bozen, von dort ins Etschthal nach Verona. Für den Weltverkehr ist somit ein Weg hergestellt, dessen Bedeutung sich bis jetzt kaum ermessen läßt und was landschaftliche Schönheit anbelangt, so kann sich keine andere Bahn der Welt mit dieser messen. Sie läuft vorüber an der Gletscherwelt Tprols und tritt dann heraus in die Gefilde Italiens, aus dem Eismeer in die Blüthcnwelt des Südens. Die neue Bahn ist ein Triumph der modernen Zeit, ihre Eröffnung ein Weltcreigniß. (Drfztg.1
Berlin, 27. Äug. Kreuzztg.: Wenn Oesterreich und Frankreich die Lösung aller europäischen Fragen vereinbaren wollten, so würden Rußland, England und Preußen nicht müßig bleiben können. Die Salzburger Zusammenkunft trage die Schuld, wenn das Mißtrauen wiederum wachse und eine Vermehrung der Rüstungen nöthig werde. fL-l.-A.s
Berlin, 27. Aug. Dem Vernehmen nach wird dem Reichstag auch der Gesetzentwurf, betreffend die Verpflichtung zum Kriegsdienst im norddeutschen Bunde, vorgelegt werden. fSt.-A.j
Berlin, 28. Aug. Die Provinzial-Korresp. bestätigt, daß in Kurzem in Berlin mündliche Verhandlungen über die Bedingungen der Abtretung nordschleswig'scher Distrikte stattfinden werden, sobald die dänischen Kommissarien ernannt sind.
Die Nordd. A. Z. tritt der schwarzsichtigen Auffassung, welche die Krenzz. über das Resultat von Salzburg zu verbreiten für gut findet, energisch entgegen, in den sich die Souveräne willkürlich zu politischen Aktionen vereinbarten. Die Bedeutung der politischen Veränderungen der Neuzeit liegt gerade darin, daß dieselben nur die endlichen gewaltsamen Durchbrüche der durch Dezennien hindurch gefühlten Wünsche und Bedürfnisse der Nationen waren. Dergleichen auf historischem Wege gewordene Thatsachen lassen sich nicht durch „Abmachungen" einer Eiferoder Vergeltungssucht redressiren. Die unzweifelhaften Proteste der öffentlichen Meinung in Oestreich und in den süddeutschen Staaten gegen die Möglichkeit solcher „Abmachungen" beweist, wie unzeitgemäß die von gewisser Seite in ostensibler Weise darüber verbreiteten Mittheilungen waren." Die Krenzz. dagegen beharrt auf ihrer Ansicht. (S. M.)
Die „Deutsche Allg. Zeitung" erfährt aus Berlin, daß die Besprechungen der beiden Kaiser sich zwischen folgenden Gegenständen bewegt hätten: 1) Die orientalische Frage darf augenblicklich ihrer Lösung nicht näher gebracht werden. Etwaigen
Versuchen einer dritten Macht, nach dieser Seite hin vorzugehen, ist entgegeuzutreten. 2) Zur Erhaltung der allseitigen guten Beziehungen würde eine angemessene Vereinbarung Dänemarks mit Preußen bezüglich Nordschleswigs wesentlich beitragen. Eine freundschaftliche Vermittlung Oesterreichs, die vielleicht dazu beitragen würde, die allerdings hoch gespannten Erwartungen Dänemarks auf das richtige Verhältnis; zurückzuführen, wäre nicht unpasfend. 8) Bezüglich Süddeutschlands Eintritt in den Zollverein (Zollparlamcnt) ist nichts zu bemerken, so lange Preußen die Bestimmungen des Prager Friedens im Auge behält. 4) Wegen Auslieferung der Leiche Maximilian's und Sicherstellung der beiderseiiigcn Unterthanen in Mexiko sind die geeigneten Schritte gemeinschaftlich zu thuu.
Ans Oestreich, 27. Aug. Nicht blos in Wien, sondern auch in den Provinzen herrscht Mißtrauen und Abneigung gegen die Verbindung Oestreichs mit Frankreich. Die Perspektive eines süddeulschen Bundes mit östreichischer Spitze lockt Niemanden, und der Pragxr Tagesbote, ein ächt deutsches Blatt, spricht nur aus, was die ungeheure Majorität denkt und fühlt, wenn er sagt: „Wer heute von der „deutschen Mission" spricht, die Oestreich zunächst wieder in Süddeutschland aufzunehmen berufen sei, der ist ein Träumer oder ein Feind Oestreichs. Die deutsche Mission kann nicht darin bestehen, Deutschland in seinem Einigungsgange zu stören. Wenn heute der Kaiser der Franzosen Oestreich eine Revision des Prager Friedens in dem Sinne bietet, daß Oesterreich an die Spitze des süddeutschen Bundes tritt, so bietet er uns nichts Anderes als den Haß Deutschlands, den Krieg, wohl gar den Zerfall des Reiches; denn eine Revision des Prager Friedens hieße nichts Anderes, als die Verwerfung und Verleugnung desselben! (S. M.)
Wien, 28. Aug. Die Mittwochs-Debatte erfährt aus glaubwürdiger Quelle zum Beweise des absolut friedlichen, in- ossensioen Charakters der Salzburger Zusammenkunft, daß bezüglich des Artikels 5 des Prager Friedens Oesterreich und Frankreich sich in der Anschauung begegneten, daß Dänemark (natürlich französischerseits) der freundschaftliche Rath ertheilt werde, auf der Nückabtretung Düppels und Alfens nicht zu bestehen, um nicht durch Aufrechthaltung dieser Forderung die Verständigung mit Preußen unmöglich zu machen. (St.-A.j
Paris, 27. Aug. Die Nachrichten aus Spanien lauten widersprechend, aber der Etendard glaubt, daß die Bewegung ernst werde. Der Aufstand von Saragossa ist noch nicht bestätigt.
Paris, 28. Aug. Als der Kaiser heute aus dem 'Nordbahnhofe anlangte, wurde er mit dem eisigsten Stillschweigen empfangen, in der That mit einer Kälte, wie er sie in Frankreich noch nie zu fühlen bekommen hat. (S. M.j
Paris, 28. Aug. Der Moniteur bestätigt, daß Dano Mexiko verlassen hat; derselbe sagt: Die Salzburger Zusammenkunft, weit entfernt, die Mächte zu beunruhigen und zu beängstigen, muß als eine neue Garantie für den Frieden betrachtet werden. Der Temps sagt: Die spanische Bewegung bemächtige sich des ganzen Landes. Die Gesammtmacht der Insurgenten belaufe sich auf 18,000 Mann. (St.-A.)
Soeben theilt man uns einen Brief aus Spanien mit, in welchem es heißt: Sämmtliche Fabriken in Barcelona stehen still; in Tarragoua hat ein fürchterlicher Kampf stattgefuuden, und zwar ohne daß eine der Parteien sich den Sieg zuschreiben könnte. Die Garnison des wegen seiner Festigkeit berühmten Forts Mon- juich, welches ganz Barcelona beherrscht, soll ihr Pronunciamento zu Gunsten der Revolution gemacht haben. Diese letztere Nachricht wäre, wenn sie sich bestätigt, von der äußersten Tragweite, denn eine Revolution in Barcelona ist für Spanien das, was eine Revolution in Paris für Frankreich." (S. Mst
Konstantinop el, 27. Aug. Der Kommandant des „Jz- zedin", dem es gelang den „Arkadion" zu vernichten, sowie säinmt- liche Offiziere sind belohnt und befördert worden. (Der „Arkadion", der griechische Dampfer, welcher zwischen dem Piräus und Kan- dia allen türkischen Angriffen zum Hohn beständig hin- und her- gefahreu war, die Kandioten zu unterstützen oder zu retten, wurde von dem genannten türkischen Kriegsschiff so in die Enge getrieben, daß er von der eigenen Mannschaft in der Nähe des Ufers in Brand gesteckt und versenkt wurde.) Der Sultan begünstigt energisch die Reformen; er ergänzte das Ministerium durch die Fortschrittsmänner Mahmud Nedin und Suphp Bey.