verheirathete als unverheirathete kaih. Priester gibt, zumal sie, wenn sie auch in den Ehestand treten, ihres Amtes von der Kirche nicht entsetzt werden können.

Florenz, 27. Juli. DieFlorcnzer Zeitung" sagt: im Ministerrath sei beschlossen worden, den Ritter Nigra aufzufor­dern, nach Florenz zu tommen, um über die Dumont'sche Ange­legenheit nähere Miltheilung zn machen. Der französische Ge- neral Dumont hat bekanntlich die päpstliche Legion von Antikes förmlich gemustert und eine Ansprache an die Soldaten gehalten, als ob dieselben eigentlich unter französischem Kommando stünden.

Als ein Hauptmotiv zu der Abberufung des Gesandten Nigra's wird der Köln. Ztg. angegeben, daß diese Maßregel als Einleitung zu einer unabhängigen Stellung Italiens zu Frank­reich dienen soll.

Aus Rom, 27. Juli, wird telegraphirt: Es fand gestern ein Zusammenstoß zwischen den päbstlicheu Gendarmen und den Briganten statt. Diese hatten zwei Todte und mehrere Verwun­dete, unter denen der Bandenansührer Ponici. In einem andern Kamp'e wurde der berüchtigte Bandenansührer Ludwig Antirezze und sein Bruder Thomas, sowie zwei andere Briganten gelödtet.

London, 28. Juli. Die Stadt Vasseterre, . auf der briti­schen Antille St. Kills oder St. Christoph gelegen und 7 bis 8000 Einwohner zählend, ist gänzlich niedergebrannt.

Nach derMorning-Post" entbehren die Kriegsbefürchtungen jeder Unterlage und behandeln Rußland und Frankreich gemein­sam auf freundschaftlichste Weife in Berlin die schleswig'sche Frage. Angst vor Frankreichs Rüstungen wäre unberechtigt; diese seien natürliche Vorsichtsmaßregeln; es existire keine einzige erbitterte Streitfrage. (Lll.-A.j

Aus New-Aork kommen folgende Nachrichten: Vom 25. Juli: Der einbalsamirte Leichnam des Kaisers Maximilian ist in Vera-Cruz angekommen. Von: 16. Juli: In Mexiko wur­den noch 10 kaiserliche Generale erschossen. Vom 16. Juli: Es wird versichert, daß Hr. Seward in seiner Antwort an Santa Anna erklärt habe, die Regierung der Vereinigten Staaten könne von der mexikanischen Regierung die Freilassung Santa Anna's nicht verlangen, da er den Krieg gegen Mexiko angcschürt habe. Imkrez hat alle katholischen Klöster mit Beschlag belegen lassen. General Cortinas hat Befehl erhalten, die Linie des Rio Grande zu besetzen. Der Kaiser Maximilian hat in sei­nem Testament den Wittwen Miramon'S und Mejia's 100,000 Doll, vermacht. - jSt.-A.j

Sclindttt's Stolz und Buße.

(Fortsetzung.)

Allein auch diese Aufforderung vermochte den jungen Mann nicht aus seinem Sinnen zu wecken; er lächelte nur und sah sich halb zerstreut im Zimmer um, das von einem französischen Ka­min aus der einen und zwei prächtigen Lampen auf der andern Seite hell erleuchtet und mit allen möglichen Arten von Arm­stühlen, Sopha's, Divans, Chaiseslongues und ähnlichen Ruhe­betten ganz angefüllt war und einen schwerfälligen Luxus athmete, wie man ihn noch vor zwei Monaten in der früheren bescheidenen Wohnung dieser Familie nicht gefunden hatte. Roland erwog im Stillen, wie mächtig die äußeren Verhältnisse aus die Men­schen einwirken; noch vor Kurzem waren diese Leute so still und anspruchlos gewesen, und nun schwoll ihnen der Kamm schon auf eine so merkwürdige Weise, und sie hatten sich so rasch da­rein gefunden, ein großes Haus zu machen, als hätten sie von jeher im größten Ueberslusse gesessen.

Herr v. Palm sah sich plötzlich aus seinem Sinnen geweckt durch die Ankunft eines Wagens vor dem Hause. Es waren die erwartenden Ankömmlinge. Frau v. Würich und ihre Töch­ter eilten die Treppe hinunter, den Herrn vom Hause und seine Begleiterinnen zu begrüßen, und halb unbewußt, halb von einer ungewöhnlichen Neugier getrieben, folgte ihnen Herr v. Palm.

Selinde stand noch unten in der Hausflur und gab mit klarem, ruhigem Tone den Dienern einige Weisungen wegen des Gepäckes. Die ersten Begrüßungen waren ohne Zweifel schon ausgctauscht, denn der nunmehrige Herr v. Würich kam schon die Treppe heraus und seine Gattin und Töchter standen etwas abseits und betrachteten ihre jungen Verwandten. Selinde hatte den Arm um die jüngere Schwester gelegt und drückte sie zärtlich an sich. Ihre Haltung war aufrecht, zuversichtlich, aber nicht

stolz. Das Licht der Gaslampe im Hausflur fiel auf ihr Ge­sicht und enthüllte jeden Zug darin. Herr v. Palm war ein sehr verständiger, gesetzter und gefühlvoller Mann, aber ein großer Verehrer der weiblichen Schönheit; sein Auge haftete daher for- ! schend auf Sclindens Zügen, ohne zu ahnen, mit welch' gespann­ter Neugier und geheimer Furcht ihn Valerie in diesem Augen- !

blicke beobachte. Auf den ersten Blick sah er nichts Außerordent- >

liches in Selindcns Antlitz; die Züge waren freilich sein und j regelmäßig, aber in Folge der jüngsten Erlebnisse blaß und ab- j gehärmt und von einer kalten Ansdruckslosigkeit. Die langen ! Wimpern verschleierten das Auge, diesen lebenvollsten Theil einer Physiognomie. Das Haar, das so reich und schön sein sollte, war einfach ausgesteckt'und der Reisehur und Schleier fast ganz verdeckt; nur die schön geschwungen«:,! Brauen deuteten aus Cha­rakter. Und doch lag in dieser ganzen Erscheinung ein geheimer Zauber, der etwa Anderes, Höheres ahnen ließ, wenn beim einfachsten Worte die eigenthümlichen beredten Linien um den biegsamen Mund zuckten oder beim Athmen die seinen Nasenflügel leise wogten.

Herr v. Würich war auf dem Treppenabsatz stehen geblieben, ohne den Herrn v. Palm zu bemerken.

Kommt, Kinder!" rief er seinen Töchtern,führet eure Cousinen herauf, sobald sie ihre Weisungen wegen des Gepäckes gegeben haben, und zeigt ihnen ihre Zimmer! Sie sollen sich tummeln, daß sie zum Souper herunterkommen, denn mich hun­gert ganz verteufelt, und sic dürfen mich nicht lange warten lassen! Ah, sieh' da, unser lieber Baron! Sie sind also ^

auch da? Nun, wie geht es? Freut mich, Sie zu sehen. Ich brauche Sie meiner Nichte Selinde Stramberg nicht erst vorzu- stcllen Sie wissen ja schon, wer sie ist!"

Aber ich möchte sie dennoch bitten, mich Fräulein v. Stram­berg vorzustellen, damit sie wenigstens auch weiß, wer die Ehre hat, sic hier im Hause ihres Oheims zu begrüßen!" erwiderte Herr v. Palm lächelnd, um die Unhöflichkeit'in der Bemerkung des Oheims einigermaßen zu mildern.

Die Frau vom Hause stellte ihn der Nichte vor. Selinde hatte sich gar nicht dazu herbeigclassen, von der unzärtlichen Be­merkung ihres Oheims Notiz zu nehmen; sie machte ihm eine stattliche, gedankenlose Verbeugung und folgte dann, noch immer Lilly an der Hand haltend, ihrer Cousine Valerie nach den zu ihrer Ausnahme bereiteten Zimmern im oberen Stockwerke.

Diese Zimmer waren nicht einmal geheizt, obschon man weit im Späthherbste war und von einer langen Reise kam. Die arme zarte Lilly war ganz starr vor Frost. Selinde fühlte sich höchst unangenehm berührt, wußte aber nicht, was sie thun sollte, und heftete einen sehr scharfen, fragenden Blick auf Valerie's Gesicht. Diese hatte ihr ihre Dienste in gleichgültigem Tone kalter Artigkeit angebolen und Selinde sie deßhalb abgclehnt. Valerie lehnte jetzt anscheinend gleichgültig an der Sophaecke; aber nur die Haltung war gleichgültig, denn das Auge verfolgte mit dem innigsten Interesse jede Bewegung Sclindens.

Nein, dachte diese, ich kann, ich werde es nicht über mich gewinnen, mich zu einer Beschwerde und zur Bitte um eine Ver­günstigung herabzulassen. Lilly ich könnte eher sterben, als für Dich betteln!

Selinde legte den Hut und schweren Reisemantel ab, glättete das schöne Haar und kniete dann vor der auf dem Sopha lie­genden Kleinen nieder, der sie die froststarrcn Füße durch Reiben zwischen den Hände» zu erwärmen suchte. Als sic zufällig zu Lilly aufblickte, sah sie, daß das Kind weinte nicht in kin­discher verdrießlicher Weise, sondern seine Thränen flössen in der Stille, aber groß und heftig; es war ein Schmerz, der dem Kinde ahnungsvoll durch die Seele zog. Gegen diese Rührung, konnte Selinde nicht fest bleiben; ihr Stolz verließ sic, erdrückt unter den mancherlei gewaltigen Aufregungen und verhaltenen Schmerzen des Tages. Sie schlang ihre Arme mit einem so wilden Schrei leidenschaftlichen Schmerzes nur das arme kränkliche Kind, daß Valerie darob bis in's Mark erschrack, daun legte sie ihr Haupt, aus Lilly's Schooß und brach in ein lautes, bitteres Weinen aus, welches auch ihre Cousine Valerie tief rührte.

(Fortsetzung folgt.)

Auflösung des Räthsels in Nro 87: Edelweiß.

Aetaküeii, Truck und Verlag der G. W. Zaijer'schen Buchhandlung.