Streite, so sagt man hier mit Recht, ist die letzte Gelegenheit, der Einigung Deutschlands entgegenzutreten, vorübcrgegangen. Jetzt könnte man höchstens von demselben noch eine oder^ die andere Provinz abreißen, aber verwüsten kann man diese Staa- tcnbildunq nicht mehr, selbst nach der Niederlage würde sie noch ein kräftig aufstrebender Staat bleiben, der das Erlittene zu sühnen suchen würde. Die Nachrichten von einem Wechsel der Botschafter Goltz und Beuedetti sind unbegründet. Man hatte als Grund für das Zuhauseblciben der Königin Jsabella angegeben, daß finanzielle Rücksichten dies geböten, dem ist je­doch nicht so. Vielmehr fürchtet man den Ausbruch einer gro­ßen Verschwörung. Die Königin und Narvaez bleiben einfach zu Hause, weil sie fürchten, bei ihrer Rückkunft die Thürc ver­schlossen zu finden. (S.M.)

Rußland hat seinen katholischen Prälaten nicht gestaltet, nach Rom zu ziehen.

Die Schlacht. Der Divisionsgeneral Trochu, einer der gebildetsten Generale Frankreichs, gibt in einer Flugschrift über das französische Heer, die viel Aufsehen macht, folgendes Bild einer großen Schlacht. Die Schlacht ist ein tief ergreifen­des Schauspiel. Sie regt die menschliche Seele in ihren inner­sten Tiefen auf und unterwirft sie vielfachen, mannigfaltigen, unvorhergesehenen Prüfungen. Diejenigen, welche an die mit dem Commando in seinen verschiedenen Abstufungen betrauten Offiziere in Form einer verhältnißmäßigen Verantwortlichkeit her­antreten, unterscheiden sich von jenen, welche die Masse der Kämpfenden heimsuchen; alle aber haben ihren Theil daran, und die schwerste lastet natürlich auf dem Oberbefehlshaber. Ange­sichts dieser Prüfungen sind die Menschen unter sich sehr ungleich. Gar oft aber geschieht es, daß sie auch in Bezug auf sich selber, das heißt mit Rücksicht auf das, was sie in früher» Kämpfen ge­wesen, auch durchaus nicht gleich bleiben. Die Spannkraft, der Thatendrang, der Heldenmuth, ja die Intelligenz selbst, sie ha­ben eben auch ihre guten und ihre bösen Tage. Familien- oder Gefchäftssorgen, Gemüthsbcschafsenheit, Gesundheitszustand, Ueber- maß von Hitze und Kälte, Hunger und Durst sie alle neh­men Einfluß auf die Stimmung, welche jeder in den Kampf mitbringt. Es ist bekannt, daß in den Kriegen des ersten Kai­serreichs unterschieden wurde zwischen der Tapferkeit gewisser Generale, wenn der Kaiser zugegen, und derselben, wenn er ab­wesend war, und daß das Vertrauen der Soldaten unter den­selben Verhältnissen sich zur Begeisterung steigerte, oder sich bis zum Erlöschen abschwächte. Große Unglücksschläge endlich, deren moralische Wirkungen furchtbar find, weil sie verallgemeinert werden und sich auf jedermann erstrecken, erfüllen die Seele der Truppen mit Zweifel und erzeugen eine Mattherzigkeit, die sich zuweilen sogar in den Anstrengungen der letzteren kund gibt. Die Aufregung der Geister bleibt verborgen während des Ver­laufes der der Schlacht vorangehenden Bewegungen, und wenn die Truppe an jener Grenzlinie angelangt, wo das Pfeifen der ersten aus der Entfernung geschleuderten, noch oder doch beinahe unschädlichen Kugeln sie belehrt, daß die Gefahr nahe ist, da geben sich ihre Eindrücke nur durch ein tiefes Schweigen kund. Es ist dies für die Männer, denen das Commando obliegt, der Augenblick, um auf das Gemüth der französischen Truppen zu wirken, denen man ein heiteres Gesicht zeigen und mit tönender Stimme zündende Worte zurusen muß. Grade in solchen Mo­menten war cs, wo Napoleon 1., wenn er die Fronten seiner kampfbereiten Linien abritt, Worte fand, welche die Soldaten elektrisirten, wie das berühmte:Vorwärts, Kinder, Frankreich blickt aus Euch!" Das ist auch der Moment für das Manövri- reu, d. h. für diejenigen taktischen Aufstellungen, welche von der Bodenbeschaffenheit, den Bewegungen des Feindes und den Um­ständen geboten sind. Denn die Truppen sind noch ganz in der Hand ihrer Generale; ihre Augen sind ans diese gerichtet, von ihnen erwarten sie alles und schweigend gehorchen sie ihrem Worte. Noch ein Augenblick, und ihre Stimme und alle Stim­men des Kommandos werden vom Getöse des Kampfes über- täubt. Die Kanone kommt näher und donnert, das Gewehrfeuer knattert. Große Geschosse fliegen dahin, weite Lücken in die Li- , nien der Krieger reißend; Flintcnkuzeln regnen, alles tödtend und verwundend; Kartätschenladungcn nehmen, wiederholt auf den Boden auffallend und wieder abprallend, dabei stets dichte

Staubwolken aufwirbclnd, ihren Weg gegen die Reihen, errei­chen sie und schmettern sic nieder. Die Atmosphäre imrd erschüt­tert durch tausendfältiges, gleichzeitig dumpfes und schrilles Ge­töse. Der Boden bedeckt sich mit Lobten, mit Sterbenden die unter unbeschreiblichen Zuckungen ihr Leben aushaucheu,' mit Verwundeten, die mühselig sich Hinschleppen, um Zuflucht unter Hecken, in Gräben, hinter Einzäunungen zu suchenjund den ödufen der Pferde, den Rädern der Geschütze zu entrinnen. Ueberall Hausen von Waffen, Kopfbedeckungen, Tornistern; überall todt hingestreckte Pferde oder solche, die erschreckt und herrenlos herum- irren, der unbeweglichen Infanterie verkündend, daß hier der Angriff so eben stattgefunden! Die stets in übermäßiger An­zahl um ihre verwundeten Offiziere sich drängenden Soldaten tra­gen diese auf dem Rücken aus dein Getümmel und spähen nach der rochen Fahne der Ambulancen, wo ihnen Hülfe winkt. Ver­einzelte Gruppen, die außerordentliche Verluste erlitten, verlassen, den Kampfplatz, in ihrer Verwirrung überall verkündend, daß der Feind ihnen folge, daß all ihre Kameraden getödtet, daß alles verloren fei. Andere, regelmäßige, aus den Reserven vorrückende Aoiheilungen bilden durch ihre Zuversicht und ihren Eifer einen ivohlthucnden Gegensatz zu jenen; sic stürzen vorwärts, sich ge­genseitig zur tapfern Offensive anfenernd. Inmitten dieser cha­otischen Unordnung und Zerstörung scheinen selbst die auf den obersten Stufen stehenden Persönlichkeiten zu verschwinden. Die Truppen sehen nicht mehr ihren Anführer; dieser selbst erblickt sich nur in einem tumultuarischen und verworrenen Durcheinan­der. Die Offiziere, welche seine Befehle zu überbringen haben, langen nicht an ihrem Bestimmungsorte an, oder kommen nicht mehr zu ihrem Ausgangspunkte zurück. Einige sind getödtet, verwundet, andere gefangen genommen worden oder haben sich verirrt. Es fehlt an 'Nachrichten. Sind sic im Ueberflusse vor­handen, so überwiegen die ungünstigen und beunruhigenden mei­stens die guten, namentlich wenn die Action lange ungewiß und besonders blutig gewesen. Die jungen, unerfahrenen, allen Ein­drücken leicht zugänglichen Offiziere sind in solchem Falle wahre Schreckgeister. Da eilt einer ganz verstört herbei, er meldet, daß der rechte Flügel zurückwcicht; ein zweiter kommt mit der Nach­richt, daß das Eeutrum vom Sturme der Reiterei bedroht sei; ein dritter will -wissen, daß der linke Flügel in Gefahr ist, um­gangen zu werden. Alle machen sich zum Echo der Bitten der Nntcrbefehlshaber, die, nur die eigene Situation berücksichtigend und ohne Einblick in die Erfordernisse der Gesammtheit, dringend Verstärkungen verlangen. Wollte der Oberbefehlshaber den ersten durch die Bemerkungen und Meinungen derer, welche der Reihe »ach um ihn sich drängen, hervorgerufenen Regungen nach­geben, so wären alle Reserven vorzeitig erschöpft und im ent­scheidenden Augenblicke stände er wehrlos da. Er muß daher kalt bleiben, sorgsam erwägen, scharf beurtheilen und abwarten, bis ein Lichtstrahl diese Finsternis; erhellt und der beginnende Rückzug des Feindes oder andere Umstände eine momentane Pause im Kampfe eimreten lassen. Dann durcheilt er die Reihen, stellt die Ordnung wieder her, trifft seine Verfügungen, bemäch­tigt sich endlich wieder des persönlichen Commandos und setzt den Kampf fort. Solchergestalt würden die Truppen während der Krise nahezu sich selbst überlassen sein, wenn sie nicht von den Offizieren, den Unteroffizieren und der Gesammtheit der Un- tcranführer, die außerhalb und innerhalb der Reihen den Dienst versehen, gestützt, crmuthigr und geleitet würden. Und hier ist cs, wo sich die anscheinend so bescheidene, in Wirklichkeit so große Rolle der Cadres (Rahmen oder Stämme) in ihrem vollen Glanze zeigt. Der tägliche Verkehr mit einander, die gleichen Gewohn­heiten des Lebens und der Pflichterfüllung haben zwischen diesen Männern und dem Soldaten eine kostbare Solidarität geschaffen. Er kennt ihre Stimme, er gehorcht ihrem Winke; sie sind seine Vormünder, feine Erzieher, und wenn sie ihm Achtung vor ihrem Charakter, Vertrauen in ihre Erfahrung einzuflößen verstanden haben, so folgt er ihnen in Gefahr und Tod und trennt nimmer­mehr sein Schicksal von dem ihren. Die Cadres sind die Stärke der Armee, und die moralische und berufsmäßige Heranbildung der Cadres, im Hinblick aus den Krieg, sollte die beständige Sorge wahrhaft würdiger und in Wahrheit zur'(Erfüllung ihrer Stellung bei den Truppen befähigter Generale sein. sDrfztg.)

- Truck und Beklag der G- W. Zaiser'schen Buchhandlung.