E a g e s - A e u i g k e i t e n.

Stuttgart, 11. März. Wegen Aufhebung der Salzmo­nopole der einzelnen Zollvereinsstaaten und Einführung einer gemeinschaftlichen Salzsteucr im Zollverein sollen Mittwoch den 13. d. M. in Berlin Verhandlungen zwischen den Vereinsregie- rungen eröffnet werden. Die württembergische Regierung wird hiebei durch den Finanzrath Nicke vertreten fein. (St.-A.)

Ulm, 7. März. Das grellste Genre-Bild, vor welchem selbst eine Hogarth'sche Phantasie Bankerott werden könnte, boten die besoffenen Leichenträger, welche vor einiger Zeit, als sic am Abend spät eine Bürgersfrau nach dem Leichenhaus trugen, un­terwegs die Bahre um- und die Leiche herauswarfen und sie dann von der Straße wieder aufhoben und in ihren Kasten packten. Käme eine solche Geschichte in einem Roman vor, man würde sie nicht glauben. Der Gemeinderath hat natürlich diese Leute ihres Dienstes entlassen. (U. Schn.)

Karlsruhe, 11. März. Die Regierungen von Baden, Bayern und Hessen beabsichtigen, wie man erfährt, demnächst in Mannheim eine Konferenz zusammentreten zu lassen, um über gemeinsame Maßregeln gegen die Einschleppung der Rinderpest zu verhandeln. (K.Z.)

Die Herrenhutercolonie Königsfeld bei Villingcn im ba­dischen Schwarzwald, etwa 400 Einwohner, bildet einen Muster­staat im Kleinen. Seit 50 Jahren, so lange sie besteht, hat noch nie ein Bewohner etwas mit der Polizei zu schaffen gehabt, es kam weder ein Frevel noch ein Perbrechen vor. Es wurde nie ein Prozeß geführt, nie ein Zwangsverkauf vorgenommen und es gibt dort keinen einzigen Bettler. (Dfztg.)

In Berlin gibt man sich der Hoffnung hin, daß die Auf­gabe des Reichstags iu 6 Wochen zu Ende geführt sein werde. Das wäre bis Ostern oder Anfangs Mai. Es bliebe alsdann bis zum 18. August, dem Ablauf des provisorischen Bündniß- Vertrags, noch eine Frist von vierthalb Monaten, in welcher die Genehmigung der Verfassung bei den Landtagen der 22 Re­gierungen des norddeutschen Bundes einzuholen wäre. (S. B.)

Die am Samstag den 9. begonnene Generaldebatte im Reichs­tag über den Verfassungsentwurf ist, nachdem sie durch den Sonn­tag unterbrochen war, am Montag sofort wieder ausgenommen worden. Die Montagssitzung ist eine besonders für Süddeutsch­land sehr denkwürdige gewesen: Braun von Wiesbaden sprach für den Verfassungsentwurf. Das nationale Eiuignngswerk sei die Hauptsache, und was Süddeutschland anbetreffe, so werde dieses von selbst kommen (großer Beifall). Graf Bismark beglückwünschte den Redner, indem er sortfuhr: Preußen beab­sichtige weder eine Vergewaltigung der Fürsten noch der Völker, es sehe der naturgemäßen Entwickelung des Einigungswerkes ent­gegen; die Regierung fei möglichen Verbesserungen des Derfas- sungsentwurfs zugänglich; eine Einigung mit den süddeutschen Staaten sei angebahnt und bei einem etwaigen Angriffe von Au­ßen werde Nord- und Süddentschland Zusammenhal­ten. Hrn. v. Münchhausen gegenüber weist Graf Bismark in den schärfsten Ausdrücken den Vorwurf eines Bruches des Ver­trags von Langensalza zurück. Wiederum deutliche, durch nichts wegzudisputirende Zeichen, daß die Kluft, welche der deutsche Krieg zwischen Süd- und Norddeutschland aufriß, sich auszufül­len beginnt. Möchte der Tag immer fern bleiben, wo Prüfun­gen von außen den deutschen Frieden, ehe er noch Bestand und Dauer gewonnen hat, erschüttern! Daß ein solcher Tag kommen kann, ist die gewichtigste Aufforderung, auch mit Opfern die Gewähr zu erstreben, daß er ganz Deutschland einig finde. Als solches Opfer, und als ein schweres, erscheint Vielen jetzt die neue in Uebereinstimmung mit dem norddeutschen Bund, mit über 10 Millionen Deutscher zu gestaltende Wehrversassung. Diese Organisation hat sich aber als die beste bewährt; Frankreich, Oestreich, eine Reihe kleinerer Staaten ahmen sie nach. Sie er­fordert von den Bevölkerungen die größten Leistungen, verbürgt ihnen aber auch am ehesten die Grundlage aller materiellen Wohl­fahrt, die äußere Sicherheit; sie hat den Volkswohlstand und die Staatsfinanzen in Preußen so wenig untergraben, daß dort vielmehr Beides in hoher Blüthe steht; sie führt die lange er­wünschte allgemeine Gleichheit der Wehrpflicht herbei. Gewiß wird bald genug der Entschluß bei den süddeutschen Bevölkerun­gen reifen, ein Mittel zum Zweck nicht von der Hand zu weisen,

dessen Anwendung unabwendbar ist, wenn auch uns aus schwe­ren Erfahrungen endlich gute Früchte reifen sollen. (S. M.)

Die Streitkräfte des norddeutschen Bundes würden den militärischen Blättern zufolge bei der Durchführung der ver­abredeten Militärorganisation ungefähr 895,000 verfügbare, aus­gebildete Mannschaften betragen 292,000 Mann Friedens­stärke , 285,000 Mann Reserven und 315,000 Mann Landwehr.

Berlin. Der Kladderadatsch enthält folgende Annonce: Die preußische Regierung will, wie die Zeitungen berichten, nach der Pariser Ausstellung das Modell eines Schulhauses sen­den, um die Einrichtungen und Anordnungen einer ländlichen Volksschule in Preußen in allen ihren Einzelheiten zur allgemei­nen Kenntniß zu bringen. Sollte zu diesen Einzelheiten auch das Modell eines hungernden Schulmeisters mit 50 Thlr. Gehalt gerechnet werden, so sind die Unterzeichneten gern bereit, gegen billige Entschädigung sich zu dieser Mission betrauen zu lassen. Baculus, Schulmeister,

Schmachtriem, Schulgehilse.

Wien, 8. März. Die Nene freie Presse hofft, der un­garische Landtag werde von seinem konstitutionellen Recht Ge­brauch machen und das Konkordat mit Rom als nicht für Ungarn verbindlich erklären, dadurch aber einen guten Vorgang für die cisleithanische Vertretung schaffen. (St.-A.)

Paris, 9. März. Nach einem umlaufenden Gerücht ist von einer Amnestie für Preßvergehen die Rede, welche am 16. März, dem Geburtstage des kaiserlichen Prinzen, erlassen wer­den soll.

Paris, 10. März. DerMonde" sieht in der jetzigen Armeeorganisation einen Rückfall vom Christenthum zum griechisch- römischen Heidenthum.In dem Maße, in welchem man sich vom Christenthum entfernte, empfand man die Nothwendigkeit, den religiösen Zügel durch den militärischen zu ersetzen." Ganz besonders ist nun, dem Monde zufolge, Preußen auf dieser heid­nischen Bahn vorangegangen, indem es sich das Prinzip ange­eignet hat, demzufolge in den heidnischen Republiken jeder Bürger Soldat war! Emil Girardin wird wahrscheinlich am Geburts­tage des kaiserlichen Prinzen, 16. März, begnadigt werden und hat dann noch einmal die Wahl zwischen seinem alten Imperia­lismus und seiner neuen Prinzipienstrengc.

Florenz, 10. März. Heute fanden die Wahlen zur Ab­geordnetenkammer statt. In Neapel wird Garibaldi mit großer Mehrheik gewählt werden. Bis setzt sind 88 definitive Wahlen bekannt, worunter 66 regierungsfreundliche und 22 oppositionelle. In Ballotage befinden sich 156 Wahlen, wovon in 108 die Re­gierungskandidaten im Vortheil gegen die Opposition sind.

Madrid, 8. März. Der Belagerungszustand ist für ganz Spanien aufgehoben. Das Dekret über die Presse setzt die Kau­tion für die Zeitungen auf 40,000 Realen, führt die Censur und vorläufige Beschlagnahme ein und macht die Autoren und Herausgeber verantwortlich für alle Druckschriften, die ohne vor­gängige Autorisation veröffentlicht werden. Solche Druckschriften werden wie geheime betrachtet und gestraft werden.

Athen, 9. März. Gestern hat auf der -Insel Mitilini (Lesbos) ein fürchterliches Erdbeben Alles in Trümmer gewor­fen. Mehrere Hundert Personen sind dabei umgekommen.

Die kleinen Leiden und Freuden des Ehestandes.

(Fortsetzung.)

Dritter Brief.

Julie, was ist aus Dir geworden? wie konntest Du mit solcher Gemüthsruhe auf die Klagen meines blutenden Herzens antworten?Du freutest Dich jedes Mal, schreibst Du, wenn Dein Georg eine Einladung erhielte, dann ließest Du Dir Chocolade kochen, äßest Kuchen dazu und wärest froh, die Sorgen um ein Mittagessen los zu sein. Nein, Julie, von solchem Egoismus habe ich keinen Begriff, für meinen Max zu kochen ist mein Hauptvergnügen, darin liegt ein großer Theil meines Lebensglückes. Du siehst, ich nenne ihn schon wieder meinen Max. In der ersten ehelichen Versöhnung liegt auch ein Genuß, den mari aber nur dann ganz begreifen kann, wenn inan so glücklich ist, wie ich es bin. Glaube nicht, daß ich vier Wochen lang mit meinem Max gemault habe. Wenn ich Dir nicht schon früher geschrieben, so lag der Grund darin, daß ich zuvor die Wirkung meiner Ehestandskur abwarten und mich überzeugen wollte, ob