E n g e s - R c tt j g k e i t e n.

Stuitgart, 26. Febr. (Schw. Volkszig.) Da Misere Regierung durchaus keine Lust zeigt, aus ihrem Schweigen über den Stand ihrer Verhandlungen mit Preußen und den süddeut­schen Herren Kollegen herauszutretcn, so halten wir es für die Aufgabe jedes ordentlichen Journalisten, für unsere Staatslenker in die Lücke zu treten und über die oben berührten Angelegen­heiten so viel wie möglich authentische Mittheilungen zu sammeln, um dieselben dann sofort, auch ohne ei» gnädiges Exequatur ab­zuwarten, dem Publikum milzntheilen. Wir horchen daher da und dort herum, und diesem System haben wir nun die Kennt­nis; eines Schreibens zu verdanken, welches dieser Tage Herr v. Spihemberg, unser Gesandter in Berlin, an einen hiesigen hochgestellten Diplomaten gerichtet hat. Dieses Schreiben zeichnet sich sticht blos durch seinen Styl, sondern noch mehr durch die darin herrschende lobenswerthe Resignation ans, von der wir in Nachstehendem einige Proben geben wollen.Württemberg, so meint unser Herr Gesandter, werde bälder zu dem norddeutschen Bundebeigewgcn" werden, als inan sich's hier vielleicht träu­men lasse, ohne übrigens andere Bedingungen zu erhalten, als sie dem Königreich Sachsen auch geivährt worden seien.Keine Hexerei, bloße Geschwindigkeit," schließt der Brief, und wir kön­nen dem Herrn Gesandten nur beistimmen, denn es bedurfte in der That keiner Hexerei, um den morschen östreichischen Bund zu sprengen und ihn nun um Preußen zugruppiren". Ein ganz ähnliches Schreiben soll auch nach München gelangt sein, wo die Erwähnung der sächsischen Bedingungen solchen Schrecken am Hofe verbreitete, daß Hohenlohe's Portefeuille eine Zeit lang in Ge­fahr schwebte, aber man wagte nicht, den in Berlin angeneh­men Minister zu entlassen. Bon Selbstständigkeit der Herrscher ist also jetzt schon faktisch nicht mehr viel vorhanden.

Stuttgart, 26. Febr. Die Stadt hat denKönig von England" um 93,000 Gulden gekauft. Als Zweck wird ange­geben , man wolle einen Theil der Realschule oder die Elementar­schule in jenes Gebäude verlegen. (S. V.-Z.)

Karlsruhe, 26. Febr. Die Karlsr. Ztg. theilr mit, daß der bad. Landtag voraussichtlich erst im Herbst «unberufen, dem­selben aber alsdann die Verträge mit dem norddeutschen Bund und die Aenderungen der Kricgsversassnng im Zusammenhang vorgelegt werden wird.

Muttchen, 24. Febr. Wie dieBaier. Ztg." meldet, hat der König die Beschlüsse der Stuttgarter Konferenz gestern genehmigt und sind die Ratifikationen an die baier. Gesandt­schafreit nach Stuttgart, Karlsruhe und Darmstadt abgcsendet worden.

Dar m st adt, 26. Febr. Wahrscheinlich in Folge der Ra­tifikation der Stuttgarter Konferenzbeschlüsse, welche gestern hier angelangt, wurde verfügt, das; die preuß. Exercierreglements sofort bei der großh. Ärmeedivision einzusühren seien. (Fr. I.)

Berlin, 23. Febr. Wie dieKreuzztg." meint, gestaltet sich das Verhältnis; Preußens zu den Südstaaten immer günsti­ger. DerStaatsanz." veröffentlicht eine kön. Ordre, wel­che die Minister v. d. Heydt, v. Roon, Graf Jtzenplitz, Graf Eulenburg und den Geh.-Rath v. Savigny unter dein Vorsitz des Grafen Bismarck ermächtigt, gemeinsam mit zu ernennenden Bevollmächtigten der Bnndcs-Regierungen die Verhandlungen mit dem Reichstage, behufs Feststellung der Verfassung des nordd. Bundes, zu führen. 24. Febr. Berlin, das amtliche, wie das private, prangt heute in schwarz-weiß-rothem Flaggenschmucke. Im Hoftheater werden morgenDie Journalisten" von Freytag gegeben, welches Stück bekanntlich die Parteikämpfe bei den Wahlen behandelt. Es ist dies hier allgemein bemerkt worden. Der gefeierte Verfasser ist bekanntlich Mitglied des Parlaments. Während der Dauer des Reichstages soll, aus Anordnung des evang. Oberkirchcnraths, in das allgemeine Kirchengebet fol­gende Fürbitte eingelegt werden:Laß, o ewiger Gott, Deine Gnade walten über den Berathnngen, welche zu dieser Zeit zur Gestaltung eines festen Bundes in unserem Deutschen Vaterlande gepflogen werden. Heilige Du diese Arbeit und laß sie zum Frieden und 'Seegen unseres deutschen Volkes und seiner Für­sten und zum Preise Deines heiligen Namens gereichen. Sei Du unseres deutschen Vaterlandes starker Schutz und Schirm, und gib, das; alle christliche Obrigkeit mit npserem Könige un­

ter Deinem Segen trachte, Dein Reich ans Erden bauen zu Hel­sen und Deines Namens Herrlichkeit zu preisen." (V.-Z.)

Berlin, 24. Febr. Reichstags-Eröffnung, ä^ie Thronrede weist ans den erhebenden hoffnungsreichen Augenblick hin, der es dem Könige vergönnt, gemeinsam mit einer Ver­sammlung, wie sie seit Jahrhunderten keinen deutschen Fürsten umgab, den Hoffnungen Deutschlands Ausdruck zu geben. Der König berührt kurz die Ursachen, welche das Sinken Deutsch­lands veranlaßt haben und erwähnt die stete Sehnsucht des Vol­kes nach Besserung dieser Noth. Da die seitherigen Bestrebun­gen zur Einigung nicht zum Ziele führten, weil man sich über die Bedeutung der Thatsachen täuschen ließ, so ersehe man dar­aus die Nothwendigkeit, anzuerkennen, daß die Einigung an der Hand der Thatsachen zu suchen ist, und nicht mehr das Erreich­bare dem Wünschenswerthen geopfert werden darf. Deshalb einigten sich die Bundesregierungen über bestimmte praktisch be­deutsame Punkte, welche im Bereich der Möglichkeit und des Bedürfnisses liegen. Der Verfassungsentwurf muthet der Selbst­ständigkeit der Einzelstaaten nur die nothwendigstcn Opfer zu für Gewährleistung der Sicherheit und Wohlfahrt des Bundes. Der König dankt den Verbündeten für ihr bereitwilliges Entgegen­kommen.Ich spreche diesen Dank in dem Bewußtsein aus, fährt der König fort, daß Ich zu derselben Hingebung für das Gesammtwohl Deutschlands auch dann bereit gewesen sein würde, wenn die Vorsehung Mich nicht an die Spitze des mächtigsten und aus diesem Grunde zur Leitung des Gemeinwesens berufenen Bundesstaates gestellt hätte. Als Erbe der preußischen Krone aber fühle Ich Mich stark in dem Bewußtsein, das; alle Erfolge Preußens zugleich Stufen zur Wiederherstellung und Erhöhung der deutschen Macht und Ehre geworden sind. Ungeachtet des allgemeinen Entgegenkommens und obschon die gewaltigen Er­eignisse des letzten Jahres die Unentbehrlichkeit einer Neubildung der deutschen Verfassung zu allseitiger Ueberzeugnng gebracht und die Gemüther für die Annahme derselben empfänglicher gemacht hatten, als sie früher waren und später vielleicht wiederum sein würden, haben Wir doch in den Verhandlungen von Neuem die Schivere der Aufgabe empfunden, eine volle Uebcreinstimmnng zwischen so vielen unabhängigen Regierungen zu erzielen, welche bei ihren Zugeständnissen obenein die Stimmungen ihrer Land- siände zu beachten haben. Je mehr Sie, meine Herren, sich diese Schwierigkeiten vergegenwärtigen, um so vorsichtiger werden Sie, davon bin Ich überzeugt, bei Prüfung des Verfassungs- Entwurfes die schwer wiegende Verantwortung für die Gefahren im Auge behalten, welche für die friedliche und gesetzmäßige Durch­führung des begonnenen Werkes entstehen könnten, wenn das für die jetzige Vorlage hergestellte Einverständnis; der Regierun­gen über die vom Reichstage begehrten Aenderungen nicht wieder gewonnen würde. Heute kommt es vor Allem darauf an, den günstigen Moment zur Errichtung eines Gebäudes nicht zu ver­säumen. Der vollendetere Ausbau desselben kann alsdann ge­trost dem ferneren vereinten Wirken der deutschen Fürsten und Volksstämme überlassen bleiben. Die Ordnung der nationalen Beziehungen des Norddeutschen Bundes zu unseren Lands­leuten im Süden des Mains ist durch die Friedensschlüsse des vergangenen Jahres dem freien Uebereinkommen beider Theile anheimgestellt. Zur Herbeiführung dieses Einverständnisses wird Unsere Hand den süddeutschen Ländern offen und entgegenkom­mend dargereicht werden, sobald der Norddeutsche Bund )n Fest­stellung seiner Verfassung weit genug vorgeschritten sein wird, um zur Abschließung von Verträgen befähigt zu sein. Die Er­haltung des Zollvereins, die gemeinsame Pflege der Volkswirth- schaft, die gemeinsame Verbürgung für die Sicherheit des deut­schen Gebietes werden Grundbedingungen der Verständigung bil­den, welche voraussichtlich von beiden Thcilen angcstrebt werden. Wie die Richtung des deutschen Geistes im Allgemeinen dem Frie­den und seinen Arbeiten zugewandt ist, so wird die Bundes­genossenschaft der deutschen Staaten wesentlich einen defensiven Charakter tragen. Keine feindliche Tendenz gegen Unsere Nach­barn, kein Streben nach Eroberung hat die deutsche Bewegung der letzten Jahrzehnte getragen, sondern lediglich das Bedürfnis;, den weiten Gebieten von den Alpen bis zum Meere die Grund­bedingungen des staatlichen Gedeihens zu gewähren, welche ihnen der Entwicklungsgang früherer Jahrhunderte verkümmert hat. Nur zur Abwehr«, nicht zum Angriff vereinigen sich die deutschen