Lied: „Was ist des Demschen Vaterland". Allein die Militär- ^ umstk war von dem ungarische» Regiment „König von Preußen", - sie kannte und konnte dieses Lied nicht. Da sangen's die dcnt- i scheu Professoren ans voller Brust ohne Musik.
Bei dem 500jährigen Universitäts-Jubiläum in Wien lost- ^ ten auch die drei berühmten preußischen Abgeordnete» Virchow, « Waldeck und Gneist niit Dockorhüren verseilen werde». Al- i lein die kaiserliche Regierung bat diese drei Namen ans der Liste i gestrichen. Ter Gemcinderath in Wien hat zum Andenken an i das Jubiläum eine Stipciidienstistnng gemacht.
In Rom hat die Polizei drei Werkstätten von Falsch«»»»- ^ zcrn entdeckt, welche spanisches Geld fabrizirten. !
Florenz, 7. Ang. In Ancona 207 Krankbeils- und 102 j Todesfälle an der Cholera. Die Negierung hat die italienischen Acrzte eingeladeu, sich ans den Präfekturen cinznsckreibe» , um nach Ancona zu gehe» und bei dem dortigen Sanitätskolleginm Dienste z» leisten.
Paris, 5. Ang. Endlich ist eS dem preußischen Preßbn- i reau gelungen, in einem Pariser Blatt vierter Klasse einen ächt ! Bismarckischen Artikel zur Aufnahme zu bringen. Nicht die Macht ^ der Grunde, welche dabei hervorkreken, sondern das Ungewöhu- ' liche der Erscheinung ist cS, was uns zu erwähnen bestimmt, daß j die Epogne in einem breiten Artikel anöeiuandcrsetzt: Hr. v. Bismarck soll nur mnthig draus und dran gehe»; eS wolle oder könne ihm keine europäische Macht etwas in den Weg jlegcn, weder England, bas für den König von Dänemark keinen Finger gerührt, noch Frankreich, das Maximilian zu halten, Victor Emmanuel zu befestigen, den Papst zu retten habe. Rußland sei i eingedenk, daß Herr v. BiSmarck allein in der polnischen Frage ! ihm keine Verlegenheiten zu bereiten gesucht habe, und Oestreich ^ sei seit Villafranka in einer Lage, daß es wohl die Pille schln- ! cken muffe, auch wenn sie ihm Hr. v. Bismarck »»vergoldet ein- ^ gebe. „Und was die öffentliche Meinung betrifft, so möchten > wir doch einmal sehen, ob sie sich unterstünde, nicht ans der ! Leite des Herrn v. Bismarck und des Königs von Preuße» zu i stehen." — Lolche Kraftansdrücke schlagen selbstverständlich allen ^ und jeden Widerstand nieder. >
Paris, 7. Ang. Nach Briefen anS Konstantinopcl jvon« ^ 27. starben dort an der Cholera täglich 180 Menschen. i
Paris, 8. Ang. Die Liberto will erfahren haben, daß ^ man von hier ans Oestreich gerathen habe, alle Lchritte, deren ! man zu Gastein in der letzten Zeit gar viele gelhan habe, einzn- stcllen und Preuße» gewähren zu lassen. Dies wäre der Rath, den morgen Fürst Metternicht als Antwort ans die hier cinge- lanfenen und in den politischen Kreisen so großes Aussehen erregenden östreichischen Depeschen mit nach Wie» nehme» werde.
Bei den P a r I a m c»t s w a h l e n in England hat es an « vielen Orten böse Händel gesetzt. Man hat sich nicht nur braun ! und blau geschlagen, sondern es sind sogar einige Menschen zu i Krüpveln, ja selbst todtgeschlagcn worden. Die Gerichte haben > alle Hände voll z» thu», m» die Misselhäter, die anS Rohheit ! und Muthwillen die tollsten Excesse ansübte», zu bestrafen. Bei j der ersten Session, die im Jahr 1866 gehalten wird, will man ! ans eine Resormbill der Parlamentswahlen antragen, um solchem j Unfug für die Folge vorzubengen. «
London, 9. Ang. Die Times veröffentlicht eine Depesche i aus Wien vom 9.: Blomc's Depeschen, heißt es darin, sind ! friedlich. Oestreich beschloß mit Preußen wegen des Erbvrinzen ! von Augnstenburg nicht zu brechen. (Sk.-A.) i
In Sudamerita ist wieder ein Krieg zwischen Brasilien und ! der Nachbarrevublik Paraguay ausgebrochen. In einem Lecge- - fecht, in welchem sich die Paraguayaner hartnäckig schlugen, blieben die Brasilianer Sieger und machten viele Gefangene. Unter den Gefangenen befand sich der schwer verwundete Capitän Nobles. Als man ihn verbunden hatte, riß er den Verband wieder ab und starb in Folge der Verblutung.
Die Schule der Dcmnth.
(Fortsetzung.)
Eine eintrctende Dame, Frau v. Raking, unterbrach ihr Sinnen. „Bitte, meine Liede, melden Sie mich bei der Frau Generalin! Doch, halt! das ist wohl bei mir kaum nökhig. Eie sind wohl so gut, und befreien mich von meinen Uebcrfchn- hen, der Schmutz war bodenlos und ich bekam keinen Wagen."
Adelma war noch nickt so weit vorgerückt in der Schule der Dc- mnlh, daß nicht ihr Blut gekocht und ihre Wange geglüht hätte, als die Dame graziös vornehm den Fuß ans einen Schemel stieckte, und sich sehr passiv bei der Sache verhielt, dann aber mit einem fluchtige» Dank in's innere Zimmer schritt.
„Sie Haber« da wirklich eine nette Person," äußerte im Verlause des Gesprächs Frau v. Raking zu der Generali». „Sie macht einen etwas vornehmen Kopf, dies Privatvergnügen kann man ihr schon gönnen, aber äußerst anständig, im Ganze» auch nicht ungewandt, nur fast etwas zu hübsch."
„Hat nichts zu sagen bei der," bernhigte sie die Generali««; „sic hält etwas a»f sieb. Gerade der vornehme Kopf ist ein Glück in meinem Hanse, wo so viel Mannspersonen ans und eii« gehen, und wo uiännlichc Bediente sind. Woher sie diesen vornehmen Kops bat, weiß ick nicht, denn laut ihres Dienstscheins war ihr Vater ein Buchbinder, . .
„Vielleiwt .vom Lesen, wozu Bnchbinderstöchter viel Gelegenheit haben."
„Mag sei» , daran hat sie viel Geschmack, habe ihr auch Erlanbiß erlheilt, meine Bibliothek z» benütze». Geschickt ist sie, ein wahrer Schatz: sie muß etivaS drunten gehalten werden, das ist wahr: auch «st mir ihr schweigsames, vornehmes Wesen hie und da lästig, aber es hat, wie gesagt, sei«« Gutes. Es wird sich nicht leicht ein Bedienter oder ei» junger Man» von Stande z»m ziveikenmale eine zudringliche Acnßernng gegen sie erlauben, selten zum erstenmale. Nnc mit dem Wachtmeister, der gar oft zum Rapvorl zu meinem Manne kommt, »nteihält sie sich etwas mehr: das ist aber ein solider, gesetzter junger Mann. Er steht in Geschäftsverbindung mit ihr; da Luise gut in der Feder ist, so muß sie in meines Mannes Abwesenheit notiren, was er zu rapportier» hak. Er ist, so scheint cs, ihr stiller Bewunderer und «vir hätten nichts dagegen, wenn die Leutchen zusammenkäme». Das Mädchen kann etwas Schönes erspart haben, sie ist äußerst sparsam und Sie wissen, ich zahle stets hoben Lohn, um perfekte Leute zu bekommen, verlieren würde ick sie freilich ungern."
Der „Herr 'Wachtmeister," über den hier verfügt wnrde, hatte so eben im Vorzimmer der Fräulein Luis seinen Bericht an den Herrn General diktirt. Die Generali«« hatte nickt Unrecht, er war der Einzige unter de«« Männern hohen und nieder«« Standes, die in dem Hause a»s und ein ginge», mit Len« Adelma, hier Luise genannt, freundlich« und natürlich verkehrte. Es lag eine »nwiderstehlicke Herzensgute in seine» ehrlichen, blauen Augen, er begegnete ihr, die er nur als bas Kammermädchen, als die BiickbiuderSiochter kannte, mit einem ernstlkchcn, »««gehen- chelte» Respekt, die ihr wohlthnn mußte, gerade «veil sie ihn ansschließlich ihrer eigenen Persönlichkeit verdankte. Er hatte sic gegen Unbescheidenheiten und Spöttereien, die- sich anfangs die Dienstboten des Hauses gegen sie erlaubte«!, so kräftig und nachdrücklich vcrlhcidigt, daß sie seither für immer in Ruhe gelassen wnrde, und sie mußte ihn« dafür dankbar sein. Er selbst hätte einer Königin nicht achtungsvoller begegnen können. Der Wachtmeister war fast ihre einzige Verbindung mit der Außenwelt, er berichtete ihr die TageSnenigkeilen der Hauptstadt, von dene» sie, da sie allein im Vorzimmer, nickt mit der andern Dienerschaft speiste, nie elwas erfahren hätte. Der Wachtmeister war auch ein strebsamer junger Mann, er brachte ihr hie und da wirklich anziehende Bucker, die er dem blntarnien Kandidaten, der ««eben der Kaserne wohnte, ans Mitleid abgetanst, und ließ sich von ihr darüber belehren. Wie sehr Adelma es auch innerlich für Herablassung ihrerseits anseben mochte, dieser einzige menschliche Verkehrthat ibr doch wohl und sie freute sich unwillkürlich, wenn sie seine» festen, klingenden Tritt ans dem Gang hörte. Auch war der Wachtmeister ein verständiger und gefälliger Beistand in allen Dingen dcS täglichen Lebens, wo sie eines solchen bedurfte; sie war seine Vertrante in all seinen Angelegenheiten, er brachte ihr die Zeitung »ud las ihr die politischen Nenigkeite:« vor, die damals,^ als d>c Stürme der französische» Revolution die Welt bewegte», merkwürdig und spannend genug waren. Er thcilte ihr alle Befürcht«,„gen für sein Vaterland mit, alle seine kriegerischen, patriotische» Plane. Da konnte sic auch-, wenn sie i» sein glühendes Gesicht, in seine funkelnde» Augen sah. den Unterschied der Bildung vergessen, und sich mit ihm und für ihn in- teressiren wie für eine» Freund. (Forts s.)
Redaktion, Druck und Verlag der G.' W. Zaiser'schen Buchhandtnng.