Sehr wenig Wechsel bot ihr Leben in dieser großen geistig belebten, wechselvollen Stadt; sie holte nicht viel von den Leiden und Bedrückungen der Dienstbarkeit, der Fremde, erfahren dürfen, ober auch nichts, gor nichts von den Abenteuern und unerhörten Begebenheiten, mit denen sich eine junge Phonloste, be. mußt oder unbewußt, diese Freunde belebt.
So leicht, wie sie sich gedockt, wor ihr doS selbsterwöhlte L»os nickt geworden, und sic hotte begreifen lernen, worum dem Bromobnenvolk der Berlnst der Koste ols unermeßliches Unglück erscheint. Sv gg„z ,,„d gor ausgeschlossen zu sein von dem Kreis, süc den sie cizogeu wor, so ganz und gor ohne olles Anrecht ans die auch nur alleränßerlicke Rücksicht, die einer Lome gebuhlt, weil sie natürlich Ausmertsomkeileu ans ihrem jetzige» Kreise entschieden znrückwics, in so tiefer, völliger Herzensei»- somkeit z» leben, — cs wor schwerer, als sie gedacht und die Loge einer Gouveruontc, selbst unter de» ungünstigste,i Verhältnisse», holte wohl kaum so gänzlich einsam und freudlos nun tonnen.
Dos Bitterste wor ihr die Berironlichkett mil ihren jetzigen Stondesgcnofsen gewesen, bis sie es diuch ihr vornehmes Köpfchen und durch beharrlich kühle Znrnckholtung so well gebracht holte, daß es im Dienerkrcise hieß: „Dos ecklich hvchmülhige Ding laßt man lausen." Adelmo Holle nicht den liebevollen Blick, der auch im Sonde noch Perlen such! und findet, nicht die vcrtronenweckende Weise, der sich nngesncht die beste Seite Anderer erschließt, sie wußte nicht, daß sie nie hvchmnlhigcr gewesen wor, ols jetzt, zur Zeit ihrer tiefsten Einiedrignng; — sie hielt dies nur für nothwendige Selbstachtung.
Einen Trost hotte sie: den, daß ihr Opfer keu, vergebliches wor. Ihre Stelle wor in Wahrheit sehr einträglich; die Mutter brauchte zwar im Augenblick ihre Unterstützung nicht, da sie bei der Schwester nickt thener lebte, und mit Handarbctten erwarb, was sic und Ewald bedurfte, ober für die Ausbildung der zwei älteren Brüder wor der Zuschuß, den Adelmo senden koniue, von größtem Werth.
Adolph, der älteste, holte zwar eine gute Stelle in Genf gesunden, ober er bedauerte unendlich, nichts für die Seinen thun zu können, — das Leben in Gens sei wirklich sehr lhcuer, er wüßte tonm, wie er eS möglich machen sollte, mil seinen, Geholte zu reichen, müsse sich ungemein einschränken, so ohne ollen Zuschuß von Hans w.: die Mutier ober pries und schätzte Adel- ino's opfersäbigeS Geniüih um so höher, beschwor sie, wenn ste sich nickt glücklich fühle, doch eine andere Stelle zu suchen. . . Adelmo klagte nickt, sie hotte in Wahrheit wenig zu klagen, ihre Steile wor eine vielbcncidete und galt für die beste in ihrer Art.
Do saß sie und nähte. Sie hotte das Träumen und Sinnen besser gelernt als in früheren Togen, hier, wo sie mit ihrem Herzen so ganz allein stand und seltsam, die Erinnerung trug sie nickt ost zurück in die kurze Glanzperiode ihres jungen Lebens, in die Zeii, wo sie, eine glänzende Erscheinung, i» glänzenden Räumen sich bewegt, — es war unter oll den vielen Gestalten, die dort an ihr vornbergegongen, nicht Eme, bet der ihr Herz verweilen mochte. Auch die Peiisivnserinnernuge» kehrten nickt oft ein bei ihr; sie war nicht ungern dort gewesen, wor ans gutem Fuß gestände» mit oll de» Mädchen, ober sie wor nie von dem Freundschoftswobne befalle» worden, der sonst dos Glück und den Reiz junger Jahre bildet. Sic gehörte üoerhaupl nicht zu de» leicht entzündlichen Gemüihern, — sie hotte von Liebe gelesen und gehört, sie hätte wohl selbst gern gewußt, ob sie denn onck noch einmal lieben könnte; sie Holle bis jetzt noch nie eins der vielgesckildcrlen Symvtomc von Liebe an sich gesunde». Ein Gluck, wenn ich nicht liebesähig bi», dockte sie mil leisem Seufzen, es wäre jo doch vergebens. Sie gedachte am liebste» der frühen Kniderjobre, wo die Ellern »och kein HonS gemocht, wo sie bescheidentlick in Bronns Poterre gewohni, wo sie mit den Brüdern ans der Terofse gesviclt und die Mutier aus der vonbe zugelehen, — diese Bilder allein mochlen ihr doS Herz
Je l l e r l e i.
— Ei» Herr L. aus Havre kehrte am vorigen Dienstag Abends mil seinem Hunde noch Hanse zurück, und mußte letztere», der immerfort umherlies, vielfach laut rufen. Plötzlich, als er ihn gerate mit besonderer Anstrengung rief, blieb ihm der Mund
I oste» liehen, er konnte die Kiesern nickt mehr schließen; er hotte I dte Maulsperre. Eiligst lief er zum Arzt und klopfte und lltn- gelle hastig, bis sich dos Fenster öffnele und en,e Stimme rief: Was wollen Sie von mir? Aber diese Frage wor leichter gestellt als beoulwouel, da der Aermslc kein Work, keinen Ton heronszubringen vermochte, ols Ah! Ah! was er dann auch immerfort wiederholte, bis der Arzt ihm ungeduldig znrief: Machen Sie, daß Sic noch Hanse kommen, um Ihren Ronsch onSzn- schlofen! Aber trotz dieses kränkenden Jrrlhnmö ergreisl Herr L. j von Neuem den Klingelzng und läutet ans Leibeskräften — l da öffnet sich plötzlich leite die Housihür, ein Arm streckt sich j hervor »nd Herr L. empfängt eine Ohrfeige, welche schon eher > den Titel Fonstschlog verdiente und so wohl opplicirt war, daß ! die Funken ihm aus den Augen sprühten. Aber die Wuih dcö ! Herrn >L. über solche Behandlung verwandelt sich in lebhafte Freude. Wollte er AiifongS schelte» — so war seine lleber- roschnng n», sv angenehmer, olS er jetzt wieder zu rede» vermochte. Sein Unterkiefer wor wieder eingerenkt, die glücklich ongewendere Ohrfeige hotte ihn knrirt. ÄlleS Arge war ver
gessen »nd der erste Gebrauch, den er von seinen Kiefern mochte, wor dem Doktor Worte deS Tankes znznrusen, und zwar was
einem Arzt leiten begegnet, ohne auf sein Honorar zu warten.
— Pferde beim Beschlagen leicht zu beruhigen, davon meldet die „Hamb. Gewerbe-Zeitung" ein Beispiel. Der ^ Reitknecht eines in Breslau wohnenden Kavallerie-Offiziers sah ^ dort vor der Schmiede Pferde beschlagen. Eines derselben wor ! sehr wild, hone sich noch nie beschlagen lassen und auch der i jetzige Versuch mißlang. Do trat der Reitknecht näher und ver-
! sprach gegen BKohnnng von 1 THIr. doS Pferd ohne ollen än-
^ ßere» Zwang dahin zu bringen, daß es sich ruhig beschlagen ließe. Dies bewilligt, trat er nun vor dos Pserd, hielt seine i beiden Hände, in denen er nur sein Schnupftuch holte, an die ; Noie, und siehe da, letzteres stand wie ein Lamm und ließ sich ^ rubig beschlagen. Man hotte jedoch bemerkt, daß der Knecht ! sich zuvor mit dem Inhalt eines Fläschchens Hände »ud Scknnpf- ' l»ch benetzt hotte, dos Gläschen ward onfgefnnden und der Jn- . ball als ätherisches Pctersilienöl erkannt. Weiter angestellte Bersnche, wobei mit ca. zwei Drachmen desselben Oels ganz ähnlich verfahren wurde, gaben der de» bösesten Pferde» dasselbe erwünschte Resultat. Diese Notiz wirb für manchen Pserdebe- sitzer von Interesse sein, wenn es auch schon früher bemerkt wurde, dag verschiedene äiherische Oele zur Besänftigung wilder Pferde beitrugen.
— Der kluge Finder. Höhbauer: „Schon, da find' ich eine Bricf- ' taschc mil zehn Gulren — und cs ist richtig nnsern, Schreiber seine — weit sein Namen da steht. Gefundenes Gut, zehn Procent Findcrloh» — ober zurück in den Markt mag ich nicht gch'n, der Schreiber gibt mir auch nichts, das weiß ich im Vorhinein, ich könnt' ihn zwar deßwegcn s verklagen und er mühte mir mein Fmdcriohn geben — aber bas will ich auch nicht, ick mag mich mit ihm nicht verfeinden — ich weiß schon, was ich thu, ich nimm mir mein' Guide» Findcrlohn und leg tie Brieftasche wieder hin, wo ich sie gefunden Hab', mitten am Weg, hinter mir kommt gerav rer Briefboi nach, dem »lacht cs nicht so viele Umstände, wie mir."
— (Der Fehler.) A. Sag cmol, worum haste cgcntlich »ich gc- heirothct? B. Dos hält ich hoben können, hatte auch cnc Braut, reich und sehr schccnc. A. Herrjeses, worum haste se »ich genommen? B. Im Vertrauen gerebt, se hat cn großen Fehler. A. Aber so sag mers doch, ich werd zu ncugnrig. B. Na, wanns daun sein muß — Sc : wollte mich »ich -- da hast'».
> Der Mensch nimmt viel leichter, ols man glaubt, doS Wi-
! Versprechen und Zurechtweisen aus, nur kein heftiges verträgt er, und i war' es ein gegründetes. Tie Herze» sind Blumen: dem leise fallenden ^ Thau bleiben sie offen, aber vor dem Platzregen verschließen sie sich.
! Feein Paul.
Charade.
Ein jeder Mensch dem, was er liebt, Tie erste und die zweite gibt,
Er folgt dem Drange der Natur.
Ein Kunststück ist das Ganze nur, Wenn Einer zierlich, tief gebückt,
Die zweite aus die erste drückt.
Ein jedes Wort klingt gut für sich, Das Ganze manchem widerlich.
Redaktion, Druck und Vertag der G. W. Zaijer'schen Buchhandlung.