Stuttgart, 30. Mai. Gestern war eine Deputation des Wernervercins zur Audienz beim Könige und der Königin und erhielt die huldvollsten Zusicherungen beider Majestäten, nach Kräften für das Fortbestehen der ausgezeichneten Werner'schen Anstalten beizurragcn, da deren Auflösung in der Thal ein Un­glück für das Land wäre. (N.-Z.)

Stuttgart. Das Regierungsblatt vom 30. Mai enthält das Gesetz, betreffend die Abänderung einiger Bestimmungen der Gesetze über die Volksschulen vom 29. Sept. 1836 und 6. Nov. 1858.

Stuttgart, 1. Juni. Seine Majestät der König und Ihre Majestät die Königin sind heute abgereist, um die Städte Reutlingen, Tübingen und Nolkenburg zu besuche». Höckstdie- selben werden nach einem mehrstündigen Aufenthalt in Reutlingen Sich heute Abend noch nach Tübingen begeben, de» morgenden Tag dort zubringen, übermorgen Rottenburg besuchen und von dort nach Befahrung der Bahnstrecke bis Eyach über Kirchhcim hieher zmückkehren. Ihre Majestät die Königin-Mutter hat heute Höchstihre Sommcrrestdeiiz im Schlosse zu Lndwigsbnrg be­zogen. (St.-A.)

Tic Herrenhuter-Kolonie in Königs selb bei Villingen im Schwarzwalde, etwa 400 Einwohner zählend, bildet einen Mu­sterstaat im Kleinen. Seit den fünfzig Jahren, welche die Ge­meinde besteht, hat noch nie ein Bewohner derselben irgend et­was mit der Polizei zu schaffe» gehabt, weder ein Verbrechen, noch ein Frevel kam vor. In dem Orte wurde nie ein Prozeß erhoben und noch nie ein Zwangsverkauf vorgenvmmen; auch gibt es keinen Bettler dort.

Karlsruhe, 31. Mai. Bei der heutigen Serieuziehnng der badischen 35 fl.-Loose sind folgende 20 Serien gezogen wor- den: 635. 722. 2053. 2355, 2715. 2982. 3609. 4W5. 4,43. 4412. 4721. 4741. 5166. 5393. 5465. 6027. 6431. 6857. 7025. 7125.

In Berlin hat der Rentier Otto der Stadt ein Kapital von 150,000 Thalern zur Unterstützung von Wittwen bei der Erziehung ihrer Kinder vermacht. Die Verwaltung der Stiftung soll unentgeltlich vom Magistrat geführt werden.

Wien, 29. Mai. Heute hat das Herrenhaus dem Han­delsvertrag mit dem Zollverein mit großer Majorität seine Zu­stimmung ertheilt. (A, Z.)

Paris, 26. Mai. Gestern fand das Schauturnen statt, zu welchem der denlsche Turnverein von Paris die Turngenossen aus allen deutschen Gaue» eingelabcn hatte. Ein wunderschönes Wetter begünstigte das Fest.

Eine vornehme und reiche russische Dame hat dem Papst ein Paar neue Pantoffeln gestickt und gebeten, daß ec sie annchme und ihr dafür seine alte», die er an den Füßen trage, überlassen mochte. Der Papst ging den Tausch ein. Als er die neuen anziehen wollte, bemerkte er, daß ein Papier in dem einen Pantoffel und als er dies entrollte, fand er einen Wechsel ans 30,000 Thaler lautend, welchen die Verehrerin des Papstes als einen Pelerspfenning in den Pantoffel gelegt hatte.

Äus Newyork wird bestätigt, daß der Expräsident der Südstaaten, Jefferson Davis, mit seiner Familie und seinem Gencralstab bei Macon in Georgia gefangen genommen und nach Washington gebracht worden ist. In dem Prozeß hat sich bis jetzt nichts Positives gegen Davis ergeben. Davis soll, als er sich überrascht sah, sich schnell in Franenkleidcr geworfen und in ein Gehölz geflüchtet haben. Als die Soldaten ihn dennoch auf- griffen, setzte er sich mit einem Messer zur Wehre. Als man ihm aber drohte, ihn niedcrzuschießen, soll er sich ergeben haben.

Die Entführung

(Fortsetzung.)

Dieses feine, halbdunkle Gesicht von der edelsten Regelmäßig­keit, mit den großen, glänzenden Augen, diese jugendliche, bieg- same Gestalt hätten Jeden begeistern können, der auch nicht im Urwalde mit ihr znsammentraf, und durch Louis' Seele, der die Verhältnisse der Jndjanerstämme während einer Reihe von Jah­ren hatte kennen lernen und wußte, wie die indianischen Frauen durch die Arbeit gebeugt und jedes Liebreizes entblößt werden, schoß augenblicklich der Gedanke, daß sie von ,,königlichem' Blute sein müsse.

Fürchte mich nicht!" sagte sie mit ihrer süßen Stimme,

ich wußte, daß mein Vater eine» Gefangenen eingcbracht hatte, und ich komme für sein Bestes!"

Auch wenn sie das Letztere nicht hinzngesetzt, hätte der junge Mann aus dem warmen, fast zärtlichen Blicke, der an ihm hing, erkennen müssen, daß hier keine Gefahr für ibn drohte.

So ist die mächtige Schlange Dein Vater und Du die Thron-Erbin?" fragte Louis sich anfrichtend.Was führt Dich zu dem armen Gefangenen, Coqnalla?"

! Tie braune Prinzessin antwortete nicht sogleichiid schien jede Linie in dem Gesichte des jungen ManneS zu studircn.Du hast sechs Chickasaw-Krieger erschlagen und nur Tein Freund war bei Dir," sagte sie endlich,mein Vater hat eS erzählt und so mußt Tu ein Tapferer sein. Ich will Dich retten, Wcißhand!" iRette mich denn!" rief Louis aufspringend, iStill!" deutete Coqnalla,Niemand weiß, daß ich hier bin.

! Ich werde Tick' retten, aber höre auf meine Worte. Wenn mein Vater ein Wort spricht, so lauert nichts Anderes dahinter, nimm es für Das, was er sagt, aber sei eben so wahr zu ihm!"

>Aber welche Art von Gefahr erwartet mich?" fragte Louis ! eifrig.

!Ich darf jetzt noch nickt sprechen," erwiderte sie,Du wirst es erfahren, wenn die Zeit da ist"

Aber"

Still!" unterbrach ihn das Mädchen in bestimmtem, wenn auch freundlichem Tone,frage mich nicht weiter, Coqnalla spricht nicht zweimal. Nur warnen wollte ich Dich, denn ich kenne das Volk, bas Worte redet, von denen das Herz nichts ! weiß; sei wahr gegen meinen Vater und was er spricht, daran idente nichts! Vergiß Coqnalla nicht!" Sie schien noch einen i Augenblick mit sich zu kämpfen, als dränge es sic noch mehr zu sagen; ihr entsprechendes Auge ruhte mit einem eigenen Aus­drucke von Innigkeit auf dem jungen Manne; aber wie sich plötzlich zusammenrasfend drehte sie sich weg und die schwere Thüre schloß sich hinter der graziösen Gestalt.

Louis legte sich zurück ans sein hartes Bett, aber der Schlaf floh ihn.Webhalb hatte sie ihn anfgesnchk? Was war die Ge- i fahr, die ihm, wie es schien, durch ihren Vater drohte?" Das ! waren Fragen, die ihn, je weniger er sie beantworten konnte, in ! stets neue Aufregung versetzte»; und dabei tauchten, die dunkeln,

! tiefen Angen. wie sie halb schüchtern und voll so warmer Theil«

! »ahme in seinem Gesichte geforscht, immer wieder vor ihm auf, und erst als die Morgendämmerung durch die Löcher in der Wand schien, fiel er in einen Schlummer.

Er ward, als kaum die Sonne die Spitzen der Berge ver­goldete, durch den Eintritt dreier Männer wieder aufgestört. Die !mächtige Schlange" war es, i» Begleitung eines hohen athletischen Indianers, kaum etwas älter als jener, und eines vom hohen i Alker gebeugten Dritten. Louis sah sofort, wen er in dem i Zweiten vor sich hatte, nicht nur au dem stolzen Tragen seines ^ Körpers und der Aehnlichkeit mit dermächtigen Schlange," sondern auch an der prachtvollen Federkronc und dem Busch von Roßhaare», welche seinen Kopf schmückten, es war diegroße Sonne," der König aller Natchez.

! Der junge Manu erhob sich; er fühlte, daß die Entschci- f düng seines Schicksals nahe war, und daß er diesem würdig ent« gcgenzutrelen hatte.

Er verschränkte die Arme über seine Brust und mit einem rubigcn, festen Auge erwiderte er die Blicke, welche aus ihn ge­richtet waren.

Wcißhand," begann diemächtige Schlange," der Bruder des Häuptlings,horch auf, denn diegroße Sonne" wirb zu Dir sprecheiz." _^ (Forts, f.)

(Ein kleiner Schwindel im Wiescnthal.) Auf papiere­nen Cigarrcn-Etuis liest man: Lager aller Sorten Cigarren und Tabake von Ferdin. Ritter in Zell im Wicscnthalc. (Hierauf folgt ein Bild, Romeo, eine Cigarre rauchend, neben seiner Julia im Garten sitzend.) Julia: Geliebter, sprich, welch wundervoller Duft Durchwürzct heute dieses Gartens Luft?

Romeo: O Julie, nicht Rosen sind cs, nein.

Es können nur Cigarren, die ich rauche, sein.

Julia: Wer liefert, Theurer, Dir dies edle Kraut?

Romeo: O Julie, zu Jedem sag ich's laut:

Fcre. Ritter kann nur allein Verkäufer solcher edlen Blätter sein!

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.