da — und dort!" fuhr dcr Schwarze fort, auf andere Fußstapfe» von gleichem Charakter deutend.
In diesem Augenblicke hob eine der Frauen eine» Pfeil aus dem Grase auf, und gleich darauf wurde an einer andern Stelle ein Mocassins gesunde».
„Die ChickasawS!" murmelte Tony, als er den letzten Fund sah.
St. Julien fuhr mit dcr Hand nach der Stirn, als wolle er ohnmächtig werden, in der nächsten Secnude aber hob er auch schon den Kopf wieder. „Nachsetzen, wir muffen sie einholen!" rief er wild. „Großer allmächtiger Gott!" setzte er matter hinzu.
„Vorwärts!" rief Gonpart, wie zu einem neuen Leben erweckt; in einer Minute sei Jeder wieder bewaffnet auf dem Platze!" Er selbst stürzte nach dem Hause und die Männer stoben auseinander.
Nach kurzer Zeit stand Alles, mit Flinte und Messer bewaffnet und mit einer Anzahl nnangcbrannter Fackeln versehen, zur Verfolgung bereit; nur einige alle Männer blieben zum Hüten deS Hauses zurück, unter ihrem Commando die Weiber haltend, welche ebenfalls mit geladenen Flinten versehen wurden.
Tonp, der mit Leichtigkeit eine erkennbare Jndianerspnr verfolge» konnte, führte den Trupp au und bis zur Spitze des Hügels fand er auch jetzt keine Schwierigkeiten darin; hier aber war das Gras so niedergetreten, daß dcr Sebwarze eine geraume Zeit bedurfte, bis er ein Stück entfernt endlich die fernere Spur anffand, und so ging es weiter in den Wald hinein, wo bald unter dem dichten Laubbache bas Anzüuden der Fackeln noth« wendig wurde.
Die alte Wanduhr in dcr Halle des Hauses schlug eben vier und die ersten Hellen Strahlen des Morgens schossen am Horizonte empor, als der Marquis halb aufgerieben von der Anstrengung des nächtlichen Streifzuges, mit Gonpart wieder in das Wohnzimmer trat. Eine der Frauen brachte Licht herein, und als die beiden Männer einander sahen, hätte Jeder vor des Andern bleichem, zerrüttetem Gesichte erschrecken müssen, wenn sie des Schreckens noch fähig gewesen wären. Der unternommene Streifzng war vollkommen erfolglos geblieben. Sie halten nach zehnmaligem Verlieren und Wiederfinden der Spuren sich zuletzt verschiedeuen zweifelhaften Anzeichen anvertrauk und waren in eine Wiltniß gerathen, wo nirgends mehr eine Andeutung für eine cinznschlagende Richtung hatte stattfinden können.
Eitle volle Minute lang hatte» sie einander regungslos und stillschweigend angesehen, dann streckte der Marquis seine Hand ans, Gonpart kam ihm entgegen, »nd mit einem herzerschütternden Schmerzenslaute barg der Mann sein Gesicht auf der Schulter seines Gefährten. Das war wohl die schlimmste Stunde, die je über das Haus St. Julien hereingebrochcn war.
VI.
Weit weg in der Tiefe des Hiuterwaldes, am Ufer eines kleinen, aber reißenden Flusses, dcr einen weite», mit Cypressen bewachsenen Sumpf begrenzte, hielt ein kleiner Hanfe» von Cbicka- sawS-Jndianern Rast. Acht schliefen, wabrend zwei Andere Wache hielten, — unweit von ihnen aber, im Schatten eines gestürzten Cypressen-SkammeS, lag ein weißer, junger Mensch mit gebundene» Hände» und Füßen, während ein Strick von den Fesseln der Hände bis. zu einem schlafenden Indianer lief und um dessen Arm geschlungen war.
Es war Mittag, aber wer Louis St. Juliens Züge den Abend vorher in seiner Hcimakh gesehen, der hätte jetzt glauben müssen, daß eben so viele Tage der Seelenmarter an ihm vor- übergegangen sein müßten, als cs in dcr That nur Stunden waren. Sein Gesicht schien hagerer und seine Augen eingesunken, — jetzt hatte die geistige und körperliche Pein ihn in einen Schlaf der Uebermüduug fallen lassen.
Drei bis vier Stunden mochten vergangen sein, seit der Trupp sich zum Schlafen gelegt, als einer der wachhaltenden Indianer von seinem Pfosten am Flußuter einen schrillen Pfiff hören ließ, und im nächsten Augenblicke war auch jeder der Schläfer auf den Beinen und halte nach seinen Waffen gegriffen. Nach kurzer Zeit wurde ein Knacken in den Büschen hörbar und eine Parthie von sechs Indianern trat vorsichtig auf den freien Raum heraus.
An ihrer Spitze schritt eine athletische Gestalt, die schnell um sich sah und beim Erblicken des schlafenden Weißen ein Knur
ren der Befriedigung hören ließ. Daun schritt dcr mächtige Mann auf de» Anführer der ChickasawS zu, redete eine Weile in ihrer Sprache mit ihm und näherte sich dann dem jungen Weißen, de» er beim Arme schüttelte, um ihn zu erwecken.
LvuiS schlug die Augen ans, sah einen Augenblick wild um sich und setzte sich dann trotz seiner Baude rasch aufrecht. Sein Blick fiel aut den Indianer vor ihm. „Die mächtige Schlange," murmelte er, „also Du? — Aber wo ist meine Schwester?" setzte er nach einem neuen Umhersehen lauter hinzu.
„Sie ist weiter südlich gegangen," antwortete der Indianer, „aber die Tochter deS weißen ManneS ist sicher, denn ihr Leben ist kostbar. Louis St. Julien muß allein mit den Natchez nach ihrem Dorfe, der weiße Apfel geheißen, geben; und er mag ^ keine Furcht haben, warum sollte ihm sein rother Bruder Etwas zu Leide thun?" (Forts, s)
Allerlei.
Was soll unser Geist doch voll Hochmuth sein?
von Abraham Lincoln.
(Das folgende, von dem Hingeschiedenen Präsidenten vor vielen Jahren geschriebene Gedicht dürste jetzt mit Interesse gelesen werben.)
Was soll unser Geist doch voll Hochmuth sein?
Wie Wolkengcbilde, wie Blitzcsschein,
Wie ein funkelnder Stern, wenn die Woge sich bricht.
Schnell trennt ihn das Grab von dem rosigen Licht.
Wie von Eichen und Weiden der Hcrbstwind streift Die Blätter »nd welk durcheinander sie häuft,
Sv wiro Jngeno und Alter des Todes Raub,
Dcr Fürst und dcr Bettler zerfallen in Stand.
Das Kindchen, dcr Mutter teuerstes Gut,
Die Mutter, der's eben am Herzen geruht,
Dcr Vater, der segnend sic beide umfaßt.
Sie alle erstarren im Tode erblaßt.
Deine rosige Wange, dein leuchtender Blick,
O Mädchen, der Liebe, der Jugend Glück,
Sic liegen im stummen, im finstern Grab Mit ihm, dcr so glühende Küsse dir gab.
Die Königshand, welche das Sccpter trug,
Dcr Priester» dcr Geister in Fesseln schlug,
Dcr Weise, dcr Helv, den dcr Dichter uns preißt: —
Verloren, versunken, von Würmern verspeist.
Dcr Bauer, dcr schwer sich durchs Leben geplagt,
Dcr Hirte, der flink über Felsen gejagt,
Dcr Bettler, dcr ängstlich die Gabe erspäht.
Sie s winden, wie Gras von dcr Wiese gemäht.
Sie olle vergingen, wie Blumen verblüh«.
Sie wiche», baß Andre »ach ihnen sich mühn;
Rach Tausenden Tniscnd — in Wonne, in Leid, —
Im ewigen Wechiel das Alte erneut.
Was unsere Ahnen, das sind wir auch heut.
Dieselbe Natur unsre Blicke erfreut;
Wir trinken vom Quell, an dem sie auch geruht.
Es wärmt uns der ncnilichcn Sonne Gluth.
Wir denken nichts Neues, was sie nicht gedacht.
Wie sie, schreckt uns auch des Todes Nacht,
Wir klammern wie sie an das Leben unS scsi,
DaS doch Alle im Fluge erlahmen läßt.
Sic liebten — die glühenden Herzen sind kalt;
Sic zürnten — die Flüche sind längst verhallt;
Sic weinten — die Augenhöhlen sind leer;
Sie jubelten. Tobte jubeln nicht mehr.
Sie sterben, ja sterben — wir wandeln dahin Ans Blumen, die ihrem Moder entblühn.
Sind Gaste des Hauses, das sic sich erbaut.
Und schaun, was die faulenden Wandrer geschaut.
O Hoffnung, Verzagen, o Lust und Pein,
Jdr wechselt wie Regen und Sonnenschein,
Mit Lächeln und Thränen, in Nacht und Licht,
Wie Brandung auf Brandung am Strande sich bricht.
Wie ein Aihcmzug nur, wie deS Auges Blick,
So kurz ist dcr Weg in das Nichts zurück.
So kurz vom Palasrc zum Tortenschrcin!
Was soll unser Geist doch voll Hochmuth sein?
*»* Zeig' Deine Leiden nicht! Den Freund betrübest Du
Vergebens nur, und ach. Dein Feind, er lacht dazu!
(Hammer.)
Auflösung der Homonyme in Nro. 59:
Rasen.
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.