TisLlerfamilie zwang, die Wohnung zu thnlcii. Während die Mutter ihr Haar durchkämmte, nahm der Unglücksknabe ei» Gewehr von der Wand, und obne zu wissen, das; cs geladen, ja, sogar eine Kapsel aufgesetzt sei, rief der Mntbwillige, das Gewehr anschlagend, ihr zu: „Mütterchen, ick erschieß Euch!" und kaum hatte sie eine Warnung ausgesprochen, drückte er los und der Schuß ging ihr schief durch den Hals ins Gehirn, wo er an der äußersten Knochenschale stecken blieb; sie stürzte äugen» blicklick todt nieder, ohne etwas von dem markdnrckdnngcndeu Jammergeschrei ihrer Kinder zu vccnebinen, als sie die Mutter mit Blut übcrgossen bewegungslos daliegen sahen. Der unglückliche Knabe hat sich geflüchtet und ist seit dem Morgen nicht zu finden. (Nicht Dutzende, sondern Hunderte von Menschen verlieren jährlich ans diese Weise ihr Lcben.j
Genf, 16. Mai. I» der hiesigen Gemeinde Svral hat die Behörde einen Fall nnmenscklicker Grausamkeit entdeckt. Tort hatten Eltern ihren 33jährigcn geisteskranken Sohn seit drei Jahren i» einem dunkeln Keller cingesperrt gehalten, angeblich weil ihnen die Spitalkoste» zu hoch gekommen wären! Der Unglückliche wurde völlig nackt gesunden und in das hiesige Irrenhaus gebracht. (A. Z.)
Brüssel, 12. Mai. Verläßliche Privatberichte schildern den Zustand des Königs ganz anders als die offiziellen Bulletins, die Wassersucht macht rasche Fortschritte. Dreimal mußte der! Patient bereits angezapft werden und nicht obne Besorgniß erwarte» die Aerzte eine Wiederholung dieser Operation. — An den Tagen des Pfingstfestes findet hier ein internationaler Buchdrucker tag statt, welchem unter den obwaltenden Verhältnissen seine große Bedeutung nicht abznsprcchen ist. Durch gegenseiti- gen Meinungsaustausch sollen hauptsächlich die Mittel in Betracht gezogen werden, welche speziell den Typographen zu einer bessern Existenz verhelfen sollen.
In Kolomea (Stadt im östlichen Galizien) sind am 12. Mai über 300 Häuser ein glaub der Flammen geworden.
Paris, 17. Mai. Die große internationale Ausstellung vom Jahre 1867 soll ans dem Marsfelde stattstndc». — Tie Arbeitseinstellungen der einzelnen Gewerbe mehren sich von Tag zu Tag sowohl in Paris, als in einzelnen größeren Städten des Departements. Sie scheinen eine Art Krisis bilden zu wollen, welche der ganze sociale Körper burckzumachen bat, und welcher man nur eine» möglichst raschen und glücklichen Verlauf wünschen kann. Bereits wurde in mehreren Industrien der Friede zwischen den Arbeitgebern und Arbeitern durch die den Letzter» gewährte Lohnerhöhung geschloffen. Die Arvciter im Hasen von Bercy (dem großen Wcindcpot) fangen an, die Arbeit einzustellen; die Kunst- schreiner und Möbelschnitzer drohen mit Arbeitseinstellung, ebenso die Drotschkcn- und Omnibusknlscher, sogar die Concierges (Portiers), 50,000 an der Zahl, wollen einen großartigen Bruderbund bilden, um sich einen Zuwachs an Geld, Privileg und Ehrerbietung zu verschaffen.
Paris. 20. Mai. Persigny'S Broschüre wird heute erscheinen. Sic spricht sich über Italien sehr günstig aus; glaubt fest an einen definitiven soliden Bestand der Einheit Italiens; glaubt, daß dasselbe einst reich genug sei» werde, um Venetien kaufen zu können. Frankreich sei wegen Zerstörung der Herrschaft Ocstrcichs, nicht wegen Subltitnirnng der Herrschaft Frankreichs nach Italien gegangen. Sie kritisirt die in Rom herrschende anti- französische Partei und hofft schließlich eine Wiederversöhnung des Papstthums mit dem srciselbstftändige» Italien. (St.A.)
Sergeant Corbett, der Booth erschossen, soll, einem unverbürgten Gerüchte zufolge, ermordet worden sein.
Washington, 2. Mai. Der Leichnam des Mörders W. Booth ist an heimlicher Stelle beerdigt worden, und außer einigen Mitgliedern der Regierung und den unmittelbar zu dem Begräbnisse hinzugezogenen Arbeitern weiß vielleicht Nü-maud, hier und auswärts, wo der fanatische Mörder seine Ruhestätte gesunden hat. Herz und Kopf wurden vor der Bestattung nach dem anatomischen Museum gebracht.
Ein einziger Lobsprnch aus Feindes Munde wiegt schwerer als die längste > Lobreden der Anhänger und Freunde. Bei der Rachricht von!Lincoln's Ermordung hat General (Lee tief er« schlittert den Ausdruck gethau: Liucoln'S Güte war mächtiger als Grant's Artillerie.
Die Amerikaner sind sehr gute Leute, aber noch schlechte
Musikanten. Bei den Tranerfeierlichkeiten zu Ehren Lincolns in Newyoik marsckirten mehrere 100,000 Mann nach dem Takte der Trauermnsik und waren aufrichtig bis zu Thräncn gerührt; welches waren aber die Trauermarsche? 1) die Melodie';» dem schönen deutschen Stndentenlied: „Es gibt kein schön'res Lebe» als Stnbentculeben!" und 2) „Crambainbnli, das ist der Titel". Die Schalke von deutschen Musikanten svielte» diese heiteren Melodien in so langen und gedehnten Tönen, daß kein ächter Pankee Böses ahnte und die Thränen so reichlich flößen, als wenn gespielt worben wäre: „Wie sie so sanft ruhn" :c. — Erbaulicher für einen Deutsche» war es zu sehen, wie weiße und schwarze Amerikaner zum ersten Mal Arm in Arm zu Ehren ihres großen tobten Präsidenten einherschritten. Es ist dies wirklich ein ungeheurer Fortschritt in der Anschauung des amerikanischen Volkes; er bedeutet drüben etwa ebenso viel, als wenn hüben über Nacht ein Kleiderjnde in einer deutsche» Residenz hoffähig geworden wäre. Es waren übrigens auch Schwarze, welche die Verfolger zuerst auf die Spur des Mörders Lincolns gebracht hatten; denn sie halten ihn sofort an seiner Photographie erkannt.
Newyvrk, 3. Mai. Die Behörden der Stadt Philadelphia sind vor einem Brandstistnngskomplotte gewarnt worden, dessen Existenz durch die Entdeckung eines sorgfältig anSgearbei- leten Planes bekannt geworden ist. Die Regierung, heißt es, s habe in Erfahrung gebracht, daß eine Bande von 800 Verschworenen auf die Einäscherung der bedeutenderen Städte im Norden ansgehe.
Ne wy ork, 6. Mai. AnS Washington: Das „Chrvnicle" zeigt an, daß in den große» Städten Bureanx eröffnet sind, um Offiziere und Soldaten anznwerben, welche nach Mexiko wandern wollen. Der Herald sagt, es werde ein Plan vorbereitet, welcher Privatleuten gestatte, die Monroe-Doktrin (keine europäische Herrschaft in Amerika z» dulden) aufrecht zu erhalte», ohne Koinvromitirnng der Regierung. Die Blätter von Petersburg und Philadelphia denicn die Organisation von Freibeuter- zügcn an.
Allerlei.
— Zur Warnung für Rancher. Die Fälle von Geistesstörung und Wahnsinn mehren sich in Frankreich in direktem Verhälkniß zu dein Erträgnis; der Tabackstener. Von 1812 -32 betrug die Summe, welche dem Staatsbudget durch die erwähnte Auflage zugefnhrt wurde, 28 Millionen Franken, die Irrenhäuser zählten 8000 Insassen. Heute erreicht der Betrag der Ta- backssteuer die Ziffer von 180 Millionen und man zählt in den verschiedenen Anstalten 44,000 Wahnsinnige oder Blödsinnige. Diese Wechselbeziehung, die von Hrn. Jolly in der letzten Sitzung der Akademie der Wissenschaften mitgetheilt wurde, bietet den Liebhabern der Nikotindämpfe Grund zu ernstem Nachdenken. Hr. Jollp endete seinen Vortrag mit folgenden, für die jetzige Generation bedrohlich lautenden Worten: „Die unmäßige Anwendung des Tabacks und besonders der Pfeife verursacht eine Schwäche deS Gehirns und des Rückenmarkes, die zum Wahnsinn führt."
— (Stammbaum von Düppel.) Das deutsche Wörterbuch der Gebrüder Grimm enthält in der siebente» Lieferung des zweiten Bandes auch eine Erklärung deS Wortes Düppel. Darnach ist dasselbe — Tölpel, ursprünglich Geschwulst, wie „Döbel." „Einem den Düppel bohren" heißt soviel wie den Esel bohre». Man sehe: Frischlitt, Rebekka 197: „Noch besser hebet ihn empor, daß man ihm den Düppel bohr". Nieremberger übersetzt in seinem deutsch-lateinischen Wörterbuche Düppel mit erzbummer Mensch, Tmbls.
— Dreier: Weißt d», wo gegenwärtig die meisten Menschen find? — Meier: In der Kirche? — Dreier: Nein! — Meier: Im Wirthehaus? — Dreier: Nein! Auf dem Hund.
Der meisten Schönen Zorn gleicht ihrer Zärtlichkeit;
Sie dauern beide kurze Zeit.
Wem Leiden widerfährt und er nimmt sichs zu Herzen, der hat zween Schäden. (Altes Sprichwort)
Homonyme.
Furchtbar bin ich zu schau'n, wenn die Menschen thun, was ich nenne; Und doch lieblich dem Blick, schweift über mich er dahin.
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.