Oberndorf, 3. Mai. Vergangene Nacht stürzte der Eil- wagen zwischen Eyach und Horb in den Neckar. Zum Glück ertranken keine Passagiere, worunter auch Frauenzimmer. Letztere» welche nach dem unfreiwilligen Bade in kalter Nacht noch eine Strecke Wegs zu Fuß znrückzulegen hatten, sollen sehr erfroren auf der Station angekommcn sein. Der um einige Stunden verspätet hier angekommcne Eilwagen brachte die Briefe mD Zeitungen sehr durchnäßt; die Pakete blieben ganz aus. Da möchte man ansrnfen: Ach und Ey und Ey und Ach! (Schw. B.)
Der Brand in Barth olomä, OA. Gmünd, soll dadurch entstanden sein, daß ein ssjähriger Knabe Nachmittags 2 Uhr einen Bund Stroh anzündete. Die dürren Strohdächer und die Vertäferung der Häuser boten dem Feuer eine willkommene Nahrung und rasche Verbreitung. Es brannte an allen Ecken und Enden und das Dorf hätte nicht kunstgerechter von einem Feuerwerker angezündet werden können. Alle Straßen waren buchstäblich in Ranch und Feuer gehüllt, das Toben des Sturmes, das Prasseln des Feuers, der Angstruf von Menschen und Vieh, erregte eine schauderhafte Scene. Die alleinstehende katholische Kirche brannte lichterloh, und nur mit großer Lebensgefahr, wobei er sich schwer verletzte, konnte der Pfarrer die Monstranz retten; Älteste, Orgel, Kanzel, Kirchengeräthe und Kleider, Glocken — kurz Alles ging elend zu Grunde, und von der ncuerbau- ten Kirche, woran die ohnedies arme Gemeinde nock viele Jahre zu zahlen hat, blieb nichts übrig, als eine nackte Mauer. Auch das große, für Katholiken und Protestanten gemeinschaftliche Schulhaus verbrannte, und die Lehrer konnten nichts retten, als ihr und der armen Kinder Leben; das Rathhaus ist gleichfalls ei» Aschcnhaufen. Im Ganzen sind über 60 Hauser mit 75 Familien, wovon nur eine einzige versichert ist, ein Raub der Flammen geworden. Der Anblick des Ortes ist ein grauenerregender. Tie Gemeinde ist blutarm und erst im Jahre 1845 von einem ähnlichen Unglück heimgesncht worden. Hilfe lhut bringend noth.
Am 2. Mai brannten in Unterbrüden, OA. Backnang, 5 Gebäude ab. (S. M.)
Wiesbaden, 4. Mai. Die Ständeversammlung ist durch Herzogliche Verfügung aufgelöst worden- (S. M.)
Der Literat und Hausbesitzer L. Witimann in Lands Hut, welcher bei der Echwurgenchtsverhandlnng, in der er von der Anklage wegen Preßvergehens freigcsprochen wurde, erklärte: ,,cr sei weder Katholik noch Protestant, sondern geradcweg Christ", ist, wie die „N. Nachrichten" mittheilen, weil er jede Erklärung über die angeführte Aeußerung verweigerte, vom Ordinariat Mnn- chen-Frcyslng aus der katholischen Kirche ausgeschlosscu sexcom- municirt) worden, und wird die Excommunicaiiou in vier Wochen von den Kanzeln LaudShuts feierlich verkündet werden. (A Z.)
Berlin, 4. April. Tie ministeriellen Blätter bestätigen, daß Oestreich den preußischen Vorschlag der Berufung der Be- völkerung der Herzogtümer zu Befragung über die Ert fol .e angenommen hat. Tie Verhandlungen über die Art des Wahlmodus dauern fort. (S. M.)
Graz, 21. April. In Admont sind 21 Häuser und das Stift abgebrannt. 5 Personen verloren ihr Leben bei der FenerS- brunst. Die Thürme des Stiftes sind eingcstürzi; die Bibliothek wurde gerettet. (S. M.)
Das Urthcil im zweiten Polenproceß wurde am 28. April publicirt, die meisten Angeklagten wurde» freigesprochen, 5 zu 2'/, bis 1 Jahr Einschließung und der abwesende Rocycki zum Tode verurteilt.
Schaffhansen, 28. April. Heute Mittag zwischen 12 und 1 Uhr geriet der Gabentempel für das eidgenössische Schützenfest durch Unvorsichtigkeit in Brand und lag binnen einer Stunde in Asche; er hatte gegen 16,000 Franken gekostet. Mit Mühe wurden die Speisehütte und der Schießstand vor dem Feuer bewahrt. — Im Militärhospital zu Bern hat man die Entdeckung gemacht, daß die Krätze durch Einreiben von Petroleum in 1—3 Tagen gründlich geheilt werden kann. sS. M.)
In Pari/ haben nun die Schlosser, Schneider, Wagner, Hutmacher und Färber größtenteils die Arbeit eingestellt. Das volkswirtschaftliche Blatt „l'Jndustrie" konnte heute nicht erscheinen» weil auch die Setzer der Druckerei Ehaix di« Arbeit verweigerten.
Napoleon ist am 29. April nach Algier abgereist. Er hofft in Lyon noch einmal mit dem russischen Kaiserpaar zusam
men zu treffen. Die Kaiserin hat bis zum letzten Augenblick ihre ganze Beredtsamkeit anfgeboken, den Kaiser zu bewegen, die Reise nicht zn unternehmen. Der Kaiser ist aber fest geblieben.
Marseille, 30. Avril. Um 6 Uhr ist der Kaiser im kaiserlichen Wagen angckvmmen und durchfuhr die beflaggten Straßen ohne Eskorte. Er fand einen enthusiastischen Empfang und reist morgen Vormittag 9 Uhr ab. (T.d.Frb.Z.)
Paris, 30. April. Man spricht hier viel davon, daß der Czaar und der Kaiser, obgleich sie zugleich in Lyon angekommcn sind, einander nicht besucht haben. Der Kaiser wollte den Czaa- rcn ungestört seinem Schmerze überlassen, und man thut Unrecht, aus diesem Akte auf die politischen Beziehungen der beiden Fürsten schließen zu wollen. (K.Z.)
Newvork, 19. April. Es sind zahlreiche Verhaftungen vorgenoinmen worden, in Washington zumal unter dem Personal des Ford'schen Theaters, ferner in Baltimore »ud Monroe. Einer der Gefangenen hat sich als Mitglied eines Komplottes angegeben, dessen Zweck nicht die Ermordung, sondern die Aufhebung des Präsidenten gewesen sei, um ihn als Geißel nach dem Süden zu schaffe». Der Menich, welcher de» Mordversucv gegen Seward anSgesührt hat, ist ei »gebracht worden. Als sein Name wird Eurrat angegeben. Er soll in seinem eigenen Hause in Washington gerade in Verkleidung und mit Kolh bespritzt heiin- kehrend verhaftet worden sein. Mit Major Seward und den Diener» kvnsrontirt, wurde er sofort als der Verbrecher identi« fizirt. — Im ganzen Norden finden große Volksdemonstrationen zu Ehren Liucolns statt. U, berall ertönt der Ruf des Volkes: „Rache an dem Süden!" > - Fredcrik Seward befindet sich besser.
Newyork, 22. April. Die Regierung hat 100,000 Doll, als Belohnung für die Verhaftung des Mörders Booth und seiner Mitschuldigen ansgefitzt. Wer ihnen ein Asyl gewährt, soll mit dem Tod bestraft werden. Ein Mitschuldiger von Booth, Namens Atzerot, ist fest;>enommen worden. — Präsident Johnson hat in einer neuen Rede den Verrath als das höchste Verbrechen erklärt. Nach einem Gerücht wird er Preston King an Sewards Stelle zum Staatssekretär ernennen. Der Newyorker Herald glaubt, Johnson werde dem Ausland gegenüber eine entschiedenere und ungestümere Politik befolgen, als Lincoln; er sei ein Anhänger der Monrvedoktrin. — Das Leichenbegängniß Lin- colns war imposant und rnhig. — Der Herald meldet in einem Extrablatt: Eine Depesche Shermans kündigt die Kapitulation der gesummten Armee Johnstones an. Tie Expedition nach Char- leSkon hat zwischen Columbia und Floreuce viele Brücken und Eisenbahnen zeuröch und 6500 Sklaven in ihre Reihen aufge- nomnien. sS. M.)
Man erinnert sich jetzt einer tollen Anzeige, die im Dezember des vorigen Jahres von Alabama aus erlassen wurde, worin Jemand i Million Dollars von den Südstaatcn fordert, »m bis zum 1. März Lincoln, Seward und Johnston zu ermorden. Dort heißt es: dieser Mord wird uns zum Frieden verhelfen und die Welt überzeugen, Laß Tyrannen in einem freie» Lande nicht leben tonnen. Man glaubt, daß diese Anzeige von den Mördern Lincolnö und Sewards ausgegangen sei.
Es weiden jetzt viele ehrenwürdige Züge aus dem Leben des jetzigen Präsidenten Johnston mitgetheilt, die seinen Charakter und seinen Patriotismus sehr hoch stellen. Im Senate zu Washington soll er im Winter 1860/61 dem Senator Davis, vor dem damals ein grmßer Theil der nördlichen Staatsmänner sich beugte, das Wo>l zugedvnnerk haben: Wäre ich Präsident der Vereinigte» Staaten, so würde ich Sie als Vcrräther festnehmen und proc-sffen lasse». Wie Keiner habe er so treu und fest an der Unton gehalten. Nicht minder ehrenwerth ist es, daß ec aus kleinliche» und ärmlichen Verhältnissen zu seiner Stellung sich empor gearbeitet bat. Es bleibt allerdings ein Schatten, daß er sich am 4. März bei seiner Einführung als Vice- prästdent so mit geistigen Getränken übernommen hatte, daß er seiner nicht mehr Heir war, allein man kann ihm nicht Schuld geben, daß er ein Trinker je gewesen sei, sondern er soll sich immer d»>ch seine Mäßigk,il hcrvorgethan haben.
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.