die Umgegend von Delhi und Agra waren von Heuschrecken heimgesucht, die sich wie Staubwolken über Hunderte von Mor­gen auSbreiteten. Nach den autgcfundcuen Eiern (Klumpen von 60100 Stück) hat Jemand berechnet, daß 20 Millionen der­selben auf jeden Morgen (aere) kommen.

Newyork, 7. Sept. In der Nacht vom 31. Ang. war der ganze Westen von einem starken Frost überrascht worden. Alle stehenden Gewässer bedeckten sich mit einer dünnen Eiskruste. Mais- und Kartoffelfelder haben stark gelitten, die Weinpflau- zungen sind gänzlich ruinirt.

Newyork, 12. Sept. Nach Berichten ans Eharlestown vom 9. September bombardirt die Flotte unausgesetzt Monltrie- fort; Gillmore errichtet Batterien zur Beschießung der Stadt; eine Abtheilung Bundcstrnppen, welche bei Sumter anSgeschifft worden war, wurde zurückgeworfcn, Burnside entlassen. Die Golf-Armee hat Orleans verlassen und ist vermnthlich nach Te­xas marschirt. Die Republiken Südamerika's betreiben eine Con- tinental-Alliaiiz. Juarez hat die Unionsregierung zur Beihilfe beim Widerstand gegen eine europäische Invasion eingelade».

(T. d. S.-A.)

Die Kunst zu lieben.

(Fortsetzung.)

Doris hatte mit der Hinterlassenschaft ihres verstorbenen Gatten auch einen verwickelten und langwierige» Prozeß gegen einen kleinen Grundbesitzer in der Nachbarschaft angetretcn, der zugleich ihr eigener Gutsnachbar war. Der Prozeß war ihrem seligen Gatten ein großes Anliegen gewesen, und Doris setzte, aus Pietät und Hochachtung für die letzten Verfügungen des Verstorbenen, einen großen Werth auf den Gewinn dieses Pro­zesses, welchen sie mit Eifer verfolgte. Carl, welcher selber Ju­rist war, erbot sich gegen seine Cousine, ihr bei Erfüllung dieser Aufgabe, die er eine heilige Pflicht nannte, behilflich zu sein, und als sie sein Anerbieten gerne angenommen, machte er sich mit einem Eifer ans Werk, welcher sicher minder lebhaft gewesen wäre, wenn ihn diese Angelegenheit persönlich betroffen haben würde. Er ritt beinahe alle zwei Tage nach dem Wohnsitze des Bezirksgerichts, vor welchem die Sache geführt wurde, spornte den Untersuchungsrichter, drängte den Advokaten und lieferte die­sem Beweismittel und Belegstücke aller Art, welcbe, wenn sie auch gerade nicht geeignet waren, das Urtheil der Richter festzu- stellen und in eine bestimmte Bahn zu weisen, doch wenigstens augenfällig genug waren, die Wage zu Gunsten seiner Cousine zu neigen. Doris war voll Bewunderung für die überraschende Geschäftigkeit und Umsicht ihres Vetters, und fragte sich im Stil­len, ob sie sich denn noch einen überzeugender» Beweis von seiner Liebe zu wünschen brauche? Sie wußte ihren Dank gar nicht liebevoll und warm genug zu fassen, um ihm ihre Anerkennung hiesür auszudrücken. Allein Carl pflegte ihr dann immer zu er­widern :Sie sind mir nicht den mindesten Dank schuldig; in einem Rechtsstreite, worin Sie verwickelt sind, steht das gute Recht immer auf Ihrer Seite, das ist unbestreitbar. Ich erfülle daher lediglich nur eine Pflicht, indem ich aus allen meinen Kräften zum Triümph der Gerechtigkeit beitrage!"

Wen» Jemand den Dank eines Andern aus diese Weise ab­lehnt, so führt dicß meist nur unfehlbar dahin, daß dessen Dank­barkeit verdoppelt wird. Auf diese Art wußte Carl durch seine anspruchslose Bescheidenheit bei Frau v. Sydow bedeutend zu gewinnen.

Ernst seinerseits war weit entfernt, sich bei Doris dieselben Ansprüche auf Dank zu verdienen; sie gab ihm sogar ihr Erstaunen darüber zu erkennen, daß er sich so wenig um eine Angelegenheit zn kümmern schien, an welcher sie selber ein solches Interesse nahm.

Das muffen Sie mir schon zu Gute halten, Cousine, er­widerte er ihr mit weit mehr Festigkeit, als er gewöhnlich in der Unterhaltung mit ihr an den Tag legte; ich bin kein Freund von Prozessen, und würde viel darum geben, wenn Sie keinen solchen hätten. Ein Prozeß ohne Leidenschaft, indem sie uns über unser eigentliches Recht hinaus fortreißt, uns nicht ungerecht machen sollte wenn auch ohne unser Vorwiffen.

Ein Zufall führte es jedoch herbei, daß auch Ernst in den Prozeß der Frau v. Sydow mit verwickelt wurde. Er wollte nämlich eines Morgens gerade mit seinem Skizzenbuche und Feldstuhl einen Ausflug in den Wald antreten^ um einige

Skizzen anfzunehmen, als er auf der Treppe seinem Bruder Carl und einem Greis begegnete, von welch' letzterem sich jener so eben mit den Worten verabschiedete: Es bleibt dabei, Herr Selten; von einem Vergleich kann keine Rede sein! Wir wollen Alles oder Nichts; man akkordirt nicht mehr, wenn man der Advokaten und Richter bereits sicher ist!

Dieser strenge Bescheid rief auf den Zügen des Greises eine so tiefe und. unverhohlene Wehmnth hervor, daß sich Ernst davon ganz ergriffen fühlte. Er näherte sich dein Greise, schloß sich ihm an und suchte mir einigen Worten herzlicher Tbeilnahmc seinen Kummer zn mildern. Das Alter ist von Natur schon mittheilsam, und so kam bald ein Gespräch zwischen Beiden zu Stande. Ernst erfuhr daraus, daß der alte Herr, den er vor sich sah, der Gegner der Frau v. Sydow in jenem Prozesse war. Der Gegenstand des Rechtsstreits belief sich auf einen Werth, der daS ganze Ver­mögen deS Herrn Selten nnd seiner Enkelin bildete. Ward er verloren, so waren ein stebenzigjähriger Greis nnd ein neunzehn­jähriges Mädchen am Bettelstab, und dem armen Mädchen drohte nach dem Verlust des Vermögens vermnthlich auch noch der eines Verlobten, denn dieser war Offizier und konnte die Verarmte nicht heirakben. Herr Selten war nicht reich nnd glaubte an sein gutes Recht, nnd darum hatte er die Führung seiner Sache einem jungen Advokaten anvcrtrant, dem cS zwar nicht an Talent und gutem Willen fehlen mochte, der aber jedenfalls nicht einem ge­riebenen, in alle» Feinheiten und Listen der Chikane wohlerfahrenen Anwälte gewachsen war, dem Carl die Veriheidignug der Sache seiner Cousine übertragen hatte. Die Entscheidung des Prozesses war bis auf ungefähr acht Tage herangerückt, nnd weil bei Herrn Selten je länger desto mehr einige Zweifel an dem Erfolg seines Prozesses ansgesticgen waren, so hatte er heute noch einen Ver­such machen wollen, sich vor der Entscheidung des Rechtsstreites mit Frau v. Sydow zu vergleiche», ein Versuch, der, wie wir gesehen haben, von keinem Erfolg gekrönt war.

Die Schilderung des Greises war klar nnd einfach gewesen, wie Alles, was wahr ist; Ernst fühlte sich stark versucht, dem Allen Recht zn geben, so sehr er auch von Hans ans sich ge­drungen fühlte, auf Seiten seiner Cousine zu stehen. Er bat Herrn Selten um die Erlaubniß, ihn zn seinem Anwalt begleiten zn dürfen; er verlangte bei diesem die Einsichtnahme der auf die Prozeßsachc bezüglichen Papiere nnd Aktenstücke, und untersuchte dieselben mit der gewissenhaftesten Aufmerksamkeit. Von hier aus begab sich Ernst zn dem Sachwalter und bann zn dem Advokaten der Frau v. Sydow und befragte sich in der Weise eines Mannes, der zweifelt und sich ansznklären wünscht. Mit dieser kitzelichen nnd sehr unerquicklichen Beschäftigung verging ihm der ganze Tag, ein unglaubliches Opfer von Seiten eines Menschen, der einen Abscheu vor allem Prvzessiren hatte. (Schluß f.)

Allerlei.

- Frankfurt. Eine höchst kostbare Geschichte ereignete sich vor einigen Tagen in der Eschenheimer Gasse vor dem Bnn- deöpalast. Eine Mnstkbande pflanzte sich vor der Nestdeuz^deS Fürstcntagcs auf und begann mit der klassischen Melodie:Sind wir wieder 'mal beisammen gewest." Alles blieb erstaunt stehen und horchte lächelnd den kritischen Tönen. Jetzt folgte:WaS ist des Deutschen Vaterland?" Nunmehr erscholl cs: O du lieber Augustin, Alles ist hin!" und zuletzt faßten die Kobolde die ganze Schwermuth der Situationen zusammen in die erschütternde Weise:Es kann ja nicht immer so bleiben, hier unter dem wech­selnden Mond." Die Eschenheimer Gasse war »och nie in so gu­ter Stimmung gewesen. Ob man's drinnen vernommen hat, weiß man nicht zu sagen.

München. Die Bair. Ztg. beginnt einen ArtikelZur Bierfrag«" mit den Worten: Jeder Baicr, der lange gelebt und getrunken hat, wird die betrübende Bemerkung machen müssen, daß unser weiland berühmtes baicrisches Bier mehr in der Erin- »erring, als in der Wirklichkeit existirt. Es wird nach und nach ^u Abfud diverser Stoffe werden, der, außer Farbe und Namen, wenig mehr mit dem alten Labetrnnk gemein hat, und der wahr­haftig mehr aus Durst und der Tradition zu Liebe getrunken wird, als des Wohlgeschmacks und der Erheiterung willen.

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