Tages -Reuiglreitc n.

*1- Nagold, 24. Sept. Am letzten Montag (Matthäuö- feiertag) fand Nachmittags von l'/s bis 4 Uhr i» der hiesigen Kirche eine cigcnthümliche Feier statt. Der überaus wvhlihätige Verein zur Rettung verwahrloster Kinder hielt sein Jahrcsfest. Mit demselben wurden zugleich Miltheilnngen über die Bidelsache und andere Zweige der inneren Mission ver­bunden. Heiser Kemmler sprach mit Zngrnndlegnng der Ge- schichte Marc. 12, 41-44 (die Wittwe am GvttcSkastcn) über die verschiedenen Opfcrstöcke, die inmitten der christliche» Ge­meinde ausgestellt seien und reiche Gelegenheit Gutes zu lhun »ud mitzutheilcn darbietcn. Sodann theille er Einiges über die Thätigkeit des Bezirksvereins zur Rettung verwahrloster Kinder mit. Derselbe hat gegenwärtig 25 Kinder in Pflege. Davon sind 23 in passenden Familien »nd 2 in Rettungsanstaltc» unter­gebracht. Ueber den Stand der Kasse wird in diesem Blatte be­sondere Mittbeiluug gemacht werden. Der H i l ss bib el v er ein des Bezirks verbreitete im letzten Jahre 120 Bibel» (darunter viele Brautbibeln) und 11 Neue Testamente tbeils zu herabge­setzten Preisen, tbeils ganz unentgeltlich. Derselbe Halle eine Entnahme von 196 fl. 20 kr. und eine Ausgabe von 184 fl. 47 kr. Auch über den Arb e it S v er e i n hiesiger Frauen und Jungfrauen (circa 15—20 Mitglieder), sowie über den Kran- kenkostvercin, an dem sich 45 Frauen betheiligen, wurden Miktheilungen gemacht. Ecsterec hat den Zweck, Kleidungs- und Bettstücke für einzelne Arme und Weißzeug für arme Eonfirman­den zu fertigen, sowie der Kleinkiuderschule alljäbrlich eine Ehrist- bescheerung zu bereiten; letzterer hat im verflossenen Jahre 11 Kranken 535 Portionen Krankenkost gebracht. Die Bezirks- »äh anstatt, welcher auch Erwähnung gcthan wurde, hat 25 bis 30 hiesigen und auswärtigen consirmirte» Töchtern zum Thcil unentgeltlichen Unterricht im Nähen erthcilt. Dekan Frei Hofer hielt sodann mit den anwesenden Pfleglingen des Vereins (7 Kna­ben und 6 Mädchen; die andern waren wegen der Witterung nicht erschienen) eine Katechisation über die Geschichte von der Hei­lung der zehn Aussätzigen (Luc. 17, 11—19), wobei er sie, die auch aus mancher Noth Erretteten, seit sie sich in der Pflege des Ver­eins befinden, zu herzlichem Danke gegen Gott und ihre Pflegc- eltern ermunterte. Pfarrer Pezold von Mötzingen hielt einen interessanten Vortrag über Nehemia 9, 17, indem er namentlich die Frage, warum der Herr viele Kinder in so früher Jugend wieder zu sich rufe, zu beantworten suchte und über den Werth einer einzigen geretteten Menschensecle sprach. Er richtete sodann noch herzliche Worte des Dankes und der Mahnung an die an­wesenden Pflegceltern. Die Theilnahme an der lieblichen und gesegneten Feier war von attswärrs mit Ausnahme der Pflege­eltern eine geringe; übrigens war bekanntlich die Witterung eine solche, daß cS fast nicht anders zu erwarte» war. —

Stuttgart, 21. Sept. Am Samstag Abend wurde die Ausstellung der „Concordia" auf derJubiläumLsänle vollendet; um halb 6 Uhr wurde mit der Hebung der 50 Ctr. schweren Fi- gnr begonnen und um 6 Uhr war sie auf der Säule aufgesetzt und ein dreifaches „Hoch" der Arbeiter in der Höhe oben ver­kündete der zahlreichen Menge, welche sich dieses Schauspiels halber versammelt hatten, das gelungene Werk.

Aus der Eßlinger Maschinenfabrik sind Zn den 15 Jahren ihres Betriebs (1847 eröffnet) 450 Lokomotiven hervorge­gangen.

München, 16. Sept. Zum ersten Male hat in den letzten Sitzungen des Abgeordnetenhauses eine deutsche Volks-Vertretung die Aenderung des ganzen Wchrsystems und die Herstellung eines allgemeine» BolkswehrwesM verlangt. Und das geschah von der baierischen Kammer, die gewiß nicht dem Vorwurfe des Ra­dikalismus unterliegt. (Schw. B.)

Am 15. Sept. Nachmittags 3 Uhr wurde in Darmstadt in einer der belebtesten Straßen der Stadt den Kaufmann Güt­lich mit 4 Stichen ermordert. Derselbe soll ein Wuchergeschäft betrieben haben, daher die Vcrmuthnug, er sei der Rache eines Schuldners als Opfer gefallen. Als dieses Mords verdächtig ist der Domänenpfaudmeister Schlick aus Zwingenburg inhaftirk.

Berlin, 21. Sept. Am Himmel deutscher Wissenschaft ist der glänzendste Tlcrn untergegangcn! Jakob Grimm ist nicht mehr! Gestern Abend um 10 Uhr machte ein Schlaganfall seinem

schönen, langen und doch für uns viel zu kurzen Leben (er war geboren am 4. Jan. 1785) ein Ende.

Dem „Frankfurter Journal', schreibt man ans Wien vom 16. Sept: „Wir sind in de» Stand gesetzt, die Hauptpunkte der Antwort mitzutheilen, welche Preußen auf bas Bundesreform« Projekt den deutschen Regierungen crtheilen wird: 1) Eine Volksvertretung am Bunde, die nach der Größe der Bevölkerung, welche die Staaten im Bunde haben, abgemessen ist. 2) Dieser Volksvertretung müsse eine solche Macht eingeräumt sein, daß dadurch etwaige Sonderbcstrebungen paralpsirt würden. 3) Die projeklirte Bundesverfassung müsse dieser Volksvertretung zur Erklärung rc. vorgclegt werden. 4) Verlangt Preußen ein Veto in allen denjenigen politischen Fragen, wclcbe seine selbstständige Stellung als Großmacht berühren. 5) Vollkommene Parität mit Ocstreich."

Großfürst Constantin war nur einen Tag in Wien, ist aber wie weiland Jupiter mit einem Goldregen ausgetreten. Den Armen hat er 500 Ducaten hinterlasseii.

In Turn in Böhmen erschoß sich ein Tischlergeselle aus LiebeSgram mit Beltfedern, die er statt der Kugel in de» Pistol gestopft hatte.

Zürich. Tie Regierung hat die Ertheilung des Bürger­rechts an den Diktator Langicwicz durch die Gemeinde Kilchberg nicht genehmigt.

Turin. Als General Pa llavicini, der commandirend« Offizier bei Aspromonte, dieser Tage im Theater von Lngo er­schien, verließen alle Zuschauer und das Orchester das Hans, aber er blieb ruhig sitzen und sah das Stück allein ausspielen.

Turin. Garibaldi hat auf einen Brief, in welchem er aufgefordert wurde, nun wo er wieder hergestellt sei, sein Polen gegebenes Versprechen zu erfüllen, erwidert: er habe keinen Wunsch, dem Fürsten CzartorpSki zu einer Krone zu verhelfen; er habe genug an den beiden, die er Victor Emmanuel verschafft; er gehöre dem Volke an und werde nach Polen gehen, wenn die Diplomaten sich davon zurückgezogen haben würden; einstweilen möge Gott die Polen nur vor ihren Freunden in Paris und Rom schützen. (D. V.)

Baron Adolph v. Rothschild in Neapel will sich in Ruhe setzen. In Folge davon sind sämmttiche Mitglieder der Roth« sckild'schcu Gelddpnastie in Paris versammelt, um zu berechnen, welchen Antheil der Ansscheidende erhält. Die betreff. Summe soll sich auf 150 Mill. Franks belaufen.

In Spaa ist ei» geheimes Spielhaus entdeckt worden, in welchem Bediente, Köche und Kellner das ihnen von den höhe­ren Ständen an der privilegirten Bank gegebene Beispiel nach- ahmlen; die Kleinen wurden bestraft. (D. D.)

In Frankreich ist in diesem Jahre der Erntefegen eben­falls. ein überaus reicher. Die Korn- und Weinernte ist fast eben "so reich wie die Trüffclerntc. Nicht minder ergiebig ist die Obst­ernte ausgefallen. Aepfel »nd Pfirsiche gibt cs in solcher Menge, daß sie an vielen Orten fast keinen Preis mehr haben.

In allen Kirchen Englands werden für die überaus geseg­nete Ernte Daukgcbete zum Himmel gesendet.

London. Ein alter Franzose ist von abergläubischen Weibern, die sich von ihm behext glaubten, in Hediügham auf schauderhafte Weise ersäuft worden.

Der rühmlichst bekannte iu London lebende Astronom Kind weist in einer ausführlichen Abhandlung nach, daß die Entfer­nung der Sonne von der Erde um 4 Millionen Meilen geringer sei, als bisher angenommen worden war, nämlich 91,328,600 statt 95,360,000 englische Meilen.

Warschau, 20. Sept. Der Marquis Wielopolski erhielt unbeschränkten Urlaub ins Ausland und wurde gleichzeitig seiner Aemter als Civilgouvcrneur und Vicepcäsident des StaatSrathS enthoben.

Warschau, 20. Sept. Die „Wiener Ztg." meldet: Ein Telegramm ans Warschau vom Heutigen besagt: Gestern fand ein Attentat auf General Berg statt. Er fuhr am Zamoyski'schen Palast vorüber, als eine Orstni-Bombe sprang. Berg ist un­verletzt.

Ostindien. Die indischen Blätter klagen wiederholt über eine schreckenerregende Zunahme der Tiger. Menschen und Thiere fallen ihnen zur Beute, sie holen Kinder aus den Stra­ßen der Dörfer, Ochsen vom Wagen weg. DaS Pendschab und

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