kaiserlicher UkaS ordnet Ne Einreihung von 48 Neserveregimenter! zur aktiven Armee an. Großfürst Konstantin hat einem Minister. ! rath unter dem Vorsitz des Kaisers in ZarScojeselo beigewohnk, > in welchem die Beantwortung der Note» der drei Mächte de- ! sprechen worden ist. Dem Großfürsten wurde von Seiten de« ! Kaisers ein sehr freundlicher Empfang bereitet. (T. d. St.-A.)

In New York ist die Hitze so groß, daß täglich Dutzende von Menschen und Pferden am Sonnenstich sterben. -

Die Kunst zu lieben.

Novctette von W. Dönhoff. >

Im Herrenbause zu Tiesenbninn, dem Nikterguke des Ge- ! neralmajors v. Schalksteiu, ward der Ernleball gefeiert. Der ! große Saal glänzte von Lichtschein, der in die dunkle September- l nacht hinausstrahlte, während die Wolligen,ebe eines sorglich ge- - pflanzten Blumenparterres durch die geöffneten Fenster einzogen. ! Der Tanz hatte die ganze Blüthe der Jugend aus der Gegend ! und der benachbarten Stadt hier auk dem Gute de» reichen gast- ^ sichen Veteranen versammelt. Die Quadrillen bewegten sich bei ! den Tönen einer Musik, die, wenn sie auch niebr die Fertigkeit ^ und Präcifion eines Orchesters von Gungl oder Lanner halte, es ^ Loch mindestens nicht am guten Willen fehlen ließ, Mid alle Ge­ladenen zufrieden stellte. Die Tänzerinnen waren meist hübsch, aber ihre Toiletten etwas mit Blumen und Bändern überladen, so daß sich von den Andern gerade durch ihre Einfachheit die Tochter des HauseS hervorthat, ohne daß ihr dieß jedoch auch von der argwöhnischen Lästersucht als Absicht ausgelegk werden konnte. Frau Doris v. Sydow, die Tochter des Generals, war ^ seit dritthalb Jahren Wittwe eines Obcrappcllationsratbs, erst ' dreiundzwanzig Jahre alt, und eines jener hochbegabten Wesen, die ohne hervorragende Schönheit durch die Schätze ihres Ge- UiütheS fesseln und ohne Koketterie bezaubern. Torts verband Mit der Frische und blühenden Gesundheit eines Landmädcheus die Eleganz und Weltgewandtheit einer großstädtische» Dame, und wer die niedliche Gestalt von mittlerer Größe, mit den, rei­chen dunkelblonden Haar und den seelenvollen, dunkelbraunen Augen zum erstenmal hier gesehen hätte, der winde daraus ge­schworen haben, ein Mädchen von kaum neunzehn Jahren vor sich zu sehen, so unbefangen heiter, so traulich »nd sinnig wußte Doris die Honneurs des Hauses zu machen, da ihr Baker Witt- wer war. üm sie her schwärmte» mit größerer oder minderer Leichtigkeit ein Dutzend schmucker junger Herren ans der Provinz und buhlten mit dankbarem EnlhusiasitznS um ei», wen» auch leicht ironisches Lächeln, womit die sreuudliche, oft hold erglühende Wittwe ihre etwas geschraubte» Komplimente und überschweng­lichen Huldigungen annahm.

Ich brauche wohl kaum zu sage», daß Doris reich war, und als einziges Kind des alten Generals später »och Anwartschaft auf ein weiteres beträchtliches Vermögen batte. Kein Wunder daher, daß von dem reichen Erben des benachbarten Gutes Mnh- lau mit seinen beiden Runkelrübenzucker-Fabriten, bis zu dem jun­gen Referendar v. Vitzthum herab, der kein anderes Vermöge» besaß, als eine tadellose Taille und sechzehn Ahnen, alle gela­denen jungen Männer auf die Hand der jungen Wittwe aspirirle». Ob aber mit Erfolg, das lassen wir dahingestellt. Jedenfalls blickten die Anderen mit einer gewissen Regung von Neid ans einen sehr hübschen jungen Mann von lebhaftem Blick und vieler Tournure, dessen elegante, vornehme Manieren nichts Provin­ziales hatten, und der wenigstens für den größten The,l des Abends der bevorzugte Tänzer der anmuthigen Wittwe gewefe» war. Er nannte sich Carl v. Hain, war ein Neffe des Generals und somit ein Vetter der angebeteten Tons, die er »ach mehe als vier Jahren znm Erstenmal wieder sah. Er war zur Zeit ihrer Verheirathung auf Reisen gewesen »»d hatte in den jüngst- vergangenen drei Jahren mit seinem Binder Ernst einem jungen Maler, der zu großen Hoffnungen berechtigte, in Ita­lien gelebt, von wo Beide erst vor wenigen Wochen zurückgekehrt waren. Eine dringende Einladung des Generals hatte die beiden Brüder aus dem stillen Berlin, dessen vornehme Welt dermalen noch in Bädern oder auf Reise» abwesend war, hierher aufs Land gelockt, und Carl revangirle sich nun, indem er seiner an- muthigen Base alle diejenigen Huldigungen zu Füßen legte, die er vielleicht unter zwanzig verschiedenen Schönheiten der Residenz Vertheilt haben würde. Mit ihm lächelte und tändelte Doris !

zwar nicht, aber der aufmerksame Blick, womit sie ihm in der U»tcrhal»ig folgte, thak zur Genüge kund, daß sie nichtsdesto­weniger sehr gerne auf ihn hörte. Carl hatte Geist, sprach leicht, gewählt, fließend, und oft sogar mit einem poetischen Anflug; sei» Unternehmungsgeist drängte ihn, vor keinerlei Hindernissen zurückznschrecken, und er war ganz der Mann dazu, Erfolge zu einotzen. e^ein Bruder Ernst war i» vielen Stücken sein schiiur- gerases Wideriptel; das Mißtrauen, welches er in seinen eige­nen Werth setz e, verlieb ibm in den Augen der meisten Frauen einen uuverzelblichen Fehler: er war schüchtern und besangen. Bv» Natur aus weniger veredt als Earl, und minder abgcschli'ffen durch geselligen Verkehr, sprach er nur wenig, und verstand sich namentlich nicht auf die Kumt, jene tausenderlei unbedeutende Dinge zu sagen, welche in einem Salon oft für Geist gelten und ihrem Urheber stets den Rns eines liebenswürdigen Menschen und guten Gesellschafters sichern. Auch schien Erust'steks eher bemüht, in den Hinlergrnnd znrückzntrelen, während Carl durchaus keine Gelegenheit vernachlässigte, sich recht ins volle Liebt zu stellen.

Gleich Carl war auch Ernst vo» Anfang au vv der An­mut!) und den gemütdliche» Reize» der junge» Wittwe bezaubert worden; allein anstatt Doris ans Schritt und Tritt zu folge», wie sein Bruder, amtalt ihr Ohr stets init Schnieicheltönen »nd süßen Worten zn erfüllen, anstatt j>n Walzer sie unter den mes- menschen Einfluß seiner Blicke zu stelle», anstatt sie durch den Schwall und die pikant n Ausfälle seiner Unterhaltung zn betau- den, anstatt endlich alle» Nebenvublern den Weg zu der Angebe­teten zu versperre», indem er stets seine Kreise um sie zog »nd sie nie a»S den Angen verlor, war Ernst stets in angemessener Ferne gebliebe» »nd halte sich damit begnügt, am fernen Ende des -Laales in eine Ottomane gelehnt, Doris vo» Weitem zu betrachten. Trotzdem wäre» auch seine stillen Huldigungen dem aufmerksamen Blick der bübschen Wittwe nicht verborgen geblieben.

Am Tage »ach dem Balle, wo Frau Toris v. Spdow so viele Bewunderung erregt hakte, gingen Carl und Ernst v. Hain mit einander im Garten spazieren.

Höre Earl, Hub Ernst au. weißst du auch, daß du gestern Abend durch deine Aufmerksamkeffon die Evnsinc beinahe kompro- mitlirt hast?

Daß ich nicht wüßte, erwiderte Carl leichthin; ich habe ja kaum zwei oder drei Mal mit ihr getanzt!

Zwei oder drei Mal.-? Welche Blasphemie! Tn hast ja drei Quadrillen, zwei Galopps, vier Walzer und zwei PolkaS mit ihr getanzt! ries Ernst.

Ei sieh doch, du scheinst ja wahrlich meine Touren gezählt zn haben, und doch sah ich dich den ganzen Tag unbeweglich in einer Ecke sitzen und jeder Bewegung der Cousine Doris mit einem so beharrlichen Blicko folgen, daß diese Ansmerksamkelt für sie wohl eben so konipromiltirend war, als meine Huldigungen in der Nähe?

Ah! du hast all» ebenfalls deine Wahrnehmungen gemacht, wie ich die weinige»! sagte Ernst. Je nun Carl, laß uns offen seui: du liebst die Cousine?

Zum Rasendwerden! versetzte Carl; und du? du liebst sie anch?

Ich bete sie an, Carl!

So sind wir also Nebenbuhler? riefen Beide ans Einem Munde; aber wir wollen uns wenigstens deßhalb nicht ver- s.inde», setzte Carl Hinz» und drückte dem Bruder die Hand; ick habe keine Lust, in unserer Familie die Braut von Messina im Ernst aufsührc» zu Helsen! .

Ich werde dir niemals grollen, weil du fühlst, wie ich, ent- gegnete Ernst, und erwiderte des Bruders Händedruck. Laß Doris selbst zwischen uns entscheiden; der Besiegte soll alsdann dem Andern ohne Groll und Hartnäckigkeit, ohne Murren den Platz räume».

Einverstanden! sagte Earl, ich verspreche dir für meinen Theil unbedingte Unterwürfigkeit unter den Ausspruch der Cousine!

Ich will'blindlings gehorchen , das gelobe ich ebenfalls, und nicht ohne Herzwch, denn ich sehe im Geiste schon dich als Sieger!

(Fortsetzung folgt.)

LA» Der Einsender des Räthscls in voriger Nummer wünscht die Namen der Errather desselbe n durch dieses Blatt zu erfahren.

Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.. Redaktion: HSlzle.