Steiger. Es wäre doch eine Sunde gewesen, wenn der scheele Kohlfuchs das schöne Mäbckcn gefreiek hätte. Die Mädchen sahen traurig drein, denn sie hätten alle selbst den Steiger gern genommen; aber das gute Gretchen verkleinerte Keine.
ES war aber gerade, als sollte dem Caspar Alles schies gehen. Als der Schultheiß zum Pfarrer kam und fragte, ob der Steiger schon da gewesen sei, sagte der Pfarrer Ja. Fried drang nun in den Pfarrer, ihm das Vorrecht zu lassen; allein der Mann blieb bei seinem Grundsätze, daß in der Kirche der Schultheiß nichts gelte und er die Reihenfolge beobachten werde. DaS war nun neuer Verdruß und ein Grund, mehr Haß auf den Steiger zu werfen, obwohl er nichts dafür konnte.
Alles, was der Schultheiß »nd sein Sohn diesem oder seinen Schwiegereltern Uuangenehmes znsügcn konnten, thaken sie, deS Steigers mühsam gehaltene Ruhe brach, und in immer steigender Leidenschaftlichkeit verfolgten sich Beide. Die Jagd, die der Steiger mit Liebe trieb, die Frohnc, die Gemeinderechte — AlleS gab Veranlassung zu Reibereien und Prozessen, und so dauerte eS fort, als Caspar nach seines Vaters Tode Schultheiß wurde. Häusliche Leiben änderten nichts. Gretchen starb und Ammerie starb — die Wlttwer verfolgten sich nach wie vor, ja eS schien selbst, als wachse der Haß mit den Jahren.
Der Steiger war sehr in Rückgang gekommen durch die stets sich erneuernden Prozesse, welche ihm der Caspar anhing. Das hatte an Gretchens Herzen genagt wie ein nie rastender Wurm, und der Steiger sagte eS sich und Andern: der Caspar habe seine Frau gemordet. Seitdem war der Steiger so empfindlich und jähzornig geworden, daß wirklich schwer mit ihm leben war. Der Stollen war noch zu Lebzeiten des alten Schultheiß Fried eingegangen, und ein schönes Einkommen damit für den armen Steiger gewichen. Er war ein kräftiger und ein sehr geschickter Mann. Bisher hatte der alte Schulmeister den Leuten die Güter vermessen. Als er alt wurde, lhat eS der Steiger, denn er verstand die Feldmeßkunst aus dem Fundamente und war ein Mann bei der Spritze, das beißt, fix und richtig waren seine Vermessungen. Außerdem verschrieb er alle Kaufakte und Verträge im Dorfe, machte Erbthcilnngen und seine unbestechliche Rechtlichkeit erwarb ihm das verdiente Zutrauen aller Leute. So ernährteer fick, baute mit zwei Kühen seine paarAeckerchcn und machte keine Schulden. Bei dem Oberförster staub er auch gut und half ihm in manchen Arbeiten. Auf der Jagd aber entging ihm nichts, was er auf das Korn genommen hatte. Der liebe Gott wachte, daß der Caspar allemal, wenn der Steiger auf die Jagd ging, nicht vor seine Thüre trat, denn bei dem glühenden Hasse Beider hätte Niemand für ein großes Unglück stehen können. So kamen und gingen die Jahre. Im Dorfe verlor dxr Caspar allen Anhang; denn sein grießgrämliches, gehässiges Wesen mißfiel Jedermann. Dabei war er niemals bereit, Jemanden zu dienen, indeß der Steiger bei Tag und Nacht zu Jedermanns Diensten war. Die Kinder der beiden Todfeinde wuchsen heran. Steigers Util war der Mutter Ebenbild, ja die alten Frauen sagten, sie wäre noch schöner. Tie Burschen meinten, eS sei nicht möglich, daß Jemand schöner sein könne, als Milchen. Der Caspar hatte einen Sohn, fast gerade so alt wie Milchen. Jakob war auch seiner Mutter nachgeartet. Tie Ammerie aus der Bienenberger Mühle war ein gar hübsches Mädchen gewesen, nur von anderer Art als Gretchen. Eie hatte schwarzes Haar und ein lebhaft schwarzes Auge gehabt. Ihre Hautfarbe war dunkel, aber die Frische ihrer Wangen ließ bas ganz übersehen. Stolz und eitel war sie und hätte gerne eine rechte Frau vorgestellt, daher sie auch ein schwarzes Tuchklctd von seinem Tuche und eine schwarze Samnttmiitze über der weißen Nebelkappe trug; aber höchst gutmüthig war sie gewesen, und nicht selten kam der Fall, baß wenn der Steiger auf der Jagd und der Caspar beim Oberamre in Simmeru war, die beiden Frauen freundlich mit einander verkehrten und den Wunsch ausspracheu, daß doch wieder ein Steg über den Bach möchte gelegt werden, damit sie und ihre Kinder leichter zusammenkom« men könnten. Sie beklagten ihrer Männer Hader, allein sie redeten umsonst zum Frieden — die harten Männerherzen und die eigensinnigen Männerköpfe bleiben unversöhnlich. Als die sanfteren Mütter zu Grabe gegangen waren, verboten die Väter ihren Kindern jeglichen Umgang.
Sie bedachten dabei nicht, welch einen Reiz das Verbotene
für die Menschcnnatur bat. Gerade diese Kinder suchten sich. Als sic zu reiferen Jahren kamen und die Geschichte ihrer Eltern kenne» lernte», da fragten sie sich: Können den» wir etwas für diese» unglückseligen Haß?
Utilchen dachte: Der Jakob ist ein bildschöner Junge und so gut, daß er hinter seines geizigen Vaters Rücke» den Armen doppelte Gaben reicht! Warum sollt' ich ihm gram sein? Mir thut er nichts, und der Pfarrer sagt, die Mensche» müßten sich lieben. Ich bin ihm auch recht gut. — Und der Jakob dachte: Meiner Six, alle Mädchen im Dorfe, ja im Oberamt sind doch nur Fratzen gegen bas Milchen. Was gebt mich meines Vaters Hader an, der ohnehin unchristlich ist? Warum sollte ich mürrisch sei», wenn mir das Utilchen einen guten Morgen zulächelk, daß das Herz in der Brust vor Freude hüpft? Aber — die Väter hatken's verboten! Daher lächelte» sie sich heimlich zu. In der „Maie" drückten sie sich wohl heimlich die Hand, »nd wer sie sah, sagte, wie der ehrliche Lehnert, die lassen nimmer voneinander, »nd der liebe Gott will den Haß der Väter in der Liebe der Kinder versöhnen.
Der Steiger ahnte lange Zeit nichts; wohl aber kam der Caspar dahinter. Der Jakob sagte aber bestimmt: „Ich bin Euer gehorsamer Sohn überall, aber nicht da, wo Ihr Haß befehlet, und ich nicht hasse» kann."
Die Liebe war tief hineingewachsen in die beide» Herzen, und sie lernten frühe der Liebe Leib kennen. Wie oft weinte Utilchen über des Vaters Härte und Haß! Wie oft redete Jakob in seines Vaters Gewissen mit kindlicher Bescheidenheit Worte der Versöhnung! Aber das waren Wafferkropfen auf eine glühende. Eisenplatie! — ES blieb den treu Liebenden nichts übrig, als sich heimlich zu sehen und desto treuer zu liebe».
So waren sie denn auch an jenem verhängnißvolle» Abend zusammen in dem Hause einer Freundin UlilS gewesen, wo noch mehrere junge Leute versammelt waren. Tort batten sie sich ewige Treue gelobt; jede Verbindung wollten sic ansschlageu und harren, bis vielleicht der Herr die harte» Herzen bräche. Endlich, als der Hirte, der zugleich Nachtwächter war und auch bei ihnen gesessen halte in der Gesellschaft, sich auschicktc, die zehnte Abendstunde zu blase», da brachen sie auf und gingen langsam im Schutze des Nebels daher, um zu ihren Wohnungen hcimznkehrcn.
Unvermulhet fiel der Schuß, und Jakob stürzte nieder. Der Schrecken preßte Util einen heftigen Schrei aus. Auch um ihren Kopf sauscten die Nr. 0 Schrote, ohne sie jedoch zu treffen. Jakob aber wand sich stöhnend am Boden, denn ihn hatten die Schrote getroffen, »nd der rasende Schmerz durchwühlte ihn. So fanden ihn die Leute und trugen ihn in seines Vaters Haus.
(Fortsetzung folgt)
Allerlei.
— Erprobte Lebensregel. Sieh'viel, bewundere wenig; höre viel, glaube wenig; wisse viel, sprich wenig; vermeide viel, fürchte wenig; arbeite viel, verbrauche wenig- — Was die Liebe sich erkoren.
Kommt auch bald dem Neid zu Ohren.
— Wen» cs einmal Mode werden sollte, dem schlechten Kerl öffentlich in's Angesicht zu speien, so würde die Welt bald besser sein.
— Ein Friseur, der ein unsinniges Plauderwanl batte, ärgerte einen Herrn beim Haarschnciden so sehr, daß dieser immer rief: „Mach's kurz!" — Zornig rief endlich der Friseur: „Ist stl-on so kurz, daß sie kein Haar mehr am Kopfe haben!" — Der Herr war ratzenkahl. . .
— „Madame", sagte eine Stnbcnmagd zu ihrer Herrin, einer Kauf- mannssrau, „Sie habe» sich wohl geirrt, den» Sie haben mir für den neue» doppelten Buchhalter nur ein einschläfriges Bett gegeben."
Charade.
Viersilbig stellt a» diesem Ort Sich zum Errathcn dar mein Wort. Die ersten Silben scheu'» das Licht, Drum kommen sie bei Tage nicht.
Die letzten Silben malen Euch Bon Kops zu Fuß so treffend gleich. Wie keines Künstlers Hand Euch malt Und wenn Ihr ihn auch fürstlich zahlt.
Das Ganze gibt bei vielen Sachen Fast immerdar den Stoff zum Lachen. Auch war's ein gar bekannter Mann, Den Jedermann leicht rathen kan».
Druck und Verlag der <S. W. Zaiser'schen Buchhandlung. Redaktion: Holzte.