Extrablatt

zum

Gesellschafter.

Berlin, 27. Mai. Abgeordnetenhaus. Grabow verliest das Antwortschreiben des Königs, unkontrasignirt, durch Bis­mark übersandt, zugleich mit Ankündigung königlicher Botschaft. Die Adresse stimme nicht mit den Versicherungen der Treue überein. Die Lage des Landes sei Ihm wohl bekannt. Preußens Könige haben offe­neres Auge und Herz für das Volk. Die Thatsache stehe fest, daß der Mi­nister unterbrochen worden sei; damit sei Disziplinargewalt beansprucht. Auch die Adresse umgehe diesen Punkt; selbstverständlich sei der Mini­ster nicht der Disziplinarmacht unterworfen. Tie Behauptung, daß die Minister den Zweck der Sitzung vereitelt, sei grundlos. Das Haus habe durch seine Adresse die Hoffnung gemeinsamen Wirkens abgeschnit- tcn. Tie Minister treffe nicht Verantwortung für die Nichtbcrathung des Budgets. Die Behauptung verfassungswidriger Grundsätze der Mi­nister sei thaisächlick unhaltbar, nicht einmal ein Versuch des Nachweises sei gemacht. Die Haltung i, auswärtigen Fragen hat Mich tief betrübt. Einige Abgeordnete habe» sich so weit vergessen, mit Entziehung der Mittel für Krieg zu drohen. Preußen ist nicht isolirtcr als andere Mächte. Es ist ein unberechtigter Versuch, den Kreis der verfassungs­mäßigen Rechte zu erweitern. Solchem Bestreben ist mit allem Ernst entgegen zu treten, die Macht der Krone ungeschmälert zu erhalten. Der Schwerpunkt sei nicht zu verlegen. Der Wunsch eines Minister­wechsels sei Anbahnung der Alleinherrschaft des Hauses. Die Minister haben Mein Vertrauen, ihre Handlungen Meine Zustimmung. Ich danke ihnen, daß sie der verfassungswidrige» Machterweiterung des Hauses cntgegentreten. Ein Resultat dieser Session ist nicht zu erwar. tcn. v. Hoverb eck konstatirt die fehlende Gegenzeichnung, die Ant­wort entziehe sich also jeder Verhandlung. Eulen bürg verliest eine königliche Botschaft, welche den Schluß auf 2 Uhr im weißen Saale ankündigt. Eulenburg verläßt den Saal. <Tel. d. S. M.s

Berlin, 27. Mai, Nachmittags. I» der von dem Hrn. v. Bis­mark (beim Landtagsschluß) verlesenen Thronrede heißt es u. A.: Das Abgeordnetenhaus sei durch seine Adresse vom 29. Jan. d. I. in einen schroffen Gegensatz zu der K. Staatsregierung getreten, und ungeachtet der Antwort des Königs in dieser Haltung verblieben. Es habe der Verständigung widerstrebt, habe durch seine Verhandlungen über die aus­wärtige Politik die Wirksamkeit der Regierung zu lähmen gesucht und dadurch die Aufregung in den an Polen glänzenden Provinzen gesteigert, es habe die Entstellungen der Gegner Preußens ausgenommen und Be­sorgnisse vor äußeren Gefahre» und kriegerischen Verwicklungen erregt, zu denen die vorhandene» Beziehungen zu den auswärtigen Mächten keine genügende Veranlassung geben; es habe in der letzten Adresse die Mit­wirkung überhaupt versagt. Damit sei der Schluß der Beralhung un­vermeidlich geboten. Die Regierung behalte sich ihre Entschließung vor, wie die nncrledigten Finanzgesetze zum Abschluß zu bringen seien, und hoffe auf dereinstige Verständigung mit der Landesvertretung. (Krlsr. Z.)

Druck und Verlag der G. W. Zaiser'scheu Buchhandlung- Redaktion: Hölzle.