Turin. Der Zustand der Wunde Garibaldis hat sich verschlimmert. (T. d. N.-Z.)
Paris, 11. März. Edgar Quin et bittet heute im „Sie- cle" die kath. Geistlichkeit, sich der Sache Polens anznnehmen, aber nicht nur durch Worte, Sammlungen und Predigten, so», dern „ich bitte euch um das, worin ihr so reich seid, wenn ihr wollt, um Thaten. Ihr habt eine contrerevolutionäre Bendee zu machen gewußt, macht eine polnische Vend6e. Nehmt das Kreuz, marschirt an unserer Spitze! u. s. w."
In der Gegend von Brzezin wurden neulich 5 deutsche Kolonisten, welche den Anschluß an die Insurgenten verweigert, durch die Insurgenten aufgehängt, und am 7. d. auf dem evau- gelische» Kirchhofe von Brzezin begraben.
Mieros l awski, der polnische General, ist verstimmt in Paris angekomme», er will von dem Aufstande nichts mehr wis« sen und prophezeit ihm kein Gluck.
Matis, 14. März. Sonntag den 15., am Vorabende sei« neS"Geburtstages, avancirte der kleine kaiscrl. Prinz vom Cor- poral zum Sergenten. Zur Feier seiner Beförderung findet ein großes Banket in den Tuilcrien statt, wozu alle Negimentski»« der der Garde-Grenadiere geladen sind.
Bei den Hochzcjtöfestlichkeiten in London, die wirklich glanz, voll waren, sind eine Menge Rippen, Arme und Beine gebrochen und sieben Frauenzimmer buchstäblich zertreten worden.
Paris, 16. März. Im Senat wird denCommissionsbcncht Polen betreffend verlesen. Antrag: "Ter Senat wolle diese Ange. legenhcit, Angesichts der fortdauernden Verhandlungen und bereits gegebenen Aufklärungen, überzeugt der-Kaiser werde sein Möglichstes für Polen thun, der Weisheit des Kaisers überlassen und zur Tagesordnung übergehen. Die-Debatte-Dienstag. — Die France versichert, Langiewicz werde demnächst diplomatische Vertreter bei den auswärtigen Regierungen ernennen.
(T.'d. N.-Z.,
Brüssel, 12- März. Von der-Lütticher Universität sind bereits an 40 polnische Studenten unter die Fahne Langiewlcz's geeilt. Einer der Studenten schreibt an seine'Eltern in Lüttich unterm 6. März aus dem Lager von Goszcza wie folgt: „Wir bilden ein Lagervon 4 bis 5000 Mann, das ans' einem Cavallerie- detachement, ans einem Warschauer Jägerregiment, aus einem Zuavenregimeul und endlich aus-Sensenmännern und Bauern bestehend. -In meiner Compagnie befindet sich ein französischer-Of- fizier, Namens Rockebrun. Artillerie haben wir fast keine; wir besitzen 4 Feldschlangen, das ist alles. Unser Befehlshaber, General Langiewicz, ist ein Mann von kleiner Statur;-seine.Phy- siognomie leuchtet von Energie. Er ist populär, angebctet und der Abgott der Krakauer Damen. Sein Adjutant ist eine reizende Polin in Männerkleidung; sie trägt Stiefel, die nationale Mütze, eine Bourka mit Kapuze und einen Revolver im Gürtel. Wir haben ferner mehrere Kapuziner im'Lager. Die Weiber und die Geistlichkeit sind voller'Enthusiasmus. Die Frauen zzipfen Char- pie und pflegen die Verwundeten; die Kapuziner feuern unsere Leute zum Kampfe an und predigen namentlich den Bauern, um sie zum Aufstand gegen Rußland zu bewegen. Man 'sieht-hier fast nur junge Leute von -18 bis höchstens 30 Jahren. Unsere Chefs sind die ältesten'Leute. Dagegen fechten Kinder von 12 Jahren in unseren Reihen. Wir schlafen in freier Luft auf Stroh. Bei Tage ist das Wetter herrlich, nur die Nächte sind kalt. Unsere Nahrung besteht aus Schwarzbrot» und Kartoffeln; als Getränk haben wir Wasser; ein Tropfe» Branntwein ist eine Delikatesse. Wir sind zwar noch schlecht bewaffnet, doch verspricht man uns bessere Gewehre mit Bayvnnrt. (F. .I )
Burg Waldeck N»d das „Geig-rle."
(Fortsetzung)
Durch diese in zuversichtlichem Tone gesprochenen Worte des Pförtners crmutbigt, zog der Geiger sein Instrument, das freilich nicht aus Cremona stammle, ans dem wasserdicht verschlossenen Ranzen, und begann dem behaglich auf seinem Stuhle sich dehnenden Wirthe der Reihe nach alle die lustigen und tollen Weisen vorzuspielen, mit welchen er noch am Vormittag die Herzen der Bulachcr Hochzcitgäste erfreut hatte, wobei er Le» Takt mit den Füßen stampfte und mit dem Kopfe nickte. Dcr-Pförtnrr lauschte andächtig diesen Sirenenklängen, und-wenn er aus dem endlose» Gedudel etwas heraushörte, was eine Melodie vorstellen sollte,
so wußte er sicher dazu irgend einen abgetriebenen Text, den er im tiefste» Basse vor sich hinsummte; erst als er des Hören- müde geworden war, gönnte er dem armen Geiger Ruhe. Er bereitete ihm — denn ein zweites Bett hatte er nicht in seinem Vermögen — hinter dem noch warmen Ofen aus Stroh und Decken ein kunstloses Lager und zog sich dann mit einem cocdialsn „Gute Nacht!" in sein eigenes Schlafgcmach zurück.
Des andern Morgens mit dem Frühsten wollte der Geiger aufbrechen, um bei guter Zeit z» seinem harrenden Weibe nach Calw zurückzukchren, aber sein gastfreundlicher Wirlh ließ ihn nicht fort.
„Binnen einer halben Stunde bringt man mir mein Frühstück, da kannst du mikhalte». Es kann Nichts schade», wenn du dir den Magen warm hältst, baß du nicht mit erfrorenen Gliedern zu deiner Gcsponsen hcimkommst. Hernach zieht das Fräulein mit Hellem Haufen aus, das mußt du auch noch mit ansehen."
„Kann Nichts schaden," meinte der kleine Geiger mit einem Tone, welcher unentschieden ließ, ob er mehr das z» erwartende Frühstück oder das Spektakel im Auge hatte. Demgemäß blieb er, mm Beides noch zu profitiren. Dem kräftigen Imbiß, welchen eine Magd aus der Schloßküche brachte, setzte der Pförtner, damit er besser schmecke» sollte, einige' Kanne» Wein zu. Mit diesem waren sie eben fertig geworden, als ei» Trompetenstoß den Dienern des-Schlosses das erste Zeichen gab, z» der Ausfahrt der Burgherrin, welche auf diese»-Tag einen Besuch ans Zavelsteiu zu machen gedachte, alles Notlüge zu rüsten. Darüber verging indessen »och mehr als eine Stünde, und die Winter- sonnc drang bereits zwischen den Aesten der schlanke» Föhren hervor, alS-Fräulein Brnnhild und die Branneckerin im prächtigsten Putz im Schloßhof erschiene» und mit Hülfe einiger Diener sich auf die bereitgehaltenen Saumroffe' schwangen. Denn beide -waren -in der Kunst, ei» Pferd zu leite», wohl erfahren, und so bedachten sie sich nicht, den steile» Bergweg, welcher von Waldeck »ach Zavelsteiu führte, lieber zu Roß als in Sänften zurückzulegen, trotzdem daß derselbe in dieser Jahreszeit durch Schnee Und Eis säst ungangbar und lebensgefährlich gemacht war. Als der Pförtner sah, baß Alles zum AnfbrNch'beöeit'sei. khat ''er die großen Thorflügel auf, welche in'S Freie führten,"und kehrle^dann zu dem Geiger in die Thorstnbe zurück, »m zu warten, bis der Zug hinaus wäre, worauf er daS Thor wieder z» schließen halte. -Doch er mußte diebmal ungewöhnlich lange'wärken, denn unter dem Thore stockte plötzlich der-Troß vo»-'Dit-»ein, welche ihre Herrin begleiten sollten. Neugierig, zn erfahren, was diesen Aufschub verursache, -trat auch'der Pförtner unter das Thor hinaus, gefolgt von seinem Gast, welcher seine»'Lederranzen umhängt hätte, um das Schloß zn verlassen, ans welchem ihn jetzt Nichts mehr znrückhielt. Aber wie sie unter den Tborweg traten, erwartete sie ein erschütternder Auftritt. Ans dem schneeigen Wege lag vor der Schloßherrin ein Bauernweib mit vier Kindern, in ihrer ärmlichen Kleidung von der Kälte halb erstarrt und in herzzerreißenden Tönen zn bem^finster blickenden Fräulein emporflehend. Ihr gegenüber -stand der Schloßverwalter, welcher, in Brunhilds Dienst verhärtet, 'sich aus solchen Scenen nicht mehr viel machte, und berichtete feiner Gebieterin in kurzen Worten, es sei das Weib-eines nachlässigen Zählers, welcher mit seiner Steuer vom letzten Monkt noch im Rückstand fei, obgleich man schon wieder in der Mitte-des laufenden Monats stehe. Nach wiederholtem vergeblichen Mahnen habe ec den widerspenstigen Burschen vor einigen Tagen in den Thurm setzen lassen, bis er bezahle. Wieder erhob die-Frau ihre Stimme, -wies hin auf ihre frierenden und hungernden Kinder, die seil des Vaters Gefangennahme nichts Warmes mehr genossen hätten, und Helle Thrä- nen rannen über ihr von der'Verzweiflung durchfurchtes Gesicht. -In Worten, ob denen sich ein Stein hätte erbarmen mögen, flehte das arme Weib um Frist und'Freiheit für ihren Mann, weit sie ohne seine Hülfe mit den kleinen Würmern elend verhungern müßte. Aber das Eisenherz Brunhilds kannte keine Rührung, zumal da die Brauneckcrin vorsprengend und mit der leichten Reitpeitsche nach der Flehenden schlagend rief:
„Weg da, Lumpenpack, oder wir reiten euch über den Haufen!" (Schluß folgt.) .
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