wenig und liest meistens. Die Aerzte untersagen ihm, viele Besuche zu empfangen. Doch wimmelt es in und um La Spezia von Fremden, Italienern und Ausländer», namentlich Engländern. Die Frauen machen sich besonders bcmerklich. Die Polizei übt eine sorgfältige, wenn auch gerade »übt belästigende Aufsicht ans.
Paris, 17. Sept. Der Prinz Napoleon hatte vor seiner Abreise nach Turin sehr lebhaft in den Kaiser gedrungen, ihm doch wenigstens einige Worte für Victor Emanuel mitzugeben. Der Kaiser versprach cs und schickie ihm wirklich Tags daraus ein offenes Schreiben an den König von Italien, das aber auch nicht die geringste politische Anspielung enthielt. Man kann sich den Aerger des Prinzen vorstellen. — Prinz Murat schreibt von Biarritz an seine Pariser Freunde, als hätte er schon die neapolitanische Krone auf seinem Haupt. (Fr. I.)
In Lyon ist der wunderliche alte Marschall Castellane gestorben. Aus niederem Stand trat er 1804 als Gemeiner in die französische Armee, war also einer von denen, der seinen Marschallsstab in seinem Tornister fand, freilich erst unter Navo- leon III.
Vom Kriegsschauplatz in Amerika kommen widersprechende Nachrichten. Jackson, der siegreiche Rcbellcn-General, soll den Grenzfluß Pontomac mit 50,000 Mann überschritten haben; in Washington packen viele Leute ihre Koffer. Dagegen hat General Clellan Washington verlassen, um die Feinde in Maryland aufzusuchen und zu schlagen. Tie Bundesflotte vor Baltimore hat Befehl, diese Stadl zu zerstören, falls sie von den Feinden erobert werden sollte. — Präsident Lincoln hat das Anshebungs- gesetz zurückgenommen, während vom Sonderbunds-Congreß 300000 Mann verlangt werden.
Der Schneider Vvn Stuttgart.
(Fortsetzung.)
„Nnn seht, gestrenger Herr, seit einiger Zeit verkehrte mein Meister mit einem alten schieläugigen Mann von boshaftem, bösartigem Ansehen, der uns gegenüber wohnte und von dem Niemand wußte, woher er gekommen war. Auch besuchte dieser mitunter meinen Lchrhcrrn, und dann versuchte er mit seiner widerlichsüßen Stimme Katharina allerhand fade Schmeicheleien zu sagen. Diese klagte mir dann ihr Leid, ich aber tröstete sie bei solchen Gelegenheiten und sagte: „Es ist eine Laune deines Vaters, und sie wird vorübergehcn." Aber dies war ein Jrrthum. Je enger der Umgang von Katharinens Vater mit dem unheimlichen Alten wurde, desto kälter und schroffer benahm er sich gegen mich. Wenn er mich früher wie einen Sohn behandelt halte, so ließ er mich jetzt nur zu deutlich suhlen, daß er der Herr und ich der Knecht sei. Das schnitt mir durchs Herz, und ich konnte diesen Instand nicht länger aushalten. Nachdem ich mit Katharina Rücksprache genommen, trat ich eines Tages vor meinen Verwandten und sagte: „Meister, Ihr habt mir viel Gutes ge- than, und ich habe gesnchl, durch Fleiß und Gehorsam mich dessen werth zu zeigen. Wollt Ihr aber jetzt das Maß Eurer Großmuth voll machen, jo gebt Eure Einwilligung und Euren Segen zu dem Bunde zwischen mir und Katharina." Zitternd stand ich nach dieser Rede, welche wohl die längste gewesen ist, die ich jemals in meinem Leben gehalten habe, vor dem Meister und harrte mit klopfendem Herzen einer Antwort. Der sah mich eine Weile mit sonderbarer Miene an, daß mir ganz bang wurde und erwiderte darauf: „Ei, Du Erzschelm, nachdem Du, wie Du selbst sagst, alles Gute bei mir gehabt hast, gehst Du nun auch darauf aus, mir das Liebste, was ich besitze, zu rauben! . . . Ei, was meinst Du denn, was meine Katharina werth ist? . .. Zeige mir eine Tonne Gold, wie solche mir von Andern gezeigt worden ist, und Deine Bitte soll Dir gewährt sein, wo nicht, so schlage Dir einen solchen Gedanken aus dem Sinn und versuche nie wieder davon mit mir zu sprechen."
„Das war nicht fein," rief hier der Ritter, von seiner Theilnahme für den Schützen hingerissen, indem er mit der Faust auf den Tisch schlug, daß die Becher hin und her schwankten und Meister Dietzmann, der eben in seinem Sorgenstuhl eingc- nickt war, erschrocken aus dem Schlaf emporfuhr.
„War das ein Schlag!" rief Hans Sindelfinger, seinen Gesellschafter voll Verwunderung und Staunen ansehend, „nun vermag ich mir einen Begriff von den Schwabenstreichen zu machen, die unsere edlen Herren nach den Sagen, die unter uns im Volke leben, dereinst an die Ungläubigen im Morgenland ausgetheilt haben sollen!"
„Laßt Euch deßwrgen nickt in Eurer Erzählung stören," entgegncte der Ritter, nicht ohne einen Anflug von behaglicher Genngthuung lächelnd, „das ist so meine Art, wenn ich in Eifer gerathe, und anders bin ich cs in meinem Leben nicht gewohnt gewesen."
„Nnn seht, gestrenger Herr," fuhr der Bogenschütze fort, „als ich die vorerwähnte Antwort erhielt, glaubte ick schier in den Boden sinken zu müssen. Mit ein paar Worten sollte mein Glück, welches ich mir seit Jahren im Stillen aufgebant hatte, zertrümmert sein — das wollte ich nicht glauben, und der Alte mochte so etwas wohl in meinem Gesichte lesen, denn plötzlich wendete er sich von neuem zu mir und sagte mit einem Ausdruck voll Schadenfreude und Hohn, den ich sonst nie an ihm bemerkt halte: „Höre, Hans Sindelfinger, Du bist ein armer Schlucker, und es ist Vermessenheit von Dir, die Hand des schönsten Mädchens von ganz Stuttgart zu begehren. Damit Du aber sichst, daß ich gereckt bin, so höre, was ich dir jetzt sage: Kannst Du mir binnen hier und acht Wochen hundert Gulden baar vorzci- gcn und deren ehrlichen Erwerb Nachweisen, um Dir damit das Bürgerrecht zu erkaufen, so magst Du das Mädchen haben, das schwöre ich Dir, so wahr ich hoffe, einst selig zu werden; ist aber diese Zeit verflossen, und Du bist dies nicht im Stande, so schwöre ich dir gleichfalls, daß Meister Zirbel da drüben die Hand Katharinens erhält, der sie zu einer großen und reichen Dame machen wird." — „Es sei!" rief ich, von Verzweiflung getrieben, „obgleich Ihr reckt gut wißt, daß dies eine Unmöglichkeit für mich ist!" — Hiermit stürzte ich fort, und der Verzweiflung verfallen, rannte ich wie wahnsinnig ans der Stadt und irrte anf der Landstraße umher, indem ich mich allerband bösen Gel danken überließ. Aber Ihr haht Recht, edler Herr, Gott verläßt den Rechtschaffenen nickt, und wenn die Noch am größten, ist oft die Hilfe am nächsten. — Es war beinahe Nacht, als ich mit gebrochenem Herzen den Heimweg einschlug. Zwei mit Staub bedeckte Wanderer zogen vor mir dieselbe Straße. Sie gingen langsam und ich konnte jedes ihrer Worte verstehe».
„Ich sage Euch, cs wird dies ein Fest werden, wie eS Köln sobald nicht gesehen hat," bemerkte der Eine, und ein fröhlicheres Pfingsten dürfte «wohl schwerlich in ganz Deutschland gefeiert werden."
„Es ist also ein Freischießen?" fragte der Andere.
„Ein Freischießen, an dem Jeder Thcil nehmen kann, der einen Bogen zu führen versteht, und wer den Glücksschnß thut, der erhält hundert klingende Gulden als ersten Preis. Bürgermeister und Rath haben die AnSschreiben erlassen, und was ich Euch jetzt erzähle, wird vielleicht schon morgen in Stuttgart bekannt gemacht werden."
Mir hüpfte das Herz vor Freude, als ich diese Worte hörte, denn mit der Hoffnung kehrte auch wieder mein Muth zurück. Hatte doch Gott dem Test beigestanden, daß er den Apfel auf seines SohneS unverletztem Haupte spaltete, warum sollte er mir nicht auch zur Seite stehen, wenn cs galt, zu meinem und Katha- rincn's Glück den ersten Preis in Köln zu gewinne». Und, um kurz zu fein, edler Herr, der Fremde hatte wahr gesprochen, und vierzehn Tage darauf befand ich mich schon anf dem Wege nach dem Rhein, wo ein Schuß meine ganze Zukunft entscheiden sollte."
„Aber das Glück war Euch nicht hold mein armer Gesell," sagte der Ritter theilnehmcnd, „wie ich ja schon aus Eurem betrübten Gesicht, und a»S Eure» Klagen ersehen habe, als wir uns zuerst begegneten."
„Darin seid ihr im Jrrthum," entgegnete Hans Sindelfinger, „ich gewann wirklich den Preis, aber als es zum Auszahlen kam, verweigerte man mir mein redlich erworbenes Geld unter allerhand Vorwänden, denn erst sollte ich einen Schmaus geben, um mich „loszukaufen," wie sie cs nannten, und dann machte mir der Altmeister der Kölnischen Schiitzengilde allerhand Rechnungen, so daß ich wohl einsah, daß es darauf abgesehen war, mir das Meinigc vorzuenthallen, und mich mit leeren Händen abziehen zu lassen." (Fortsetzung folgt.)
— Ein glücklicher Finanz minister. Der neue türkische Finanzminister, Newres Pascha, entdeckte in den Kellern des Finanzgcbäudes zu Constantinopel in einem ganz entlegenen Loche einen ganzen Haufen alter Goldstücke, die wohl über 100 Jahre dort gelegen und selbst Numismatikern unbekannt sind. Der ganze Fund ist auf 7,500,000 Piaster geschätzt worden.
Druck un» ilicrlug der G. W. Zoiser'ichen Luckihandlunz. cktedain««: Holzte.