Aus London wird telegraphirt: „Times", „Daily NewS" »nd andere Journale beharren in ihrem Verlangen der Räumung RomS. — Die „Post" sagt, Napoleon sei Italien geneigt und »erde die günstige Gelegenheit zur Lösung der römischen Frage benützen. (Fr. I.)
London, 28. Aug. DaS erste Stiftungsfest des „Londoner deutschen Turnvereins", welches am 27. Aug. im Krystall- palast zu Sydenham gefeiert wurde, wird in den Londoner Zeitungen mit ungewöhnlichem Interesse geschildert. Tie Kunststücke, die zur Ausführung kamen, erregen ihr aufrichtiges Erstaunen, und es ist ihnen offenbar neu, daß es in Deutschland überhaupt Turnvereine gibt. Zuschauer und Theilnehmer zusammen bildeten ein Publikum von 14,676 Personen, darunter eine gute Anzahl Engländer. (MH. I.)
Königin Victoria ist am ersten Septdr. Nachmittags mit den Prinzessinnen Helena, Loiiiia und Beatrice, den Prinzen Arthur und Leopold und einem zahlreichen Gefolge von Wool- wich aus nach Deutschland (Reinhardsbrunn) abgercisl. Der Prinz von Wales wird in acht Tagen folgen.
Syrien. Die Muselmänner in Marach haben 70 Armenier sammt ihrem Bischof ermordet. Der englische Consul zu Aleppo begleitet die gegen sie entsandten Truppen. (T. d. N.-Z.)
Newyork, 26. Aug. Der conföderirte General Morgan hat 800 Mann Unionstruppen unter Befehl des Generals Johnson geschlagen und 300 Mann, darunter den General selbst, zu Gefangenen gemacht. Tie Werbungen im Norden baben einen bessern Fortgang. Präsident Lincoln hat erkläit, es sei ihm vor Allem um Aufrechterhaltung der Union zu thun, und er werde die Sklaverei vernichten oder theilwcise oder ganz beibehalten, wenn der Fortbestand der Union durch eines tiefer Mittel erzielt werden könne. Morgen findet hier ei» Kriegs-Meeting statt. — 27. Aug. Der conföderirte General Macgruder hat mit 15,000 Mann einen Einfall in Kentucky gemacht. Die Confödeiirten stehen bei Eumberland Gap. (K. Z.)
Die Spieler.
(Fortsetzung.)
Er kam zuerst zu Ulrich Brand. Dessen Wohnung war früher zwar nicht glänzend, aber sehr behaglich und wohnlich gewesen. Wie anders war sie jetzt! Das alte, gute Hausgeräth war größten- theilS verschwunden und ein paar dürftige Tische und Stühle bildeten den Hausrath. Ulrich sah blaß und verkommen aus, seine Frau war unordentlich, fast schmutzig «»gezogen. „Du stehst dich betroffen bei uns um," sagte Ulrich z» Franz mit heiserer Stimme, „aber eS wird bald anders werde». Ich bin jetzt der Gewißheit auf der Spur, immer im Lotto zu gewinnen. Ich habe theures Lehrgeld geben müssen. Als ich von Homburg zurückkam und bedachte, wie wir die schöne Ambe gewonnen, die uns die Reise möglich machte, wie du tausend Gulden an der Bank ge- Wonnen, wurde cS mir klar, daß das Spiel der Weg ist, einen armen Teufel wie mich auf dir Beine zu bringen, der eine schmale Besoldung hat und höchstens nach fünfundzwanzig Jahren hundert Gulden Zulage hoffen kann, r-ber ich ziehe das Lotto dem Spiele an der Bank vor. Es geht nicht so rasch, Man hat länger die Hoffnung. Nun habe ich regelmäßig gesetzt, bis jetzt aber noch nichts gewonnen. Das macht, ich habe es bis jetzt nicht recht angefangen. Ich setzte die Nummern, die meine Frau geträumt batte, oder die mir um eine gewisse Stunde an den Hausthüren in die Augen fielen, oder die ich beim Aufschlagen des Gesangbuchs fand, oder die ich am Morgen auf dem Bureau zuerst schreibe» mußte — aber das alles war verkehrt. Keine von den Nummern ist herauskommcn. Allein Nachlassen darf der Mensch nicht, wir verkauften nach und nach alles, was wir entbehren konnten, und so sieht es etwas ärmlich bei uns aus. Aber es schabet nichts. Ich bin jetzt dem Geheimniß auf der Spur. Merk auf. Die Wahrscheinlichkeit zu gewinnen ist bei der Ambe wie 1 zu400t/o, und bei den Quarterne wie 1 zu 511,038 «. s. w. Nun muß man immer die Nummern, die herausgekommen sind, aufschreiben und in Tabellen bringen, — so muß sich zuletzt finden lassen, welche Nummern jedesmal gezogen werden. Ich hoffe, in spätestens sechs Woche» habe ich das Geheimniß ganz heraus." Dabei zeigte er Franz einen ganzen Stoß Papierbogcn, die alle mit Ziffern vollgeschrieben, tabellarisch geordnet und in Rechnungen zusammengestellt waren. Die Frau bestätigte Ulrich's Mitthei- luugen und entwickelte die Pläne, die sie ausführen wollten, wenn sie erst die Hauptgewinne gemacht hätten.
Zu einem andern Gespräch, als über das Lotto war Ulrich nicht zu bringen — und Franz ging nachdenlich davon.
Als er zu Gottfried Boigt kam, hörte er, da er eintrak, seinen alten Gefährten heftig fluche» und fand die Frau in Thrä- nen, die sic rasch zu verbergen suchte. Gottfried empfing Franzen mir lautem Gelächter, befahl s.iner Fran Bier zu bringen, und versenkte sich bald in ein eifriges Gespräch mit dem alten Freunde. Auch ihn hatte die Leidenschaft des Spiels, die einmal geweckt war, nicht wieder verlassen. Nur war ihm das Lotto nicht auf. regend genug, und da ihm eine Spielbank nicht zugänglich war, begnügte er sich mit dem Kartenspiele in den Wirthshäusern.' Fast den ganzen Tag verbrachte er dort, — und suchte immer neue Gesellschaft hcranzuziehe», da selten jemand lange mit ihm lpieltc. Denn er wollte immer hoch spielen, trieb die Einsätze in Pie- Höhe, — und griff ebenso gern nach den Würfeln wie nach den Karten. Daß die Gesellschaft, ble ans solches Spiel einging, nicht die beste war, läßt sich denken, daß Gottfried's Geschäft den Krebsgang ging, wenn der Meister sich nur um Karten und Würfel bekümmerte, liegt auf der Hand. Der Streit, den Franz beim Eintreten zwischen Mann und Fra» bemerkt batte. war jedenfalls um das Spiel gewesen. Gottfried bestand daraus, Fra»; müsse mit ihm in das WirthshauS gehen und mit spiele».
Spät am Abend kehrte dieser nach Hanse zurck. Alle guten Vorsätze, die in ihm aufgetaucht, waren verschwunden. Alle Zweifel halte er von sich geworfen. Er hakte wieder spielen sehen — und die alle Leidenschaft glühte mit aller Macht in ihm. Er eröffnele seiner Mutter: das Häuschen müsse verkauft werden, er brauche seinen Antheil in baarem Gelde. Die alte Frau fing bitterlich an zn weinen. Sie war in dem Häuschen geboren — und sollte auf ihre alten Tage heraus. Dasselbe war alt und baufällig, aber es hielt noch so lange bis sie starb. Wo sollte sie mit ihrer Tochter hin? Wurde das Häuschen verkauft, was tonnte der Ertrag sein? Nur die Baustelle hakte einen geringen Werth. So lange es stand aber, gewährte es ihr Obdach und durch einige Vermiethungen einen kleinen Ertrag, der mit dem, was sie als Wäscherin und ihre Tochter durch Stricken verdiente, hinreichte, beiden das Leben zu friste». Der Verkauf des Häuschens war das Verderben für die beiden armen Frauen. Tie Mutter bat und flehte — aber Fra»; blieb auf seinem Willen. Er wollte sein Erbtheil baben, um noch einmal zu spielen. Die Klagen seiner Mutter erschienen ihm thöricht. In einer Woche mußte er ja ein reicher Mann sein, und konnte ihr ein ganz anderes Haus kaufen, was er sich natürlich auch vornahm. Die Mittheilunge» Ulrich's über die Eombinationen der Zahlen hatten seine dunklen Gedanken über das Spiel zur Reife gebracht, er meinte jetzt ebenfalls genau berechnen zu können, wie man gewinnen müsse; denn beim Roulette sind unr sechsunddreißig Nummern, da war es also viel leichter.
Die Bitten der Schwester, die Thronen der Mutter blieben unerhört. Das Häuschen ward verkauft.
Franz war wieder in Homburg. Wochen und Monden waren vergangen, che die gerichtlichen Förmlichkeiten erfüllt und das Häuschen verkauft war. Der Erlös war gering. Ein paar hundert Gulden war Alles, was Franz mit nach Homburg brachte, nm de» neuen Feldzug zu beginnen. Es ging ihm wie das erste Mal. Das Glück zeigte sich abwechselnd günstig und ungünstig, und hielt ihn einige Monate hin, bis er wieder Alles verloren hatte. Die Geschwindigkeit eines fallenden Körpes nimmt mit jeder Sccunde um das Doppelte und Vierfache zu, — bas moralische Verderben eines Menschen wächst ebenso mit rasender Schnelligkeit.
Franz konnte nicht mehr spielen, denn er hatte kein Geld mehr. Aber vom Spiele wegzubleiben vermochte er nicht. Täglich ging er an die Bank und sah dem Spiele zu. In Gedanke» setzte er — in Gedanken spielte er mit. In Gedanken gewann er, gewann ungeheure Summen. Mit der Qual der Verzweiflung verließ er dann den Saal. Hätte ich so gesetzt, als ich noch sitzen konnte, sagte er sich, wäre ich ein Millionär.
So vergingen wiederum Wochen.
(Fortsetzung folgt.)
Sinnspruch.
Wer hier ewig nur erwirbt.
Gleichet, Freund, dem fetten Schwein,
Das für Andre, wenn es stirbt,
_ Erst beginnt, nützlich zu sein. _.
Druck m,d Nerlog dcr «. Li. Zoll«,'s»«- -Suchh-ndl-n,. «»»««»»!