nem Dankgebet gegen den Schöpfer; sein zweiter aber galt seinem Weibe, und er umarmte es, als hätte er dasselbe soerst gewonnen. Nachdem er jedoch auf diese Art seinem Gefühle Lust gemacht, beschwichtigte er die immer noch wie wüthend tobenden Hunde und gab ihnen alle Schmeichelnamen, die er nur ersinnen konnte; dann trat er näher zu dem erlegten Feinde und besah sich denselben von oben bis unten. Es war ein mächtiges Thier, graugelb von Farbe und mit langen zottigen Haaren, die sein Ansehen noch furchtbarer machten, kurz ein Feind, auf dessen Erlegung Martin wohl Ursache hatte, stolz zu sei». Und er war auch stolz darauf,'recht tüchtig stolz, wie man aus seinen leuchtenden Augen wohl sehen konnte, aber als nun sein Blick auf das todte Lamm fiel, wurde doch seine Freude in etwas gedämpft.
„Wie schade," sagte er wemnlhsooll, „daß unser Kind sein Spielzeug verloren hat!"
Denke nicht daran, mein Martin," rief seine Frau, die ihn mit Blicken betrachtete, als könnte sie sich an ihm nicht satt se- heü. „Denke nicht daran, denn wir können ihm wieder ein anderes Lämmchen anschaffen; aber daran denke, daß du nun all' den böswilligen Lästerzungen gegenüber lriumphtrend dastchst. Lu allein hast das Rechte erkannt, und der Beweis hiesür liegt vor dir; sie aber müssen verstummen und dich noch obendrein bewundern, dieweil Keiner von ihnen den Muth gehabt hätte, das zu thun, was du gethan hast."
„Ja, das ist wahr," erscholl jetzt plötzlich eine Stimme in der nächsten Nähe. „Tic Marie hat ganz Recht, denn einer so mannhaften That wie die, welche du eben vollbracht, Nachbar Martin, sind gewiß nur Wenige fähig."
Die Stimme gehörte einem Manne an, der ebenfalls wie Martin ein Söldncranwesen innehatte und insofern ein Nachbar desselben genannt werden konnte, als sein Haus nur etwa fünf Minuten entsernt lag. Der Mann war ohne Zweifel durch das furchtbare Hundegebell aufmerksam gemacht worden und halte sich, in der Vermuthung, daß etwas Ungewöhnliches beim „Nachbar" vorgehe, eiligst zu diesem auf den Weg gemacht, kam aber zur eigentlichen Hülfe zu spät, indem Martin bei seinem Erscheinen eben mil dem Wolfe fertig geworden war. Doch freute sich sowohl Marie als ihr Gatte über die bewiesene Theilnahme ungemein, und erstcrc setzte besonders darein eine Ehre, daß die That ihres Mannes nun doch auch einen Zeugen gehabt habe.
„Ihr habt also den Kampf mit angesehen, Nachbar?" sagte die Frau, indem sie dem Ankömmling die Hand bot. Sie dutzte ihn nämlich nicht, weil er schon ein älterer Mann war und überdies wegen seiner Klugheit, sowie wegen seines Reichthums in der ganzen Runde in besonderem Ansehen stand.
„Nicht gerade de» Kampf selbst," erwicderte der Nachbar, „sondern nur den Schlußpunkt desselben, oder wie man zu sagen pflegt, den letzten Aktus; denn sonst wäre ich wohl kein müssiger Zuschauer geblieben. Aber nun, Freund Martin, wenn du einen guten Nach von mir anuehmcn willst, so meine ick, du thälest klug daran, deinen SonntagSrock anzuziehcn, die todte Bestie da auf einen Karren zu laden und damit in die Stadt vor's Amt zu fahren. Die Herren dort drinnen und absonderlich der Landvogt sollen's brühwarm erfahren, daß es doch ein Wolf war, der in die Schafheerbe des Barons eiubrach, wen» auch das gestrige Treibjagen ein vergebliches gewesen ist."
„Ihr glaubt, Nachbar, daß dies auf der Stelle geschehen soll?" erwicderte Martin, dem alten Manne ebenfalls die Hand reichend.
„Denk' so," meinte der letztere trocken, „und damit du siehst, wie ernst cs mir ist, will ich dich selbst dahin begleiten. Es muß doch Einer da sein," setzte er lächelnd hinzu, „der deine That in's rechte Licht stellt, da du selbst am Ende zu bescheiden dazu wär'st. Nun aber will ich geschwind nach Hause gehen, um meinen Leuten zu sagen, daß ich erst heute Mittag wiedcrkchrcn werde, und du Marie, bereitest deinem Manne einstweilen seine Morgensuppe, denn er hat sie wahrhaftig wohl verdient. Und horch, auch die beiden wacker» Hunde da vergiß mir nicht," meinte er schließlich, „da ohne sic deinem Eheherrn die Arbeit nicht so leicht geworden wäre."
So sprach der ehrliche Nachbar, und wie er es haben wollte, so wurde es auch ausgcfnhrt. Den Wolf legte Martin auf einen Schubkarren, deckte ihn sorgfältig zu, und wie nach einer halben Stunde der alte Mann wiederkehrte, um ihn abzuhvlen, traten sie beide sofort den Weg nach der Stadt an. Die Entfernung dahin betrug kaum mehr als zwei Stunden, und da sie rüstig
voranschritten, so kamen sie ganz in die Nähe, noch ehe die Sonne hoch am Firmamentc heranfgestiegen war. Abenteuer erlebten sie, wie man sich wohl denken kann, keine, allein wie sie nun das Städtchen schon beinahe erreicht hatte», sahen sie plötzlich einige bewaffnete Hatschiere gegen sich heransprengen, welche alsbald vom Leder zogen, als sie des Marlin Frühauf ansichtig wurden.
„Haben wir dich, du Spitzbube, der du mit deinen Hunde» in Schafställe einbrichst?" schrieen sie. „Nun wahrhaftig, das Glück will uns wohl, daß du uns selbst in den Weg läufst, denn nun ist »ns doch der Weg in deine Baracke erspart."
Mil diesen Worten sprangen einige von ihnen von ihren Rossen herab und zogen Handschellen ans der Tasche, um den vor Erstaunen ganz erstarrten Söldner zu fesseln. Aber ehe sie dies bewerkstelligen konnte», trat sein Begleiter mit entschlossener Miene dazwischen und wehrte sic von ihrem Beginnen ab.
„Gemach, gemach, ihr Leute," rief er, „'so hitzig verfährt man hier zu Lande nicht. Ich denke, ihr kennt mich und wißt also wohl, daß ich keine Uebelihäter be,chütze. Auch laßt mich > euch sagen, daß wir, der Martin und ich, eben im Begriffe sind, den gestrengen Herrn Landvogt anfzusuchen, und da cs ohne Zweifel eure Absicht ist, meinen jungen Freund hier vor denselben zu führen, so mögt ihr uns immerhin das Geleit geben. Eine Fesselung aber ist unnöihig, denn wir haben gar nicht die Absicht, euch dnrchzugchen, und könnten es ja auch nicht, selbst wenn wir wollten."
Eine Zeitlang schien cs, als ob die Hatschiere trotzdem Gewalt brauchen wollten, allein da sie den allen Mann wegen des Ansehens, das er in der Nachbarschaft genoß, denn doch etwas zu scheuen halten, so bequemlen sie sich endlich dazu, den Martin und seinen Begleiter in die Mitte zu nehmen und beide als ihre Gefangene weiler zu transportiren.
„Es war doch gut/' meinte jetzt der alte Mann trocken, „daß ich dich begleitete, denn du als ein junger kräftiger Bursche hättest dich sonst am Ende dazu verleiten lassen, Widerstand zu leisten. Ich sah dir's wohl an, wie's in dir kochte, aber glaube mir, es ist besser so wie es ist."
„Diese Schmach einem Manne, der sich keines Unrechts bewußt ist!" rief Martin, nur mit Mühe seinen Zorn unterdrückend.
„Stille, junger Freund," erwicderte der Andere, ihm freundlich znwinkend. „Die Sache wird sich aufklären, sobald wir vor dem Landvogl stehen, und dann wird die Schmach bald in Ruhm verwandelt werden."
Nicht lange hernach erreichten sie die Stadt, und beide Gefangene — denn da sich der alle Mann von seinem jungen Nachbar nicht trennen wollte, so ward er gleich diesem behandelt — wurden sofort unter einem großen Bvlkszusammenlauf in die Landvogtei gebracht. Dort sperrte man sie in ein wohlvergittertes Zimmer zu ebener Erbe, und nur mit vieler Mühe brachten sic es dahin, daß man ihnen erlaubte, auch den Schuvkarren mir seiner wohlverbecktcn Bürde mit in das Arrcstlokal zu nehmen. Sie halten hier übrigens nicht übermäßig lange zu harren, denn sobald der Landvogt von dem unerwartet schnellen Einbringen des Martin benachrichtigt worden war, verfügte er sich in Begleitung des Barons sogleich in sein Amtszimmer, ließ sodann den Obcrjäger nebst den übrigen Zeugen herbeicitiren, und befahl schließlich, den vermeintlichen Verbrecher vvrzuführcn.
„Mit Beclaub, Meister Schließer," sagte der Begleiter Martins, als man den letzteren abzuhvlen kam, „werde ich mit hin- aufgchen, denn ich glaube, mein Zcugniß wird von großen Nöthen sein."
„Kommt nur immer mit," crwiederte der Gerichtsbote, „denn die Sitzung ist eine öffentliche und der Landvogt kennt Euch ja; aber stellt Euch nicht vorne» hin, sondern unter die Zeugen, damit der gestrenge Herr nicht unwirsch werde."
So gingen sie denn beide hinauf, verlangten aber vorher von dem Gerichlsdieucr, daß er das Arrcstlokal des Schubkarrens wegen sorgfältig hinter ihnen schließe, was dieser auch ohne Weiteres that. (Fortsetzung folgt.)
— Warum bist Du traurig, Freund? — Meine Geliebte hat einen Andern gehcirathet. — Und Du hast dabei den Pfarrer gemacht. — Wie so? — Nun, Du hast getraut.
Auflösung des Räthsels in Nro. 59: _ Reif. _—
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