Waldkirch, 22. Juni. Auf dem Schwarzwalde hat es dieser Tage geschneit. Beispiellos am 21. Juni. (B. L.)
Heidelberg, 8. Juni. In unserer Stadt ist ein Project aüfgetaucht, welches einen viel praktischeren Zweck hat, als die meisten, welche die guten Heidelberger sich erträumten. Man will nämlich durch bas ganze Land einen Verein für Sch würge- richte gründen, das heißt, einen Verein, welcher den zu den jedesmaligen Schwurgerichtssitzungen Berufenen einen Theil ihrer Kosten deckt. Das Amt des Geschworenen ist bekanntlich ein Ehrenamt. Derselbe erbält keine Belohnung als eine Vergütung der Reisekosten. E« kommt also häufiger vor, daß man sich von diesem Amte losmacht, wenn irgend ein anwendbarer Grund vorhanden ist. Es liegt aber daran, daß man sich nicht losmacht, sondern t»ß jeder seine Pflicht thut. Darum will man nun einen Verein gründen, welchem Alle beitreten sollen, die befähigt find, Geschworene werden zu können, und deßhalb auch gleich interes- sirt sind. Mit einem jährlichen Beitrag von 15 Kreuzern hofft man jedem Geschworenen eine Vergütung von täglich 2 fl. geben zu können. (D. V.)
Die Nürnberger sind doch ächte gute Patrioten. In einem dortigen großen Vergnügungsgarten hat der Wirkh Wiß« Müller im Einvcrständniß mit seinen Gästen die Einrichtung getroffen, daß auf der Kegelbahn jeder Spieler für die Parthic 1 Kreuzer und jeder Alleneunschieber 3 Kreuzer für das Bauer- sche Taucherwerk zu zahlen hat. Solche ächte deutsche Gesinnung verdient bekannt gemacht und — nachgeahmt zu werden.
Weinheim, 20. Juni. Diesen Nachmittag ist der um die Landwirthschafl, den Weinbau, so hochverdiente Freiherr L. von Babo an Entkräftung sanft entschlafen.
Mainz ist eine kosmopolitische Stadt. Ihre Sprache ist deutsch, ihr Gesetz französisch, ihre Regierung hessen-darmstäd- tisch, die Kirche römisch, das Gouvernement östreichisck, die Com- mandanlur preußisch, die Garnison größtentheils italienisch, die Post thurn- und toxisch, das Gaswerk badisch und der Telegraph bayerisch.
Frankfurt a. M., 23. Juni. Der preußische Bundestags-Gesandte, Herr v. Usedom, ist gestern Abend plötzlich wegen der kurhesflschen Sache abgereist. — Die Preußen marschirten heute Morgen von Wesel nach Kurhessen.
Kassel, 23. Juni. Gestern Abend um 9 Uhr ist eine landesherrliche Verordnung vom 21. Juni ausgegeben worden, ent- ballend die Wiederherstellung der Verfassung von 1831 und des Wahlgesetzes von 1849.
Nun wissen wir auf einmal, woran wir sind und die geduldigen Kurhessen auch. Das heißersehnle volksthümliche Ministerium Wiegand war eine Seifenblase, sie ist zerplatzt und das Volk hat das Nachsehen. Fremder Einfluß soll daran schuld sein. Wohl ist endlich ein neues Ministerium gebildet und zwar auf Grundlage des Programms der Wiederherstellung der Verfassung von 1831 nebst Wahlgesetz vom 5. April 1849, aber die Männer, die gewählt sind, sollen Anhänger der Sechzigerverfassung sein. Das Programm, bas v. Loßberg dem Kürfürsten vorlegte, ist eben so wie seine Ministerliste verworfen worden. Angenommen sind der General-Staatsprocurator v. Dehn-Roth- fetser^fnr die Finanzen und des Aeußern, der Geheime Justizrath Pfeiffer für die Justiz, der Geheime Regierungsrath v. Stiern- bcrg in Schmalkalden für das Innere und Oberstlieutenant v. Osterhausen für den Krieg. Die Preußen stecken ihre Schwerter wieder in die Scheide, bleiben daheim und bauen ihren Kohl.
Kassel. Dem Vernehmen nach ist General von Barde- lcbcn dazu auserlesen, dem König von Preußen zum Zweck der Wledcranknüpsung des diplomatischen Verkehrs ein eigenhändiges Schmbcn des Kurfürsten zu überbringen. Ein Protest gegen den Einmarsch ist bei der veränderten Sachlage nicht zum Vollzüge gekommen. Der Gütertransport ist gestern Abend frcigege- ben worden. ' (T. p. N.-Z.)
Die Sternzeitung schreibt: Durch die kurfürstlichen Verordnungen sei ein wesentlicher Anfang zur Ausführung der Forderungen gemacht. Da das Ministerium vollständige Lösung der Aufgaben zugesagt, sv werden die Truppenconcentrirnugcn vor- laufig zurückgcnommen. Falls das kurfürstliche Ministerium hinter den Zusagen zurückbleiben und den Verfassungsstreit nicht im Sinne des BundesbeichlusseS vom 24. Mai lösen werde, müsse Preußen weitere Entschließungen natürlich sich Vorbehalten.
In der Umgebung von Wien hat hin und wieder der Ge« treidesch nj^N b^onnen.
l Vor einigen Tagen hörte ein Pandur in Csüd, so erzählen die „Pecst Lapok", von einem abgelegenen Orte einen schrecklichen Schrei von einer Kinderstimme ausstoßen. Er eilte hin und überraschte drei Zigeuner, die einem fünfjährigen Kinde die Augen ausstechen wollten. Sie hatten das Mädchen wohl schon verletzt, doch waren die Augen der Sehkraft noch nicht beraubt. Der Pandur nahm die drei Verbrecher gefangen und befreite das Mädchen, welches irgendwo gestohlen worden sein mußte, und welches nun geblendet werden sollte, damit ihm, als einer blinden Bettlerin, reichlichere Almosen zufließen sollten. Die drei Landstreicher waren ebenfalls Bettler, der eine hat keine Zunge, der andere hat einen gebrochenen und krumm gebliebenen Fuß, und der dritte ist ebenfalls ein Krüppel. Zuerst behaupteten sie, das Mädchen sei das eigene Kind des Eine» von ihnen; dann sagten sie, ein armes Weib in Jlloll habe es ihnen geschenkt. Die drei Verbrecher sehen im Gefängniß ihrer Strafe entgegen.
Turin, 22. Juni. Es bestätigt sich, daß Garibaldi nach Caprera zurückgckehrt ist. (T. d. N.-Z.)
Paris, 24. Juni. Moniteur. Die Kammer hat die Steuer auf Luxuspierde und Wagen nicht angenommen und au die Commission zurückgegeben. (T. d. N.-Z.)
Petersburg, 14. Juni. Für die Brandverunglückten hat der Kaiser 25,000, die Kaiserin im eigenen und im Namen ihrer Kinder 29,000 Rubel beigesteuert.
Petersburg, 21. Juni. Der heutige „Invalide" enthält einen Befehl des Kaisers, welcher die Schließung sämmtli- licher Militärsoun tagsschulen, wegen Verbreitung falscher Lehren und Versuchen zum Treubruch zu verleiten, angeordnet hat und fremden Individuen die Zulassung in die Kasernen verbietet.
Konstantinopel. Sobald die bedauerlichen Ereignisse zu Belgrad bekannt wurden, ging der Befehl ab, das Feuer einzustellen und eine Untersuchung einzulciten. Der Befehlshaber der Citadelle wurde durch Raschid ersetzt. (T. d. N.-Z.)
Die Pforte hat nachgegeben und hat den Höfen von Paris und Petersburg angezeigt, daß sie die Kuppel der heiligen GrabcSkirche zu Jerusalem auf ihre Kosten Herstellen werde. Es soll zugleich ein armenischer Architect angewiesen worden sein, die Herstellung noch in diesem Sommer zu bewirken.
London, 19. Juni. Der Vicekönig von Egypten ist hier fortwährend leidend. Das Klima scheint ihm nicht zu behagen und er soll gesonnen sein, seinen Aufenthalt in England, der auf 2 Monate berechnet gewesen war, sehr abzukürzen. Möglich, daß er schon im Laufe dieser Woche abreiSt.
New York, 10. Juni. ES wurde zu Memphis viel Baumwolle zerstört. — Die dänische Regierung schlug der Bundesregierung vor: alle Neger ihren Herren abzunehmen, und dieselben nach Saint Croix zu transportiren; nach dreijähriger Lehrzeit würden sie frei sein. Sewarb ist nicht bevollmächtigt, den Vorschlag anzunehmen, würde ihn aber dem Kongreß mittheilen.
Der Wolf vom Hagelschieß.
Erzählung.
In längst vergangenen Jahren, d. i. in der letzten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts, lebte auf einer kleinen Söldnerei am Beginne des Hagelschießwaldcs, der sich zwischen den beiden schwäbischen Städtchen Leonberg und Pforzheim Hinsicht, ein noch junger Bauersmann, der sich dort mit seiner ebenfalls noch sehr jungen Frau, wenn auch mühsam, doch mit Ehren durch'S Leben schlug. Wenn m in denselben übrigens etwas näher betrachtete, so wollte cs Einem fast bedünken, als habe man keinen eigentlichen Bauern vor sich, sondern vielmehr eine Art von Jägersmann in bäurischer Kleidung. Er trug nämlich einen kurzen Schnurrbart, den er sorgfältig hegte, und hatte beständig ein Messer an der Seite, das bei ihm die Stelle des Hirschfängers zu vertreten schien. Ucberdies sah man ihn nur selten ohne die Begleitung zweier großer Hunde, sogenannter Hatzrüden, und diese hatte er so in seiner Gewalt, daß man wohl sah, wie sie ächt waidmäniiisch dressirt sein mußten. Rechnete man dann noch die scharfen, kühnen Augen des Mannes, sowie die stramme, aufrechte Haltung, mit der er aufzutreten pflegte, so konuic man fast gar nicht mehr darüber im Zweifel lein, daß der Bursche zu einer andern Gattung von Menschen gehöre, als die gewöhnlichen Landleute der Umgegend. Und so verhielt eö sich denn auch in der Thal, wie wir jetzt dem Leser in Kurzem auseinandersetzen wollen.