derle die Bischöfe auf, sie mit verdoppeltem Eifer zu bekämpfen und ihre Verbreitung in ihren Diöcesen zu verhindern. Tie Prälaten sollten ihren Beichtkindern einschärfen, sich vor den modernen Lehrern der Sünde in Acht z» nehmen und über den literarischen und wissenschaftlichen Unterricht wachen, und die Bischöfe forderte er auf, zu beten, damit Gott diese Jrrthümer verscheuche und der Kirche den Frieden zurückgebe. Er dankte schließlich den anwesenden Bischöfen und denen, die nicht gekommen waren, für ihre kindliche Ergebenheit und die Stütze, die sic ihm in seiner Betrübniß seien." (N.-Z.)
Paris, 15. Juni. Der Moniteur meldet: Trotz der Unregelmäßigkeit der Verbindungen zwischen Veracruz und dem Innern haben wir eine Depesche des Generals Lorencez, vom 9. datirt, wornach das Lager bei Amozao in der Nähe von Puebla occupirt wurde. Nach Berichten mexikanischen Ursprungs sollen die Franzosen die Festung Quadalupe, welche Puebla deckt, angegriffen haben, ohne jedoch die Werke nehmen zu können. Ueberall finde» die Truppen ausgezeichnete Aufnahme von Seiten der Bevölkerung. Tie Regierung des Kaisers hat augenblicklich Maßregeln ergriffen, um bedeutende Verstärkungen nach Mexiko zu schicken. (T. d. N.-Z.)
Paris, 17. Juni. Dem gesetzgebenden Körper wird ein Zusatzartikel zu dem Budget vorgelcgt, wodurch ein Kredit von 15 Mill. für die mexikanische Expedition verlangt wird.
Das Rathhaus von Bordeaux ist durch eine Fenersbrnnst fast ganz zerstört worden. Der Schaden ist unermeßlich. Die Archive sind ein Raub der Flammen, geworden und nur das Museum konnte gerettet werden.
Belgrad, 16. Juni. Eine türkische Wachmannschaft, welche sich verschworen hatte, ermordete gestern^Abend einen serbischen Knaben, wodurch die ganze Nacht ei» blutiger Kampf stattsand. Mehrere Thore wurden demolirt und cS gab viele Todte und Verwundete. Die Weiber der Türken wurden von den Serben beschützt. Durch die Vermittlung der Consnlate und durch das energische Einschreiten der serbischen Behörden wurde die Ruhe wieder hergestellt. Die türkische Miliz verläßt die Stadt. Die türkische Bevölkerung ist unter den Schutz der serbischen Behörden gestellt. (Fr. I.)
Lebensbilder.
(Schluß.)
„O mein Schutzgeist!" rief die weinende Elvire ihm entgegen, und der Oberst sank zu ihren Füßen.
„O Elvire, angebetetes Weib!" rief er aus, „mußtest Du so schmerzlich durch die Welt das Geheimnis) meines Herzens erfahren; ich liebe Dich mit der glühcnsten Leidenschaft, ich kann nicht leben ohne Dich", und er nahm die Erbleichende in seine Arme und bedeckte sie mit glühenden Küssen.
Mit namenlosem Schmerze wand sich Elvire aus den Armen des Obersten. Er, ihr Ideal, ihr Schutzgeist, konnte so tief sinke», die Geliebte so erniedrigen. Ihr Zorn wollte heftig ausflammen, da gedachte sie ihrer Kinder, ihrer bürgerlichen Verhältnisse, ihrer gänzlichen Abhängigkeit von dem Obersten, und bezwang ihr Gefühl; aber ihr so bitter getäuschtes, sich so gänzlich schutzlos fühlendes Herz brach fast vor Schmerz — ein Thrä- nenstrom war ihre einzige Antwort auf die glühcndeMebescrklä- rung des Obersten.
Diesem aber, den sein guter Genius verlassen hatte, flüsterte der Dämon der Erfahrung zu, daß solche Frauenthränen bald trocknen und er empfand keine Reue. An sein Herz zog er die Unglückliche, kaum Widerstrebende, als plötzlich Steinau vor der Gruppe stand.
Wohl hat Schiller recht: „Es gibt böse Geister, die in dcS Menschen unbewachter Brust schnell unerwartet das Schreckliche begehen und dann zur Hölle fliehen, ihr Entsetzen in dem befleckten Busen hintcrlassend."
Lange hatte der Oberst mit seiner Leidenschaft gekämpft, die Ereignisse des heutigen Abends brachten sie zum Ausbruch, obgleich er nur, um die schuldlos beleidigte Geliebte zu trösten, den Weg nach ihrer Wohnung angctretcn hatte. Die vielen Ausnahmen von der Regel strenger Sittlichkeit unter den höheren Ständen, Elivirens dankbare innige Anhänglichkeit, das Alles trat in unglücklicher Stunde vor des Obersten Seele und ließ ihm sein Beginnen weder strafbar, noch schwer erscheinen, aber die Lügengeistcr entflohen bald.
Steinau hatte sich von seiner Gattin entfernt, um einen
kühnen Schritt zur Wiedererlangung seiner Freiheit zu thnn. Mit einem großen Tbcil der BataiUonskasse in seinen Taschen, eilte er in ein Spielhaus; aber das Glück begünstige sein Vorhaben nicht; in wenigen Minuten hatte er Alles verloren. Der letzte Weg, den Bösewichter und Schwächlinge cinschlagen, um sich irdischer Verantwortlichkeit zu entziehen, lag offen vor ihm, da tauchte »och einmal Elwirens Bild in seiner Seele auf, ihre Liebe, ihre Treue, ihre Geduld, und unentschlossen stürmte er nach seiner Wohnung.
„Sieht es so", rief er aus, als er sie in den Armen des Obersten erblickte, „ei, Madame! nun verlasse ich nichts."
Er eilte fort, der Oberst ibm nach. Elivirens Sohn ries im nächsten Zimmer nach seiner Mutter; mechanisch ging sie zu ibm und durchwachte die lange Mitternacht an seiner Seite, von Verzweiflung halb betäubt. Steinau kam nicht nach Hause.
Rettung für Rettung.
Als der Morgen anbrach, läuteten die Glocken zur Frühkirche; die Töne drangen wie überirdischer Trost zu Elvire»; sie raffte sich auf und eilte in die Kirche.
Ein junger Geistlicher, an To» und Gestalt ihrem Begegner von gestern vollkommen ähnlich, betrat die Kanzel und predigte über die Worte des Evangeliums: „Sv Euch die Welt hasset, so wisset, daß sie mich vor Euch gehasset", und stark und erhebend regte sich das Gefühl der Unschuld in Elvirens Brust, und ihr Vertrauen aus den Schutz des Höchsten scblug in einer Hellen Flamme auf, entzündet von der begeisterten Rede des Predigers. So'ermuthigt trat sie in ihr Hans zurück.
Aber wohl bedurfte sie hier des MnrhcS. Gerichtspersonell erfüllten ihr Zimmer und Steinaus Nachlaß war bereits versiegelt; ihr Sohn weinte und stammelte die Schreckensnachricht: „Mutter, sie haben den Vater todt im Flusse gefunden!"
Elvire sank zusammen; in dem Augenblick sah sie in Steinau nur den Geliebten ihrer Jugend; ein lautes Jammergeschrci entrang sich ihren bebenden Lippen, als ihr Sohn an der Hand eines geistlichen Herrn auf sic zutrat. Ans einen Wink des erster» entfernten sich alle lästigen Zeugen. Elvire erkannte in ibm den Eigcnthümcr des Mantels von gestern, und den Prediger dieses Morgens.
„Gnädige Frau", sprach der Geistliche, „kann in diesem unglücklichen Augenblicke die Erinnerung reden, so gedenken Sie meiner: ich bin Ferdmand Maier, der arme Student, der in höchster Noth durch ihre Milde mit der Menschheit ausgesöhnt, wieder mit Mulh zum Leben begabt wurde. Scilig preise ich mein Loos, Ihnen heule einen Theil jener Schuld abtrage» zu können. Das Hans meines Gutsherrn, der mich vor wenigen Tagen zum Pfarrer ernannte, steht Ihnen offen. Dort in ländlicher Einsamkeit wird ihr Gemüth sich beruhigen."
Elvire blickte auf. „Ich kann hier nichts mein nennen", rief sie schmerzlich, „nichts, auch nicht einen Wagen micthcn."
Der junge Pfarrer sah sie gerührt an.
„Hier", sagte er, „gebe ich den Talisman zurück, den ich einst aus ihren Händen empfing; dies Goldstück, o ich war glücklich, seit ich es erhielt; möchte es seine Kraft auch an Ihrem Schicksal bewähren."
Damit verließ er die Unglückliche.
Elvire war wunderbar bewegt; ihr, der ganz Verlassenen
— denn ihr Vater war kurz nach ihrer Bcrheirathung gestorben
— erstand so unerwartet ein Helfer, ein Retter. Eilig bestellte sie einen Wagen, nahm nur sehr wenig von ihren Sachen mit, n»d schickte sich an, mit ihrem Sohne das Haus zu verlassen, als ein geldschwerer Brief vom Obersten an sie ankam; sie schickte ihn uilerbrocheu zurück.
Aber das Goldstück wurde nicht veräußert, denn der Kutscher sagte, daß der Pfarrer Maier ihn bereits mit Reisegeld reichlich versehen habe. Als aber nach Jahresfrist Ferdinand Meier Elvire von Steinau zum Altar führte, trug sie es an goldener Kette um ihren Hals.
Ferdinand war selig, denn der Engel seines Lebens war sein.
Elvirens Glück konnte man mehr ruhige Zufriedenheit nennen; aus dem Schiffbruche der großen Welt entronnen, freute sie sich der einfachen Stille des Landledens, wie Robinson auf seiner Insel zufrieden lebte. Den Obersten aber sah sie nie wiet der, obgleich, nach dem Beschlüsse des, Vaters, ihr zweiter Sohn bei ihm geblieben war. Sie wollte den Frieden ihrer Seele nicht wieder trüben. _ _,
Druck und Verlag der A. W. Laifer'scheu Buchhandlung. Redaktion: Hslzle.