Warschau Privatnachrichten eingetroffen, wonach der Marquis WielopolSki in Ungnade gefallen ist; er soll St. Petersburg ver­lassen und ins Ausland gehen. In Warschau dauern die Ver­haftungen fort. Falls die Verhaftungen in den Kirchen nicht aufhören, will der Erzbischof von Warschau alle Kirchen schließen lassen.

In Warschau glimmt'S fortwähr nd. Es sind jetzt sogar Generale gehaussucht und eingezogen n orde».

London. 17. Mai. DaS Reurer'sche Bureau bringt fol- gende Nachrichten: Newyork, 7. Mai. Der Präsident Jef- ferson Davis und andere Häupter der Consöderirten hielten in Aorktown eine Berathung, während welcher sie zu dem Be­schlüsse gelangten, die Stadt zn räumen, da sie doch nicht zu halten sei. General Johnston ertheUw den Befehl zur Räumung am 1. Mai. Dieselbe begann am 2. Mai und ward am 3. Mai vollendet. Die Consöderirten ließen eine bedeutende Anzahl Ka­nonen zurück. Sobald die Räumung bekannt ward, setzten sich die Truppen des Generals M'Clellan in Bewegung, um de» Feind zu verfolgen. Am 5. d. M. gelangten sie bis Williamsburg. Der Nachtrab der Consöderirten hatte mittlerweile Verstärkungen erhalten und versuchte, den General M'Clellan znrückzuwerfen, wurde jedoch geschlagen und der linke Flügel aus seinen Positio­nen verttirlwü. In Folge dieses Gefechtes räumte» die Consö- dennen WilliamSburg >n der Nacht vom 5. auf 'den 0. Mai, und der Ort ward am L Mai von den Unionstruppen uuier General Hancock besetzt. Ter General des südliclen Bundes, welcher zu Savannah den Befehl fülm, bat erllärk, sieb bis aufs äußerste verihcidigeu zu wollen. Cvuriereu wud huisorl der ent­laß in Ncw-Orleans gestaltet und die Blokade wird weniger streng gehandhabt werben. Die im Hafen liegenden Handels­schiffe werben auslaufen dürfe». Tie univnistisch gesinnten Be­wohner der Stadl haben ein Meeting gehalten, in welchem begei­sterte Kundgebungen stattfande». (K. Z.)

Nahrnngssorgen.

Eine wahre Begebenheit.

(Schluß.)

Sobald ich das Everetthaus, wo der Graf logirte, verlassen, schoß ich wie ein Pfeil nach Hause. Mein Glück war mir fast zu groß. Kaum vermochte ich der Gewalt meiner Empfindungen Herr zu werden, ich fühlte einen fortwährenden Drang zu singen, zu jauchzen oder andere ähnliche Unziemlichkeiten zu begehen. Zn ein paar Minuten mar ich nach Hause, rannte athemlos, mit freudestrahlenden Augen die Treppe hinauf, um meiner Frau, in gebrochenen Sätzen, mein Glück zn verkünden und uns zu gratu- liren, daß endlich die Pforten einer glänzenden mcdicinischen Lauf­bahn sich unS eröffnet.

. Mit tiefem Zartgefühl suchte sie meine Aufregung zu be­ruhigen und meine Erwartung etwas herabzustimmen, ohne mich jedoch gerade zu entmuthigen.

Ich fuhr fort, meine schöne Patientin fleißig zu besuchen und durch meine unablässige und sorgfältige Beflissenheit erwarb ich mir die Gunst des Grafen und der übrigen Familie in sol­chem Grade, daß die Behandlung der Frau Gräfin, die schon längere Zeit kränkelte, mir anvertraut wurde. Daß meine Lei- stungen sehr gut bezahlt wurden, bedarf kaum einer Erwähnung; ja noch mehr: nachdem es mir gelungen, mir das Zutrauen dieser Familie zu erwerben, so stand es keine drei Wochen an und ich hatte die Ehre, in einigen andern mit diesem befreundeten Häusern meine Besuche abzustatten, und war uns nunmehr kein Zweifel, daß ick den Grund zu einer vornehmen und ein­träglichen Praxis gelegt. Zu meiner unanssprechlichcn Freude fiel es mir dicßmal nicht schwer, nusern halbjährigen Quälgeist, den alten Simpson zn befriedigen, und er war nicht wenig über­rascht, als ich mit ungezwungener Miene die Frage an ihn rich­tete: wann er die Rückerstattung seines Kapitals wünsche? Es versteht sich von selbst, baß er nicht sehr darauf erpicht war, Zinsen, wie ich sie zahlte, zu verlieren.

Ich hatte von dem Bittern des Unglücks allzu viel erfahren, als daß mich die Morgencöthe des Glückes in allzu großes Ver­trauen hätte etnwiegen können. Mit der strengsten Oekonomie verwaltete ich nun meine Hilfsquellen und hatte dagegen die un­sägliche Befriedigung, daß ich im Stande war, Alles baar zu bezahlen und bei allen meinen Gläubigern ungeschmälerten Credit zu genieße». O, welch ein Entzücken, wenn man im Stande ist, Jedem das Seine zn bezahlen.'

Meine geliebte Emilie bewegt sich nun in jenen Gesellschafts­kreisen, dessen Zierde zu sein sie bestimmt war. Wir zählten ver­schiedene hochachtbare Familien unter die Freunde, die wir häufig bei uns sahen. Kan, ich zufällig mit solchen Leuten zusammen, die mich früher geringschätzig und verächtlich behandelten, so wurde ich nun von ihnen, wie das in solchen Fällen gewöhnlich zu geschehen pflegt, mit der größten Artigkeit von der Welt em- pfangen. Eben derselbe Arzt, der mir, als Zeichen seiner Groß- muth und Freigebigkeit, zehn Dollars gesandt, kam in einem Consilium mit mir zusammen, und seine Wangen zuckten krampf­haft, als ich ihm das Anlehen, das er mir vorgestreckt, zurück- erstattete.

Vier Jahre nach dem Vorfall auf dem Broadway hatte ich cs dahin gebracht, dem alten Simpson seine 3000 Dollars zu- rückzugeben, und bin. Gott sei Tank! seitdem nie wieder in die Klauen der Wucherer gefallen.

Nun »och ein paar Worte über unfern spanischen Mietbs- mann. Er starb ungefähr 18 Monate nach dem erwähnten Er­eignisse. Sein einziger Erbe war ein junger Schiffslieutenant in spaiiischen Diensten. Zu meinem nicht geringen Erstaunen und zu meiner freudigen Ueberraschung hatte der alte de Car- valho in einem Codicill zu seinem Testamente mich mit einem Legate von 5000 Dollars bedacht, mit der Bemerkung: es sei dies eine Vergeltung für die große Aufmerksamkeit, die'wir ihm, so lange er bei uns gewohnt, erwiesen, und ein Zeichen seiner Aneiteminng der achtbaren und tugendhaften Grundsätze, »ach welchen, so viel er bemerken konnte, unser Verhalten stets ge­regelt war.

Sechs Jahre 'nach dieser Periode belief sich mein Einkom­men auf 58000 Dollars jährlich, und da meine Familie zu­nahm» so glaubte ich, meine Mittel gestatteten mir eine schönere und bequemere Einrichtung. Sofort bezog ich ein geräumiges und prachtvolles Hans und schaffte mit eine Equipage an. Die Er­fahrungen der Vergangenheit haben wir wenigstens eine nützliche Lehre eingeschärft, nämlich mein Leben mag nun kurz oder lang sein, in günstigen Verhältnissen nicht übcrmüthig zu werben, und de» Bittgesuchen jüngerer »nd minder glücklichen Berufsgenossen nie meine Ohren zu verschließen.

Allerlei.

Aus Herza (Moldau) meldet dieBukowina" den in­teressanten Fall einer Rettung von fünf Menschenleben durch einen Hund. Es fuhr Anfangs März ein Landmann mit seiner Familie zu Schlitten von Herza nach Dorohoi und nahm den näheren Weg Lurch die Wälder, wo der Schnee noch in großen Massen lag. In der wilden, an Schluchten und Abgründen so reichen Gegend von Jlischau stürzte das Gespann in eine tiefe und enge Schlucht, rings von schroffen Felsen umgeben, so daß die unglücklichen Reisenden, welche sich bei dem Sturze auf die weiche Schneemasse nur wenig beschädigt harten, keine Aussicht aus Rettung aus ihrer bedrängten Lage fanden. Die Leute hat­ten jedoch einen Hund mitgenommen, der neben dem Schlitten herlief. Als nun dieser das Unglück seines Herrn sah, stand er eine Zeit lang winselnd am Rande des Abgrundes, begann hier­auf ein lautes Geheul und lief den Fahrweg gegen Michaleni hin. An der Stelle, wo sich die Waldwege kreuzen, in der Nähe eines einsamen Wirthshauses bellte er die Vorübergehenden an, zerrte sie an den Kleidern und betrug sich, hin und her laufend, derart auffallend, daß man ihn für wüthend hielt und ihn er­schießen wollte. Ein alter Bauer jedoch, den er gleichfalls am Nock faßte »nd weiter zerren wollte, machte die Leute aufmerk­sam, daß dieser Hund etwas beabsichtigte, und daß man ihm nach­gehen solle. Man befolgte den Rath des Alten und kam, indem man dem Hunde nachging, zu der Schlucht, wo die Verunglück­ten endlich nach mehr als dreizehnstündigem Leiden und in einem äußerst traurigen Zustande mit Stricken und Leitern her­aufgeholt wurden. Der Hund war ihr Lebensretter geworden.

DerKlingelbeutel", eines der ältesten Wahrzeichen des alten Zopfes, ist seit dem 1. Febr. in Lübeck abgeschafft. Wann wird er, sowie auch der Schacher um die Kirchenstühle aus allen deutschen Kirchenstühlen verschwunden sein?

In Pompeji, der verschütteten alten Stadt, ist ein HauS, das zwei Stockwerke und mehrere Balcons bat, auSge- graben worden. _

Druck und Perlag der W. ^arser'scvrn Buchbandlung. Heeakttoii: Holzle.