surgenten mit Familien und Heerden sin- in das benachbarte Ge­birge geflüchtet. Bisher hat kein Zusammenstoß stnttgcfnnden.

Am 9. März, dem Jahrestag der Thronbesteigung der Cza« ren von Rußland, wurde» in Polen 4l Strafbefreiungen und 32 Strafmilderungen, säuiiutllch über leichte Vergehungen, er­lassen. In Warschau herrschte Rübe.

New York, 1. März. Davis Botschaft an den Kongreß der Südstaaten sagt im Wesentlichen: Seit meiner letzten Bot­schaft bewiesen die Ereignisse, daß die Negierung der Südstaatcn mehr unternahm, als sie Kraft hatte, auszuführen. Sie habe daS ganze Gebiet der Conföderirte» schützen wollen und habe harte Unfälle erlitten. Jetzt sei es möglich, daß der Krieg meh­rere Jahre dauere. Die gegenwärtigen Strcitkräfte betrage» un­gefähr 400 Regimenter Infanterie mit entsprechender Cavallerie und Artillerie. Der Bestand der Marine sei hinreichend zur Vcr- theidigung. Es bestehe keine schwebende Schuld. Tie Regie- rungsausgabcn für das lausende Jahr betragen 170 Mill.

Newyork, 1. März. Es geht das Gerücht: General Buell habe die Conföderirten bei Murphres-Boro umzingelt. Die Unions- truppc» unter General Banks übersetzten den Potomak bei Har« perSfeny, besetzten Bolivien, Charleston und beherrschen beide Ufer Shenandoahs. Bis setzt kein Widerstand gegen das Vor­rücken der Unionstrnpven. Man glaubt, daß ein allgemeines Borrücken der BnndeSkrnvpen ansgenibrt werde. Die Ernennung Scotts als Gesandten in Mezieo ist znrnckgcnommen. «N.-Z.>

Ruf zum Turnen.

Offene Briefe eines Turners an Jedermann.

Die nachfolgenten vier Briefe") haben ihren Zweck erfüllt, wenn sich der Leser durch den Titel nicht abhalten läßt, sie dis zu Ende z» lesen, sollte Ihn auchdas Turnen nichts angchen", sie sind ihm gewidmet.

Otto Lehmann.

Erster Brief.

Tu schreibst mir, Freund, Du habest znm ersten Male in Deinem Leben einen Turnplatz gesehen. Der Eindruck, den das lebendige Treiben auf Dich machte, war neu und angenehm. Dn hast in Deiner Jugend nicht geturnt, hast überhaupt ein nnreg- sames, stilles Leben geführt; kein Wunder, daß Dich da der An­blick des vollsten, frischesten Lebens, die jubelnde Fülle der inner­sten, reinsten Freude überraschte. Das hättest Dn nie für mög­lich gehalten, Jung und Ait im bunten Gemisch und doch im be­sten Einklang mit einander, wie wenn ein mächtiges Zauberband ste Alle vereine. Das war Dir befremdend; wie kann eine Sache, die doch so einfach, so bedeutungslos, so alltäglich im Einzelnen ist, wie kann dieses Springen, Klettern und Laufen eine solche Wirkung habe»? Oder steckt noch etwas Anderes dahinter?

Darauf soll ich Dir nun antworten. Du weißt, daß auch ich ein Turner bin, und vermuthest, daß auch ich an jener Eigen- thümlichkeit Anthcil habe und ste Dir denken könne. Ja, ich will es versuchen; ob ich es kann, weiß ich nicht, denn so recht innig und wahr fühlen, was in dem Turnen liegt, das kann nur, wer selber ein rechter, ächter Turner ist. Doch vielleicht macht Dich meine Erklärung zu einem solchen; ich hoffe cs sogar. Ein offe- ncs, ehrliches Gemüth, wie das Deine, fühlt sich bald wohl un- ter den Turner. Aber Du mußt nicht hoffen, daß ich Dir meine Erklärung in zwei Worten gebe. Dieser Brief und noch einige folgende werden davon voll werden. Die Sache wird auch nicht immer lustig zu lesen, sondern ernst und oft trocken sein. Da­rum, wenn Dich nicht eine innige Sehnsucht nach der Wahrheit treibt, sondern nur eine Aufwallung der Neugi.r, so verlange nicht nach dem zweiten Briefe. Hast Du aber jenes wahre Stre­ben, dann will ich Dir getrost mehr schreiben, dann werden Dich meine Briefe nicht langweile». Aber nun zur Sache.

Als die Menschen noch dem ursprünglichen Naturzustände nahe waren, da bestand ihr ganzes Dasein in einem Kampfe um die Erhaltung des Lehens. Von allen Seiten angegriffen, durch die leblose und belebte Natur, mußten ste zuerst sich verlhcidigen, aber ste mußten auch selbst angreisen, um sich Nahrung, Kleidung und Wohnstätte zu verschalen. Und welche Waffen ständen ihnen zu allererst zu Gebote? Nur die Kräfte des eigenen Leibes und die rohesten Hülfsmittel, die die Natur fertig bot, ein Baumast, de» die Hand im Nahkampfe ergriff, ein Stein, den ste dem fer­neren Feinde zuschleudcrte. Und der Feind war nicht zu verach- tcn. Die Thiere des Waldes, die stark, muthig und listig mit dem Menschen kämpfte n, bedurften eines kräftigen, gewandten

"1 inst Wesentlichen einem 1859 erschienenen Merkchen des Turners vr.

Tngerßein in Berlin entnommen.

Gegners, wenn ste überwunden werde» sollten. Oft auch bliebe» ste Sieger. Dann galt cs durch die Flucht sich zu retten; im raschen Laufe, Hindernisse überspringend, Bäche, Flüsse durch- 2 schwimmend, entzog sich der Ueberwnndene dem Verfolger. Ein solches Leben mußte de» Leib stählen, die Muskeln Härten, die Sehnen straffen, die Sinne schnell und scharf machen. Dazu kommt noch der fast gänzliche Mangel aller Schutzmittel gegen die Angriffe der unbelebten Natur. Tie Wohnung, eine Hütte aus Baumzweigcn oder eine natürliche, vielleicht durch Kunst etwa« erweiterte Höhle, ließ Wind und Regen ein; die Kleidung, das Fell eines getödtetcn Thieres, schützte nur mangelhaft gegen die Kälte. Da gewohnte der Leib sich an die Einflüsse der Witte­rung und härtete sich dagegen ab. Gliederreißen und Zahnschmer­zen werden damals wohl nicht vorgekommen sei». Und »un die Nahrung! Früchte, die Feld und Wald boten, das rohe oder am Feuer geröstete Fleisch des gejagten Thieres waren der ganze In­halt des damaligen Speisezettels. Und diese Nahrung war nur mühsam aufzusuchen, oder mit Gefahr des eigenen Lebens zu er­kämpfen. Für unsere jetzigen Menschlein wäre sie vielleicht un­verdaulich gewesen, aber die Anstrengung beim Ausstichen des Mahles steigerte die VeedanungSkraft. Für einen guten Magen ist eine solche Mahlzeit nahrhaft: aber zu reichlich war ste wohl selten, deßhalb konnte man sich keinen Schmerbauch anmästen, was außerdem die Bewegung »ul t znließ.

Die Mensche» waren also gesund und kräftig, d. h. leiblich und geling? Nu», roh und wild, ähnlich ihren thierischen Waldgenvffen mögen sie wohl gewesen sei», aber gewiß nicht gei­stig schwach und verbildet. Ter Kampf mit de» Natnrgewallen forderte sic eindringlich ans, sich Schutzmittel gegen Kälte und Rege» z» ersinnen; der Kampf mit stärkeren Thiere» gebot ihnen, Waffen zu Schutz und Trutz zu erfinden. Naturvölker sind, wie die Erfahrung lehrt, keine Geschöpfe auf dem Standpunkt des Thieres, ste haben die Fähigkeit, genau zu beobachten, sie ziehen scharfsinnige Schlüsse ans der Beobachtung, sie sind schlau im Kampfe und benutzen so nicht nur die Waffen des Körpers, son­dern auch geistige. (Fortsetzung folgt.)

Allerlei.

Am 21. März 1848 hielt König Friedrich Wilhelm von Preuße» seine» berühmten schw arz-ro th-g o l de n e n Ritt in Berlin, ans dem er hoch zu Roß, mit den deutsche» Farben geschmückt und die deutsche Fahne in der Hand, versprach, sich an die Spitze Deutschlands zu stellen. Varnhagcn erzählt von diesem Ereigniß in seinen Tagebüchern. Der Minister Heinrich von Arnim war es, der dem König zu dem Umritte rieth, die nächste Umgebung des Königs wußte nichts davon. General Rauch, anfgefordert mitzureitcn, vertrat dem König auf der gro­ßen Treppe den Weg, bat flehentlich, Se. Majestät möchten den Schritt erst näher überlegen und erhielt nur die Antwort:Nein, nein, es ist beschlossen, steigen wir zu Pferde." Rauch mußte mitreitcn und warhalbtodt vor Gram und Aerger."- Als der König an die Universität kam, hielt er still, ließ Professoren und Studenten rufen nnd sprach vom Pferde herunter:Schrei­ben Sie sich's auf, meine Herren! Schreiben Sie sich'S auf, was ich Ihnen sage; denn cs ist für die Nachwelt; ich trete an die Spitze von Deutschland, in dessen Einheit und Freiheit be­steht Preußen fortan noch, nicht anders! Schreiben Sie sich'S auf!" Auch am Zeughaus redete der König das Volk an und gab die schönsten Versprechungen. Da rief plötzlich eine durchdringende Stimme:Glaubt ihm nicht, er lügt! er hat immer gelogen und lügt auch jetzt wieder Iss Man stürzte auf den Man» los, der König griff m seine Zügel, die Begleiter drängten ihn fort; jener Mann aber, bloß, schlecht gekleidet, aus dem Volke, wurde in die Wache geschleppt, während er immer schrie:Ihr mögt mich zerreißen, aber ich rufe doch: er lügt, glaubt ihm nicht !" Nach ein paar Stunden ließ man ihn loS und laufen.

Wenn wir erwägen, daß unsere Gesetze den römischen ihren Ursprung und ihr Dasein verdanken, ferner, daß das ge» sammte römische Recht wesentlich auf dem Zwölftafelgesetze be­ruhe; endlich daß das Zwölftafelgesetz nach Solomschen Gesetze» verfaßt wurde, so ergibt sich für uns das interessante Resultat, daß über den uns heut zu Tage lenkenden und bestimmenden Gesetzen immer noch Athens Weisheit schwebe. _.

Druck und Hrrk- drr 4L. Hunrr'jcüru Ütevatrrou: H o l ztr.