Stuttgart, 8. Aug. Die Hoffnung, das Gewerbegesetz noch in dieser Woche zu Ende zu bringen, ist durch die gedehnte Berathung nicht zu Stande gekommen. Es wird schon bis kommenden Mittwoch dauern. Dann aber ist Mariä Himmelfahrt und wird wahrscheinlich die nächste Sitzung erst am Dienstag darauf stattstnden, diese Stägige Unterbrechung aber auch statt aller Ferien dienen. Eine eigentliche Vertagung tritt nicht ein. — Am letzten Sonntag waren aus Anlaß der Anwesenheit des Königs von Sachsen die Mitglieder der ersten Kammer und der Präsident der zweiten, Staatsrath Römer, in der Wilhelma zur Tafel geladen. S. M. der König brachte den ersten Toast auf seinen hohen Gast, den König von Sachsen, aus, dieser den zweiten auf unfern König und dieser den dritten auf ein einiges Deutschland und sein Recht. (N.-Z.)
Tübingen, 8. Aug. Während des heute Nacht ausge- bxochenen sehr heftigen Gewitters wurde in östlicher Richtung eine starke Röthe am Himmel bemerkt. Heute erfahren wir, daß in Betzingen 3 Gebäude abgebrannt seien; das Feuer soll durch einen Blitzstrahl entstanden sein.
Ulm, 8. Aug. Bei dem schrecklichen Brande in Merklingen, der 39 Gebäude eingeäschcrt hat, sind 138 Personen obdachlos geworden und 25 Familien gänzlich verunglückt, weil gar nichts mehr gerettet werden konnte. Auch sind nur 5 Familien versichert.
In Hochstadt, einem kurhesstsche» Städtchen, hatten sich mehrere Turnvereine gesellig zusammcngesuiiden; ein Verein zog iy militärischer Ordnung und Trommler voran ein, was in Kurhessen nur dem Militär erlaubt ist. Ei» Gensdarm suchte die Trommel wegzunehmen und kam in thätlichen Streit mit den Turnern. Der Bürgermeister ließ die Sturmglocke läuten, die Einwohner kamen mit Spießen und Stangen herbei, schlossen die beiden Thore und fielen über die Turner her. Es gab eine großartige Prügelei, aber die Turner waren zum Glück bereits zum Thore hinaus als das von Hanau herbeigerusene Militär im Orte eintraf.
Wien, 9. Aug. Der Pesther Landtag hat Deaks scharfen Antwortsentwurf einstimmig und ohne Debatte angenommen. Die Beschickung des Reichsraths wird zurückgewiesen und Verwahrung gegen alle nnd jede aus Ncichsrathsbcschlüsscn stammenden Eon- sequenzen für Ungarn nnd dessen Ncbcnländer eingelegt. Der Landtag selbst wird seine Thätigkeit sistiren. Morgen wird die Adresse dem Kaiser überreicht werden. Pleners Exekutions-Sisti- rungserlaß enthält geringfügige Concessionen für die Bauern.
(T. d. N.-Z.)
Ein bei einer achtbare» Familie in Mariahilf im Dienst stehendes Kindsmädchen hat sich vor mehreren Tagen mit dem ihm anvertraute» Säugling aus das Burgglacis begeben und dort das Kind aus das Gras »iedergelegt, um in einiger Entfernung davon mit einem Liebhaber zu plaudern. Als sie wieder zu dem Kinde zurückkehrte, fand sie dasselbe in regungslosem Zustande. Der bei ihrer Nachhausekuuft herbeigerufene Arzt erklärte sogleich, daß der Säugling erstickt sei. Bei näherer Untersuchung stellte sich heraus, daß dem Kinde eine Maus in den Mund und von da in die Kehle geschlüpft war. Das Thier wurde ebenfalls erstickt aus dem Schlunde des Kindes hervorgezogen.
Paris, 9. Aug. Die Journale melden, daß die Zusammenkunft des Kaisers mit dem König von Preußen i» Straßburg am 6. Oktober stattstnden soll. (T. d. N.-Z.)
Die Pariser Blätter (6. August) scheinen die Aufgabe erhalten zu haben, das Publikum auf die Räumung Rom's vorzubereiten.
Victor Emanuels General Cialdini in Neapel hat, seine Drohungen wahr machend, die Häupter und Leiter der fortdauernden Verschwörungen und Empörungen, drei Generäle Franz II. erschießen lass.».
In den Straßen Moskan's wurde ein bejahrter Mann aufgegriffen, weil er bettelte. Es ergab sich, daß es ein Ehren- Rath K. war. Bei der Visitation fand man in Silber und Papieren eine Summe von 120,000 Rubel.
Die Nachrichten aus Pole» lauten äußerst trübe. Die Gährung ist in den letzten Wochen derart gestiegen, daß es zum Ausbruch großer Unruhen nur noch des Zufalls einer äußern Veranlassung bedarf. Bon Petersburg aus sind entschiedene Weisungen an die in Polen kommandirenden militärischen Befehlshaber ergangen, und neuerdings hat abermals ein Armeecorps von 30,000 Mann Befehl zum Abmarsche nach Polen erhalten.
Newyork, 23. Juli. Der erste jähe Schrecken, welchen die gestern eingelaufenen Berichte hervorriefen, ist vorüber, und man sucht sich durch Verkleinerung des Geschehenen die Bedeutung desselben zu mindern. Aber leider läßt sich da wenig thun. Sollte wirklich die Anzahl der Tobten, Verwundeten und Vermißten nicht 5000, sondern nur 2000 Mann betragen, so würde damit der furchtbare Schaden, welcher in der Demoralisation der Armee liegt, nicht gehoben sein. Besser es wären 10,000 geblieben und die übrigen hätten einen geordneten Rückzug vollbracht, als daß ein großer Tbcil sich durch wilde Flucht gerettet hätte. Die Gefahr für Washington ist man heute geneigt, als beseitigt zu betrachten, aber der Grund dafür ist nicht ersichtlich. Alles, was gestern über die Gefahr einer Ueberschreitnng des Mittlern Poto- mac gesagt ward, ist noch heute richtig. Uebrigcns stehen, ohne die vom Bulls Run zurückgeworfenen Truppen, noch etwa 30,000 Mann in Washington, so daß die Stadt in keinem Fall ohne Kampf zu fallen brauchte.
Küustlerrache.
(Fortsetzung.)
Der Baronesse war trotz ihrer fünfzig Jahre, von denen sie natürlich stets mindestens zwanzig hinweg läugnete, außerordentlich eitel; sie hielt sich noch immer für eine große Schönheit, denn die Schmeicheleien, die man einem zwanzigjährigen Mädchen in das Ohr flüsterte, sind vollkommen geeignet, im weiblichen Herzen noch dreißig Jahre ungeschwächt »achzuhallen, wenn sie zumal auf dem Boden der Eitelkeit Wurzel geschlagen haben.
Vor ungefähr zehn Jahren hatte sich die Baronesse von einem einheimischen Maler als Vestalin portraitiren lassen; sie war jetzt vor Entsetzen in Ohnmacht gefallen, als sie auf ihrem Bilde verschiedene Stirn- und Wangenfaltcn bemerkte, deren Dasein sie bi» jetzt selbst dem Spiegel gegenüber keck abgeläugnet hatte. DaS Bild ward natürlich sofort dem Feuer übergeben, und der ehrliche Maler zu Hause hinausgejagt, nachdem man ihn mit Ehrentiteln wie Sudler, Stümper und dergleichen genugsam regalirt hatte. Von ihren Freundinnen war nun seit jener Zeit die Baronesse oft gebeten worden, doch noch einen Versuch zu machen und sich von einem andern Künstler malen zu lassen; dann gerieth jedoch die gekränkte Aurora stets in den größten Zorn und schimpfte höchst bürgerlich auf die deutsche» Pfuscher, denen es eine Unmöglichkeit sei, ein Bildniß sprechend ähnlich zu liefern.
Schon oft hatte man ihr Kupetzky als eine» so großen Meister geschildert, um sie zu veranlassen, diesem Maler zu sitzen, dessen Erfolge damals in Wien das größte Aufsehen machten. Allein schon bei Erwähnung seines Namens gab die Baronesse ihre größte Abneigung zu erkennen.
„Ich begreife nicht/' rief sie, „wie man eS wagen kann, mir einen Mann vorzuschlagen, der früher auf den Landstraßen betteln gegangen ist. Kein Wort von dem Bettelmaler. Ich glaube, diese Mauern müßten vor Entsetzen Übereinanderstürzen, wenn jener Kupetzky jemals seinen Fuß über meine Schwelle setzen würde." So groß war der Widerwillen der Baronesse gegen einen Künstler, den sie weder kannte, noch gesehen hatte, von dessen Malertreue sie jedoch vielleicht in Hinsicht ihrer Runzeln einen gleich schrecklichen Erfolg wie bei ihrem früheren Portrait fürchten mochte.
Wigand, der treue Freund Kupetzky-, hatte durch einen seiner hochgestellten Gönner zufällig diese beleidigenden Aeußerungen der Baronesse erfahren und theilte sie in höchster Wnth sofort Kupetzky mit, indem er ihn zugleich zu einer ecclatanten Rache aufforderte, und dabei seine ganze Hilfe versprach, Kupetzky jedoch lachte seinen aufgebrachten Freund herzlich aus und sagte ihm, daß er darin für sich eine Beleidigung so eigentlich gar nicht zu finden vermöchte, indem ein Theil der verletzenden Reden auf Wahrheit begründet sei. Kupetzky ging von dem Grundsätze aus, daß ein Künstler jede Meinung über sich ergehen lassen müsse, ohne sogleich leidenschaftlich aufzubrausen. Zudem kannte er die alte Baronesse ebensowenig, als diese ihn und so lächelte er nur über die Aeußerungen der stolzen Dame, die seinen braven Wigand so sehr in Wuth bebracht hatten.
In jener Zeit war cs, wo Jouvenet nach Wien kam und durch sein schon gemeldetes Auftreten bald die größte Aufmerksamkeit des adeligen Publikums auf sich zu zielen wußte. Besonders war eS seine Prahlerei: nur Personen vom höchsten Adel zu portraitiren — die ihm ein außergewöhnliches Publikum anzog, denn jeder meinte nothwendiger Weise auch zu dem „höchsten Adel" zu