Paris, 25. Mai. Ein Anschlag des Polizeipräsidenten ver­bietet alle Versammlungen der Freimaurer. Die Loge zum großen Orient ist aufgehoben. Die Versammlung wird bis zum Oktober verschoben. (A. Z.)

Dr. Löwe von Calbe, früher Präsident des Stuttgarter Rumpfparlaments, ist von Amerika in London eingetroffen, um sich nach Deutschland zurückzubcgeben.

Die Amerikaner sind so durch und durch Kaufleute, daß sie mit Zahlen auch gegen einander zu Felde ziehen. Der Nor­den rechnet dem abtrünnigen Süden vor, daß er zehnmal so viel Geld, Soldaten und Waffen stellen könne als der Süden; er, der Süden, müsse sich schon durch das Einmaleins geschlagen fühlen, Rechnungsfehler Vorbehalten.

Präsident Lincoln zeigte den fremden Mächten an: er werde die Verbindung mit denjenigen Staaten abbrechen, welche die Commissäre der Rebellenstaaten anerkennen.

Ein Fidschi-Insulaner würde sich der Greuelthaten schämen, die während der letzten sechs Monate in Georgia, Alabama, Flo­rida und Südkarolina an Frauen begangen worden sind. Wenn man hört, daß in mehreren Fällen junge Mädchen inmitten einer Rotte trunkener Strolche völlig entkleidet, mjt Theer bestrichen, aüf einen scharfkantigen Zaunpfahl rücklings gesetzt und so umher­geschleppt wurden, so weiß man genug von derRitterlichkeit" der Sklavenhalter, deren Häuptling in seinen Manifesten, der eckelhaf- testen Heuchelei voll, Gott und die göttliche Vorsehung um den Sieg dergerechten Sache" und derwahren Gesittung" anfleht. Niemals, weder in Rußland, noch in der Türkei, noch zur Zeit der französischen Schreckensherrschaft, hat es einen gräßlicheren Ter­rorismus gegeben, als den, durch welchen jetzt in den rebellischen Sklavenstaaten der Union der Schein vollkommener Einhelligkeit erzeugt wird. Tag für Tag strömen Schaareu von Flüchtlingen nach den Freien Staaten, die mit Hinterlassung ihrer ganzen Habe nur unter unsäglichen Mühen und Gefahren ihr nacktes Leben zu retten vermocht haben. An einem Tag der letzten Woche kamen 150 solcher Flüchtlinge aus Mississippi an, am folgenden 300 aus Richmond allein; aus der einzigen Stadt Memphis (Tennessee) find an 600 geflohen. Sie Alle bringen die entsetzlichsten Berichte über die Mißhandlungen und ErmordungenVerdächtiger", die in den Rebellenkaaten an der Tagesordnung sind. Dort anwesende Flüchtlinge schätzen die Gesammtzahl der seit dem Beginn der Re­bellion aus dem Süden Vertriebenen und Geflohenen auf 20 , 000 .

DaS Lotterieloos.

(Schluß.)

Balducci setzte sich wieder und barg sein Gesicht in seine Hände.

Es ist wahr", sagte er endlich.

Bemühen wir uns denn, die Dinge zu nehmen wie sie sind und unser Haupt vor der Weisheit des Höchsten zu beugen. Der Memch denkt, Gott lenkt: sein Name sei gepriesen!" sagte der brave Priester, indem er seine Kappe abnahm, und sie dann wieder aufsetzte. Warum sagen Sie nicht Amen mein Sohn?"

Amen," erwiderte Balducci und bedeckte sein Gesicht , mit seinen Händen.

Bekennen Sie Ihre Sünde und bitten Sie um Verge­bung, mein Sohn", sagte der Priester, mit der ganzen Würde seines Amtes. Er führte ihn zu einem kleinen Tische am andern Ende des Zimmers. Balducci, gewohnt seinem Beichtvater zu ge­horchen, folgte, kniete nieder, beichtete dem Priester und empfing die Absolution unter dem Versprechen, die vom Pater aufgelegte Buße zu üben.

Diese war nicht streng, obwohl sie Achtsamkeit auf sich selbst von Seiten Balducci's erfordete: der Pater verlangte, daß er seine Frau mit Artigkeit und Aufmerksamkeit behandeln solle.

Wollen wir nun die Signora wieder Hereinrufen?" fragte der Priester. Balducci bejahte eS. Der Pater verließ das Zimmer und kam nach kurzer Zeit mit Bettina zurück, deren bleiches Gesicht und verweinte Augen von der Aufregung zeugten, die sie bestanden hatte.

Balducci reichte ihr seine Hand und bat wegen seines leiden­schaftlichen Betragens herzlich um Verzeihung.

Nun laßt uns auf Vergessenheit des Vergangenen und auf Glück für die Zukunft trinken", sagte der Pater.

Von ganzem Herzen," erwiderte Balducci.Komm', Bettina."

Sie nahmen ihre Plätze am Tische wieder ei».

HDie Flasche ist leer," sagte der Pater Elemente, indem er sie aufnahm und gegen das Lickt hielt ,Sie müssen bei dieser Gelegenheit noch eine hergeben. Ein Hochzeitstag kommt nicht oft mehr als einmal im Leben eines Mannes."

Laß mir ein Licht bringen, Bettina," sagte Balducci, indem er auskand nnd den Kellerschlüssel nahm.

Das Licht ward gebracht und Balducci ging, um noch eine Flasche Wein zu holen.

Nach wenigen Secnnden hörte mau ein lautes Geräusch, als ob Etwas fiel. Der Pater nnd Bettina eilten zur Thüre hinaus, dahin, woher der Schall kam.

Heilige Jungfrau Maria," rief Bettinader Herr ist die Kellertreppe hinunter gefallen!"

Die Treppe war dunkel wie die Nacht, aber ein tiefes Stöh­nen, das von unten herauf tönte, zeigte, daß sie Recht hatte. In derselben Minute hatte sie ein anderes Licht angezündet und stieg hinunter. Balducci lag schwer verletzt am Fuße der Treppe, sein Kopf, hart getroffen, lehnte gegen die Kellerthür. Der Pater war ein starker Mann, mit Bettinas Hilfe trug er den Verwundete» und beinahe Bewußtlosen die Treppe hinauf und legte ihn auf das Sopha in dem Zimmer, wo sie gespeist hatten. Es wurde nach dem Arzte gesandt, der bald erschien und ihn untersuchte, wo sich denn ergab, daß nicht nur der Kopf verletzt, sondern auch ein Bein gebrochen war. Das Bein war eingerichtet, der Kranke ins Bett gebracht und der Wartung und Pflege Bettina's übergeben.

Länger als sechs Wochen mußte Balducci das Bett hüten. Bettinas Güte und Fürsorge war unabläßig; sie war eine unüber­treffliche Wärterin. Auch Pater Elemente besuchte ihn regelmäßig; seine Fröhlichkeit erheiterte den Kranken, während seine Frömmig­keit ihn Ergebung in den göttlichen Willen lehrte. Balducci er- stand von seinem Krankenbette als ein besserer und klügerer Mann; er hatte erfahren, daß es »och etwas Wünschenswertheres gebe als Reichthum.

Wollen Sie nun noch Ihre Frau für 50,000 Zwanziger weggeben?" fragte der brave Pater, als Bettina x,threm Manne die Krücken hielt und ihm half, sich auf dieselben zu stützen.

Nein," antwortete Balduccinicht für 100,000. Ich Hahe gelernt, ein gutes Weib über Alles zu schätzen, und den Gewinn, den ich in der Lotterie des Lebens gezogen, jedem vorzuziehen, den die Kaiserlich-Königliche Lotterie in Wien dar­bieten kann."

Allerlei.

Es gibt einen gewissen Luxus edler Natur, der möglicher Weise ganz an seinem Ort ist. Er darf aber.nur von Leuten zur Schau getragen werden, die nicht blos vermögend genug sind, um dem Nützlichen auch das Schöne und ausgesucht Schöne hinzuzu- fügen, sondern die auch wissen, daß nur das wirklich schön ist, was auch eine tiefere, geistigere Grundlage hat. Das ist nun jedenfalls nicht der Fall, wenn sich ein Mensch zu einer Zierpuppe erniedrigt, die eigentlich nicht mehr ein menschliches Wesen, son­dern ein Haubenstock, ein Hut- und Kleiderständer ist, wo dann nicht der Mensch, sondern offenbar der Hut, der Mantel und die Crinoline die Hauptsache bildet und der arme Mensch eben auch so mitläust. Die Eitelkeit, vorzüglich die Kleidereitelkeit, nimmt bei uns in steigendem Maße zu, sie ist eine traurige Untugend bei Damen, noch trauriger bei Männern, am traurigsten bei Kindern, denn auch da fängt man schon an, die Eitelkeit heranzuziehen, und der schöne Anzug des armen Kindes wird dann zur Staffage und Illustration der eitlen Mama. Es ist eben schlimm, wenn man meint, der Mode durchweg folgen und mit einander in dergleichen Dingen konkurriren zu müssen; die Einfachheit ist die älteste und schönste Mode; am schlimmsten aber steht es aus, wenn das neue Kleid oder der neue Federhut mit bitteren Thränen bezahlt wer­den müssen, die erst später kommen.

Ein Newporker Blatt enthielt folgende Anzeige: »Gestohlen wurden Juwelen im Werthe von 200 Dollars. Dem Drehe, welcher sie zurückbringt, soll eine gute Gelegenheit gesagt werden, wie er doppelt so viel stehlen kann."

England und Amerika find durch mancherlei Bande mit einander verknüpft, am meisten aber durch Baumwolle.

Eine junge Dame sollte Privatunterricht nehmen und ihr Lehrer fragte sie, um ein Lehrbuch zu bezeichnen, ob sie den »Bergmann" oder den Schuhmacher" habe-Rein, einen Studenten", antwortete das rothwer- dende Mädchen zögernd. _

Druck und Verlag der G, W.Zaifer'schen Buchhandlung. Redatti»»: Hölzle.