Dienstnachrichten re.

Seine Königliche Majestät haben vermöge höchster Entschließung die erledigte Sekretärsstclle bei dem Justizministerium dem Kollegialhilfsarbei­ter bei dem Gerichtshof in Ulm, dem Gcrichtöaktuar Länderer von Horb übertragen; auf das erledigte Kameralamt Güglingen den Kameralverwal- ter Böhringer in Blaubeuren, feinem Ansuchen gemäß versetzt; die erle­digte Oberförstersstelle in Rottweil dem Revicrförster Fischbach in Wtld- bad, Forsts Neuenbürg, und die Buchhaltersstelle bei der Salinenkaffe Hall dem bisherigen AmtSverwcser, Kameralkandidaten Leonhardt, übertragen, sowie wegen künftiger Entbehrlichkeit ihrer Dienstleistungen in Folge der bcvorstchcnven Eröffnung der Remsbahn den Postverwalter Aldingcr in Schorndorf, unter Bclaffung desselben im Posthaltereidienst, mit dem seit­herigen TitelPostverwalter" und den Posterpeditor Ivos in Wasseral­fingen je von der Posterpcdition enthoben.

Gestorben: Zu Stuttgart v. Willmar, Hauptmann a. D-, 66 Jahre alt. _

Tages - Neuigkeiten.

'Nagold, 28. Mai. Von der Freigcbung der Fleischtaxe hier, die von den Meisten seither als ein verfrühter Fortschritt betrachtet wurde, insofern die noch bestehenden Gesetze über den Verkauf von Fleisch der auswärtigen Metzger iu die Stadt die Con- currenz völlig unmöglich machen oder doch sehr erschweren, die durch die zu erwartende Gewerbefreiheit wohl aber beseitigt wer­den, hatten wir doch eine erfreuliche Wirkung zu erfahren, indem heute 3 Metzgermeister den Preis deS Kalbfleisches von 9 auf 8 kr. und de» des Rindfleisches von 11 auf 9 kr. herabsetztcn. Kaum hatte aber der Ausscheüer seinen Ausruf beendigt, so ließen die übrigen Metzgermeister bekannt machen, daß sie das Rindfleisch ebenfalls zu 9 kr., das Kalbfleisch aber sogar um 7 kr. abgeben. Da am vergangenen Montag von sämmtlichen Metzgern das Kalb­fleisch von 10 auf 9 kr. herabgesetzt worden, so haben wir hie­bei den seltenen Fall eines Preisabschlages von 3 kr. innerhalb 3 Tagen.

Der durch den Aufenthalt in Walddorf in hiesiger Ge­gend bekannte Kaufmann Carl Heinr. Beck wurde vom Schwur­gericht in Eßlingen wegen Wechselfälschung und betrügerischen Bankerotts zu Ojähriger Zuchthausstrafe verurtheilt. Derselbe hatte bei den 3 innerhalb 12 Jahren vorgekommencn Ganten eine lleberschuldung von 12,955 fl. Die Vertheidiguug bei dem Schwurgerichte führte Rechtskonsulent Becher.

Ein trauriges Beispiel der Bestrafung frevelhaften Fürwitzes hat sich letzten Pfingstsonntag in Kaisersbach, O.A. Welzheim, zugetragen, als der 17jährige einzige Sohn braver Eltern unweit des OrteS vor mehreren seiner Kameraden sich auf einen Baum machte, und auf einem Ast desselben stehend, sich mit seinem Hals­tuch unter dem Vorgeben am Stamme befestigte, er wolle auch einmal das Hängen probiren, unversehens auswischte, und nachdem seine Kameraden, von denen keiner ein Messer bei sich batte, vom Dorfe, wohin sie nach einem solche» eilten, zurückkamen, bereits sein Leben ausgehaucht hatte.

Die bayerische Regierung hat den Ständen einen Nachtrag zum Budget vorgelegt, welcher die Kosten für die beabsichtigte Gründung von vier Realgymnasien, einer Fabrik-Inge­nieurschule und einer polytechnischen Schule enthält. Die Realgymnasien sollen ihren Sitz in München, Regensburg, Nürnberg und Kaiserslautern, die Fabrik-Ingenieurschule in Augs­burg, die polytechnische Schule in München erhalten und sämmt- liche Anstalten, wenn auch noch nicht vollständig, mit Beginn des nächsten Schuljahres ins Leben treten.

Herzog Ernst von Coburg hat zum deutschen Sängerfeste in Nürnberg eine Komposition von ihm: Ein ChorAn die deutsche Trikolore" eingescndet. Das Gedicht ist von dem Herzog!. Cabinetsrathe Herrn v. Meyern.

Der Herzog von Gotha hat nach derGothaer Zeitung" die vom Ausschuß für das deutsche Schützenfest vorgetragene Bitte, das Präsidium zu übernehmen, gewährt und die Oberleitung übernommen.

Hamburg, 23. Mai. Der Antrag Godeffroy's den Se­nat zu ersuchen, sich mit andern deutschen Regierungen behufs der Herstellung einer genügenden Anzahl von Kriegsschiffen zum Schutze der deutschen Nordseeküsten zu verständigen, wurde von der Bür­gerschaft fast einstimmig angenommen. Zugleich sprach die Bür­gerschaft die Bereitwilligkeit Hamburgs aus, zur schleunigen Er­reichung dieses Zweckes mit allen seinen Kräften bcizutragen. Dr. Trittau empfahl Nichtbeschickung der Londoner Weltausstel­lung wegen der feindseligen Haltung Englands in der schleswig­holsteinischen Frage.

Berlin, 24. Mai. Die jetzige Spannung zwischen Eng­land und Frankreich wird hier für bedenklich gehalten. In diplo­matischen Kreisen macht sich mehr und mehr die Befürchtung gel­tend, es werde zwischen den beiden Westmächten in nicht ferner Zukunft zu ganz ernsten Verwicklungen kommen. Die Annäherung zwischen Rußland und Frankreich in Betreff der orientalischen Frage soll in der letzten Zeit wieder bedeutende Fortschritte ge­macht baben.

Mehr als 80 preußische Offiziere haben um längeren Urlaub gebeten, um in Amerika zu lernen, wie man Krieg führt.

Wien, 23. Mai. So ruhig auch in diesem Augenblicke die europäische Weltlage zu sein scheint, so geht doch eine Ahnung durch die Welt, daß diese Ruhe nur eine provisorische ist und der Sturm über Nacht sich entfesseln kann. In Italien zwar fürchtet man nichts, denn es bedarf der Ruhe, um sich zu organiflren, indem es die Herrschaft Oestreichs in Venetien zu bre­chen sucht. Drohend ziehen sich jedoch die Wolken im Orient zusammen, und man fürchtet sehr, daß bald nach der nun nicht länger mehr zu bezweifelnden Räumung Syriens die orienta­lische Tragödie, welche mit dem Tode des kranken Mannes enden wird, beginnen wirb. Bezeichnend ist es in dieser Hinsicht, daß die Insurgenten in der Herzegowina die Anerbietungen Omer Paschas zurückgewiesen haben, und daß auch Serbien trotz der Konzessionen der Pforte noch keineswegs befriedigt erscheint. Auswärtiger Einfluß ist unzweifelhaft hier sichtbar.

Wien, 25. Mai. DieOestreichische Zeitung" meldet: Wegen fanatischer Umtriebe gegen den Protestantis­mus in Vorarlberg wurde kriminalgerichtliche Untersuchung eingeleitet."

Am 25. Mai fand in Genf früh Morgens auf einem öffent­lichen Platze der Stadt die Hinrichtung des dreifachen Mörders Vary mittelst des Fallbeils statt. Dabei ereignete sich, nach der Erzählung des Journ. de Gen., ein entsetzlicher Zufall, ohne Zwei­fel in Folge davon, daß der Delinquent sehr breite Schultern und einen großen Kopf hatte, vielleicht auch in Folge des Widerstands, den er leistete und der die Maschine erschütterte. Im Augenblick, als das Beil fiel, erhob sich ein unendliches Geschrei des Ent­setzens, darauf ein Sturm von Pfeifen und Hallohs gegen den Scharfrichter. Das Haupt Vary's war nicht gefallen. Das Beil war plötzlich durch einen Zufall, ehe es durch den Henker in Be­wegung gesetzt wurde, herabgeleitet und hatte dem Verurteilten, statt den Kopf vom Rumpf zu trennen, nur die Hirnschale weg- genommen. Der Scharfrichter hob entsetzt beide Hände gegen den Himmel, während der ganze Platz (gegen 10.000 Menschen be- fanden sich darauf) in Geschrei auSbrach. Die Menge glaubte, Vary sei nicht todt und man müsse von Neuem anfangen. Glück­licherweise war dem nicht so. Der Delinquent war sogleich todt. Niemand sah an ihm mehr die geringste Bewegung.

Das italienische Heer wird mit dem 1. Juni auf vol­len Friedensfuß gesetzt. Mehrere Bischöfe haben die Betheiligung am Nationalfcst abgelehnt, man befürchtet daher in mehreren Städten Unruhen.

Mailand, 23. Mai. Gestern war Revolution an der Porta Ticiuese, und heute rief die Trommel die ganze Nationalgarde un­ter die Waffen. Um Mittag drangen gewaltsam einige Hundert Mann Gesindel in eine Branntweinfabrik und demolirten sämmt- liche Maichinen, zogen die Zapfen der angefüllten Branntwein­fässer im Magazin und warfen alle Möbel in den Hof. Der Scha­den wird vorläufig von 200,000 Franken bis auf eine halbe Mil­lion angegeben. Der Haufen gab vor, die Fabrik trage Schuld an dem theuern Brodpreise, indem sie die gebrannten Wasser aus Frucht bereite. Da das Militär von den Waffen keinen Gebrauch zu machen Befehl hatte, der Hauptmann aber fortwährend beschimpft und ihm ein Messer auf die Brust gesetzt wurde, da durchstach ein Soldat, der sich vor Wuth nicht mehr bemeistern konnte, den Jnsultirenden. Von der großen Zahl der Verhafteten trugen viele Gold bei sich. Diese Vorfälle sind von größerer Bedeutung, als man ursprünglich glaubte; denn es war eine förmliche Ver­schwörung des Pfaffenthums gegen die neue Ordnung der Dinge, man wollte dabei den Pöbel benützen, Fabriken in Brand stecken und dann die Oestreicher herbeirufen.

Neapel, 27. Mai. Vor de» Thoren der Stadt Sora (Provinz Terra di Lavoro, 8000 Einwohnern) erschien eine Räu­berbande. Die Nationalgarde und die Truppen warfen den An­griff derselben dreimal zurück. Das Feuer dauerte um Mittag noch fort. (S. M.-