Hamletsfrage vermag Niemand zu antworten. Als Advokat ge» winnt Zules Favre an Geld und Ansehen mehr als er als Minister verdienen könnte. Damit er das Opfer bringe, müßte ihm ein politisches Programm von radikaler, durchgreifender Wichtigkeit vorgelegt worden sei». Sein Eintritt in die Regierung würde alle inneren und äußeren Fragen wesentlich berühren. Er wird jedoch nicht eintretcn. (A. Z.)
Paris, 21. Mai. Gestern ging hier das Gerücht von einem Brücke zwischen Frankreich und England, und die plötzliche Ankunft des Grafen Flahault, französtschen Botschafters in London, gab diesem Gerückte Bestand. Wie mir gutuntcrrichtete Personen heute versichern, ist dieses Gerücht zwar grundlos, aber eine Spannung zwischen den Regierungen Frankreichs und Englands laßt sich nickt wegleugnen. (Fr. P.)
Paris, 22. Mai. Prinz Napoleon ist an die Stelle des Prinzen Mnrat zum Großmeister der französischen Freimaurer gewählt worden. (H. T.)
Madrid, 20. Mai. Die Negierung hat erklärt, daß Spanien die Sclaoerei in Santo-Domingo nicht wieder einführen wird. (Jnd. b.)
Die Aerzte haben dem Sultan eine Erholungsreise verordnet; er muß aber daheim bleiben, da kein Kreuzer im Staatsschatz ist.
Petersburg, 20. Mai. Nachdem seit einiger Zeit die Schifffahrt eröffnet worden war, hat die Newa sich unerwartet mit starkem Ladogaeis bedeckt. Es sind viele Schiffe beschädigt worden und viele Getreidebarken gesunken. Der entstandene Schaden ist bedeutend. (W. T. Bl.)
Laut Privatnachrichten nehme» die Tinge in Amerika eine weit schlimmere Wendung, als man ursprünglich anznnehmen geneigt war. Nicht blos die Rüstungen nehmen großartige Dimensionen an, sondern, was das Schlimmste ist: die Erbitterung und der Terrorismus der Südländer steigert sich mit jedem Tag. Leute, die sonst für Amerika enthusiasmirt waren, fürchten Ereignisse, welche die Ausschweifungen der französischen Revolution hinter sich lassen.
New-Usrk, 11. Mai. Mehr als 10,000 Separatsten marschiren gegen Washington. Von allen Seiten des Nordens ziehen Truppcmnasscn dahin. Washington ist also vorbereitet. (T. D. d. Ä. Z.)
Das Lottericloos.
(Fortsetzung.)
— „Wo ist das Loos?" rief Baldncci.
— „Ack leider, ich weiß es nicht," — sagte Bettina — „ich hab's verkauft."
— „Wann? wo? warum?" fragte Balducci.
Pater Elemente legte seine Hand auf den Arm des Tobenden:
— „Ich will sie fragen; überlassen Sie es mir." Dann wandte er sich zu Bettina und sagte freundlich: „Will die Signora mir wohl sagen, was sie über das Loos weiß?"
— „Mein Herr" — aniworletc Bettina, die wieder in die früher gewohnte Redeweise verfiel — „mein Herr wird sich erinnern, daß er, als ich ihm erzählte, daß ich ein Loos genommen, mir Vorwürfe machte, wegen meiner Thorheit, und mir die geringe Wahrscheinlichkeit, einen Gewinn zu bekommen, vorstellte und baß ich fast sicher sein könne, mein Geld zu verlieren."
— „Und warum sagtest Du mir nicht, was Du gethan?" fragte Balducci heftig.
— „Ruhig, sanft!" unterbrach ihn der Pater, der Friedcu- stister, seinen Arm berührend. Dann wandte er sich wieder zu Bettina: — „Will die Signora so gut sein, zu sagen, warum sie nichts von dem Verkauf des Looses erwähnt hat?"
— „Weil mein Herr mir verboten hatte, je wieder davon zu sprechen."
— „Sie sehen, daß die Signora kein Tadel trifft," sagte der Pater.
— „Ich Thor, ich Schöps, ich Pinsel!" — rief Balducci
— „mich so durch meine eigene Dummheit von einem Weibe täuschen zu lassen. Meinen Sie, daß ich würde gehest . . . . ? — er hielt plötzlich inne, sich erinnernd, daß seine Beweggründe, Bettina zu heirathen, nicht rein genug wären, um das Tageslicht zu vertragen. Es trat eine Pause ein. Bcttina's Augen waren mit zitternder Augst aus ihn gerichtet; ihr Schicksal schien an seinen Worten zu hängen. Er schlug sich vor die Stirn. „Ich bin ein ruinirter Mann!" rief er.
— „Nicht so!" — sagte der Pater Elemente — „wenn Sir in der Kaiserlich-Königlichen Lotterie eine» Gewinn eingebüßt haben, so haben Sie dafür i» der großen Lotterie des Lebens einen gewonnen. Ein gutes Weib, wie ich überzeugt bi», daß Bettina es sein wird, ist mebr wertb als 100,000 Zwanziger."
— „Ich will sie für die Hälfte lassen," — sagte Balducci mit Bitterkeit — „ja, ich will sie Jedem, der sic haben will, zum Geschenk machen, sogar noch etwas Hübsches zulegen, um sie los zu werden: sie ist so häßlich wie die Sünde und so alt, wie die Santa Sofia-Kirche selbst."
Statt etwas zu erwidern, nahm der Pater Bettina's Hand und führte sie au die Tbür. „Gehen Sie, Signora," — sagte er — „gehen Sie in Ihr Zimmer für eine kurze Zeit; er wird bald vernünftiger werden."
Ec schloß die Thüre hinter ihr und setzte sich wieder. Bal« ducci rannte wie ein Toller im Zimmer auf und nieder. Der Pa» tcr wartete ruhig, bis seine Wnlh erschöpft war; er hätte es eben so gut versuchen können, den Fluß Brenta, wenn er vom schmelzenden Alpen-Schnce augcschwollen, in seinem Lause zu hemmen, als dieses Mannes Wnth zu dämpfen. Er füllte sein Glas wieder, und das des Wirthes. — Trinken Sie," — sagte er — Sie nöthigen mich, die Honneurs zu machen; der Montmellian darf nicht verduften." — Balbuori nahm mechanisch das Glas und leerte cs.
— „Und nun reichen Sie mir gefälligst einmal die Feigen her."
Baldncci reichte ihm schweigend den Teller. Einige Zeit sprachen Beide nicht — endlich sagte Balducci, als spräche er mit sich selbst:
„Wenn ich das nur gestern gewußt hätte!"
— „Was dann?"
— „Nun, dann hätte sie hinter meinem Stuhl gestanden, statt an meinem Tische obenan zu sitzen."
— „Am Ende" — sagte der Priester, gleichfalls als spräche er mit sich selbst — „ist die Sache für die Signora doch am schlimmsten."
— „Wie wollen Sie das beweisen?" — sagte Balducci, sich anfrichlend. — „Habe ich nicht meine Dienerin geheirathet, indem ich dachte, eine Frau mit einem Vermögen von 100,000 Zwan zigern zu bekommen?"
— „Sie brauchen das Geld nicht — Sie haben immer mehr Geld gehabt, als sie ausgeben können. Was hätte es Ihnen denn genützt, eine so große Summe im Kaste» liegen zu haben, bloß um sie anzusebeu? Sie hätten doch nicht das Herz gehabt, einen Gulden davon auszugeben. Jetzt, indem Sie eine Person heirathen, die Ihnen so lauge und so treu gedient hat, wie die Signora, haben Sie, wenn Sie Ihre Frau nur mit der gewöhnlichen Artigkeit behandeln, sich die liebevollen Dienste Derjenigen gesichert, deren Anhänglichkeit an ihre Familie und an Sie persönlich unzweifelhaft ist. Aber was für Aussichten hat Bettina? Sie ist mit einem Manne verheirathet, dessen Stand von dem ihrigen verschieden ist, der offen erklärt hat, daß er sie wegen ihres angenommenen Vermögens geheirathet und der am Hochzeitstage seinen Aerger auf eine so erschreckliche Weise gegen seine unschuldige Frau ausgelassen hat. Mit dem Verkauf ihres Looses hat sie nur so gehandelt, wie sie glaubte, daß Sie selbst es wünschten."
(Schluß folgt.)
' Allerlei.
— Ein vierundachtzlgjähriger Greis erschien an der Seite eines sechszehnjährigen Mädchens in der Kirche, um sich trauen zu lassen. — DaS Taufbecken befindet sich an jener Seite, sagte der Küster. — Was soll ich mit dem Taufbecken? — Verzeihen Sie, ich glaubte, Sie wollten dies Kind taufen lassen! versetzte der Küster ironisch.
— „Wollen Sie nicht barmherzige Schwester werden?" fragte Jemand eine unvcrheirathetc Dame. „O ja, wenn sich ein geeigneter Bruder für mich findet," war die Aniwort.
Zahlenräthsel.
Willst vom Geschäft Du Dich erholen.
Gehst fröhlich Du durch 2 und 3,
4, 2, 3, 1 kommt nur verstohlen.
Weil stehts geneigt zur Dieberei,
Es ist ein kleines, muntres Wesen,
Das Menschen flieht mit List und Scheu.
Doch unrein ist stets das gewesen.
Was Dir bezeichnet I, 2, 3.
An Wald und Berg, an Kleid und Tuch _ Dir nun 1, 2, 3, 4 auch such.
u»d Verlag der Ä. W. Z aiser'schen Vuldhandtimg. R^akrc»ii: Hölzle.