Monna Lisetta bot ihr einen Sitz in ihrem Laden an und fand auch Platz für den schweren Korb. Bald waren die beide» Frauenzimmer lief in der Unterhaltung. An Skoff fehlte es nicht: nachdem sie das Wetter und die Angelegenheiten ihrer Nachbarn abgehandelt hakten, waren noch die Maaren im Laden zu besprechen. Liselta halte manche schöne Kleider, die sie ihrer Freundin anpries, aber obgleich Bettina hübsche Sachen gerne besah, hatte sie doch nicht Lust zu kaufen; sie schüttelte mit dem Kopfe und sagte, sie habe kein Geld.
— „Tu brauchst nicht mehr lange arm zu sein, wenn Tu es machst, wie Gian Sarpi," — sagte Lisetta — „wenn Tn nur die Hälfte von seinem Glücke hast, so bist Du ein reiches Frauenzimmer."
— „Was hat er denn gcthan und was für ein Glück hat er gehabt?" fragte Bettina, deren Neugierde rege ward.
— „Nun, er hat ein Lotterie-Loos gekauft und hat einen Gewinn von 20,000 Zwanzigern bekommen."
— „Wirklich? Er ist ein glücklicher Mensch!" sagte Bettina. Warum versuchst Du Tein Glück nicht, wenn Tu einen Gewinn bekommst, >o kannst Du Dir nicht nur dieses Kleid, sondern noch viele andere kaufen, welche Du willst."
Indem Lisetta dieß sagte, zeigte sie auf ein großes Placat an der Mauer des Palastes della Ragione, welches in mächtig großen Buchstaben einige Nummern aukündigte, auf die in der Kaiserlich-Königlichen Lotterie Gewinne gefallen und daß noch Loose zu haben wäre».
— „Ich denke selbst daran, ein Loos zu kaufen," — fügte Lisetta hinzu. — „Sich', da kommt Maso Ferrari aus dem Büreau heraus, der hat gewiß auch eins genommen; wir wollen ihn fragen." Sic winkte einem Manne zu, der darauf unter einem breiten grünen Regenschirm die Straße herüber kam.
'— Was habt Ihr da drüben gemacht?" fragte ihn Lisetta, als er seinen Schirm niedcrspannte und in den Laden cintrat.
— „Ich habe mir ein Loos gekauft," sagte er.
— „Dachte ich's doch, daß ihr nicht würdet widerstehen können, nachdem Ihr von Gian Sarpi's Glück gebört. Ich denke auch mein Glück zu versuchen und ich möchte, daß Bettina dasselbe thäte."
— Wenn ich wüßte, daß ich sicher wäre, einen Gewinn-zu bekommen", sagte Bettina zweifelhaft.
„Sicherheit hat man nicht", antwortete Lisetta.
— „Zwei Gewinne, jeder von 100,000 Zwanzigern, müssen sehr bald hcrauskommen" — sagte Maso — „und wenn ich so glücklich wäre, einen zu erhalten," — fügte er mit vor Freude funkelnden Augen hinzu — „so wäre mein Glück gemacht; dann kann ick in meiner eigenen Kutsche fahre», statt diesen grünen Regenschirm über dem Kopfe im Regen zu trage» und durch den Koth zu waten."
— „Und ihr könnt für Eure Fra» ein Kleid von diesem Stoff kauft»," — sagte Lisetta, die ihr Geschäft nie aus Len Augen verlor — „ist das nicht etwas Schönes?" — und sie breitete das Kleid aus, nahm cs dann in Falten und hielt es so in das beste Licht, dann wandte sie sich an Bettina.
— „Ja. gewiß, es ist hübsch," — sagte die Haushälterin — „ich möchte cs sehr gern haben, aber ich habe kein Geld, um mir's anzuschaffen."
„Ach, Du wirst anders sprechen, wenn Du einen Gewinn in der Lotterie bekommen hast."
— „Dummes Zeug! Unsinn! Ich denke nicht daran, ein Loos zu nehmen."
Bettina trat an den Eingang des Ladens und blickte nach dieser und nach jener Seite, um zu sehen, ob der Regen nachgelassen, hielt auch die Hand hinaus, um es zu fühlen.
— „Der Regen läßt nach," — sagte sie — „ich muß eilen, daß ich nach Hause komme. Wenn Ihr denselben Weg mit mir geht, so seid Ihr wohl so gut, mich unter Euren Schirm zu nehmen?"
— „Mit Vergnügen", erwiderte Maso. Bettina nahm ihren
Korb, sagte Liesetta Lebewohl, hob ihr Kleid über die Enkel auf, damit es rein bleibe, und ging mit Maso bis zur Pforte von Balducci's Hause; hier dankte sie ihm für seine Begleitung, ließ sich ein und verschloß die Pforte hinter sich. (Forts, f.)
Allerlei.
— Ein Engländer, welcher vor drei Jahren eine» Theil von Mittrlamerika durchreiste, berichtet unter Anderem von der dorti
gen Zuckcrfabrikatioin „Als ich einen Pflanzer gelegentlich nach seine» Syrupfässern fragte, führte er mich in einen Hühnerstall. Hier sah ick mich vergebens nach' dem Syrup um, bis der Pflanzer einen Stab in einen Trog mit Hühnerkotb steckte, und diesen Unrath bei Seite schob, worauf dann unken im Trog der Syrup z» sehen war. Erstaunt fragte ich, warum er auf solche Weise mit seinem Syrup umgebe; er aber antwortete ruhig: „Ei, das macht hier Jedermann so, und das schadet dem Syrup nicht!"
— Sogar die Chinesen stellen Las deutsche Volk als abschreckendes Beispiel auf. Ein chinesisches Aktenstück, das Burkhard in seiner Missionsbibliothek miilheilt, lautet: „Unter allen Völkern jenseits des Meeres glaubt kein Bolk so sehr au den Herrn des Himmels, wie das deutsche, und doch sind die Bewohner Deutschlands zerrissen, ihre Macht ist in Stücke geschlagen, ihr Gebiet ist mehr als einmal gethcilt worden; eS ist eine Masse in Trümmern, ein Scherben berg."
Lattdwirtlifchaftliches.
Tödtet die Maikäfer! Im „Bund" wird folgender dringende Mahnruf an die Landwirthe veröffentlicht: Felder, Matten und Gärten sind in den letzten zwei Jahren in einem solche» Maße durch Engerlinge verwüstet worden, wie cs seit undenklichen Zeiten nie der Fall war. In diesem Jahre feiern diese Unholde ihr AuferstchnngSfest und zwar gerade zu dem Zeitpunkte, wo die jungen und zarten Blätter und Blüthcn der Bäume den aus ihrer Metamorphose enstaudenen Maikäfern die ihnen dienliche Nahrung und bas Mittel gewähren, nm Milliarden und abermals Milliarden Eier dem Schvvße der Erbe anzuvertrauen, auS denen eine solche Schaar von Engerlingen erwachsen wird, daß eine Hnngersnoth und allgemeines Vichsterbcn, wie cs jetzt in Ostindien der Fall ist, Folge davon sei» kann. Zunächst wird der zu erwartende Obstsegc» in nichts zerfallen.
Was nützen diesen Milliarden gegenüber Käsermandate und vom Staate ausgesetzte Prämien? Nur ein gemeinsames Vorgehen aller Landwirthe kann gegen diese Laudeskalamität schützen. Jeder größere oder sonst für bas Gemeinwohl empfängliche Land- wirth erkläre sich in Gemeindeversammlungen oder durch die Presse bereit, für ein Viertel ihm rechtzeitig, das heißt in der ersten Zeit ihres Fluges, »('gelieferter Maikäfer eine den Lokalvcrhältnisscn angemessene Summe zu zahlen. Viele Tausende von Kindern und sonstigen Hülssbednrftigeii werden in später Abend- und früher Morgenstunde die Bäume und Acste, auf welchen sich die Käfer aufznhalten pflegen, schütteln und ihre Beute gegen Baargeld Umtauschen.
Ter Landwirth ist daran gewöhnt, zu rechnen. Ihm zur Antwort: Je mehr Käfer vertilgt werden, desto weniger Schade« an den Feldern, Matten, Gärten, Obstbänmcn und Wäldern; — die Käfer in die Jauche geschüttet, geben einen viel billigem und kräftigem Dünger, als der Guano; — ans den gekochten Käfern wird viel und gutes Oel gewonnen; — die getrockneten Käfer sind ein vorzügliches Futter für die Hühner.
Rühret Euch selbst, Jbr Landwirthe, verlasset Euch nicht erst auf die Maßregeln Euerer Regierungen und denket daran, daß dasjenige, was Ihr in diesem Jahre vernachlässigt, Euch tausendfachen Schaden bringen wird.
Schonet den Maulwurf! Ein Berner Blatt erinnert beim Hcrannahcn des Frühjahres an die Schonung des Maulwurfs, der einer der besten und nützlichsten Freunde des LandwirthS ist, indem er die schädlichen Engerlinge und Werren tödtet. Die landwirthschaftlichen Vereine und Behörden sollten sich die Abstellung der Verfolgungssucht dieses nützlichen Thieres, welche in der Unkcnntniß des Volkes wurzelt, besonders angelegen sein lassen. Die Maulwürfe tödtcn, heißt das Ungeziefer in Garten und Feld hegen.
Putzet das Vieh! Der „Allgemeine Anzeiger" in Trier erzählt Folgendes über den Einfluß des Putzens beim Rindvieh: Eine Milchkuh, die daran gewöhnt war, täglich zweimal mit Striegel und Bürste geputzt zu werde», wurde zum Zwecke eines Versuchs innerhalb 14 Tagen gar nicht geputzt. Die Milchmenge betrug während dieser Zeit 11 Maas weniger als in 14 Tagen vorher, obwohl die sonstigen Verhältnisse in keiner Weise geändert worden. Von den Pferden gilt dasselbe, daher das alte Spruch« wort: „Gut geputzt ist halbes Futter."
Druü und Verlag der G. W. Laiser'fchen Buchhandlung. Äekakuou: H lzle.