Die maroni tischen Bischöfe in Syrien habe» von der europäischen Commission verlangt, daß 4000 von den 11,000 Drusen im Libanon hingerichtet werden sollen, zum wenigsten 1200. So erzählte der englische Minister dem Parlamente.

Der Wildfeuig.

(Fortsetzung.)

Er drebte sich zn ihr, matz einen Moment überrascht die Fragen» und entgegnete dann weich:

Nein; ich träumte sie mit dunklem Haar und Auge und denke mir, ihre Züge müssen denselben Ausdruck tragen, der sich jetzt in dem Antlitz meiner lieben, kleinen Jsabeau zeigt."

Sic schaute mit freudiger Verwirrung zn ihm auf, sie sprach nicht. Aber in dem schimmernden Blicke, der sich auf sein Gesicht richtete, konnte er all das Gluck lesen, welches seine Worte her- vorgerufen, und fühle», wie leicht nnd schnell ei» Kindesherz zu beseligen sei.

Als er nun fort und sie allein war, flog sie zn dein Sessel, auf dem sie das Bildchen znrnckgelasse», trug behutsam wieder­um z» der Balconlhür und vertiefte sich in das Anschauen dessel­ben, bis es dunkelte und sie hinuiilergcrufen wurde.

3.

Am nächsten Morgen hatte Fink stakt der sonst so unwir­sche» und ungeduldigen Jsabeau eine sanfte nnd lernbegierige Schülerin.

Nach Beendigung der Stunden war der Hofmeister froher und zufriedener, als seit Wochen. Lein Beruf schien ihm lieber zu werden, und er trat hoch anfathmend zum Fenster, während sich das alte Lächeln über seine Züge breitete nnd die finstere Stirn glättete.

Dort lief Jsabeau über den Rasen. Jetzt kreuzte sie die Vogelbecrstraße, nnd was sie so sorgfältig eingcwickelk in der Hand trug, was konnte es anders sein, als das Bild, welches Ziegen­peter bewundern sollte?

Fink ging im Zimmer ans und ab. Wie wenig hatte ihn gekostet, das Kind zu gewinnen, und wie wohllhätig hatte die Freude Jsabeaus auf ihn zurückgewirkt! Er griff nach dem Hute, ^er wollte hinnntergehen, um die kurzen Lonnenblicke zn geniesten, welche der späte Herbsttag noch bot.

Sich ein Liedchen pfeifend, schleuderte er durch den Park. Da sah er plötzlich das Mädchen schon aus dem Walde znrückkeh- ren; er blieb stehen, um sie zu erwarten.

Doch als Jsabeau ihre» Lehrer ans der Ferne gewahrte, schlug sie einen Scitenpfad ein, denn sie wünschte ihm sichtlich auszuweichen.

Fink sah unmuthig diese Bewegung und murmelte:

Ich glaubte die Laune dieses unartigen Tinges bezwungen zu habe», aber das Unkraut ist nicht so leicht auSzurvtten: es kommt und wächst über Nacht."

Und achtlos über den Rasen schreitend, stand er nach weni­gen Minuten vor der kleinen Gräfin Jsabeau, die, als sie sich gefangen sah, langsam das gesenkte Antlitz zn ihm emporhob.

Was ist Ihnen?" fragte er betroffen über den traurige» Ausdruck in ihren Zügen.

Sie vermochte nicht gleich zu antworten, ihre Stimme kämpfte mit den verhaltenen Thränen.

Haben Sie doch Vertrauen zn mir," fügte er bit­tend hin,».

Papa hat den Ziegenpeter fortgeschickt, weit weg, schon seit zwei Tagen weil ich lieb und gut gegen ihn war. Ich habe ihm kein freundliches Wort zum Abschiede sagen können: aber er hat Kolmas Grab mit grüne» Zweigen bestreut und mir und dem Pferdchen so Lebewohl gesagt. Nun habe ich Niemand mehr Peter und Kolwa waren meine einzigen Freunde Beide sind mir genommen."

Sie kniete in dem welken Laube am Wege nieder, drückte die Hand vor das Gesicht und weinte bitterlich.

Eine eigenthümliche Rührung überkam den jungen Mann, als er so zum zweitenmale auf das trostlose Kind niederschante und sich ihres ersten Zusammentreffens im Walde erinnerte.Jsa­beau," sagte er leise, indem er sich tief zu ihr herabbeugtc und seine Hand sanft auf ihr Haar legte,ich will Ihnen ein treuer, liebender Bruder werden; vielleicht gelingt es mir, Ihnen Kolma und Ziegenpeter zu ersetzen, und Sie, Jsabeau, Sie werden die Schwester sei», welche ich mir erträumt nnd ersehnt habe wol­len Sie das?"

Hier» eine

Ja", lächelte sie durch ihre Thränen nnd reichte ihm die Hände, welche er in die seinen nahm, während er freudig in ihre Angen schaute.

Das Mädchen hielt ihr Bersvrechen. Dem neuen Bruder zn gefallen, bezwang sie ihr auffallendes Wesen. Sie fügte sich dem Willen ihres Vaters, sobald ein Blick des Hofmeisters sie da­rum bat; sie brachte ihm sogar noch ein grösseres Opfer, sie ver­söhnte sich scheinbar mit Arthur. Aber Fi'nks Bestrebe», daß das Kind auch mit Liebe und Freundlichkeit den Wünschen und Befeh­len des Grafen Nachkommen möchte, blieb fruchtlos. Sie gehorchte mürrisch nnd finster, nicht weil ihr kindliches Gefühl sie dazu trieb, sonder» weil ihr Lehrer es wollte.

* *

*

Jahre waren seit jenem Frenndschastsbündnist verflossen, in denen Fink treulich seinem Amte vorgestanden, nnd erst als die Er­ziehung der Gräfin vollendet, sich mit seinem Zögling Paul auf Reisen begeben halte.

An den grauen Mauern von Schloß W.'llda schien diese Zeit spurlos vorübcrgegangen. Die steinernen Knappe» schauten wie immer griesgrämig ans ihren Nischen herab ans die Landschaft, die heute verjüngt im ersten, vollen Schmuck des Frühlings prangte. Die leichten Zweige des Cvtisus beugten sich unter der Last der goldenen, traubenformigen Blüihen, der Sehneeball schüttelte seine weißen Blättchen a»f den Rasen nnd die Hollunde,dusche füllten die Luft mit ihrem Wohlgeruch. Vom Flusse herauf tönte der Sang einer Nachtigal, welcher eine andere von der entgegengesetz­ten Seite des Parks antwortele.

Als die Sonne sich eben langsam den fernen Bergen zu­neigte, wurden die GlaSkhüren des Saales geöffnet, nnd zwei weibliche Gestalten traten auf den Balcon, die Eine groß und schlank, die Andere zart und klein. Beide schauten eine Weile schweigend hinaus in die Abendlandschast.

Lieh nur," sagte die Letztere, indem sie ihre blühende Wange an die Schulter der Freundin legte nnd die schweren Wimpern niederschlng,sieh nur, Jsabeau, die Staubwolke dort auf der Chanssöe sollte daS nicht . . ."

Es ist die Ziegcnhcerde, welche Heimgetrieben wird", ent- geguete die Angeredete, ihre glänzend schwarze» Augen auf die Vogelbcerstraße richtend, während ein wehmnthSvolles Lächeln um ihre Lippen zuckle nnd ihr Kopf auf Elis' hellblondem Haar ruhte.

Unterdeß wandelten zwei Herren die Allee hinauf, welche zum Schlosse führte. Jetzt hatten sie den Linbenplatz erreicht und blie­ben unter einem Banme still stehen. Der Jüngere legte die Hand auf den Arm seines Begleiters und zeigte schweigend nach dem Balcon.Man möchte bei diesem Anblick an Tassos Leonoren denken", flüsterte der Andere, dessen Angen unverwandt an der rei­zenden Gruppe hingen.

Glücklicher Tasso," murmelte der Erste;ihm ward viel gegeben Rnhm und Liebe."

Beides Gaben, die ihn unglücklich machten!" entgegnete sein Gefährte.Daß man doch fast niemals mit Dem zufrieden ist, was der Himmel gibt, oder daß vielmehr seine Geschenke in unseren kindischen Händen so seltsam das Glück zu verscheuchen vermögen, das in ihnen liegt."

Oh, sehen Sie nur, Fink, wie die wenigen Jahre sie vol­lendet haben: cs ist ein Madonnenantlitz, vor dem man anbctend niedersinken möchte. Und auch meine Schwester wie anders» sie mahnt mich an die Francngestalten in den alten Heldensagen; sie muß Ihnen zu einer Chriemhilde sitzen."

Ein leiser Ruf der Ueberraschnng vom Balcon herab störte die Herren in ihrem bewundernde» Schauen. Sie eilten ins Haus, und bald lag Paul in den Armen des alten Grafen, der dann seine Hand dem Hauslehrer entgegenstreckte und Beide nach zwei­jähriger Abwesenheit in Wellda willkommen hieß.

Nun," sagte er zn diesem, indeß sein Blick den Sohn noch mit stillem Vergnügen maß,es scheint, das Reisen hat den Jun­gen flügge gemacht; da zeigt sich ja ein Anflug von Bart auf der Oberlippe, und das Milchgesicht ist auch ein wenig braun gewor­den. Schade, daß er nicht im Waffcnrocke gesteckt hat die Haltung könnte an einen verkommenen Schulsnchs erinnern. Brnst heraus, Kopf in die Höhe! Zum Teufel, .Paul, ich muß Dich das Excerciren lehren, damit.Du einen ritterlichen Anstand bekommst, wie es sich für einen Wellda ziemt."

(Fortsetzung folgt). , _

'Dru^ und Verlag der Ä. W. Z a i' e r'fcktn DuLhanNurg. Äetakrü'n: H j lz k».

Beilcir," 4. ^