deren Willen ich nichts, gar nichts tbun kann. Was ich sichle, darf ich Ihnen sagen. Ja ich liebe Sie, und wenn Ihr Stand nnS trennen »>, so Thränen drangen aus den schonen Augen. Sie wendete sich ab.

Trennen muß? rief Dürbcck. Welcher Stand? Karoline, soll denn der Stand mehr gelten, als unser Herz? dieser Stand, der mir immer wie eine Fessel antag? Nein, von jetzt an, von jetzt an bin ich dein. Lassen Sie uns zu Ihrer Mut­ter gehen. Sie entscheide, ob wir beide unglücklich sein sol­len, weil ich einen Namen führe, den ich nie gebraucht habe, und dessen ich nie um glücklich zu sei» bedurfte. Ich beschwöre Sie, sogleich mit mir zu Ihrer Mutter zu reisen. Sie entscheide, ob ich glücklich sein soll oder nickt.

Und Sie sind unabhängig, fragte sie mit einem Blick ans den Grafen. Vollkommen, antwortete Türbeck. Dieser Mann wird Ihnen die Bestätigung geben. Ich habe feierlich seinem Vermögen entsagt, und noch einmal wiederhole ich es, selbst wenn Ihrer Mutter Ausspruch mich zu einem freudenlosen Le­ben verdammt, selbst dann habe ich dem Vermögen und mei­nem Namen entsagt. Mein Oheim weiß, ob auf das Wort zu Lauen ist. Sie sehen, ich bin unabhängig, Karoline, lassen Sie uns reisen.

Karoline besann sich. Gut, sagte sie: ich reise heute zu meiner Mutter. Bis dahin aber leben Sie wohl. Sic ver­beugte sich.

Der Graf hatte mit finstern Blicken aus Karolinen ge­hangen. Er wollte die Milde in seiner Brust unterdrücken und konnte es nicht. Der Anblick des Mädchens setzte alle seine bes­sern Empfindungen in Bewegung. Er begriff nicht, wie das zuging; nicht, wie ihm geschah. Er stand unentschlossen da. Endlich machte ein Seufzer seine Brust freier. Also du bist ent- schlossen, Neffe? fragte der Graf.

Entschlossen um jeden Preis! Und deine Mutter? Ich werde ihr schreibe» und um ihren Legen bitten. Karl, Karl! nein, ich will dich nicht bitten, deinen Entschluß zu än­dern, ich kenne dich! ich weiß jetzt, es ist vergebens. O! sagte er sehr sanft, ich weiß noch mehr. Aber darum will ich dich bitten, daß du deine Mutter sprichst. Vielleicht .... Sie reisen, Mamsel, wohin? Nach Hamvurg. Da geht Ihr Weg bei Rollenhagen weg. Haben Sie den Muth, dort des jungen Menschen Mutter zu sprechen? Sie sollen reisen, wenn Sie wollen, und Ihre Entschlüsse bleiben dieselben. Ka­roline, die freilich die Lage sehr drückend fand, mit nach Rol­lenhagen zu gehen, willigte dennoch ein. Sie wollte ihren Geliebten prüfen. Nach ein paar Stunden, die der Graf mit Bitten zubringen mußte, um Karolinen bei ihrem Ent­schlüsse fest zu halten, der ihr höchst seltsam vorkam, wie sie ihn überlegte, saßen sie im Wagen, und sichren nach Rol­lenhagen.

Wie sic ankamen, wurden sie auf des Grafen Zimmer geführt. Die Frau von Dürbcck empfing die fremden Frauen­zimmer sehr artig. Eben hob der Graf an, eben ergriff Dür- beck seiner Mutter Hand, da stieß Karolinens Pflegemutter Ka- rolinen an, und zeigte ihr ein Portrait, das an der Wand hing. Karoline sah das Portrait an, wurde blaß, sie sah den Grafen voll Unruhe an. Was istJhnen, mein Kind? fragte die Frau oon Dürbcck. Gott! rief Karoline ängstlich, und zeigte auf daS Portrait: das ist meine Mutter! Der Graf sprang herzu. Wie? rief er noch ängstlicher: wie? das da? wie? Ihre Mutter? das ist nicht möglich, mein Kind. Aber sagen Sie doch, wie kom­men Sie darauf?

Karoline zog ein Miniaturporlrait ihrer Mutter, das sie ihr geschenkt hatte, aus dem Busen hervor, und hielt cS dem Grafen hin. Es ist meine Mutter! rief sie noch einmal. Der Graf nahm das Miniaturporlrait, und erkannte es sogleich. Er hatte es Wilhclminen selbst geschenkt. Er wurde bleich, er zitterte, er taumelte in einen Stuhl. Deine Mutter? rief er schwach. Deine Mutter? cs ist nicht möglich. Er sprang wie­der auf. Er faßte Karolinens Hand mit wilder Heftigkeit. ES ist nicht so! Die Pflegemutter bestätigte cs. Wer war dein Vater? rief der Graf, und sah zitternd zum Boden. Der Ma- l»r Franke. Also war deine Mutter vcrhcirathet? fragte er

trostlos. Mein Vater starb, che ich geboren war. Wann bist du geboren? Karoline nannte das Jahr und den Tag. Der Graf legte einen Augenblick lang die Hand an die Stirn' dann flog er mit dem lauten Freudengeschrei: Meine Tochter! meine geliebte Tochter! auf Karolinen ein, drückte sie an seine Brust, und überströmte sie mit Thränen.

Die Frau von Dürbcck wußte allein nicht, was sie ans der seltsamen Szene machen sollte, daß der Vater seine Toch­ter zu sich bringt, um sie da erst recht feierlich zu erkennen. Jndeß sic benahm ihrem Bruder alle Zweifel. Daß das deine Tochter war, sagte sie: hätte ich vorher beschwören wollen. Sie steht dir ja ungemein ähnlich; aber wozu diese Komödie? Du wirst doch wohl keine Fremde nach Rollenhagen bringen, um sie als deine Tochter zu erkennen? Und deine Mutter mein Kind, rief der Graf außer sich: wo ist sie? Gott im Himmel! wo ist meine Wilhclmine? Laßt anspanneu! Niemand als der Graf allein verstand das Räthsel. Karoline sah so betäubt aus, wie die andern, und von dem Grafen war nichts heraus- zubringcn. Er küßte Karolinen, zerfloß in Thränen, und rief nach dem Wage». Der Wagen fuhr vor. Keine Einwendun­gen halfen. Die vier Angekommenen setzten sich in den Wa­gen, und fuhren fort. Die Frau von Dürbcck blieb allein, und sann, und sann, was das alles sollte, und sann nichts heraus.

Die Reise ging Tag und Nacht, und nach dreien Tagen kamen sie in Hamburg an. Der Graf stürzte ans dem Wagen, hinter ihm Karoline und ihr Geliebter. Man riß die Thüre auf, uud der Graf von Rollenhagcn warf sich in Wilhclminens Arme. Wilhelmine! rief er. Sie erkannte ihn an der Stimme. Es dauerte auch hier lange, che sich Erklärungen durch den Sturm der vielfachen Leidenschaften Platz machen konnten. Wilhelmine legte ihrer Tochter Hand in Dürbccks, und segnete sie. Dann warf sie einen verlegenen Blick auf den geliebten Grasen. Der Graf umarmte seine Tochter, und sagte: gib mir deiner Mutter Hand, meine Tochter. Dir wird sie sie nicht abschlagcn. Karoline lag an ihrer Mutter Brust, uud die Mutter reichte, auf ihrer Tochter Busen weinend, dem Grasen die Hand.

Um siebenzehn Jahre dieses Glücks, rief der Graf, hat mich meine Schuld gebracht. Ja, siebcnzehn Jahre voll Thrä- uen und Sehnsucht setzte Wilhelmine sanft hinzu: gab mir mein vielleicht zn strenger Stolz. Ach, welche Stunden haben wir verloren! Du nicht, Wilhclmine, rief er zärtlich: du hattest deine Tochter, und ich nichts als das Gefühl meiner Schuld.

Nach ein paar Tagen reisten sic zusammen nach Rollen- Hagen ab. Der Graf erklärte feierlich seine Heirath mit Wil­helminen seinen Verwandten, und bei der Erziehung seiner En­kel sagte er nichts so oft als: ich bitte Euch, lehrt sie keine Vorurtheile. Ihr wißt nicht, wie groß die Stärke der jugend­lichen Vorurtheile ist. Mir kosten sie siebenzehn glückliche Jahre.

Allerlei.

Ein Wirth in Bayern verkaufte sein Bier zu 6 kr. das Maas, und behauptete, doch an jedem Maas 6 kr. zu ver­dienen. Er rechnete: um 1 kr. schenk' ich zu wenig ein, um 1 kr. gieß' ich Wasser d'runter, um 1 kr. trink' sich mit dem Gast, und um 1 kr. läßt Jeder gern stehen, macht 6 kr. Profit. Es geht doch Nichts über einen schlauen Rechner.

Sinnspruch.

Nur der Kluge fügt bescheiden Sich in's ewige Geschick.

Richtet aufwärts selbst im Leiden Ohne Groll der Seele Blick.

Auflösung des Näthsels in Nro. 98: Waghals.

Truck und Verlag der G, W, Z a i se r'schen Buchhandlung. Reduktion: HSljle.

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