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sckenS nach Rollenhageu zn seiner Schwester zurück und ries: ich bin verloren! Sie ist verschwunden!
Wie die Schwester seine Reisen crsnhr, so fing sie an zn glauben, daß Wilhelmine doch wohl keine Rolle gespielt hatte. Vorher batte sic gesagt: die listige Schlange! jetzt sagte sie: das ciusältige Geschöpf! Wehe dem Mensche», daß ihm so oft die Tngcnd nichts ist als List oder Dummheit! Was muß diesem Menschen das Leben sei» ? und was das Grab 's Der Graf überließ sich einer finstern Melancholie, von der ihn zwar die Zeit wieder heilte; aber Wilhelmincns Verlust ersetzte ihm nichts auf der Welt. Seine Verwandten machten mehrere Versuche, ihn zu verheirathen. Sie brachten die reizendsten Mädchen, die gebildetsten Mädchen mit ihm in Verbindung. Der Gras verglich sie mit seiner verlornen Wilhelmine, und er blieb kalt. Er machte noch von Zeit zu Zeit Reisen, um Wilhelmine» irgendwo zn finden, allein immer vergebens. Endlich vergrub er seinen leichte», wehmüthigen, aber unauslöschlichen Kummer mit sich in die Einsamkeit seiner Guter. Hier noch umschwebte ihn der woblthätige Genius Wilhelminenö. Er theilte seine Zeit in Smdiren und in die Wohlthätigkeit gegen seine Unter- tbanen. Man gab es endlich aus, ihn verheirakhet zn sehen, und der junge Dürbeck wurde zu seinem Erben erklärt, und so nach den Ansprüchen auf den Reichthum seines Oheims erzogen.
Wilhelmine reiste indeß mit ibrem Kummer, aber auch mit dem beruhigenden Gefühle, daß sic recht gethan batte, weiter. Sie ging nach Hamburg zn, dort glaubte sie als Gouvernante oder in einer andern Lage am ersten untcrzukommen Sie traf mit noch einem andern Wagen ans einer kleinen Posi- station zusammen. Die Reisenden waren ein ältlicher Mann von einem schönen Aussehen, und seine Frau, mit einem lieblichen Gesichte. Der Mann hob Wilbelminen von der Postchaise. Sie aßen zusammen. Man fand, daß sie alle nach Hamburg wollten. Die Fremden thaten Wilhelminen de» Vorschlag, da sie keinen eigenen Wagen hatte, in dem ihrigen mit zn reisen. Das wurde gerne angenommen.
Man reiste weiter? Der Fremde fragte Wilhelminen, wer sie sei. Sie antwortete im Gefübl ihres Schmerzes: eine unglückliche, von ihren. Manne verlassene Frau. Der Fremde sah sie forschend an. Er fragte nichts weiter als nach ihrem Namen. Madame Franken.' Ter Fremde ließ sich nun mit Wilbelminen in ein umherlansendeS Gespräch ein, und nach einer Weile rief er: der Bösewicbt! Wilbelmine sab ihn groß an. Ich meine, sagte er: ihren Mann. Er war ein sehr edler Mann, mein Herr, sagte Wilhelmine sanft bereueich: nur das feinste Gefühl der Ehre hat uns getrennt. Ter Freunde fragte nicht nach ihren Schicksalen, so wenig wie seine Frau, was ihnen Wilhelmine verdankte. Er fragte narb ihren Absichten in Hamburg. Wilbelmine sagte sie ihm. Wilhelmine fühlte aus dieser Reise die Aufheiterung, welche eine geistvolle Unterhaltung gibt. Der Fremde erzählte von seinen Reisen, er kannte eine unglaubliche Menge Menschen und zwar sehr genau. Es uabm Wilhcl- minen nicht mebr Wunder, da sie erfuhr, daß der Fremde der Directer des Schauspiels aus Hamburg rar.
In Hamburg nahm der Directer Wilbelminen mit zu sich. Er hörte sic singen, spielen, er hörte sie lesen, und dennoch that er ihr den Vorschlag nickst aufs Theater zu geben. Wil- bekmine laszuwcilen für eine fehlende Artrize eine Rolle in den Leseproben. Sie laS richtig. Man feuerte sie an, und dennoch tbat ihr der Directer den Antrag nicht, aufs Theater zu gehen. Wilbelmine siel selbst ans den Einfall. Ihr Wirth stellst ihr die Last dieses unendlich schweren Standes vor. Wilhelmine glaubte ihm nicht. Sie widerlegte alle seine Einwendungen, und sie betrat die Schaubühne. Ihre Schönheit, ihre Stimme, ihre richtige Sprache: ihr schnelles Gefühl machten sie sehr bald zu dem Lieblinge des Publikums. Sie wohnte bei dem Directer, und cs wurde iebr bald gewiß, daß sie so tugendhaft als schön war.
Schon nach drei Monaten machte die Frau deS DirecrerS die Entdeckung, daß Wilhelmine Mutter werden würde. Wilhelmine eri'ckrack zwar vor dieser Entdeckung; aber doch hob sich ein schönes Gefühl des Entzückens in ihrer Seele. Jetzt, jetzt
wurde ihr das Andenken des Grafen nncndltch tbencr; jetzt hob sich die Liebe wieder bis zn dem Wunsche, ihn nicht verlassen zu haben. Ihre Gefühle erhielten durch das Gefühl Mutter zu werden etwas Ueberirdisebes. Ein heiliges Feuer fachte sich in ihrer süß beklemmten Brust an. Sie lebte hier in einer Art von Ueberfluß. Sie legte von ihrem Gehalt zurück, anfangs, wie der Directer sagte, für ihr Alter, jetzt für ihr Kind. Eine neue Empfindung belebte sie. Sie hatte bis dahin die ersten Liebbaberineu ^'mackst; jetzt wählte sie in einem Trauerspiel die Nolle einer Mutter, und die Worte: ich werde bald Mutter sein! die fast immer ein Lächeln bei dem Parterre hervor- gebrackst hakten, setzten sie in dem Trauerspiel mit einer solchen Erhabenheit, die Thräue» drangen bei den Worten so gewaltsam aus ihren Augen hervor, das Gesicht war so heilig, so entzückt dabei, daß ein allgemeines Gefühl der edelsten Rührung das Haus ergriff. Niemand lachte, obgleich WilhelminenS Gestalt die Worte bestätigte. Sie wurde endlich die glückliche Mutter eines gesunden Mädchens, und ihr Entzücken war ohne Maß.
Sie erzog ihre Tochter mit einer Vorsicht ohne Gleichen. Sic nahm jetzt fast gar keine Besuche an, und gab keine als nur bei den Bessern ihrer Gesellinnen. Ihr Zimmer jwar ein Heiligthum, über ihre Schwelle kam das Gelächter nicht, nicht der fröhliche Leichtsinn ihres Standes. Bei ihrer Tochter war Wilhelmine eine Heilige, eine Priesterin der ernsten Tngcnd, der Ewigkeit; ans der Bühne nur die fröhliche Priesterin Tha- liens. Sie machte sogleich in den ersten Jahren ihres neuen Lebens die Erfahrungen, daß die Alten wohlgethan hatten, kein Frauenzimmer auf die Bühne zn bringen. Sie selbst wäre wieder von der Bühne abgetreten, wenn die Sorge für ihrer Tochter Leben und! der Ruhm sie nickt gehalten hätten; allein sie war fest entschlossen, ihrer Tochter die Bühne völlig zu verschließen. Sic scheute die schlüpfrige» Bretter der Schaubühne, und sie gab das Beispiel, daß die Tugend sie betreten kann, ohne zu gleite».
(Fortsetzung folgt.)
Allerlei.
— jllcber die Erkennung guter Legchcunen.j Es ist auffallend, wie wenig Sorgfalt gemeinhin darauf verwendet wird, gute Legehennen von mittelmäßigen zu unterscheiden, wodurch der Nutzen, welchen die Hühnerzucht abwerfen sollte, sehr vermindert wird. Wenn man, anstatt hundert Hühner zn besitzen, von denen jedes jährlich 70-80 Eier legt, ebenso viele andere füttert, welche das Iabr über im Durchschuss nur 35—stO Eier legen, so wird das Produkt, mithin auch der Nutzen kaum die Hälfte dessen betragen, was er betragen könnte , zumal es auch Hühner gibt, welche jährlich gegen 120 Eier legen. Alle Hennen beginnen in der Regel nach dem auf ihre Geburt folgenden Winter zu lege». Beachtet man nun in dem ersten Jahre, wo sie legen, die Zeichen der guten Legehennen und läßt in den drei bis vier darauf folgenden Jahren, in welchem Lcvcnsalter die Hennen am meisten Eier legen, im Hühnerstall nur solche Legehennen beisammen, welche die betreffenden Zeichen auffallend darbielen, so muß derselbe offenbar die möglichst große Ausbeute geben. Diese Zeichen sind zweierlei Art. Die ersten Zeichen geben der Kamm und der Bart. Ein je lebhafteres Dnnkelscharlachrotv diese Theile zur Zeit des Eierlegens haben, um desto besser ist die Henne und desto reichlicher legt sic. Zu derselben Zeit, wo diese Theile sich dunkeler färben ^ wird die den Bart berührende Ohrcnscheibe viel weißer. Man glaube nicht, daß dieser Umstand sich als bloßer Farbengegensatz kund gibt; denn die Thatsache läßt sich anatomisch Nachweisen. Bei mittelmäßigen ober schlechten Legehennen wird die rorhc Farbe des Kammes und des Bartes immer blasser, die Obrenschcibe hingegen schmutzig-weiß, sogar gelblich-rosenrot!,. Das zweite Zeichen liefert die Beschaffenheit der Federn - quastc um »nd vorzüglich unter dem Steiß. Je großer dies. Ouastc, je ähnlicher sie einer dem Ausblähen nahen Artischocke ist, eine desto bessere Legcrin ist die Henne und umgekehrt.
Triickvuk v'-rlagk-rG. W. Züncr's-ben-vi-ckbandlung. Nckakt'-»:
Triickvuk v'-rlagk-rG. W. Züncr's-ben-vi-ckbandlung. Nckakt'-»: