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selben, veranlaßt durch Rücksichten auf Höchst D ero Gesundheit, die Wintcrmonatc zuzubringeu gedenken. Während der Abwesenheit Seiner Majestät werden diejenigen Staatsgeschäfte, welche Seine Majestät Sick nickt zu eigener Entschließung Vorbehalten haben, durch den Ministerrath besorgt werden, in welchem Seine Königliche Hoheit der Kronprinz den Vorsitz übernehmen wird.
Stuttgart, 20. Nov. Der heutige Staats-Anzeiger enthält das Gesetz über die Einziehung der württembergischcn 2-, 10- und 35 fl.-Sckcine und die Ausgabe von neuen 10 fl.- Notcn, sowie die hierauf bezügliche Verordnung, nach welcher die alten Scheine bis zum 31. Dez. 1859 au allen Katzen für- voll angenommen werden. Außerdem werden vom 1. Dez. d. 2. au bei allen Kameralämtern die alte» Scheine umgewechsell; halbe und Viertel-Scheine jedoch nickt angenommen.
Vom Sckwarzwald, 16. Nov. Die Zeit desZopsab- schneidens scheint vorüber zu sein, aber jetzt gehls an die Nasen. In der vorigen Woche bekamen zwei Schuftersgesellen im Löwen zu G- mit einander Streit, der auf der Slrage damit endigte, daß I. dem Sä,l. die Nase mitten aus dem Gesiebt schnitt; der edle Shell blieb noch an ei» wenig Haut hänge», sonst wäre er am Ende in der Hitze des Streits ganz verloren gegangen. Dem ziemlich großen Gestchtsoorsprung Sckl. hätte eine kleine Bearbeitung und Zustutzung nichts geschadet, so war aber der Scknitt zu radikal und mußte darum der Nasenaltzchneider gegen seinen Willen seinen Sitz in Balingen nehmen. «D. V.)
Mainz, 16. Nov. Uebcrmorgcn, am Jahrestage der Pulvcr-Erplosion, findet in der Tomkirchc und der evangelischen Kirche Morgens ein Gedäcktnißgottesdienst statt. In der Synagoge findet der Gottesdienst um 3 Uhr Nachmittags, der Stunde des verhängnißvollen Ereignisses, statt. Tie Theatervorstellung unterbleibt an diesem Tage. (F. I )
Die Münchener, namentlich ihre Frauen und Töchter, müssen ein ungemein starkes Rechtsgefühl haben; denn als neulich am frühesten bitterkalten Morgen der Mörder Krieger hingerichtet wurde, wollten sic lieber selbst erfrieren, als den Ver
brecher nicht köpfen sehen.
Der Fürst von Hohcnzollern hat auf jeglichen Gehalt, welcher ihm aus seiner Stellung innerhalb des Ministeriums erwachsen könnte, verzichtet. — Herr v. Manteuffcl, der abgetretene Ministerpräsident, hat die ihm zngedachte» Diamanten zum schwarzen Adlerorden nickt angenommen, sondern den Werth derselben, 3500 Thaler, sich auszahlen lassen und das Geld dem Krankenhanse Bethanien geschenkt.
Eckern förde, 12. Nov. Man wird sich erinnern, welchen Insulten der Mann, der daS Hoch aus die kürzlich hier einrnckcnden holsteinischen Bundestruppen auSbrachtc, von Seiten des dänischen Militärs ausgesetzt war. Er wurde nicht imr mit den entehrendsten Schimpsworlen, sondern mit entschiedenen Handgreiflichkeiten bedacht. In Folge Dessen wurde eine Klage gegen einen gewissen Korporal Niels, n anhängig gemacht, welcher die Handgreiflichkeiten denn auch eingeräumr haben muß. Denn obschon man, außer einem Polizeidicner, keinen einzigen der vorgeschlagenen Zeugen abhörte, wurde Nielsen dennoch zu zweitägigem Arreste, und zwar „wegen eigenmächtigen Verfahrens" verurthcilt. Wie verhält sich aber die Strafe in umgekehrtem Fall, wenn ein deutscher Civilist sich an einem dänischen Militär reibt? Man höre: ein anständiger junger Mann gebrauchte neulich' das Wort „Hanncmann" als Spitznamen zu einem Freunde, der notorisch von seinen College» scherzweise so genannt zu werden pflegt. Ein dänischer Wachposten stand in der Nähe und bezog den Spitznamen aus sich. Darauf hin wurde dem jungen Mann eine Strafe von fünf Tagen bei Wasser und Brod zuerkannt und eine Appellation von der höheren Instanz verworfen. Als eine Hoffnung heilerer Zeiten begrüßt man hier das kräftige Auftreten Deutschlands in der holstein-lauenbnrgi- scken Angelegenheit. Man rechnet daraus, daß. wenn Holstein erst einen Theil seiner Selbstständigkeit wieder erlangt, es sür nnS mit in die Schranken treten wird, auch wenn für Deutschland ein solcher Schritt nicht mehr thunlich scheine. <N. Pr. Ztg.i
Paris, 16. Nov. S. M. der König von Württemberg wird morgen in Nizza erwartet. S. M. reisen incognito und
haben fick alle Ehrenbezeugungen verbeten. Ter Großfürst Eon- stamiu soll Ende dieses Monats in der ^genannten Stadt ein- trcffen. ' (H. TZ
Paris, 17. Nov. Tie Reise des Großfürsten Konstantin nach Nizza soll mit einigen lebhafte» Verhandlungen in Verbindung sieben, welche dieser mit seinem Bruder dem Ezaren Alerander über die Haltung des russischen Adels gehabt hat. Ohne der Emancipatiou der Bauern und den vom russischen Kaiser gehegten Resormabsichten feindlich eutgegenzutreten, soll der Großfürst doch größere Svmpathiecn für den Adel an den Tag lege», als dem Ezaren angenehm ist. (H. T.)
Paris. Eine Marseiller Depesche meldet, daß nach Berichten auS Rom alle Großmächte sich für die Herausgabe des jungen Mvrtara verwandt, aber eine abschlägige Antwort erhalten hätten. Die römische Zeitschrift Olvillr (-Mollen enthält eine Auseinandersetzung über die Angelegenheit Mortara. tT. D. d. H. T.)
In Petersburg tödtete der Tenorist Molmanofs die Primadonna Averonicb aus offener Scene, im Angesicht deS Publikums. Letzteres wurde durch diese furchtbare That so in W»lh gesetzt, daß cs, nach einem Moment der Erstarrung, alles im Parterre nicht Niet- und Nagelfeste, Stöcke, Obernguckcr, Lckirme und Stühle nach dem Mörder ans die Scene schleuderte, der sofort sestgeuvinmen wurde. s§t. A.)
Die Stärke des Bornrtheils.
lFortsetzung.)
Der Gras erhielt bei seiner Zurückkunsl folgendes Billct: „Ich erspare Zhneu, lieber Gras, und mir die Neue, daß wir unS geliebt haben, durch meine Abreise. Ich liebte allein Sie, nickt Ihren Rang; auch Sie liebten mich, das weiß ich mit fröhlicher Ueberzengnng in dieser trostlosen Stunde meines Lebens. Eine Verbindung mit mir mußte Ihnen ein Opfer scheinen; das allein konnte ich nicht zugebeu. Großmuth ist es nickt, die mich von Ihnen reißt, wie Sie leicht »ach Ihrer Art zu fühlen glauben möchten. Es ist vielmehr reines Selbstgefühl meines Werths. Auch hat mir die Ab: nie weit weniger Ücberwindnng gekostet, als nur das Dableiben gekostet haben würde. Ich will lieber weinen, als zittern, ueber unglücklich sein, als mir selbst verächtlich. Unsere Herzen täuschten sich mit einer Stärke von Tugend, die erst da§ Loos einer glücklichen Zukunft sein wird. Ich konnte nichts tbnn, als den süßen Irnbnm unsrer Herzen verbessern. Sie werden mich nie vergessen, und ich werde Sie ewig lieben; und wenn schon ein Vornrtbeil uns trennte, ick bin gereckt genug zu glauben, daß Sie es werkh waren, von diesem Vorurtheile frei zu sein. Wilhclminc."
Ter Gras überlaö das Billct hundertmal, und verstand eS nickt. Er kannte ja den Idecugang Wilhelminens nicht. Er hielt in der That ihre Abreise für Großmuth, die nichts als der edelste Stolz des Mädchens gewesen war. Er setzte sich sogleich zu Pferde. Er ritt von Poststalion zu Poststation. Er verlor indes! sehr bald ihre Spur, und kehrte trostlos zurück. Sobald er Wilhelminen nickt mehr hatte, fühlte er innig die Größe ihres Verlustes. Er wäre jetzt im Stande gewesen, um ihre Hand vor dem Angesichte des ganzen Adels auf den Kniecn zu bitten. Er verwünschte seine ttnschlüsstgkeit, seinen Stolz, besonders da er nach und »ach durch Ueberlegung fand, daß der Vorschlag einer heimliche» Verbindung ihm ohne Zweifel Wilhelminen geraubt hatte. Er verwünschte seine Schwester, seine Verwandten. Er erklärte jetzt seiner Schwester, die von Wilhelminens Abreise gar nichts begriff, mit sehr planen Worten und bestimmter Versicherung, daß er Wilhelminen heirathen würde, sobald er sie fände. Er sagte das laut und öffentlich, er schrieb das seinen Verwandten; und die Frau von Dürbeck, die Wilhelminens Abreise für nichts als einen Theaterstrcich hielt, um die Sehnsucht ihres Bruders zu spannen, glaubte sich verloren. Sie sagte ibm mit bitter» Svott: o wenn das dein Ernst ist, Bruder, so sei ruhig, die Prinzessin wird sich wieder-- finden. Dieser Kunstgriff ist so abgenutzt, baß ick mich nur wundere, wie er dick täuschen kann. Der Graf schrieb, ritt, fuhr, reiSte, fragte; allein der Aufenthalt Wilhelminens blieb verborgen. Er kehrte nach sechs Monaten unablässigen For-