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ihn etwas von seinem Herzen zn erfahren, zu verdanken gehabt habe, läßt fich weder geradezu bejahen, »och verneine»; daß Dorchen aber nach seiner Erzählung etwas stiller und beinahe einsilbig geworden ist, kann durchaus nicht geleugnet werden.

Verwünschter Kerl! mußt du die Nose mit Händen an­greifen !" wiederholte sie, vor sich nachsinnend, so bald der Reitknecht sich entfernt hatte, und so wie Heinrich denn der mußte ja doch gemeint sein durch die eben empfehlende Benennung aus dem Munde seines Herrn um einige Linsen bei ihr sank, so stieg der Herr wenigstens um eben so viele; denn daß keine wirkliche Rose, daß sie selbst unter dem Bilde der Rose verstanden worden war, das hatte das schone Dorchen, durch mädchenhafte Eitelkeit schlau gemacht, augenblicklich erra- then.Die Rose war ja über und über eingepackt" dachte sie lächelnd, und vorher das weiß ich gewiß ist der Hein- rich keiner zu nahe gekommen. Hm! wer würde auch von so etwas in der Nacht träumen? Dag aber der Herr Jagdjun­ker herüber schielte, als der Heinrich mir in das Gesicht fuhr, daß er die Stirn in recht verdrießliche Falten zog, das weiß ich auch wieder gewiß. O der liebe Herr war doch recht um meine Ehre besorgt, und wahrhaftig ich muß mich schämen, daß ich es nur zu solcher Vertraulichkeit kommen ließ was wird er nur von mir denken? Wahrhaftig ich könnte ihm nicht wie­der unter die Augen treten, oder ich müßte mich todt schämen!"

Einige Tage noch kamen diese Gedanken von Zeit zu Zeit wieder in Dorchens Seele, und sic konnte und konnte sich die begangene Unschicklichkeit nicht vergeben; aber nach und nach sprachen sie seltener und immer seltener bei ihr ein, und höchst wahrscheinlicher Weise wäre alles bald gänzlich vergessen worden, hätte nicht Bodo selbst sich unvcrmnthet wieder eingefnndcn.

Kurz, wie der Jagdjunker zu dem Reitknechte gesagt batte, war allerdings der Spazierritt. Denn ob er sich gleich vorge­nommen hatte, erst um die Schläge zn reiten und nur ans dem Rückwege bei Fabian cinzusprcchen; so hatte doch der schöne Engländer, vermuthlich bloß aus Unachtsamkeit des Reiters, den Weg gerade zu dem Thore hinaus genommen, wo der Gärtner wohnte, und Arlhcim hielt, ohne es selbst recht zn wissen, gerade vor der bewußten HauStbüre. Was war zu thnn? Bodo sah durch die runden, nur wenig aufgethaucten Scheiben, sprang dann vom Pferde und band cs an den Fensterladen.

Man denke sich jetzt Dorchens Erschrecken, da sie, durch das Getrappel aufmerksam gemacht, gleicher Gestalt durch das Fensterchen sah und den Herrn Jagdjunker gewahr ward; man denke sich ihre Verlegenheit! Der Vater war im Gewächshause; die Base war ausgegangen und sie selbst eben im Begriffe, sich die Haare aufzuflcchlen.

Es ist gewiß ein schönes Ucberbleibsel altdeutscher Zucht und Sitte, *) daß die Mädchen ans den unteren Ständen sich weit ungerncr in bloßen, zumal in fliegenden Haaren von männ­lichen Äugen überraschen zn lassen, als die vornehmer» Frauen­zimmer in dem leichtesten Nachtgewande. Dorchens goldgelbe Locken, waren sie gleich so schön, als nur irgend ein Gärtner- mädcheu im heiligen Römischen Reiche, welche zeigen kann, hatte außer dem Vater gewiß noch kein Männerauge gesehen, und jetzt jetzt klopfte der reizende Bodo an die einzige Ausgangsthür.

Mit unbeschreiblicher Angst, die ihr keine Besinnung »er­stattete, rannte sie, ohne herein zu rufen, im Stübchen umher, konnte ungeachtet alles Snchens, nirgends eine Art von Kopf­bedeckung finden, und fuhr in diesem Augenblicke, als Arlbeim öffnete, wie ein gescheuchtes Reh hinter den grünen, colossali« scheu Ofen, wo sie sich noch zu mehrerer Sicherheit mit dem gleichfalls nicht zwerghaften Großvaterstuhl, so viel es dessen Schwerfälligkeit erlaubte, verschanzte.

Ist Niemand zu Hause?" fragte Bodo, ob er schon die Fliehende ein wenig bemerkt hatte. Keine Antwort! Aber er konnte die schöne Ueberraschung sich nicht ganz versagen. Ah sagte er, sich umdrehend da ist ja wohl Dorchen?"

*) Es scheint in älteren Zeiten ein Vorrecht reiner Jungfrauen gewesen zn 'ein, an ihrem Brauttage und da vermutlich zum ersten Male in blosen Haaren zu erscheinen. Wenigstens findet man noch jetzt in mancken, besonders in reiibsstädtischen, Taufzeugniffcn: daß des N- N- Mutter als Braut in freien, fliegenden Haaren zur Kirche gegangen

Ach gnädiger Herr!" stammelte das arme Mädchen hinter ihrer Brustwehr in halb weinerlichem Tone hervor, drückte sich immer fester in den Winkel, und zog endlich die Schürze über den Kopfich bitte, ich bitte sie recht sehr mein Vater ist im Treibhansc und ich habe die Haube noch nicht aufgesetzt."

Sind sie unbesorgt, liebes Kind!" erwiederte Bodo mit Gefühlich gehe ja schon!"

Er gieng in der That augenblicklich, und so wie diese Schonung, ja selbst in diesem Augenblick das feinere Sic an der Stelle des vorigen vertraulichen Du'S auf Dorchen einen dunkeln, aber a»ch unvcrlöschlichcu Eindruck zurück ließ; so konnte auch Bodo diese Scene der reinsten, kindlichsten Unschuld und Verlegenheit nie wieder vergessen. Vielmehr erschien sie ihm bald im auffallendsten Gegensätze mit der Schneider-Scene an Julianens Toilette, und das zitternde, schamhaft erglühende, vor Angst fast weinende Gärtnermädchen mit den schönen, blon­den, dem bochrothen Kopfbande entschlüpften Flechten, schwebte ihm späterhin wenigstens eben so oft vor, als ihm die Baro­nesse, bald in schwarzer , bald in blonder, bald in brauner Pe­rücke in Aufsätzen u In Uinvn, n In Lnpplio, n In rauschend entgegenflog.-

Bodo wandelte, da er die liebliche Blonde verlassen hatte, in tiefem Nachdenken nach dem Treibhause. Er hatte sich vor- gcnommen, den alten Fabian zur Rebe zu stellen, oder wenig­stens dessen Schuld durch schlaue Fragen heraus zu locken, statt dessen wurde er aber selbst ein wenig betroffen, als der Alte ihm zurief:Willkommen, gnädiger Herr! Nun, nicht wahr, meine Blumen halten sich wacker?"

Der gnädige Herr antwortete mit einem kurzen, etwas mürrischen: Ja, so viel er wisse! berichtete aber bald dem ehrlichen Fabian mit zunehmender Freundlichkeit, daß er selbst, ohne zu wissen, wie? seit kurzer Zeit ein erstaunlicher Blu­menliebhaber geworden sei, und daher für sich etwas anssuchen, auch von Zeit zn Zeit wiederkommen wolle.

Das war nun Fabian Kohl herzlich zufrieden; man wurde bald wieder Handels einig, und Bodo ließ die Blumen durch einen Gartenarbeiter nach Hanse schaffen. Denn daß er den Heinrich darnach hcrausschicken könne, mochte ihm wohl nicht bcifallen.

So lauge auch Bodo Unter mancherlei sehr unnöthigen Fragen und Erkundigungen noch zögerte, so ließ sich doch Dor­chen dieß Mal nicht wieder erblicken; als er aber ausstieg, er­schien sie erreichend auf einige Augenblicke am Fenster Ob es wohl Zufall dabei war. Saß sie heute ihren Sonntags-Kopf­putz ergriffen und mit den schönsten ihrer Bänder umwunden Harle?

(Fortsetzung folgt.)

Allerlei.

Tuchkleider zu reinigen. Man kocht 3 Lotb ge­wöhnlichen Tabak, 1*,Maas Wasser, taucht in die heiße Brühe eine etwas steife Bürste und bürstet das Kleidungsstück nach al­len Seiten tüchtig durch, bis die Flüssigkeit ins Tuch gedrungen ist. Zuletzt streicht man mit der Bürste nach dem Striche des Tuches und hängt dann das Kleidungsstück zum Trocknen auf. Man hat hiebei keinen Nachthcil für das Tuch zu fürchten, von welcher Farbe cs auch immer sein mag.

Wasserglas stattSeife hat man in neuerer Zeit vielfach angewendet. Aus amtlichen Mitthetlnngen an den Ver­ein zur Beförderung dcS Gewerbfleißes in Preußen entnehmen wir, daß eine Geldersparniß von zwei Drittheilen erzielt wird. Die Wäsche wird 24 Stunden lang in eine Mischung^ von 1 Gewichtstheil Wasserglas und 100 Gcwichts-Theilen Wasser ein- geweicht, dann mit Seife nachgewaschen, gespült und getrocknet. Eine nachtheilige Einwirkung auf die Wäsche ist bis jetzt nickt bemerkt worden, wohl aber die vortheilhafte, daß diejenige Wäicke. welche aus gebleichten Leinen besteht, viel weißer wird als bei dem Einweichen in Aschcnlauge.

Druck und Verlag der G, W. Z a iscr'schen Buchhandlung. Redaktion: Holzte-