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re» Sie selbst das, was ich Ihnen sagte, als ein anvcrtrautcS
Gehcimniß — und nun-dars ich ans Ihren Beistand
rechnen?"
Ich bezeugte mit dem theilnehmcnsten Herzen meine Bereitwilligkeit, obschon mir, aufrichtig gestanden, diese Art von Auflösung, wonach ich nur als verkannt ein Interesse eingeflösst zu haben schien, nicht die willkommenste war.
Der Hofrath gab mir sodann den Wunsch ;n erkennen, daß die Zusammenkunft unvorbereitet und ganz zufällig scheinen möge. Er besitze — sagte er mir — in der Vorstadt einen aufs Feld berausgchcnden Garten, wozu jedem der Eintritt erlaubt sei. Dort halte die bewusste Person, einer Enr halber, in diesem Frühlinge sich auf, und pflege jeden Morgen um sechs Uhr i» und vor dem Garten spazieren zu gehen. Wäre cS mir nun gefällig, mich einmal um diese Zeit dort eiuzufiuden, so werde das Begegnen sich von selbst geben, Er selbst werde jedenfalls in der Nähe sein.
Ich versprach, mit dem ersten wolkenleeren Morgen z» kommen. Wir schieden von einander als Freunde, die durch ein gemeinschaftliches Unglück verbunden find. Zuweilen kamen mir wohl Fragen, wie diese: Ist sie seine Geliebte? Hat er dich vielleicht getäuscht, oder will er sie täuschen? — Doch ich unterdrückte diesen Verdacht augenblicklich, und erkannte die Schwäche meines Herzens.
Die schöne Abendröthe versprach meinem ungeduldigen Herzen einen heitern Morgen, und die ausgehende Sonne erfüllte meine Hoffnung. Ich war schon um fünf Uhr angekleidet, und schon halb sechs Uhr nach dem bezeichnetcn Orte. Hier setzte ich mich ans eine grüne, bebuschte Anhöhe, von wo aus ich den ganzen Garten übersehen konnte.
Noch hatte die bestimmte Stunde nickt geschlagen, als die Thürcn des Gartenhauses sich öffneten und zwei wcisse Gestalten durch die Wcimutbskiefcrn hcranfsckwebken. Ich erkannte ohne Mühe die junge Dame mit ihrem Mädchen. An des Fräuleins Morgenkleidung sah man kein Schwarz mehr; ein hellrother Shawl umwehte ihren schlanken Wuchs. Sie brach nahe am Hause einige Blumen ab, und steckte sie an die Brust.
Leicht und fröhlich, wie cs schien, dock mit einer gewissen wehmüthigen Freude, setzte sie ihren Weg fort. Sie schien sich des Morgens mit inniger Heiterkeit zu srcnen, und sprach dann und wann lächelnd mit ihrer Gesellschafterin. Wo eine Nachtigall schlug, blieb sie lauschend stehen.
Mein Herz klopfte höher in sckmerzlichsüßer Empfindung. Ein reizendes weibliches Wesen, »ach allem, was ick von ihr wußte und sah, so tiefer Schmerze», so reiner Freuden fähig, mußte ans mich, vorzüglich an diesem Morgen, bei dieser gespannten Erwartung, den tiefsten Eindruck macken
Der Verabredung gemäß hielt ich eö für nöthig, mich von meiner Erhöhung unbemerkt zu entferne», und seitwärts durchs Gebüsch aus sie zuznkvmme». Meine Unbekannte, von ihrem Mädchen in der Ferne begleitet, lief fröhlich aus eine entgegengesetzte Erhöhung, warf sich auf den Gipfel mit einer Art lyrischer Entzückung im jungen Grafe nieder, und richtete die Augen nach der Sonne.
Jetzt trat ich aus dem Gebüsch. Mich gewahr werden, und sich fast von dem Hügel Herabstürzen, war eins! — „Bist du's? bist dn'S wirklich? Hab' ich dich wieder?" — rief sie wiederholt, und schlang ihre Arme um mich.
Ich wich zurück; ihr Auge traf auf meine Armbinde.
„Du bist's! Ja, du bist's! Nur so konntest du znrückkeh- ren!" — rief sie von neuem, wie mit Triumph. —„ Sv sprich doch! So rede doch! Wie entgingst du dem Tode? O sei nicht so kalt, nicht so stumm!"
Alle meine Bitten, sich zu beruhigen, alle meine Beschwörungen, mich anzuhören, fruchteten nichts. Sie dankte laut Gott; sie küßte meinen gelähmten Arm; sie presste meine Linke feurig an ihr Herz.
Nun erst konnte ich mich losmachcn. Sie stand einige Augenblicke, als dächte sie tief nach, als wollte sie einen Gedanken sesshaften, der ihr immer cntschlüste. Ich sah angstvoll nach ihrem Mädchen; der Hofrath trat nach einigen Minuten aus einer Scitenalle. — „Still, Heinrich!" — sagte sie, und
erhob warnend den Finger. Wunderbar! auch mein Borname war ihr bekannt.
Ter Hofratb empfing mich, wie einen ganz Unbekannten. Die Dame schien darüber erbittert, doch zu stolz, um eine Ent- decknngSscene veranlassen zu wolle». Ich nannte ihr »leinen Namen. Sie stutzte. Doch schien sie auch diess sich bald zu erklären, und stimmte nun mit auffallender Lebhaftigkeit in den Ton einer willkommenen, aber neu angeknüpsten Bekanntschaft. Wir sprachen über verschiedene Gegenstände; sie redete über alles mit Scharfsinn und unglaublicher Zartheit, doch flammte manchmal gegen den Hofrath ein Strahl von Zorn in ihre» dunkelblauen, übrigens so sauft schwärmerischen Augen.
Der Hofrath drückte mir nack einiger Zeit verstohlen die Hand, und schien sich über den glückenden Erfolg der Zusammenkunft zu freuen. Ich selbst sah noch nicht deutlich; denn, war eö bei dem Fräulein Verstellung, so war diese, ich möchte sagen, furchtbar weit getrieben; war alles ihr Ernst, so ließ sich wieder das Vorhergehende gar nicht erklären. Auf jeden Fall verstattete es der Anstand, diesen bänglichen Besuch nunmehr abzubrechen.
Niemand hatte dem Anscheine nach etwas dawider. Doch benutzte die Dame einen unbeobachteten Augenblick, und flüsterte mir zu: „Kommen Sie heute Abends!"
Ich entfernte mich mit tausend sich widersprechenden Gefühlen. Wemutb, Mitleid, Zweifel, vielleicht auch geheime zärtlichere Regung, kreuzten sich in meiner Seele. Ich mochte gar nicht mehr über die Sache Nachdenken, und muffte es doch immer aufs neue! (Schluß folgt.)
Aller! ei.
— sEinc künstliche Tabakierc.j Lord C-, bekannt durch seine zahlreiche» Exccntritäten, kam vor einiger Zeit zu einem der ersten Dosen-Fabrikanteil von Nantes. — Ich möchte, sagte er, eine Dose, auf welcher mein Schloß abgebilbet ist. — Das ist sehr leicht, erwiderte der Fabrikant, Mylord brauchen mir nur die Zeichnung Ihres Schlosses zu geben. Doch ich wünschte, daß am Thore des Schlosses auch ein Hunde- hänschen mit einem Hund stehe. — Auch das ist sehr leicht. Ja, aber ich mochte noch, daß der Hund, sobald man ihn ansieht, in sein Häuschen kriecht und erst wieder herauSkömmr, wenn man ihn nicht mehr ansicht. Können Sie das? — Der Dosen-Fabrikant wirft seinem Kunden einen Blick zu, um zu sehen, ob man ihn nicht zum Besten hält, faßt sich schnell und erwidert: Das ist sehr schwer und die Dose würde sehr lheucr kommen. — Das ist mir gleich. — Tausend Thaler! Gut 1000 Thaler! — In einem Monat werde ich die Ehre haben. Ihnen die Dose zu bringen. — Ich verlasse mich darauf. Nach einem Monat kommt der Fabrikant zu Lord C. —- Mylord, hier ist die Dose. — Lord C. nimmt das Kleinod und besichtigt es. — Hier, sagt er, ist mein Schloß mit den Thürmen, hier ist auch das Hänschen, aber wo ist denn der Hund? — Haben Eure Herrlichkeit nicht gesagt, daß der Hund verschwinden solle, wenn man ihn ansieht? —Allerdings! — Und dann erst wieder zum Vorschein kommen soll, wenn man ihn nicht mehr ansieht? — Ja und dann? . . Nun Sie haben hinge« sehen: der Hund ist im Häuschen. Stecken Sie diese Dose nur in ihre Tasche, so wird er sogleich herauskommen. Lord E. denkt — einen Augenblick nach und sagt: Nichtig! ganz richtig : Er steckt die Dose in seine Tasche, nimmt aus seinem Portefeuille drei Banknoten zu 1000 Francs und behändigt sie bankend dem geschickten Dosenmacher.
— Ein Liebhaber darf keinen fünf Sinnen nicht zu unbedingt trauen! Ein Solcher machte seiner Schönen einst zum Borwurf, sie habe sich von einem Nebenbuhler die Hand küssen lassen, — was sie entrüstet in Abrede stellte. „Aber ich habe es sa gesehen", versicherte er. „So, jetzt bin ich gerade überzeugt", hielt sie ihm entgegen, „daß du mich nicht liebst, da du deinen Augen mehr als meinen Worten glaubst."
— Ein Wiener Schusterjunge soll gesagt haben: Die chinesischen Diplomaten müßten famose Fiaker abgebcn, weil sie das Ausweichen so gut verstehen-
Druck und Verlag der Ä. LL. Zais« r'schcn Buchhandlung. Ridaklinn: H»izle.