den können, wurden zu diesem Bchufe benutzt. Die ganze Umgegend war von diesem Bruche, sowie von der Veranlassung desselben unterrichtet. Leider aber matz die öffentliche Meinung Deinem Vater uubegreislicher Weise die Hauptschuld bei. Da konnte ich es nicht länger ertrage». Drei Jahre nach Deiner Geburt drang ich aus's Neue so lange mit Bitten und Vorstellungen in Deinen Vater, bis er endlich sich eutschlotz, dein Brüder die Hand zur Versöhnung zu bieten und ihm zugleich das Versprechen zu leisten, ihn für immer im ungestörten Besitze des Siegelringes zu lassen. Er thal dietz in einem Briese an Sigismund. Ich feierte einen Triumph in meinem Herzen, als hätte ich eine lang belagerte Festung erobert. Der Brief ging ab, und cs erfolgte, wie sich erwarten lietz, ein ganz erwünschtes Antwortschreiben, welches zugleich eine Einladung an Dei- neu Vater enthielt, seinen Bruder an einem der nächste» Tage, wo sie den Bund ihrer Herzen erneuern und befestigen wollten, auf eine Jagdpartie zu besuchen.
„Der Tag kam, und Tein Vater machte sich, begleitet von seinen Hunden, auf zu seinem Bruder. Ach, Gott! es sollte der letzte Abschiedstutz sei», den er mir auf die Lippen!" — Heftiges Schluchzen hinderte Hildegard an der Fortsetzung ihrer Erzählung, welche nach einiger Zeit aljo erfolgte:
„Nach der ergreifenden Bewillkommnuugsscene, von der aber zufällig Niemand Zeuge war, schickten sich die beiden Brüder zur Jagd in dem nahen Forste an. Beide hielten sich während der Jagd zusammen und blieben immer in einiger Entfernung von dem übrigen Jagdtrosse, bis endlich Sigismund bei Verfolgung des Wildes sich etwas von Sebastian entfernte. Nicht lange währt es, so fällt ein Schutz, dem ein gräßlicher Laut des Schmerzes aus SigiSmund's Munde folgt. Sebastian stürzte nach der Gegend hin, woher der Laut kam, suchte Sigismund auf und findet ihn röchelnd und in feinem Blute schwimmend am Boden liegen. Anfangs glaubte er, datz er durch eine unfreiwillige Entladung seines eigenen Gewehres den Tod gefunden; doch bald überzeugte er sich, daß SigiSmund's Gewehr noch geladen sei, und vermißte an dctzen Hand den stählernen Siegelring, der vor wenigen Minuten noch sich an derselben befand. Natürlich mutzte er auf den Gedanken kommen, datz ein Raubmörder das Leben seines Bruders geendigt hatte. Mit blutendem Herzen eilt er zur Jagdgesellschaft, um ihr das Schreckliche zu verkünden. Mai, schrickt zusammen; als man aber von der seltsamen Beraubung vernimmt, schüttelt man bedenklich den Kopf und raunt sich 'schreckliche Vcrmnthuugen in daö Ohr. Statt Theilnahme zu finden, wird Sebastian mit durchdringenden und von tiefem Abscheu zeugenden Blicken gemessen. Während Einige sofort aus dem Forste eilen, angeblich um auf die Schreckensnachricht vorzubereiten, schickten sich die klebrigen an, den Leichnam nach dem Schlosse zu bringen, und, im Innersten erschüttert, folgt Sebastian dem langsam vorrückendcn Zuge. Doch noch nicht hatte er mit demselben das Ende des Forstes erreicht, als drei Personen des Gerichts auf dem Platz erscheinen, die sich der Person Sebastian'» versichern, um ihn nach dem Gefängnißthurme abzuführen. Alle noch so heiligen Versicherungen Sebastian's von seiner Unschuld, alles Sträuben war vergeblich; er mutzte sich in die eiserne Gewalt des Gesetzes fügen und es geschehen lassen, datz er, als ein in sehr hohem Grade des Brudermordes Verdächtiger, bis aus weitere Untersuchung in engem Gewahrsam gehalten wurde."
„So mutzte mein thcnrer Gemahl, den ich an der Frcu- dentafel des versöhnten Bruders glaubte, den Abend und die Nacht im schauerlichen Thurme durchwachen. An dem Morgen, welcher dieser fürchterlichen Nacht folgte, wurde Dein Vater vor die Schranken des Gerichts geführt. Hier wurde er auf- gcfordert, seinem Gewitzen getreu aus einander zu setzen, wie es sich mit dem Tode seines Bruders Sigismund verhielte. Er rhat dieß in der strengsten Uebercinstimmung mit der Wahrheit. Hierauf wurde ihm jedoch eröffnet, daß man ihn der Ermordung seines Bruders für dringend verdächtig halten müsse, da er bisher in langwieriger Feindschaft mit ihm gelebt, da er mit seinem Bruder die Gesellschaft der Mitjagenben gemieden und da sich gesunden habe, daß der Ermordete nur des Ringes beraubt sei, um welches willen bekanntlich der Brudcrhaß entstan
den sei. Wäre er, fügte man erläuternd hinzu, durch die Hand eines gewöhnlichen Raubmörders gefallen, so würde ihn dieser zunächst nicht des einfachen, für ihn werthlosen StahlringS, sondern der goldenen Uhr und des Gewehres beraubt haben. Sodann forderte man den unglücklichen Jnquisiten auf, zu seiner Rechtfertigung das vorzubringe», was diese starken VerdachtS- gründe entkräften konnte. Der Behauptung der völligen Aussöhnung mit dem ermordeten Bruder, der Versicherung, daß die Entfernung von der Jagdgesellschaft ganz zufällig gewesen, sowie der wiederholten heiligen Betheucrung, daß er nicht den geUngsten Antheil an der Ermordung habe, wurde von Seiten des Gerichts nicht der mindeste Glaube geschenkt, da immer wieder die Entwendung des verhängnißvollen Ringes als ein Räthsel sich zwischen die Schuld und Unschuld des Vaters stellte, das er selbst nicht zu losen vermochte. Er wurde daher für einen verstockten Sünder erklärt und in Folge seines angeblichen beharrlichen LäugnenS bis zu erfolgtem Geständnisse wieder in's Gefängnitz abgeführt." (Schluß folgt.)
Allerlei.
— In einer alten handschriftlichen Wormser Chronik findet sich folgende Notiz über die Witternngsvcrhältniffe des Jahres 1259, welche neben manchem anderen Interesse besonders unseren Weinzüchkern zur Beruhigung dienen mag: „Dieß Jahr ist ein dürrer Sommer gewesen: vom lUnrtio (März) an bis in den -4uAnst,im hat es nit geregnet, da haben die Fässer im Herbst mehr gegolten denn der Wein."
— Es ist kaum glaublich, was von dem Dorfe Mor- zinc (in der Provinz Chablais in Savoyen) erzählt wird, aber es ist wahr. Im Jahr 1857 fiel ein neunjähriges Mädchen täglich in einen Schlaf von 15—30 Minuten. Während dieser Zeit glich sein Körper einer Leiche, die Glieder waren schlaff und leblos. Nach einem Monat stellten sich Exaltationen ein: die Augen des Kindes rollcen und es stieß ein wildes Geschrei aus. Im Mai verfiel ein anderes Mädchen in dieselbe Krankheit, die bald weiter um sich griff, so daß schon im Sommer 22 solcher Besessenen, alle weiblichen Geschlechts, im Dorfe vorhanden waren. Wenn die Anfälle kamen, liefen die Kinder in den Wald, kletterten unglaublich schnell aus die höchsten Bäume und wiegten sich, gleich Eichhörnchen in den Spitzen der längsten Tannen. Die Geistlichen glaubten die Mädchen alle vom Teufel besessen und wendeten den Exorcismus an, aber der Teufel wollte nicht weichen und that, durch den Mund der Kinder, den Priestern die größten Schmähungen an. Der Wahnsinn dauert im Dorfe noch fort, mehrere der ergriffenen Mädchen wurden in Genf von Aerzten behandelt; vier derselben sind durch Anwendung des Magnetismus geheilt worden; aber gegen 40 sind noch von der Krankheit befallen, die sich auch noch nach einem benachbarten Dorfe verbreitet hat.
— Im Wartsaale zu Frankfurt a. d. O. will ein Eisen- bahnrcisender ein Glas Erdbeerbowle mit einer jungen schönen Dame trinken. Kaum ist das Glas präfentirt, da wird gemeldet, daß der Zug abgehe. Schabet nichts, cntgegnete gelassen der Reisende, bestellt einen Extrazug nach Berlin, trinkt noch ein Glas mit seiner Schönen und zahlt für das Ganze 112 Thaler.
— Es ist erstaunlich, welche Kunst und Sorgfalt im 19. Jahrhundert auf die Vervollkommnung der Mordinstrumente verwendet wird. In Birmingham ist eine Büchse erfunden worden, welche auf 2100—2400 Fuß sicher traf, aus der 1800 Schüsse in verschiedenen Entfernungen mit früher nie erzielter Genauigkeit abgefeuert wurden, ohne daß sie geputzt wurde, und welche unter diesen 1800 Malen nicht Ein Mal versagte.
— Lange Zeit trugen die Damen nur Blumen und Federn auf den Hüten, seit einigen Jahren auch Kirschen, Johannis- und auch Stachelbeeren. In Paris trägt man jetzt Slrohhüte mit Kressen. Uebers Jahr werden rothe Radieschen, grüne Bohnen und etwas später Blumenkohl, auch wohl Sauerkraut und Süßkraut, gelbe Rübchen und Forellen-Salat auf den Damenhütcn prangen.
Truckund Lerlag d>-: P, M- Zaiscr'schr»Buchhandlung. Stcdakri-Ä. ^ ^ _