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genommen. Auch der Antrag der staatsrechtlichen Kommission, hinsichtlich der Auslegung der Normaletats und des Steucr- verwillignngsrcchts eine Verwahrung auSzusprechcn, wird an­genommen; ebenso der des Frhrn. v. Varnbüler, gegenüber den Aeußerungen des Dcp.-Chess Rümelin eine Verwahrung einzulegen.

Stuttgart, 7. Juli. Für den Eisenbahnbetrieb steht eine wesentliche Veränderung bevor; nach der Mittheilung des Hrn. Finanjininisters werden die Lokomotive vom nächsten 1. Aug. ab von Bruchsal und Hcilbrvnn bis Geislingen mit Stein­kohlen und von Ulm bis Friedrichshafen mit Torf geheizt, wo­durch nicht weniger als 20,000 Klafter Brennholz jährlich er­spart werden; allein ob das von Einfluß auf die Holzpreise sein wird, fragt sich sehr; die täglich sich auSdehncnde Indu­strie verschlingt immer größere Quantitäten.

Tübingen, 7. Juli. Glaubwürdigen Mitthcilungen zufolge sind die Buchen mit Früchten ganz überladen, was schon seit Jahren nicht mehr der Fall war und dürste dich auch einen Einfluß auf die Oelprcise auSübcn. (T. Ehr.)

DerTüb. Chronik" wird vom Lande mitgetheilt, daß Schnitter, welche alljährlich in die Ernte in die Nheiupsalz gehen, wieder zurückgekchrt seien, ohne Arbeit bekommen zu haben, weil es dort fast nichts zu ernten gebe, indem die Gerste fast ganz verdorrt und das Feld wie ausgebrannt sei! Beson­ders soll dort der Futtermangel am fühlbarsten sein. Der Cent- ner Heu gilt dort 45 fl.

Der Wafferstand des Neckar ist so niedrig, daß die Dampfschifffahrten zwischen Hcilbrvnn und Heidelberg eingestellt werden mußten.

In Biber ach hat sich der Hospitalpfleger ans dem Staube gemacht, nachdem er zuvor Urlaub zu einer Reise ein­geholt hatte. Als man seine Kasse visttirte, befand sich in derselben statt 5000 fl. Geld ein Zettel, worauf geschrieben stand, daß er das Geld zu einer Privatspekulation benützt habe!

Bei Ingolstadt fand ein Maurer bei Anlegung einer Kalkgrube einen Schatz von 865 Goldmünzen, deren jede auf 10 fl. geschätzt wird. Die gefundenen Münzen sind unter dem Namen Regenbogenschüsselchen bekannt.

In St. Gallen in der Schweiz hat ein junger Witt- wer die Großmutter seiner verstorbenen Frau gcheirathet.

Aus St. Gallen berichtet dieSt. Galler Ztg.", daß am Mittwoch der letzte Postwagen von Rheineck das Rhcinthal hinauf gefahren ist und zur Trauer über diesen seinen letzten Tag er selbst mit schwarzen Tüchern, Postillon und Postpserde mit schwarzen Florbändern behängen waren. Oben auf dem Wagen saß ein Rheineckcr im Lcichenmantel.

Paris, 7. Juli. Es ist nun gewiß, daß die Königin Victoria nach Cherburg kommt, und läßt sich der gute Ein­druck, den dieses Ercigniß hervorruft, deutlich erkennen. Nack- all den Gerüchten, welche in der jüngsten Zeit verbreitet ge­wesen, bedurfte es in der That einer so cclatanten Kundgebung, um nach allen Seiten hin zu beruhigen. Es heißt, daß auch ein Theil der russischen Flotte nach Cherburg kommen werde und man stellt auch den Besuch des Prinzen Konstantin in Aus­sicht. Die Einwcihungsfcicrlichkeit wird am 7. August stattfin­den, wenn die Königin Victoria nicht einen anderen Tag fest­setzt. Graf Persigny ist in London mit dem Aufträge Alles zu versprechen, was Ihre britische Majestät wünschen kann. (H. T.)

Das Haus Rothschild in Paris hat sich nochmals be­stimmen lassen, der sardinischen Regierung 40 Millionen Franks vorzuspannen, um den StaatSwagen wieder flott zu machen.

Das englische Parlament und die englische Presse haben 25 Jahre für und gegen die Juden-Emancip ation ge­stritten und jetzt scheint der Kampf damit gelöst zu werden, daß man den Juden den Zutritt in das Unterhaus erlauben wird. Lord Derby hat erklärt, daß er nicht dagegen sein wolle, wenn für die Juden eine besondere Eidesformel aufge­stellt werde. Das Oberhaus hat sich bereits mit 143 gegen 97 für die Zulassung ausgesprochen. Rothschild wird der erste Jude sein, der in das Parlament tritt.

Wie aus Klek berichtet wird, war daselbst in den letz­ten Tagen ein nach Konstantinopel bestimmter Transport von

44 türkischen Soldaten ans Mostar eingetroffcn, welche sämmt- lich das Unglück hatten, bei dem Ucberfalle von Grahowo von den Montenegrinern verstümmelt zu werden, nachdem sie zu Gefangenen gemacht worden waren. Den einen waren die Nasen, den andern die Ohren abgcschnittcn, anderen waren die Wangen an beiden Seiten abgeschunden, vielen wieder die Hände und andere Gliedmaßen mit einer wahrhaft cannibalischen Grausamkeit abgehackt worden. Der Anblick dieser verstümmel­ten Jammergestalten erregte bei den dortigen Bewohnern nicht nur das tiefste Mitgefühl für die Türken, sondern zugleich den tiefsten Abscheu gegen die stammcsverwandten Czeruagorzcn.

(Köln. Ztg.)

Das russische Schiss Polkan, welches nach dem adriati- schen Meere ging, hat den Befehl erhalten, sich dem französi­schen Admiral zur Verfügung zu stellen. Ist diese Nachricht gegründet, dann kann man wohl an dem innigen Einverständ- niß zwischen Rußland und Frankreich wenigstens in der türki­schen Frage nicht mehr zweifeln.

Im Westen von Amerika hat cs seither nicht an Regen gefehlt, im Gcgentheil cs ist ein solcher Ueberfluß vorhanden gewesen, daß die Flüsse ausgetreten sind und die Ländereien überschwemmt haben. Auf dem Mississippi sprang der Kessel eines Dampfschiffes, das Schiff gerieth in Brand und 250 Personen sind dabei ums Leben gekommen.

Nordamerika. Privatnachrichten vom 13. Juni d. I. a»S dem Staat Ohio schildern die dortigen Zustände bezüg­lich Z>er heurigen Ernte und des Verdienstes der arbeitenden Claffe als sehr entmuthigcnd und traurig. Wegen andauern­den NegcnS und allzugrvßer Nässe des ganzen Frühjahrs, bis zum 13. Juni, waren an diesem Tage die Felder noch nicht einmal bestellt, die Kartoffeln noch nicht gesteckt und der Mais nicht ausgesäct. Tie Muthlosigkeit soll eine sehr große sein und Viele würden gerne in die alte Heimath zurückkchrcu, wenn sie die Mittel hätten. Am schlimmsten seien die Arbeiter in den Städten daran; viele Tausende seien ohne Beschäftigung und die, welche noch Arbeit haben, arbeiten gegenwärtig um die Hälfte des Lohns, welcher kaum hinrciche, um die sich im­mer mehr steigernden Lebensmittel zu erschwingen.

Allerlei.

Baselland. Vor den Schranken des Civilgcrichtes von Liestal kam letzter Tage ein Satisfactionsproceß wegen Wahlbestechnng zur Verhandlung. Da marschirten in den 40 Zeugen meistens Wirthsleute vom Bezirk Sissach ans, welche angchalten wurden, ihre Hausbücher mitzubriugcn. Die Zechen in Wirthschaften werden gewöhnlich auf die allernächsten Ge­genstände durch Striche verzeichnet, bis sie zur Eintragung ab- geschrieben werden, daher cs sehr komisch aussah, wie die Wirthsleute mit ihren Fußböden, Küchen- und Kellcrthüren, Wirthstischschrägen und Tischplatten, Tafeln und Wandschrän­ken jeglicher Faeon, in Gestalt von Notizbüchern daher gefahren kamen. Eine Frau brachte nebenbei ihr großes, monströses UhrcnhauS mit, das mit französischen, englischen und italieni­schen Rechnungen verzeichnet war.

Warum hceßt det Wettrennen, wat heute Nachmittag die Ade­ligen hier halten, Wettrennen mit Hindernissen?"Weil sehr viele Adelige keen Pferd nich haben, und ooch kcens gepumt kriegen duhn!""

Warum sagt man: Der Mensch ist dis an die Ohren ver­lieht? Antwort. Weil über den Ohren der Verstand erst anfängt!

Na Lude!" sagte ein Handlanger zum andern,Du bist ja heute schonst halb besoffen, und zu mir sagste immer. Du druckst in der Regel nie Schnaps!"

Ja det will ick Dir sagen," antwortete der Andere,ick drinke in der Regel nie Schnaps, aber ick mache alle Dage 'ne Ausnahme. Keene Regel ohne Ausnahme."

Ein Student, der wenig Kenntnisse, aber eine große Portion Arroganz besaß, machte beim Abgänge von der Universität einen Ab­schiedsbesuch bei einem Professor.Alles was ich gelernt habe, ver­danke ich nur Ihnen!" sprach er in hohem Tone zu demselben; allein der Professor unterbrach ihn, und erwiederte:Erwähnen Sie doch solcher Kleinigkeiten nicht!"

Druck und Verlag der G. W' Z aiser'schen Buchhandlung. Redaktion: Hölzle.