176

verschütteten unterirdischen Gängen, fast jedes Gäßchen, jeder einsame Wiesengrund oder buschige Hügel hat seinen eige­nen gespenstigen Bewohner.

Daß schöne Künste und Wissenschaften vorzugsweise in Marbach gepflegt würde», könnte ich nun eben nicht rühmen. Es ist zwar je und je ein Naturdichter daselbst aufgestanden, wie das wohl in andern Orten auch geschieht, ein junger Gerber z. B der bei einer Zusammenkunft seines Gewerbes die edle Gerberei in nachstehender Ode besang, die ich mich nicht ent­halte» kann als Probe ursprünglicher Volkspoesic anznführe»:

Die Gerberei ist ein Geschäfte,

Das Menschenleben sehr erquickt.

Das in der Näh' und in der Ferne Und über's Meer wird fortgcschickt;

Der Mensch läuft trocken in der Nässe Und kühlend in der Sonnenhitz,

Thut wohl uns auch auf Eis und Schnee:

Wohl dem, der lebt, wo diese Maaren Ihn schützen thun vor den Gefahren,

Die diese trifft, die das nicht sehen.

O, daß ein jeder es so hätte.

Die Gerber freu'n sich Alle heute.

Daß sie vergnügt beisammen sein.

Die Gerber und viel ihrer Leute Thun ihrem Leben Gutes weihn.

Der aufrecht lebt wie in dem Bette,

Wie der, der auf der Hcrbcrg ist!

Denn sehr gesund sind diese Sachen,

Die uns heut viel Vergnügen machen.

Wir freuen uns herzinniglich.

Doch würde auch ein eifriger Forscher hierin kaum eine Ver­wandtschaft mit Schiller'scher Poesie finden. Zu höherem Schwünge erhob sich ein anderes poetisches Talent zu Marbach, auch eine Art von Naturdichter, in sentimentalem Genre, der unter andern ein Klagelied dichtete auf den Tod einer jungen Frau, die durch einen Sturz von der Höhe verunglückt war, dessen eine Strophe mit der kühnen Wendung schließt:

Blendend stand vor ihr des Lebens Spiegel

Abgrund naht' und ward zum Todcshügel.

Auch kann ich nicht behaupten, daß die ganze Einwohner­schaft von Schillers Vaterstadt genau weiß, warum er denn so berühmt war. Es ist ein arbeitsames Völkchen, dem der Kampf mit dem Leben wenig Zeit läßt für Poesie; der Tobten« gräber, der doch etwas mehr Zeit zu beschaulichem Leben findet, der sagte mir aus die Frage:Wißt ihr denn, wer der Schiller gewesen ist?" einmal:Ha, schäz'wohl, ebenso ein Meister in der Poesie und in der Opera."

Wenn sich nun auch nicht allc Marbacher zu dem Wissen des Todtcngräbers aufgeschwungen haben, so sind sie doch Alle stolz auf ihren großen Mitbürger, und haben das seiner Zeit, so gut sie konnten, mit der That bewiesen.

Was war bas für ein Leben und Regen in dem Städtchen, als in den dreißiger Jahren die langgehegte Hoffnung auf ein Denkmal Schillcr's in seiner Vaterstadt wieder anftauchte! Welch ein hitziger Städtekricg entspann sich, als die Hauptstadt des Landes das Recht an dieses Denkmal beanspruchte! In rühren­den und inj feurigen Zeitungs-Artikeln, in Prosa und in Versen appellirten wir Marbachcr an die fühlende Menschheit, um sie für unsere Sache zu gewinnen. (Forts, folgt.)

Allerlei.

Landwirthfchaftliches.

Neber den Stand der Nepsfrlber.

Von Direktor v. Walz in Hohenheim.

Am 29. April fiel mir auf unserem schönsten Ncpsschlage erstmals auf, daß die Blüthe sowohl am Avöl als am Reps, welch beide auf dem Felde stehen, sich nicht recht entwickeln wollte. Im ersten Augenblick schrieb ich dem Glanzkäfer die Schuld zu, bemerkte aber bald, daß sie nicht in größerer Zahl

vorhanden waren, als in anderen Jahren, wo sich dieser Uebel« stand nicht gezeigt hat; bei näherer Untersuchung fand ich jedoch alsbald, daß über das ganze Repsfeld ein Uebel gekommen sei, das ich bisher wohl häufig, aber doch immer nur an ein­zelnen Pflanzen und nur vor zwei Jahren über eine» mehrere Morgen großen Theil eines größeren Feldes verbreitet wahrge­nommen habe.

Die Erscheinung ist einfach folgende: die Pflanze treibt wie gewöhnlich ihre Blüthenbüschel hervor, bis sie als oberster Theil der Pflanzen eine Art Doldcntraube bilden, aus welcher sich durch das rasche Fortwachsen des Stengels bei gesunden Pflanzen die Aehre (eigentlich Traube raeemus) bildet, an wel­cher von unten nach oben sich Blüthchen um Blüthchcn öffnet, welche unter sich '/s»/-" von einander abstehen.

Bei den kranke» Pflanzen wird die scheinbare Dolden­traube nur wenig auseinander geschoben, das Wachsthum steht fast still, die Aehre bleibt znsammengeschrnmpft, ähnlich dem Blüthenstande des Taschenkrauts (IRInsxij, die Blüthen fallen meist, ehe sie anfbreche», der Reihe nach von unten nach oben ab, nur wenige öffnen sich, setzen aber keine Schoten an, die Aehre enthält am Ende statt der Schötcheu nur die Ueberreste der Blüthenstielchen, welche aber nur halb so weit voneinander abstehen, als bei gesunden Pflanzen; die Spitzen der Pflanzen stehen wie kahles Bescnrcis da.

Der Nepsacker erhält kein gelbes Ansehen, sondern bleibt, wenn das Uebel über alle Pflanzen sich ausdehnt und den höch­sten Grad erreicht, völlig grün. Einzelne Aeckcr, namentlich Nnbsenäcker, bekommen zulctzl noch einen gelben Schimmer oder blühen auch noch einige Tage ordentlich gelb, je nachdem mehr oder weniger gesunde Pflanzen auf denselben sind, oder es kom­men auch noch bei kranken Pflanzen die letzten Knöpfe zur Blüthe.

Auf den Fildern wird und wurde vielfach versucht, durch Behacken den Zustand der Reps- und Nübsenfelder zu bessern; ich habe aber bis jetzt noch keinen günstigen Erfolg davon ge­sehen.

Einen Theil habe ich in halber Höhe mit der Sichel ab­schneiden lassen und diese treibt bereits neue Achseltriebe, was aber daraus werden wird, läßt sich noch nicht sagen.

An andern Orten ist schon viel umgcpflügt worden und das hat auch am 11. d. hier begonnen. Es lassen sich jetzt noch große und kleine Gerste, Sommerrogen, Leindotter, Madia, Futtermais, Zuckerrunkeln, Tabak, Kohl, Kohlrüben­pflanzen, während die eigentlich natürlichsten Stellvertreter des Repses, Sommerrcps und Sommerrübsen, durchaus nicht zu empfehlen sind, weil ihr Ertrag viel zu unsicher ist.

Bis jetzt ist mir bekannt, daß das Uebel vom Fuße -er Alb an über die Fildcr, das Strohgän und am unteren Neckar durchaus verbreitet ist, und wenn es sich noch weiter erstreckt, so dürfte der Reps so thener werden, daß cs sich je nach der Güte der Aeckcr lohnt, die Ncpsjaat noch stehe» zn lassen, wenn sie nur 11 ^ Scheffel verspricht. (Schluß folgt.)

Alexander von Humboldt" so lehrt Pater Bürg­st all er in einer für die Schüler des Obergymnasinms in Wien bestimmten, in einem öffentlichen Gottesdienst gehaltenen Pre­digthabe große Bücher geschrieben, in denen von Vielem zn lesen sei, nur von Gott nichts; diese Bücher seien schlecht. Der Beweis dafür liege übrigens schon in dem Umstand, daß sie von der sinnlichen Welt so eifrig gelesen werden. Humboldt habe freilich den Herrgott nirgends angetroffen, so wenig ihn die milchgebenden Thicre antresfen, welche auch Kräuter sammeln und recht gut botanisiren; der Unterschied zwischen Alexander v. Humboldt und solchen Geschöpfen bestehe am Ende nur darin: daß diese dem Menschen nützen, eben weil sic Milch geben, jener aber mit seinen Büchern die halbe Welt verderbe. Der Tod rüttle schon an Humboldt; möge er noch um kehren und seine Werke und Thaten bereuen, sonst sei er ewig ver­loren."

Auflösung der Charade in Nro 43:

Pechvogel. _

Truck und Verlag der G. W. Z a i s c r'schen Buchhandlung. Redalll'-UHülzde.