-as geht ja Euch nichts an und Ihr braucht ihn deßhalb nicht mit solchen Schimpfreden zu beleben, zumal cr Euch seither stets redlich und ehrlich gezahlt und gar manchen Gulden zn verdienen gegeben hat. Wenn cr Euch dießmal nicht zahlte, sv geschah cs wahrscheinlich nur, weil er selbst kein Gelb hat. Da aber das Wetter sv kalt nnd die Zeit unseres hie­sigen Aufenthaltes si> festlich ist, sv gedenke ich ihm sei» Feier­kleid aus Euren Händen zn läsen, weil ich ihn, besvnders wvhl will. Ich habe ja auch einen Schatzmeister hier, glaube ich?"

Ja, Monseigneur!" sprach ein würdiger Greis vertre­tend,ich bin gespannt, Deiner Habest Befehle zn vernehmen."

Seid w gut, lieber Alter," entgegnete der Herzog, den kleinen Betrag da für den armen Schuhflicker zu zahlen und ihm die Quittung des Schenkwirths z,,zustellen, und da Ihr denn schon einmal am Zahlen sind," fuhr er lächelnd fort, und ich gerade eine besonders großmüthige Laune habe, so mögt Ihr dem armen Teufel, meinem Freunde, noch zweihun­dert weitere Gulden znscnden, worüber ich ebenfalls eine Be­scheinigung scheu will."

Ew. Hoheit belieben zu scherzen, indem Dieselben einen Schuhflicker Dero Freund nennen," warf der Kanzellar ein.

Ei was, Ihr alter Knasterbart," entgegnete Willem trotzig,ich weiß gar wvhl, was ich sagen will, man schicke ferner dem armen Willem au der Kvrte-Pvote noch außerdem 25 Krüge von dem herrlichen weißen Wein, den ich heute zum Frühstück getrunken habe, und lasse sich ebenfalls deren Empfang bescheinigen. Jetzt aber, Ihr Herren! laßt uns zu Tische gehen, denn das viele Geschwätz hat mir schon wieder Hunger und Durst gemacht."

Darauf machte man aber dem falschen Herzog leider kund, daß Leute seines Standes nickt schon so früh am Tage zu speisen pflegten, und daß vor allen Dingen die Staatsge- fchäfte zu erledigen feie». Man schleppte ibm jetzt Stoße von Akten her, die er sämmtlich unterschreiben sollte, ohne je schrei­ben gelernt zu haben. Da war denn freilich guter Rath theuer, aber Willem müßte nicht halb so pfiffig gewesen sein, hätte ihn Ließ auch nur einigermaßen in Verlegenheit gebracht.

Ei," sagte er zu dem emsigen Kanzler," ich habe heute einen Krampf in der Hand und kann nicht schreiben; wenn die Sache so bringend ist, so könnt Ihr ja Euer» Namen darunter kratzen; am besten aber, Ihr verschiebet die Sache auf morgen. Zudem, alter Fuchs, was denkt Ihr denn, ich werde etwas unterschreiben, was ick mir nicht erst habe vorlesen lassen? nein, mein alter Narr, da seid Ihr falsch berichtet! Ein Fürst, denk' ich, muß eher als ein anderer wissen, was er thut!"

Er ließ sich nun ein paar Dekrete vorlescn, wodurch eini­gen verdienten Männern Gnadengehalte ertheilt wurden; ein Gedanke fuhr ihm durch den Kopf.Ei, seht doch!" sagte er,da könnten wir meinem Freunde, von dem ich vorhin ge­sprochen, auch einen Gehalt auSsetzen, ich denke, hundert Gul­den werden ihm genügen."

Und welchen Freund meinen Ew. Hoheit?" fragte der Kanzcllar.

Bah! wie Ihr jdoch sv thöricht fraget?" versetzte Willem, wen anders als meinen lustigen Schuhflicker an der Korte- Poote?"

,,Der Bursche ist doch noch bescheiden," sagte der Herzog Pbilivp leise zu seinem Schatzmeister,cr mag meinetwegen den Guadengehalt haben, wenn er es nicht noch weiter treibt."

(Fortsetzung folgt.)

Allerlei.

Nach einem alten Gebrauche lernen alle Prinzen des preußischen Königshauses ein Gewerbe. Ter jüngst mit der ältesten Tochter der Königin Victoria von England vermählte Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen, der einstige Thronerbe, bar in der berühmten Ofstcin von Häncl in Berlin das Ge­schäft eines Schriftsetzers gelernt.

Zur Kennzeichnung der urgemüthlicken Stimmung, welche am 8. Februar in Berlin herrschte, theilt ein doriiges Blatt Folgendes mit. Als die Züge der Gewerke durch das königl. Schloß marschirten, erscholl plötzlich ans der Mitte der

Reihen ein lautes und gebieterischesHalt!", welches sofort aus der ganze» Front wiederholt wurde und den ganzen Zug zum Stillstand brachte.^ Da neigte sich die bärtige und kräftige Figur eines Festgenagelt gelassen zur Erde, hob einen kleinen zur Erde gefallenen Gegenstand auf und sprach befriedigt: Do jetzt kanu's weiterjehn, ich habe mir nur den Pfropfen von meiner Schnapsflasche wieder anfheben wollen.

Paris. Bei einem Kaufmann in der Straße St. Ho- uorä fraßen vor einigen Nächte» die Mäuse für 128 Fr. Brief­marken auf. Wie es scheint, mundete ihnen die Gummilösung aus denselben ganz besonders.

Das Riesendampfschiff Leviathan, wovon seither in unserem Blatte oft die Rede war, hat schon vor 2000 Jahren seinen Rivalen gehabt. Ums Jahr 250 v. Ehr. Geburt näm­lich ließ König Hicro H. von Sieilieu durch den bekannten Meister-Ingenieur Archiincdes ein prachtvolles Riesen schiff bauen nnd machte damit dem König Ptolomäus II. von Egypten ein Geschenk. Es enthielt 47 Hauptzimmcr, viele Ställe, Vor- rathökammcru und Küchen, eine» Fischteich, einen Trinkwasser­behälter von 406 Ohm Inhalt, 8 Thürme mit Wurfmaschinen, unter denen eine, welche Balken von 20 Fuß Länge und Steine von 126 Pfund schleuderte. Auf dem Verdeck waren Spazier­gänge, Epheu- und Wcinlaubeu.

Als der jetzt regierende russische Kaiser mit seiner Ge­mahlin zuletzt seinen Einzug in Warschau hielt und in den Straßen zu Wagen erschien, um die prachtvolle Illumination in Augenschein zu nehmen, die man veranstaltet hatte, war das Gedränge so groß, daß er den beiden Lakaien hinter ihm be­fahl, ihre Sitze zu verlassen und die Pferde zu fuhren. Kaum waren die Sitze leer, da hatten auch ein paar muntere Jungen sich derselben bemächtigt und hörten nicht auf, den Majestäten unaufhörlichVivat hock" in die Ohre» zn schreien. Der Kai­ser, der das lauge mit angehört, fragte endlich den einen der Junge» mit heiterer Miene: Sag nur, Kleiner, warum hörst du denn gar nicht einmal auf mit deinem Vivatruf? Antwort: weil cs mein Lehrer so befohlen hat und weil ich mitfahren kann.

Der berühmte Pferdebändigcr, der Amerikaner Rarcy, führte dieser Tage in Gegenwart einer Menge Stallmeister und Mitglieder des Jockey-Clubs in den kaiserl. Marställen von Paris einige Experimente aus. Unter Anderen citirt man ein egyptischeS Pferd, einen wahren Sohn der Wildniß, welchem sich Niemand naheu durfte, so daß man ihm sogar das Futter durch eine Oeffnnng oberhalb der Grippe gab. Hr. Rarey trat allein in den Stall und nach einigen Minuten war das Pferd gezähmt. Es lag ruhig auf der Erde, der Pferdcbän- diger nahete sich ihm, streichelte cS, hieß cs aufstehcn und das Thier gehorchte und fraß dann wie das zahmste Pferd der Welt.

DaS Schieferöl. Die seit Kurzem bedeutend aus­gedehnte Schieferölfabrikation in der Fabrik bei Reutlingen gibt uns wiederholt Veranlassung, die Vorzüge dieses Ocls hervor- zuhcbcu. Es ist das wohlfeilste Bcleuchtungsmaterial, sogar dann, wenn die größere Lichtstärke nicht in Betracht gezogen wird. Man muß sich nur mit den geeigneten Lampen versehen, und solche sorgfältig bedienen, dann leidet mau durchaus nichts von üblem Gerüche (die geeignetsten Lampen für den Tischge­brauch liefern die Verkäufer des Ocls). Besonders eignet cS sich zur Straßenbeleuchtung, weil es im Winter nickt gefriert. Das Reutlinger Schieferöl wird in einer ganzen Reihe von Städten zu diesem Zwecke benützt, wie in Reutlingen, Tübingen, Calw, Wildbad, Nagold, Sinsheim (Großh. Baden), und eine Anzahl weiterer Städte steht im Begriff, eine solche Straßen­beleuchtung ebenfalls cinznführen. In Fabriken wird es viel­fach' nnd namentlich auch deßhalb verwendet, weil es wegen seines Geruches vor Entwendung geschützt ist, so lang noch die Verbreitung von Schieferöllampcn keine ausgedehntere ist. Die zweite Sorte des Schieferöls eignet sich vortrefflich zum Reini­gen von Maschinen. Auch wird cs mit Erfolg zur Bereitung von Leuchtgas verwendet, wofür in neuester Zeit Patente ge­nommen worden sind, und bietet in dieser Hinsicht vor andern Rohstoffen Vortheile dar, die ihm eine große Zukunft sichern.

(Gewerbeblatt aus Württemberg.)

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W-Z a ise r'schcn Buchhandlung. Redaktion: Hölzle.