len allein, und al» nach Ablauf dieser Frist der Hof in die Reitschule ciutrat, fand er den Amerikaner gemüthlich auf dem Rücken des Pferdes, das wie eingewurzelt feststand, selbst als mit einer großen Trommel ein höllischer Lärm gemacht wurde. Die königl. Familie zog sich wieder ans einige Minuten vom Schauplatz zurück und fand bei ihrem Wiedereintritt das Foh­len auf dem Boden hingestreckt, und den Amerikaner mit des­sen Hinterbeinen tändelnd, deren eines er an seine Backen legte. Später wurde ein wegen seiner Stützigkeit in London bekanntes Pferd, mit dem der Amerikaner schon früher Bekanntschaft ge­macht hatte, vorgeführt. Es betrug sich wie ein Lamm, legte sich auf einen Wink des Zauberers auf den Boden, stand still, wenn cs ihm befohlen wurde, und ließ sich wie ein Wollsack hin und her schieben. Ein drittes, sehr schönes Pferd, avs den königl. Ställen, wurde nach wenigen Minuten ebenfalls gefügig wie ein Hund, so daß keiner seinen Angen tränen wollte. Das Interessanteste bei diesen Produktionen bleibt je­doch, daß der Amerikaner sein Geheimniß dem General-Major Sir Richard Airey anvertrant bat, der seinerseits versichert, es lasse sich gegen die Behandlung selbst von dem skrupulösesten Pferdckenner oder Züchter nicht das Geringste einwenden. So­bald auf Snbskriptivnöwege eine gewisse Summe Geldes bei­sammen ist, will der Amerikaner sein Geheimniß veröffentlichen.

(N.-Z.)

Drei Träume.

Erzählung aus dem siebzehnten Jahrhundert von L. L. Baltekron.

Der dreißigjährige Bruderkrieg der Deutschen hatte end­lich ausgctobt. Auf das Zerstören folgte das Baue». Die vom Waffenlärm verscheuchte» Künste des Friedens kehrten vertrauensvoll wieder zurück und ihrem segensreichen Walten gelang es gar bald, der allgemein «erdenden Barbarei und Verwilderung Einhalt zu thun und eine neue Periode der Ge­sittung zu begründen. Nicht nur Dörfer und Städte stiegen jetzt verjüngt aus ihrem Schutt empor und wimmelten von ge- schäftgen Bürgern; auch die höhere Baukunst fand besonders an den neuen Grundherren (die alten Adelsgeschlechtcr waren meistens ausgestorbe») eifrige Gönner und Beförderer. Den schönsten Sommerpalast, die würdigste Sebloßkapelle, die sel­tenste Knnstgallerie zu besitzen, ward jetzt Gegenstand des Wett­eifers unter dem hohen Adel. Bor allen aber glänzte in die­ser Hinsicht die gräfliche (jetzt fürstliche) Familie der S*** im südlichen Böhmen hervor, und das im Mittelpunkte ihrer dor­tigen Besitzungen gelegene Städtchen K"* ist noch heutzutage wegen seiner großartigen, aus jener Zeit herstammendcn Ge­bäude berühmt. Es ist auch der Schauplatz unserer Erzählung.

1 .

An einem schönen Maimorgen des Jahres 1670 gab cS im Hause des gräflich S*"scheu Baumeisters Bruno eine schmerz­liche Abschicdsscene. Prokop, des Meisters Lieblingsschüler und reckte Hand, so wie seiner einzigen Tochter anverlobter Bräutigam trat seine Wanderung nach demwnnderherrlichcn" Italien an, wo er die letzte Weihe der edlen Baukunst empfangen sollte. So wünschte eS der Graf, der schon längst den beschei­denen Jüngling liebgewonnen hatte. Ach, das war keine Tren­nung für Wochen oder Monde, nein für Jahre!

,,Euren Segen, Vater!" rief der Scheidende mit beben­der Stimme. Der Alte machte das Zeichen des Kreuzes über den blonden Lockcnkopf und sprach:Der dort oben wird dich beschützen!"

Und werdet Ihr, wirst auch Du Marie, mein Ange­denken bewahren?"

Es wird dazu des Mahners nicht bedürfen," entgegnete sie und senkte die Blicke.

Und doch," sagte Prokop «ehmüthig lächelnd,habe ich Euch einen solchen Mahner bestellt, meinen Freund Dago­bert. Er wird hier fortan meinen Platz ausfüllen. Euch, Va­ter, wird er ein eben so treuer, als brauchbarer Kunstgehilfe sein; Dir, Marie, ein stets besonnener Freund und Rathgeber, wenn Du Raches bedarfst. Durch seine Hand werdet Ihr meine Briefe empfangen, durch ihn werde ich Kunde von Euch

erhalten; ihm habe ich mein vollstes Vertrauen geschenkt und so schenket auch Ihr ihm das Eurige."

Und noch einen Kuß drückt er auf Mariens Lippen und noch einmal schüttelt er die Hand des Alten und ist ver­schwunden.

Prokop war eine von jenen unverdorbenen und harmlosen Naturen, die, weil sie selbst keiner Verstellung fähig sind, am leichtesten hintergangen werden; daher oft gerade dem Unwür­digsten, der gewandt zu heucheln weiß, ihr Vertrauen schenken und durch ein eigenes Verhängniß getrieben, sich meistens dem­jenigen als ihrem Schutzengel hingebcn, den sie als ihren bö­sen Dämon fliehen sollten. Und solch' ein böser Dämon für unseren Prokop war Dagobert. Marie, Bruno's einziges Kind, galt für das schönste, aber auch zugleich tugendhafteste Mädchen des Städtchens. Dagobert, als des Steinmetzmei­sters Lohn und Beflissener der schönen Baukunst, kam häufig in ihres Vaters Haus und sah mit Neid, daß Prokop ihr Herz gewonnen hatte, Prokop, den er bisher als einen mibe« deutenden Menschen geringgeachtet und kaum eines Gesprächs gewürdigt hatte.Dem muß ich seine liebliche Beute ent­reißen, es koste, was es wolle!" rief cs unablässig in seinem Innern, und er folgte dieser Stimme mit einer Beharrlichkeit und Gewandtheit, die eines bessern Zweckes würdig gewesen wäre.

Vor Allem galt cs, Prokop's Freundschaft zu erringen.

Erheuchelte Begeisterung für die Kunst öffnete ihm gar bald das Herz des Begeisterten, erheuchelte Theilnahme für sein Liebesglück befestigte ihn für ewig darin. Mil aller Hin­gebung, deren edle Gemüther allein fähig sind, hing bald Prokop an dem vermeintlichen Freunde. Wie freute sich der arglose, baß Dagobert in Bruno's Hanse gefiel und bald wie er als ein Glied der Familie betrachtet wurde; wie tröstlich war es ihm endlich bei seiner Abreise, ihn als seinen Stell­vertreter bei dem Vater seiner Marie zu wissen! Die Armen, sie hatten eine Schlange an ihrem Busen genährt!

Nicht umsonst hatte es Dagobert dahin zu bringen ge­sucht, daß der Briefwechsel Prokops einzig und allein durch seine Hände gehen mußte. Jetzt war seinen Ränken die Straße gebahnt. Schon nach einem Monate kam ein Schreiben au- Venedig an ihn; ein Blättchen an die Geliebte und einige Zeichnungen für den Vater lagen bei. Dagobert unterschlug Beides und bewahrte die Zeichnungen für die nächstbeste Gele­genheit, wo er sie als seine eigene Arbeit ausgeben könnte. Dem Freunde antwortete er sogleich und schilderte ihm die Freude, welche Vater und Tochter über seinen Brief gehabt hätten, mit den lebhaftesten Farben. So wiegte er den Leicht­gläubigen in Sicherheit, und ließ ihn nie lange auf befriedi­gende Antwort warten, denn er fürchtete nichts mehr, als die plötzliche Rückkehr des Hintergangenen, falls dieser über das Schicksal seiner Braut zu lange in Ungewißheit gelassen würde. Dieser jedoch klagte cs täglich mit düstrer, kummervoller Miene, wie noch immer von seinem theuren Freunde keine Nachricht komme und wie ihm dcßhalb alle Freude am Leben geraubt sei.Woher dies hartnäckige Stillschweigen?" rief er eines Tages, und warf den ersten Zunder des Zweifels und der Eifer­sucht in das reine Gemüth des Mädchens.Hätte ich nicht so eben mit einem durchreisenden Maler gesprochen, der ihn zu Rom gesehen haben will und zwar an der Seite einer schö­nen Dame, nein nein er hat ihn verkannt Pro­kop ist gewiß krank, denn nur Krankheit oder Tod konnten ihn verhindern, seiner Marie Nachricht von sich zu gebe«. Der Tölpel von Maler hätt' ihn auch ansprechen können, um sich zu überzeugen, ob es Prokop wirklich war, und that er'S nicht, so hätte er auch füglich gegen mich schweigen sollen!" Mit solchen und ähnlichen Aeußerungen quälte er das unglückliche Kind so lange, bis er cs für hinlänglich vorbereitet hielt, das Aeußerste und Schrecklichste zu vernehmen.

Es war gerade der erste Jahrestag der oben erwähnten Abschicdsscene, als Dagobert folgenden Brief erhielt.

(Fortsetzung folgt.)

Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen iBuchhandlung. Redaktion: Holzte.